Ulcus cruris: Ursachen und Behandlung des offenen Beins
Das Ulcus cruris ist eine schmerzhafte offene Wunde am Bein oder Fuß. Ausgelöst wird das sogenannte offene Bein durch eine Durchblutungsstörung. Welche Erkrankungen das Geschwür begünstigen und wie die Behandlung erfolgt, lesen Sie hier.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
Zusammenfassung
- Definition: Das Ulcus cruris ist eine schlecht heilende Wunde am Bein und Fuß.
- Ursachen: Ursache ist eine Durchblutungsstörung in den Beinen. Diese kann durch eine Erkrankung der Venen oder Arterien ausgelöst worden sein. Auch Grunderkrankungen wie Diabetes mellitus, Herzerkrankungen oder Unfälle sind manchmal Auslöser.
- Behandlung: Grunderkrankungen stellen einen Risikofaktor für das offene Bein dar und müssen behandelt werden. Zusätzlich sind professionelle Wundversorgungen und eine Kompressions- und Bewegungstherapie erforderlich.
- Symptome: Schuppige und juckende Haut ist typisch, oft auf der Innenseite des Knöchels oder am Unterschenkel, die sich im Verlauf braun-gelblich verfärbt und abstirbt. Kleine Verletzungen heilen schlecht oder nicht ab, entzünden sich und breiten sich aus.
- Diagnose: Abstriche von der Wundoberfläche erlauben es, mögliche Erreger einer Entzündung zu identifizieren. Mit bildgebenden Verfahren lässt sich beurteilen, inwieweit das umliegende Gewebe vom Beingeschwür betroffen ist.
- Verlauf: Das Ulcus cruris heilt je nach Größe und Ursache schwer ab. Die Therapie der Wunde kann sich über Wochen hinziehen. Die Heilungschancen sind besser, wenn Begleiterkrankungen konsequent mitbehandelt werden.
- Vorbeugung: Die Therapie zugrunde liegender Krankheiten, ein gesunder Lebensstil mit Bewegung und ausgewogener Ernährung können einem Ulcus cruris vorbeugen.
Ulcus cruris: Was ist das?
Als Ulcus cruris wird eine Wunde am Unterschenkel oder am Fuß bezeichnet, die trotz richtiger Wundbehandlung über einen längeren Zeitraum nicht abheilt. Auch unter Ulcus oder offenes Bein bekannt, zählt diese Form der Erkrankung daher zu den chronischen Wunden. Die Therapie des Ulcus cruris ist langwierig und gehört in professionelle Hände.
Es gibt verschiedene Ursachen für einen Ulcus cruris, oft liegen sie in einer gestörten Durchblutung in den Venen, seltener in den Arterien. Auch bestimmte Grunderkrankungen, genetische Faktoren und etwa ein ungesunder Lebensstil begünstigen ein offenes Bein. Nur selten tritt das Ulcus cruris bei Menschen unter 40 Jahren auf. Ab dem 75. Lebensjahr ist die Erkrankung deutlich häufiger. Frauen erkranken dabei öfter Männer.
Wie kommt es zu einem Ulcus cruris?
Für einen Ulcus cruris kommen unterschiedliche venöse und arterielle Krankheiten infrage:
- Verschluss der Becken- oder tiefen Beinvenen (postthrombotisches Syndrom)
- Chronischen Venenschwäche, auch chronisch-venöse Insuffizienz (CVI)
- Varikose bei unbehandelten Krampfadern (Varizen)
- arterielle Verschlusskrankheit (pAVK)
In etwa 80 Prozent der Fälle beruht das offene Bein auf einer venösen Erkrankung, dann ist die Rede von einem Ulcus cruris venosum. Die Folge sind oft geschädigte Gefäßwände und Venenklappen, welche ihre Aufgaben im Körperkreislauf nicht mehr ausführen können. Sind die Gefäßwände durch Entzündungen geschädigt und verkrümmt, schließen die Venenklappen nicht mehr richtig. Dann staut sich das Blut im Fuß, wodurch der Druck in den Venen ansteigt, Flüssigkeit in das Gewebe gedrückt wird und es zu Wassereinlagerungen (Ödemen) kommt.
