Vinflunin
Allgemeines
Der Wirkstoff wird zur alleinigen Therapie bei Blasenkrebs Erwachsener eingesetzt. Er kommt bei fortgeschritten Formen zur Anwendung und bei solchen, die schon Tochtergeschwulste (Metastasen) gebildet haben.
Welchen Zwecken dient dieser Wirkstoff?
- Aufbau von Mikrotubuli hemmen
- Zellteilung stören
- spontanes Absterben der Zellen herbeiführen
- Krebswachstum verhindern
Gegenanzeigen
Im Folgenden erhalten Sie Informationen über Gegenanzeigen bei der Anwendung von Vinflunin im Allgemeinen, bei Schwangerschaft & Stillzeit sowie bei Kindern. Bitte beachten Sie, dass die Gegenanzeigen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.
Wann darf Vinflunin nicht verwendet werden?
Vinflunin darf nicht eingesetzt werden bei- Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder dessen chemische Verwandte (andere Vinca-Alkaloide)
- kürzlich (in den letzten zwei Wochen) aufgetretenen oder akuten schweren Infektionen
- Mangel an neutrophilen Blutzellen: Wenn der Ausgangswert bei der ersten Anwendung unter 1.500 oder bei nachfolgenden Anwendungen unter 1.000 pro Kubikmillimeter Blut liegt
- Mangel an Blutplättchen: unter 100.000 pro Kubikmillimeter Blut
- Patienten mit hohem Verstopfungs-Risiko (Begleittherapie mit opioiden Schmerzmitteln, Krebs des Bauchfells, Bauchschwellung, größere Bauchoperation in der Vorgeschichte), weil das Zytostatikum die Verstopfung verschlimmert
- gesteigertem Risiko für Herzrhythmusstörungen (beispielsweise bei Herzmuskelschwäche, bei Verlängerung des QT-Intervalls, bei Kaliummangel im Blut), weil sich diese verstärken können
- Herzinfarkt, einer Unterversorgung des Herzens mit Blut oder Angina pectoris in der Vorgeschichte, weil Vinflunin die Herzdurchblutung drosselt
- Leberfunktionsstörung, weil hier die Dosierung vermindert werden muss
- Patienten mit mittelgradiger oder schwerer Nierenfunktionsstörung, weil auch diese einer Dosisverminderung bedarf
- alten Patienten (über 75 Jahre), weil sie nur mit verminderter Dosierung behandelt werden dürfen.
Was müssen Sie bei Schwangerschaft und Stillzeit beachten?
Es gibt keine Studien zur Verwendung von Vinflunin bei Schwangeren. Tierexperimente haben jedoch Missbildungen bei der Nachkommenschaft gezeigt. Vinflunin darf daher nicht während der Schwangerschaft angewendet werden, es sei denn, der Arzt hält dies für unbedingt erforderlich. Tritt während der Behandlung eine Schwangerschaft ein, muss der Arzt die Patientin über das bestehende Risiko informieren, dass eine Behandlung das ungeborene Kind schädigen kann. Auch Patienten mit Kinderwunsch nach der Therapie sollten sich von einem Arzt darüber beraten lassen.
Männer und Frauen müssen während der Therapie und in den drei Monaten danach eine sichere Verhütungsmethode anwenden.
Es ist nicht bekannt, ob Vinflunin oder seine Abbauprodukte beim Menschen wie im Tierversuch in die Muttermilch übergehen. Wegen der möglichen stark schädigenden Wirkung von Vinflunin auf Säuglinge ist das Stillen während der Vinflunin-Behandlung untersagt.
Bei Männern kann eine Vinflunin-Behandlung die Fruchtbarkeit stark und dauerhaft schädigen. Vor der Behandlung sollte daher eine Spermakonservierung in Betracht gezogen werden.
Was ist bei Kindern zu berücksichtigen?
Für Kinder und Jugendliche gibt es keinen Einsatzgrund für Vinflunin.
Welche Nebenwirkungen kann Vinflunin haben?
Im Folgenden erfahren Sie das Wichtigste zu möglichen, bekannten Nebenwirkungen von Vinflunin. Diese Nebenwirkungen müssen nicht auftreten, können aber. Denn jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf Medikamente. Bitte beachten Sie außerdem, dass die Nebenwirkungen in Art und Häufigkeit je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.
Sehr häufige Nebenwirkung:
Blutbildveränderungen (Mangel an neutrophilen und weißen Blutkörperchen sowie Blutplättchen), Blutarmut, Natrium-Mangel im Blut, Essensverweigerung, Verstopfung, Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen, Mundschleimhautentzündung, Durchfall, Haarausfall, Muskelschmerzen, Schwäche, Müdigkeit, Reaktionen am Anwendungsort, Fieber, Abnahme des Körpergewichts.
