Orale Chemotherapie
Bei der oralen Chemotherapie nehmen die Krebspatienten die Wirkstoffe, die den Krebs bekämpfen sollen, in Form von Tabletten oder Kapseln ein. Eine orale Chemotherapie kann zum Beispiel bei Brustkrebs, Darmkrebs und Magenkrebs, aber auch bei vielen anderen Krebserkrankungen zum Einsatz kommen.
Orale Chemotherapie: Krebsbehandlung in Tablettenform
Orale Chemotherapie bedeutet, dass Betroffene die Krebsmedikamente zu Hause einnehmen können und nicht mehr an Termine im Krankenhaus oder in der Praxis gebunden sind.
Auf der anderen Seite heißt das aber auch, dass den Patienten ein fachkundiger Ansprechpartner fehlt, der sie bei Unsicherheiten beraten kann.
Bei einer Chemotherapie verabreicht der Arzt dem Krebspatienten spezielle Medikamente (Zytostatika), die die Zellen im Körper am Wachstum hindern oder zum Absterben bringen. Dabei betreffen die Zytostatika nicht nur Krebszellen, sondern auch gesunde Gewebe, das sich ähnlich schnell teilt wie Krebszellen – zum Beispiel Haarwurzelzellen.
Die meisten Patienten erhalten die Krebsmedikamente mittels Infusion in eine Vene. Von dort aus gelangen sie in den ganzen Körper. In einigen Fällen können Ärzte die Zytostatika allerdings auch in Tablettenform verabreichen – dann spricht man von einer oralen Chemotherapie.
Viele Patienten unterschätzen die orale Chemotherapie. Dies liegt zum einen daran, dass diese Therapieform nicht mehr unter der unmittelbaren Aufsicht von Ärzten stattfindet und zum anderen daran, dass die "Anti-Krebs-Tabletten" in den meisten öffentlichen Apotheken erhältlich sind.
Doch zu Unrecht! Orale Zytostatika sind stark wirksame Arzneimittel, die konsequent nach bestimmten Schemata eingenommen werden müssen und durchaus starke Nebenwirkungen haben können!
Wichtig: Vor einer oralen Chemotherapie müssen sich die Patienten ausführlich von ihrem Arzt beraten lassen und sich strikt an die Dosierungsanweisungen halten! Einnahmefehler oder Wechselwirkungen mit frei verkäuflichen Präparaten, Nahrungsmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln können jeden Therapieerfolg gefährden.
In den letzten Jahren hat die orale Chemotherapie stark an Bedeutung gewonnen. Insbesondere weil immer mehr Krebsmedikamente mittlerweile auch in Tablettenform zur Verfügung stehen – zum Beispiel die neuartigen KinasehemmerImatinib für die Behandlung der chronischen myeloischen Leukämie (CML) oder Sunitinib und Sorafenib für die Therapie von Nierenkrebs.
Der Vorteil: Da die orale Chemotherapie nicht per Infusion (d.h. als Tropf in die Vene) erfolgt, entfallen unangenehme Komplikationen durch den Venenkatheter, etwa eine Venenreizung.
Dennoch gibt es gerade in der Chemotherapie die meisten Krebsmedikamente noch immer nur als Infusionslösung – warum ist das so?
Dies hat vor allem zwei Gründe:
- Orale Zytostatika lassen sich nur schwer dosieren.
- Einige Zytostatika gelangen über den Verdauungstrakt nicht in ausreichender Menge in die Blutbahn.
Bei einer Infusion können Ärzte nicht nur die Dosierung und die Zusammensatzung der Krebsmedikamente individuell auf den Patienten abstimmen, sie können auch ganz genau festlegen, wie schnell oder wie langsam die Zytostatika in den Körper gelangen. Dabei berücksichtigt er zum Beispiel den Allgemeinzustand des Patienten, sein Körpergewicht und die Nierenfunktion.
Bei der oralen Chemotherapie ist die Dosierung etwas schwieriger. Der Grund: Wie schnell die oralen Krebsmedikamente über Magen oder Darm aufgenommen werden, ist von Person zu Person unterschiedlich und hängt unter anderem davon ab, was der Patient zuvor gegessen hat. Fettreiche Nahrung zum Beispiel erhöht die Bioverfügbarkeit von Lapatinib bis auf das Vierfache.
Zum anderen gelangen viele Zytostatika bei der oralen Chemotherapie nicht in ausreichender Menge in die Blutbahn und dadurch auch nicht an den Tumor, da sie zum Beispiel im Magen schon durch die Magensäure zersetzt werden. Um dieser "vorzeitigen Verdauung" entgegenzuwirken, bestehen einige orale Zytostatika aus einer chemischen Vorstufe des eigentlichen Wirkstoffs: Diese Vorstufe passiert den Verdauungstrakt unbeschadet. Darüber hinaus lassen sich einige orale Zytostatika in eine Kapsel verpacken – sie besitzen also eine Art "chemische Schutzhülle".