Das gestaute Blut fehlt dem Blutkreislauf und kann somit auch nicht mit Sauerstoff oder Nährstoffen angereichert werden. Gleichzeitig verhindert der hohe Druck auf die Gefäße eine normale Durchblutung. Die Versorgung des Gewebes verschlechtert sich. Kommt es zu einer Verletzung, bildet sich eine offene und nässende Wunde, die trotz akkurater Therapie nicht abheilt. Im weiteren Verlauf kann sich die Wunde über den gesamten Unterschenkel ausbreiten, wodurch das offene Bein beziehungsweise ein Unterschenkelgeschwür entsteht. Unbehandelt droht schlimmstenfalls ein Absterben des Gewebes (Nekrose).
Ursachen für das Ulcus cruris arteriosum
Die periphere arterielle Verschlusskrankheit ist eine weitere Ursache für das offene Bein (Ulcus cruris ateriosum). Dabei sind die Arterien, die für die ausreichende Sauer- und Nährstoffversorgung des umliegenden Gewebes zuständig sind, durch Ablagerungen verengt oder verschlossen. Auch hier kommt es durch die Minderversorgung zu nekrotischem Gewebe und bei Verletzungen zu offenen Wunden.
Interessant: Sind Durchblutungsstörungen im venösen und zugleich arteriellen Gefäßsystem Ursache, ist die Rede von einem Ulcus cruris mixtum.
Was begünstigt ein offenes Bein?
Weitere Erkrankungen oder Faktoren, die zu einem Ulcus cruris führen können:
- Infektionen (Ulcus cruris infectiosum)
- Bluthochdruck (Hypertonie, Ulcus cruris hypertonicum)
- Bestimmte Tumorformen wie das Basalzellkarzinom oder Plattenepithelkarzinom
- Unfälle
- Grunderkrankungen wie die Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) oder Herzinsuffizienz
- Lebensstilfaktoren wie Rauchen, ungesunde und kalorienreiche Lebensmittel oder Alkohol
Welche Therapie hilft bei einem Ulcus cruris?
Die Behandlung des Ulcus cruris richtet sich nach der Ursache. Bei vorliegenden Grunderkrankungen wie Gefäßerkrankungen oder Diabetes mellitus werden Patient*innen gegebenenfalls von der hausärztlichen Praxis zu Fachleuten für Gefäß- oder Venenerkrankungen oder in die diabetologische Fachpraxis überwiesen. Wird die Grunderkrankung behandelt, reduziert dies das Risiko dafür, dass das Ulcus nicht abheilt oder wieder entsteht (rezidiviert).
Wundversorgung des offenen Beins ist essenziell
Beim Ulcus cruris handelt es sich um eine schwer heilende Wunde, die sich zudem leicht infiziert. Daher gehört auch die weitere Behandlung in die professionellen Hände von Personen, die speziell im Wundmanagement ausgebildet sind und Veränderungen an der Wunde beurteilen können.
Sie führen an der gesäuberten Wunde ein Débridement durch. Dabei wird geschädigtes oder infiziertes Gewebe entfernt, um einer Infizierung vorzubeugen. Gleichzeitig wird frisches Narbengewebe beseitigt, um einen zum Stillstand gekommenen Heilungsprozess wieder anzuregen. Manchmal kommen speziell gezüchtete Fliegenmaden zum Einsatz, die das abgestorbene Material mit ihrem Speichel auflösen, aufnehmen und verstoffwechseln. Die Ausscheidungen wirken auf eine bestimmte Bakteriengruppe antibakteriell.
Die desinfizierte Wunde wird mit Wundauflagen versorgt, die an die verschiedenen Wundheilphasen angepasst ist. Wichtig ist dabei, dass der Verband überschüssige Flüssigkeit aufsaugt, ohne dabei die Wunde auszutrocknen. Dies verhindert, dass das Material an der Wunde verklebt und beim nächsten Verbandswechsel neu gebildetes Gewebe wieder aufreißt. Die Therapie wiederholt sich so lange, bis neues gesundes Gewebe die Wunde verschlossen hat. Verschiedene aufgetragene Medikamente unterstützen die Wundheilung oder beugen einer Infektion vor. In schweren Fällen kann eine Eigenhauttransplantation nötig sein.
Kompressions- und Bewegungstherapie
Neben der Wundversorgung gehört es zur Basistherapie, die Durchblutung im betroffenen Bein zu verbessern. Dies geschieht mithilfe der Bewegungs- und Kompressionstherapie. Durch Druck von außen auf das Bein befördert der Kompressionsstrumpf die Flüssigkeit aus dem Gewebe zurück in die Venen. So erhöht sich der Rückfluss, die Stauung löst sich auf und das Bein wird wieder durchblutet. Die Bewegung aktiviert die Muskelpumpe und so die Venentätigkeit unterstützt. Für die Bewegung ist Gehen ausreichend.