Häufige Nebenwirkung:
Infektionen aufgrund von Neutrophilen-Mangel, Infektionen (mit Viren, Bakterien, Pilzen), Fieber aufgrund von Neutrophilen-Mangel, Überempfindlichkeit, Austrocknung, Schlaflosigkeit, Nervenstörungen in den Fingern und Zehen, Ohnmacht, Kopfschmerzen, Benommenheit, Nervenschmerzen, Schmeckstörungen, Nervenerkrankungen, Ohrenschmerzen, Herzrasen, Bluthochdruck, Venenverstopfung, Blutgefäßentzündung, niedriger Blutdruck, Atembeschwerden, Husten, Darmverschluß, Schluckstörung, Erkrankungen im Mund, Verdauungsstörungen, Hautausschlag, Nesselsucht, Juckreiz, übermäßiges Schwitzen, Muskelschwäche, Gelenkschmerzen, Rückenschmerzen, Kieferschmerzen, Arm- oder Beinschmerz, Knochenschmerzen, Knochen- und Muskelschmerzen, Brustschmerzen, Schüttelfrost, Schmerzen allgemein, Wasseransammlungen im Gewebe (Ödeme).
Gelegentliche Nebenwirkungen:
Blutvergiftung aufgrund von Neutrophilen-Mangel, Störungen der Funktion von Bewegungsnerven, Sehstörungen, Schwindel, Ohrensausen, Minderdurchblutung des Herzmuskels, Herzinfarkt, starke Lungenreaktion auf die Behandlung, Schlundschmerzen, Schluckstörung mit Schmerzen, Magenbeschwerden, Speiseröhrenentzündung, Zahnfleischerkrankungen, Störung der hormonellen Regelung des Wasserhaushalts im Körper (SIADH), trockene Haut, Hautrötung, Nierenversagen, Wasseraustritt aus Blutgefäßen, Leberwert-Erhöhung (Transaminasen), Zunahme des Körpergewichts.
Nebenwirkungen unbekannter Häufigkeit:
Tumorschmerzen
Besonderheiten:
Vor jeder neuen Vinflunin-Anwendung wird der Arzt das Blutbild ausführlich untersuchen. Die empfohlene Dosis wird bei Patienten mit Blutbildveränderungen je nach deren Ausmaß vermindert werden.
Oft kommt es während der Behandlung vorübergehend zu Verstopfung. Dieser kann vorgebeugt werden durch spezielle Diät, beispielsweise ausreichendem Trinken und ballaststoffreicher Kost. Wenn nötig, sollten ab Tag 1 der Vinflunin-Gabe bis Tag 5 oder 7 nach jeder Vinflunin-Anwendung auch Abführmittel wie Glycerin, Macrogol, Flohsamen-Schalen oder Leinsamen-Schrot zum Einsatz kommen.
Im Falle des Auftretens einer Minderdurchblutung des Herzmuskels während der Behandlung wird der Arzt die Beendigung der Therapie erwägen.
Kommt es während der Behandlung zu Anzeichen einer Gehirnbeeinträchtigung (wie Kopfschmerzen, Verwirrtheit, Krampfanfälle, Sehstörungen, Bluthochdruck und Übelkeit und Erbrechen) in unterschiedlichen Schweregraden, wird der Arzt einen Abbruch der Vinflunin-Behandlung in Erwägung ziehen.
Welche Wechselwirkungen zeigt Vinflunin?
Bitte beachten Sie, dass die Wechselwirkungen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.
Vinflunin in Kombination mit dem Zytostatikum Doxorubicin führt zu einem besonders hohen Risiko von Blutbildveränderungen.
Vinflunin wird über ein leicht beeinflussbares Enzym-System verstoffwechselt. Es sollte daher nicht mit dem HIV-1-ProteasehemmerRitonavir, den Pilzmitteln Ketoconazol oder Itraconazol und Grapefruitsaft kombiniert werden, damit es nicht zu stärkeren Wirkungen und Nebenwirkungen kommt. Ebenso ist die Kombination mit dem TuberkulosemittelRifampicin und Johanniskraut (gegen Depressionen) zu vermeiden, da diese Wirkstoffe die Wirkung von Vinflunin verringern können.
Die Anwendung von Vinflunin zusammen mit anderen Wirkstoffen, die das QT-Intervall verlängern, sollte vermieden werden, damit es nicht zu Herzrhythmusstörungen kommt. Solche Wirkstoffe sind Antibiotika wie Erythromycin und Trimethoprim-Sulfamethoxazol, einige H1-Antihistaminika, viele Neuroleptika, andere Psychopharmaka, Parkinson-Mittel und Malaria-Mittel sowie Röntgenkontrastmittel und verschiedene opioide Schmerzmittel.