Anwendungsgebiete der oralen Chemotherapie
Eine orale Chemotherapie ist zum Beispiel bei Brustkrebs mit Metastasen sowie bei Darm- und Magenkrebs möglich. Dabei erhält der Patient die Krebsmedikamente nicht als Infusion, sondern in Form von Tabletten oder Kapseln.
Folgende Wirkstoffe stehen beispielsweise für verschiedene Krebserkrankungen als orale Chemotherapie zur Verfügung:
- Capecitabin: Brustkrebs (auch bei Vorliegen von Metastasen), Kolorektalkarzinom, Magenkrebs
- Bexaroten: kutanes T-Zell-Lymphom
- Chlorambucil: Lymphdrüsenkrebs, wie Hodgkin-Krankheit, z.T. bei Non-Hodgkin-Lymphom (NHL), chronisch lymphatische Leukämie (CLL)
- Idarubicin: akute myeloische Leukämie (AML)
- Imatinib: chronische myeloische Leukämie (CML) u.a.
- Orales Cyclophosphamid: u.a. Brustkrebs, Leukämie, malignes Lymphom
- Temozolomid: Gehirntumore (z.B.Glioblastom)
- Tretinoin: akute promyelozytäre Leukämie (APL)
- Vinorelbin: nicht-kleinzelliges Bronchialkarzinom, Brustkrebs
Durchführung der oralen Chemotherapie
Eine orale Chemotherapie kann zu Hause oder auch unterwegs erfolgen. Aufenthalte in Praxen oder Kliniken werden so deutlich seltener notwendig. Das Leben der Krebspatienten wird dadurch flexibler und mobiler.
Bei der oralen Chemotherapie können Patienten die Wirkstoffe in Form von Tabletten oder Kapseln schlucken. Eine Infusion, wie bei anderen Formen der Chemotherapie, ist nicht erforderlich. Dadurch lassen sich Komplikationen wie Venenreizungen oder Schmerzen an der Einstichstelle vermeiden. Auch möglich Infektionen an den Einstichstellen der Infusion bleiben bei der oralen Chemotherapie aus.
Orale Chemotherapie: Risiken und Komplikationen
Eine orale Chemotherapie führt bei richtiger Dosierung deutlich seltener zu Begleiterscheinungen wie
- Haarausfall,
- Durchfall,
- Erbrechen oder einer
- Entzündung der Mundschleimhaut (Stomatitis).
Wie bei einer Chemotherapie per Infusion können bei der oralen Chemotherapie auch Nebenwirkungen auftreten – einige innerhalb weniger Stunden oder Tage nach Beginn der Chemotherapie, andere erst nach Monaten oder Jahren. Der Umfang der Nebenwirkungen hängt vor allem von der Art und der Dosis der eingesetzten Krebsmittel (Zytostatika) sowie von der Dauer der Behandlung ab.
Ein Vorteil der oralen Chemotherapie besteht darin, dass Venenreizungen oder Infektionen der Einstichstellen, wie sie bei einer Infusion der Zytostatika auftreten können, entfallen.
Bei der oralen Chemotherapie müssen allerdings die Patienten selbst darauf achten, die Tabletten zu den vorgeschriebenen Zeiten und in der richtigen Art und Weise (z. B. vor, zum oder nach dem Essen) einzunehmen. Dies ist ein Nachteil: Denn im Alltag kann es schnell passieren, dass die Patienten bewusst oder unbewusst die Einnahme einer oder mehrerer Tabletten vergessen oder eigenständig das Behandlungsintervall verändern.
Onmeda-Lesetipps:
Linktipps:
- www.krebsgesellschaft.de Die Deutsche Krebsgesellschaft bietet umfangreiche Informationen zu Krebsarten, Therapieoptionen und Beratung sowie eine Suchfunktion zur Recherche nach DKG-zertifizierten Zentren in Ihrer Nähe: Brustzentren, Darmzentren und demnächst Prostatakarzinomzentren.
- www.onkologie.de Neben allgemein Wissenswertem zum Thema Krebs können Sie sich hier über die medizinischen Hintergründe von über 50 verschiedenen Krebsarten informieren. Die Seite bietet Ihnen außerdem eine Reihe von Serviceleistungen und ein Chat-Forum.
- www.krebsinformation.de Das Deutsche Krebsforschungszentrum Heidelberg informiert umfassend zum Thema Chemotherapie.
- www.krebs-kompass.de Eine umfassende Seite über allgemeine Fragen zum Thema Krebs, verschiedenen Therapieformen und ihre Nebenwirkungen.
- www.kinderkrebsstiftung.de Bei der Deutschen Kinderkrebsstiftung können Sie altersgerechte Informationen zum Thema Chemotherapie in Form von Bilderbüchern, Zeitschriften, Videos und Spielen bestellen.