Ist das Ulcus auf eine arterielle Erkrankung zurückzuführen, lässt sich die Durchblutungsstörung mit einem Dilatationsballon beheben. Dafür wird die verengte Arterie mit einem ballonartigen Gerät aufgedehnt. Streckt sich die Verengung über eine weitere Strecke der Arterie, lässt sich dieser Abschnitt gefäßchirurgisch mit einem Venenbypass oder einem künstlichen Blutgefäß umgehen.
Welche Symptome verursacht ein Ulcus cruris?
Folgende Symptome sind typisch für ein Ulcus uris:
- Gelblich-braun verfärbte Haut, meist an der Knöchelinnenseite und am Unterschenkel, die im Verlauf verhärtet, dünner und spröder wird
- Kleine Verletzungen, die nur schwer oder nicht abheilen
- Abgestorbene (nekrotische) Hautstellen
- Nässende Wundoberfläche
- Jucken
Ulcus cruris: Wie wird es diagnostiziert?
In der Regel ist das Ulcus cruris die Folge einer bereits bestehenden Venenerkrankung wie Krampfadern oder eine chronisch-venöse Insuffizienz. Um der Ursache auf die Spur zu kommen, erhebt die*der Ärztin*Arzt zunächst die Krankengeschichte (Anamnese) und erfragt mögliche Risikofaktoren wie vorangegangene Thrombosen, Begleiterkrankungen oder die familiäre Vorbelastung.
Zudem werden das Bein und die Wunde selbst untersucht und beurteilt. Um eine bakterielle Infektion aufzudecken, wird ein Abstrich von der Wunde labortechnisch untersucht. Mit Ultraschall beziehungsweise der Dopplersonografie lässt sich feststellen, wie gut die Arterien und Venen durchblutet werden. Weitere bildgebende Verfahren wie
unterstützen bei der Beurteilung, inwieweit das umliegende Gewebe geschädigt ist.
Wie verläuft ein Ulcus cruris?
Ulcus cruris gehört zu den schwer heilenden Wunden. Bis die Haut wieder verschlossen ist, können viele Wochen vergehen. Jedoch können eine konsequente Behandlung der Begleiterkrankungen und die richtige Wundversorgung die Heilung begünstigen.
Ein offenes Bein bietet verschiedenen Krankheitserregern eine Eintrittspforte in den Körper. Kommt es zu einer zusätzlichen Infektion mit Erregern, erschwert dies die Therapie. Unbehandelt stirbt das Gewebe ab (Nekrose).
Lässt sich einem Ulcus cruris vorbeugen?
Dem Ulcus cruris lässt sich vorbeugen, indem die Risikofaktoren für die Grunderkrankungen reduziert werden. Hilfreiche Maßnahmen können sein:
Bewegung: Regelmäßige Bewegung sorgt für gesunde Venen und Arterien, trainiert die Muskelpumpe und beugt so Durchblutungsstörungen und Übergewicht vor.
gesunde Ernährung: Ebenfalls wichtig ist ein gesunder Lebensstil, etwa eine ausgewogene, ballaststoffreiche sowie fett- und zuckerarme Ernährung. Sie unterstützt bei der Wundheilung und beugt Erkrankungen wie Diabetes mellitus oder Bluthochdruck vor, die im Verlauf ein offenes Bein begünstigen können.
keine Genussmittel konsumieren: Alkohol und Zigaretten hingegen schädigen die Gefäße oder vermindern die Durchblutung. Ein Verzicht ist deshalb ratsam.
Kompressionstherapie: Kompressionsstrümpfe können bei einem venösen Ulcus helfen, die Durchblutung zu fördern. Ist das offene Bein auf eine arterielle Störung zurückzuführen, sollten sie nur nach ärztlicher Absprache getragen werden.
Fußpflege: Es ist wichtig, Verletzungen an den Füßen und Zehen zu vermeiden, zum Beispiel, indem für das Fußnägelschneiden die medizinische Fußpflege aufgesucht wird.
passendes Schuhwerk: Schuhe sollten auch abends noch bequem sitzen, damit sich keine Blasen oder schmerzhafte Druckstellen bilden.