Entzündungshemmer

Von: Andrea Lubliner (Pharmazeutin und Fachtexterin für medizinische Fachtexte)
Letzte Aktualisierung: 26.12.2018

auch bezeichnet als:
Antiphlogistika; Mittel gegen Entzündungen

Wirkstoffe

Folgende Wirkstoffe sind der Wirkstoffgruppe "Entzündungshemmer" zugeordnet

 

Anwendungsgebiete dieser Wirkstoffgruppe

Entzündungshemmer sind Wirkstoffe, die Symptome von Entzündungen lindern. Entzündungen entstehen durch Fremdstoffe oder lebende Krankheitserreger, die in den Körper eindringen oder von außen auf ihn einwirken. Auch durch ständige Reize wie zum Beispiel Überlastungen können Entzündungen verursacht werden. Die Entstehung bestimmter entzündlicher Erkrankungen kann außerdem durch erbliche Veranlagung begünstigt sein.

Entzündungen verlaufen akut oder chronisch und zeigen unterschiedlichste Krankheitsbilder. Im Prinzip kann jedes Gewebe und jedes Organ des Körpers von einer Entzündung betroffenen sein. Entzündungsreaktionen sind dabei entweder örtlich begrenzt (lokal) oder betreffen ganze Organsysteme (systemisch).

Entzündungshemmende Substanzen können innerlich eingesetzt und beispielsweise als Tabletten über den Magen-Darm-Trakt eingenommen, als Zäpfchen angewendet oder als Lösungen in den Körper gespritzt werden. Äußerlich werden sie zum Beispiel als Salbe oder Creme auf die Haut aufgebracht.

Die zu den Entzündungshemmern gehörenden Substanzen haben zum Teil eine sehr unterschiedliche Wirkungsweise und je nach Art, Schwere und Ort der Erkrankung kommen verschiedene Stoffe zur Anwendung.

Einsatzgebiete von Entzündungshemmern sind:

  • Entzündungen der Haut (zum Beispiel Ekzeme, Akne, Sonnenbrand) und Entzündungen der Schleimhäute (zum Beispiel Entzündungen von Mundschleimhaut und Zahnfleisch)
  • Entzündungen des Bewegungsapparates (zum Beispiel Gelenks-, Muskel-, Sehnen- und Knochenentzündungen sowie entzündlich rheumatische Erkrankungen)
  • Entzündungen von Nerven, zum Beispiel durch Druckschädigung bei Überlastungen und Fehlhaltungen
  • Entzündungen von Drüsengewebe und Sinnesorganen (zum Beispiel Augenentzündungen)
  • Entzündungen von inneren Organen (zum Beispiel Herzmuskelentzündung, Leberentzündung, Nierenentzündung und Entzündungen der Fortpflanzungsorgane)
  • Entzündungen der oberen und unteren Atemwege (zum Beispiel Nasennebenhöhlenentzündung, Mandelentzündung, Bronchitis oder Lungenentzündung)
  • Entzündungen des Verdauungssystems (zum Beispiel Entzündungen der Magenschleimhaut oder chronisch-entzündliche Darmerkrankungen)
  • Allergien wie zum Beispiel Heuschnupfen.

Die bei diesen sehr unterschiedlichen entzündlichen Erkrankungen eingesetzten Antiphlogistika werden nach ihren Eigenschaften geordnet:

  • Nicht-steroidale Antirheumatika wie beispielsweise Diclofenac, Indometacin, Ibuprofen, Piroxicam oder Phenylbutazon und Celecoxib werden bevorzugt bei Entzündungen des Bewegungsapparats eingesetzt. Sie lindern nicht nur Entzündungssymptome, sondern auch Schmerzen und Fieber.
  • Nicht-opioide Schmerzmittel wie Acetylsalicylsäure sind ebenfalls sowohl gegen den Entzündungsvorgang selbst wie auch gegen die dabei entstehenden Schmerzen wirksam.
  • Glukokortikoide wie Hydrocortison und seine Abkömmlinge werden nur bei schweren Verlaufsformen von Entzündungen eingesetzt.
  • Immunsuppressiva wie Methotrexat, Mesalazin, Sulfasalazin, Hydroxychloroquin, Azathioprin oder Ciclosporin sowie der Wirkstoff Leflunomid sind schweren chronisch entzündlichen Erkrankungen wie rheumatoider Arthritis vorbehalten.
  • Auch Monokonale Antikörper wie Etanercept und Infliximab sind für die Behandlung der rheumatoiden Arthritis gedacht. Zu dieser Gruppe gehören auch Mepolizumab, Omalizumab und Reslizumab, die gegen Asthma eingesetzt werden und Guselkumab gegen Schuppenflechte.
  • Degranulationshemmer wie beispielsweise Cromoglicinsäure und Nedocromil, aber auch H1-Antihistaminika wie Pheniramin, Clemastin, Ketotifen und andere dämpfen Entzündungszeichen, die durch allergische Reaktionen ausgelöst werden.
  • Manchen Vitaminen wie Vitamin C und Vitamin E sowie dem Wirkstoff Dexpanthenol (Vorstufe des Vitamins Pantothensäure) werden eine leicht entzündungsmindernde und heilungsfördernde Wirkung zugeschrieben.
  • Zahlreiche pflanzliche Mittel haben eine schwach antientzündliche Wirkung, sie sind nebenwirkungsarm und werden daher häufig bei unkomplizierten Entzündungen der Haut und Schleimhäute eingesetzt. Beispiele sind Kamillenblüten, Hamamelis, Teufelskralle, Ringelblume oder Bromelain.
  • Gerbstoffe finden bei Hautentzündungen Anwendung. Dazu gehören Eichenrinde, Aluminiumsulfat, Bismut-Komplexverbindungen oder Zinkoxid.
  • Auch sulfonierte Schieferöle wie Ammoniumbituminosulfonat und Natriumbituminosulfonat dienen der äußerlichen Anwendung bei Hautreizungen.

