Traurigkeit, Niedergeschlagenheit
Traurigkeit und Niedergeschlagenheit sind Emotionen, die praktisch jeder kennt, denn sie gehören zum menschlichen Dasein dazu. Was aber, wenn sie sehr lange andauern und/oder scheinbar grundlos auftreten?
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
Traurigkeit, Niedergeschlagenheit
Kurzfristige Phasen der Traurigkeit/Niedergeschlagenheit sind Teil des Lebens. Sie sind an sich nicht als krankhaft zu bewerten. Vielmehr sind sie gesunde Reaktionen auf einen Verlust, ein entmutigendes Ereignis oder eine herbe Enttäuschung. So kann zum Beispiel der Tod eines geliebten Menschen tiefe Traurigkeit auslösen.
Erst wenn Menschen scheinbar grundlos unendlich traurig sind und/oder ihre seelische Niedergeschlagenheit übermäßig lange andauert, ist dies ein Zeichen dafür, dass ein gesundes Maß überschritten ist. Dann kann zum Beispiel eine Depression dahinterstecken. Aber übermäßige Traurigkeit kann auch viele andere Ursachen haben.
Wenn Ihre Traurigkeit so ausgeprägt ist, dass Sie nicht mehr weiterwissen: Holen Sie sich Hilfe, etwa bei Ihrem Arzt! Wenn Sie schwere Gedanken haben und jemanden zum Reden brauchen, kann die anonyme und kostenlose Telefonseelsorge eine erste Anlaufstelle sein. Sie erreichen diese unter den Nummern:
- +49 (0)800 1110111
- +49 (0)800 111 0 222
Traurigkeit, Niedergeschlagenheit:: Ursachen
In den meisten Fällen ist Traurigkeit eine normale Reaktion auf eine seelische Belastung, so zum Beispiel auf
- den Tod eines nahestehenden Menschen,
- eine schwere Krankheit oder bestehende Lebensgefahr eines nahestehenden Menschen,
- soziale Ablehnung durch das Umfeld,
- Liebeskummer,
- Sehnsucht oder
- Erfolglosigkeit.
Wer jedoch dauerhaft oder grundlos niedergeschlagen ist und die Traurigkeit aus eigener Kraft nicht überwinden kann, sollte den Ursachen auf den Grund gehen.
Mögliche Ursachen für unangemessene Traurigkeit sind:
- Depressionen
- hormonelle Schwankungen nach der Geburt eines Kindes
- körperliche Erkrankungen, z.B. multiple Sklerose
- bestimmte Medikamente
Depressionen als Ursache für Traurigkeit
Eine Depression ist weit mehr als eine vorübergehende Traurigkeit. Sie kann sich in ganz unterschiedlichen Symptomen äußern. Zu den Kernsymptomen zählen
- eine gedrückte Stimmung,
- Interessenverlust und Freudlosigkeit sowie
- eine Verminderung des Antriebs und rasche Ermüdbarkeit.
Weitere mögliche Beschwerden sind zum Beispiel sozialer Rückzug, körperliche Beschwerden wie Schlaflosigkeit und Appetitlosigkeit sowie Konzentrationsprobleme.
Im Gegensatz zu einer gewöhnlichen Traurigkeit, die jeder Mensch kennt, ist das Gefühl der Niedergeschlagenheit bei einer Depression viel intensiver und länger andauernd. Niedergeschlagenheit muss aber nicht zwangsläufig zu einer Depression gehören: Manche Depressive äußern, gar keine Emotionen mehr empfinden zu können.
Die genauen Ursachen einer Depression sind noch unklar. Als sicher gilt, dass mehrere Faktoren in Kombination die Entstehung begünstigen. Dazu zählen sowohl Veranlagung als auch psychosoziale Einflüsse wie etwa starke seelische Belastungen oder Konflikte. Manche Menschen leiden vorwiegend im Herbst und Winter unter leichten depressiven Verstimmungen (sog. saisonal abhängige Depression).
Hormonelle Schwankungen
Hormonelle Schwankungen können zu vorübergehender Traurigkeit führen – zum Beispiel nach der Schwangerschaft. Viele frischgebackene Mütter bekommen wenige Tage nach der Geburt den sogenannten Baby-Blues (auch: Heultage). Für diesen meist nur wenige Stunden anhaltenden Zustand ist die plötzliche Hormonveränderung nach der Schwangerschaft verantwortlich.