Die gleichzeitige Anwendung von opioiden Schmerzmitteln kann das Risiko für eine starke Verstopfung erhöhen.
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen
- Eine etwaige auftretende Verstopfung sollte möglichst gleich mit milden Abführmitteln bekämpft werden.
- Kommt es zu Blutbildveränderungen, muss der Arzt die Dosierung entsprechend vermindern.
- Das Medikament darf nur von erfahrenen Krebsärzten eingesetzt werden.
- Die Therapie mit dem Medikament wird bei Minderdurchblutung des Herzmuskels beendet.
- Bei Auftreten von Kopfschmerzen, Verwirrtheit, Krampfanfällen, Sehstörungen, Bluthochdruck sowie Übelkeit und Erbrechen ist sofort der behandelnde Arzt zu verständigen.
- Während der Therapie und in den drei Monaten danach müssen Männer und Frauen eine sichere Verhütungsmethode anwenden.
- Während der Therapie mit dem Medikament darf kein Grapefruitsaft getrunken werden.
- Durch Schwindel oder Ohnmacht kann das Medikament Autofahren oder das Führen von Maschinen gefährlich machen.
Manchmal lösen arzneiliche Wirkstoffe allergische Reaktionen aus. Sollten Sie Anzeichen einer allergischen Reaktion wahrnehmen, so informieren Sie umgehend Ihren Arzt oder Apotheker.
Welche Medikamente beinhalten Vinflunin?
Folgende Tabelle zeigt alle erfassten Medikamente, in welchen Vinflunin enthalten ist.In der letzten Spalte finden Sie die Links zu den verfügbaren Anwendungsgebieten, bei denen das jeweilige Medikamente eingesetzt werden kann.
So wirkt Vinflunin
Im Folgenden erfahren Sie mehr zu den Anwendungsgebieten und der Wirkungsweise von Vinflunin. Lesen Sie dazu auch die Informationen zur Wirkstoffgruppe Zytostatika, zu welcher der Wirkstoff Vinflunin gehört.
Anwendungsgebiet des Wirkstoffs Vinflunin
Der Wirkstoff wird zur alleinigen Therapie bei Blasenkrebs Erwachsener eingesetzt. Er kommt bei fortgeschritten Formen zur Anwendung und bei solchen, die schon Tochtergeschwulste (Metastasen) gebildet haben.
Voraussetzungen für die Anwendung sind, dass der Krebs von den sogenannten Übergangszellen der Blasenwand ausgeht und dass eine vorherige Behandlung mit einem platinhaltigen Wirkstoff wie beispielsweise Cisplatin wirkungslos war.
Zu folgenden Anwendungsgebieten von Vinflunin sind vertiefende Informationen verfügbar:
Wirkungsweise von Vinflunin
Vinflunin gehört zur Wirkstoffgruppe der Zytostatika. Es ist ein Abkömmling eines Naturstoffs aus der Pflanze Immergrün (lateinisch: Vinca).
Alle Zellen mit einem Zellkern, also auch die menschlichen, benötigen für viele Stoffwechselvorgänge sogenannte Mikrotubuli. Das sind röhrenförmige Strukturen aus Eiweißen. Sie stabilisieren einerseits die Zellen, sind andererseits im Zusammenspiel mit anderen Eiweißen für Bewegungen und Transporte innerhalb der Zelle sowie für aktive Bewegungen der ganzen Zelle mitverantwortlich. Eine besondere Rolle spielen die Mikrotubuli bei der Zellteilung, weil aus ihnen der Spindelapparat aufgebaut wird, der die verdoppelten beiden Sätze der Chromosomen (des Erbguts) auseinanderzieht.
Aufgebaut werden die Mikrotubuli aus dem Eiweiß Tubulin. Vinflunin bindet an Tubulin und verhindert somit die Zusammenlagerung zu Mikrotubuli. So können wichtige Strukturen in den Zellen nicht aufgebaut werden, Transporte lebensnotwendiger Stoffe unterbleiben und die Zellteilung ist gestört. In der Folge kommt es zu einer Hemmung des Wachstums und die Zellen sterben spontan ab (Apoptose).
Disclaimer:
Bitte beachten: Die Angaben zu Wirkung, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie zu Gegenanzeigen und Warnhinweisen beziehen sich allgemein auf den Wirkstoff des Medikaments und können daher von den Herstellerangaben zu Ihrem Medikament abweichen. Bitte fragen Sie im Zweifel Ihre*n Arzt*Ärztin oder Apotheker*in oder ziehen Sie den Beipackzettel Ihres Medikaments zurate.