Wirkung

So vielfältig wie die verschiedenen Gruppen der Entzündungshemmer sind auch deren Wirkmechanismen bei der Entzündungsbekämpfung:

  • Nicht-steroidale Antirheumatika und nicht-opioide Schmerzmittel hemmen die Prostaglandin-Produktion. Prostaglandine sind Gewebshormone, die wesentlich an der Entstehung und Aufrechterhaltung von Schmerz, Fieber und Entzündungen beteiligt sind. Prostaglandine entstehen im Körper unter Mitwirkung der Cyclooxygenase-Enzyme COX-1 und COX-2. Diese Enzyme und damit auch die Bildung von Prostaglandinen werden von nicht-steroidalen Antirheumatika und nicht-opioiden Schmerzmitteln gehemmt. Neuere nicht-steroidale Antirheumatika wie beispielsweise Rofecoxib und Celecoxib hemmen speziell die COX-2 und sollen dadurch weniger Nebenwirkungen zeigen.
  • Glukokortikoide greifen neben einer Blockade der Prostaglandin-Produktion unter anderem in die Eiweißherstellung der Zellen ein. So behindern sie das Entstehen von Interleukinen, zellulären Entzündungsstoffen, was den Fortschritt einer Entzündung aufhält.
  • Immunsuppressiva unterdrücken die Aktivität von speziellen Entzündungszellen. Fehlt diese, wird der Entzündungsprozess blockiert.
  • Monoklonale Antikörper zielen auf unterschiedliche, an Entzündungsvorgängen beteiligte Gewebsbotenstoffe. So ist der Tumornekrosefaktor TNF-alpha bei rheumatoider Arthritis vermehrt im Blut vorhanden und fördert die Entwicklung und das Fortschreiten der Erkrankung. Ist TNF-alpha durch die Antikörper gebunden, bricht der Entzündungsvorgang ab. Bei Schuppenflechte und Asthma sind das biologische Ziel die Interleukine, welche in verschiedenen Formen im Körper vorkommen. Werden sie durch Antikörper gebunden, fördern sie nicht mehr das Wachstum und die Aktivität von Entzündungszellen.
  • Degranulationshemmer stabilisieren die Zellwände der sogenannten Mastzellen. So können sie den Entzündungsstoff Histamin nicht mehr freisetzen, welcher wesentlich am Entzündungsgeschehen bei Allergien beteiligt ist. Andere Antiallergika wie die H1-Antihistaminika verdrängen Histamin von den Rezeptoren der Zielzellen, so dass diese keine Entzündungszeichen ausbilden.
  • Die Entzündungshemmung durch Vitamine beruht vermutlich auf einer besonderen chemischen Struktur, die so genannte Radikale auffängt und bindet. So können diese Radikale nicht mehr schädigend auf Körperzellen einwirken und Entzündungsreaktionen auslösen.
  • Bei pflanzlichen und tierischen Substanzen wie den Enzymen Bromelain und Papain oder den Inhaltsstoffen der Kamillenblüten (Chamazulen und alpha-Bisabolol) sowie Pankreatin, Trypsin und Chymotrypsin sind die Mechanismen der antientzündlichen Wirkung zum größten Teil noch unbekannt.
  • Gerbstoffe führen zum Stillstand entzündlicher Vorgänge, indem sie die daran beteiligten Eiweiße verklumpen und unwirksam machen.
  • Die Entzündungshemmung durch sulfonierte Schieferöle wird vor allem dem Gehalt an Phenolen zugeschrieben. Diese verhindern vermutlich durch eine Bindung an das Erbgut die Vermehrung von Entzündungszellen.
  • Worauf die entzündungshemmende Wirkung von Hydroxychloroquin beruht, ist unbekannt. Es wird vermutet, dass es die Selbstzerstörung gesunder Zellen hemmt.