Etwa sechs bis zwölf Wochen nach der Geburt entwickeln manche Schwangere eine Wochenbettdepression (auch: postnatale Depression). Die Niedergeschlagenheit der Wochenbettdepression ist in der Regel stärker ausgeprägt als der Baby-Blues. Neben den hormonellen Veränderungen begünstigen Faktoren wie Schlafmangel oder eine traumatische Geburt die Entstehung der Wochenbettdepression.
Auch in den Wechseljahren oder beim prämenstruellen Syndrom sind es hormonelle Veränderungen, die eine vorübergehende Traurigkeit auslösen können.
Körperliche Erkrankungen und Medikamente
Symptome wie Traurigkeit, Antriebslosigkeit und das Gefühl innerer Leere können zahlreiche körperliche Ursachen haben. Beispiele hierfür sind:
- Gehirnveränderungen (z.B. nach einem Schlaganfall)
- durch Viren verursachte Infektionskrankheiten (z.B. Grippe, AIDS)
- Diabetes mellitus
- Schilddrüsenerkrankungen, z.B. Schilddrüsenunter- oder überfunktion
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen
- Parkinson
- multiple Sklerose
- Alzheimer-Demenz
- Chorea Huntington
Manchmal sind auch bestimmte Medikamente der Grund für plötzliche Traurigkeit. So können sich beispielsweise die Antibabypille oder Betablocker auf die Stimmung auswirken.
Traurigkeit, Niedergeschlagenheit: Diagnose
Nicht jede Phase von Traurigkeit macht einen Arztbesuch nötig. Wer aber über längere Zeit hinweg niedergeschlagen ist und das Gefühl nicht alleine in den Griff bekommt, für den ist Hilfe durch einen Arzt ratsam.
Im Gespräch mit seinem Patienten wird der Arzt zum Beispiel erfragen,
- ob der Patient bestimmte Medikamente einnimmt,
- seit wann die Traurigkeit besteht oder
- ob der Patient weitere körperliche oder psychische Veränderungen bemerkt hat.
Wenn der Arzt den Verdacht, dass es sich um eine Depression handeln könnte, wird er gezielt nach möglichen Anzeichen fragen. Gegebenenfalls wird er den Patienten an einen Psychiater oder Psychotherapeuten überweisen – jedoch erst, nachdem er eine mögliche körperliche Ursache ausgeschlossen hat.
Je nach vermuteter Ursache können verschiedene Untersuchungen nötig sein, zum Beispiel
- eine Blutuntersuchung,
- eine neurologische Untersuchung,
- eine Magnetresonanztomographie (MRT) oder
- eine Computertomographie (CT).
Traurigkeit, Niedergeschlagenheit: Wann eine Therapie nötig ist
Traurigkeit und Niedergeschlagenheit bedürfen in der Regel nur einer Therapie, wenn sie
- ohne ersichtlichen Grund einsetzen,
- ungewöhnlich lange anhalten und/oder wenn
- sich der Betroffene dadurch beeinträchtigt fühlt.
Welche Behandlung nötig ist, richtet sich dabei nach der Ursache.
Einige Beispiele:
- Wenn eine Depressionhinter der Traurigkeit steckt, empfiehlt es sich, Hilfe bei einem Psychiater oder Psychologen zu suchen. Je nach Schwere der Depression kann diese mithilfe von Psychotherapie und/oder Medikamenten behandelt werden.
- Bei einer leichten saisonal abhängigen depressiven Verstimmung können Sport, Spaziergänge an der Sonne, eine ausgewogene Ernährung und/oder eine Lichttherapie schon viel bewirken. Hält die Verstimmung jedoch länger an oder ist besonders ausgeprägt, sollte man einen Psychotherapeuten oder Arzt hinzuziehen.
- Traurigkeit, die im Rahmen einer Wochenbettdepression auftritt, vergeht oft nach einigen Tagen von allein. Ist dies nicht der Fall oder kommen weitere Beschwerden hinzu, ist professionelle Hilfe nötig.
- Wenn eine körperliche Krankheit (z.B. multiple Sklerose oder Herz-Kreislauf-Erkrankung) für die Niedergeschlagenheit verantwortlich ist, dann ist eine gezielte Therapie dieser Grunderkrankung nötig.