Rhabdomyolyse: Frau hat Schmerzenin den Beinen
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Rhabdomyolyse: Symptome und Ursachen der Muskelschädigung

Von: Paula Vradelis (Medizinautorin)
Letzte Aktualisierung: 28.02.2025

Plötzliche starke Muskelschmerzen, dunkler Urin und ein Schwächegefühl? Diese Symptome können auf eine Rhabdomyolyse hinweisen – eine ernste Muskelschädigung, bei der zerstörte Muskelzellen Zellbestandteile ins Blut freisetzen. Eine frühzeitige Behandlung ist entscheidend, um Komplikationen zu vermeiden. Erfahren Sie hier mehr über Symptome, Ursachen und Therapie.

FAQ: Häufige Fragen und Antworten zum Thema Rhabdomyolyse

Typische Symptome sind Muskelschmerzen, Schwäche und dunkler Urin. In schweren Fällen können Nierenprobleme oder Herzrhythmusstörungen auftreten.

Was ist eine Rhabdomyolyse?

Die Rhabdomyolyse (RML) oder auch Rhabdomyolysis ist kein eigenständiges Krankheitsbild, sondern ein Syndrom, das durch den Zerfall von Muskelfasern entsteht. Dabei gelangen Zellbestandteile, insbesondere Myoglobin, ins Blut. Dies kann zu schweren Komplikationen führen, insbesondere für die Nieren.

Die Krankheit kann durch verschiedene Ursachen ausgelöst werden, etwa durch Verletzungen, Medikamente, übermäßige körperliche Belastung oder Stoffwechselstörungen. 

Der Name setzt sich aus den griechischen Wortstämmen "Rhabdo" (gestreift), "Myo" (Muskel) und "Lyse" (Auflösung) zusammen. Wörtlich bedeutet Rhabdomyolyse also "Auflösung der quergestreiften Muskulatur", was den zentralen Krankheitsprozess beschreibt.

Die Rhabdomyolyse (RML) gilt generell als die schwerwiegendste Form einer toxischen Myopathie. Myopathien sind Erkrankungen der Muskulatur, die durch strukturelle oder funktionelle Störungen der Muskelzellen gekennzeichnet sind

Welche Symptome treten bei einer Rhabdomyolyse auf?

Die Symptome einer Rhabdomyolyse können je nach Ursache und Schweregrad variieren. Typischerweise können jedoch folgende Beschwerden auftreten:

  • Muskelschmerzen (Myalgien): oft in den Beinen, Schultern oder im unteren Rücken
  • Muskelschwäche: Schwierigkeiten beim Gehen, Treppensteigen oder Greifen
  • Schwellung der Muskulatur
  • Dunkel gefärbter, braun-rötlicher Urin ("Cola-farben") 
  • Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Schwächegefühl
  • Fieber oder Unwohlsein
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Elektrolytstörungen (Hyperkaliämie, Hypokalzämie)

Folgende schwerwiegende Komplikationen können daraus resultieren:

  • Akutes Nierenversagen: Beim Muskelzerfall wird das Protein Myoglobin freigesetzt, das über das Blut in die Nieren gelangt. In hoher Menge kann es die Nierenkanälchen verstopfen und die Nieren schädigen, sodass die Harnproduktion vermindert (Oligurie) ist oder ganz ausfällt (Anurie).

  • Herzrhythmusstörungen: Durch die Freisetzung großer Mengen Kalium (Hyperkaliämie) kann es zu einem unregelmäßigen Herzschlag sowie zu einem zu schnellen oder zu langsamen Puls führen.

  • Kompartmentsyndrom:  Eine starke Muskelschwellung kann die Durchblutung behindern und im schlimmsten Fall zu bleibenden Muskelschäden führen.

  • Metabolische Azidose: Der gestörte Elektrolyt- und Muskelstoffwechsel kann das Blut übersäuern, was den Kreislauf und Organe belastet.

Was sind die Ursachen einer Rhabdomyolyse?

Die Ursachen einer Rhabdomyolyse sind vielfältig und lassen sich in verschiedene Gruppen einteilen.

  • mechanische Schäden: Häufig entsteht die Rhabdomyolyse durch direkte Muskelverletzungen, etwa nach Unfällen, starken Prellungen oder Quetschungen. Auch eine längere Immobilisation, beispielsweise wenn eine Person nach einer Bewusstlosigkeit stundenlang auf dem Boden liegt, führt mitunter zu einer Muskelzerstörung.

  • übermäßige körperliche Belastung: Sehr intensiver Sport, wie Langstreckenläufe oder exzessives Krafttraining, kann die Muskeln überlasten, sodass sie geschädigt werden. Auch wiederholte Krampfanfälle beispielsweise im Rahmen einer Epilepsie oder eine starke Überhitzung des Körpers (etwa durch einen Hitzschlag) sind Risikofaktoren.

  • Stoffwechsel- und Hormonstörungen: Bestimmte Elektrolytstörungen (Hypokaliämie oder Hypokalzämie) oder eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) können die Muskulatur schwächen und anfälliger für Schäden machen.  Auch eine Stoffwechselentgleisung (Ketoazidose) bei einem schlecht eingestellten Diabetes mellitus kann eine Rhabdomyolyse auslösen.

  • Infektionen: Virale (z.B. Influenza, Coxsackievirus) oder bakterielle Erkrankungen (z.B. Staphylokokken-Infektionen) können ebenfalls ursächlich für dieses Syndrom sein.

  • genetische Faktoren: Dabei spielt die Duchenne-Muskeldystrophie eine wichtige Rolle, eine erblich bedingte Muskelerkrankung, bei der ein wichtiges Muskelprotein (Dystrophin) fehlt. Eine weitere häufige genetische Ursache ist das McArdle-Syndrom (Glykogenose Typ V), bei dem die Muskeln Zuckerreserven (Glykogen) nicht richtig abbauen können. Dies führt zu schneller Muskelerschöpfung, Schmerzen und einem erhöhten Risiko für Rhabdomyolyse, insbesondere bei körperlicher Belastung.

  • Drogen und Toxine: Drogen wie Kokain, Ecstasy und Alkohol begünstigen eine Rhabdomyolyse durch direkte Zellschädigung oder indirekt durch Krämpfe

Medikamente als Auslöser

Auch Medikamente können eine Rhabdomyolyse verursachen. Cholesterinsenker wie Statine und Fibrate sind häufig als mögliche Auslöser bekannt, wobei das Risiko für schwerwiegende Muskelschäden insgesamt selten ist. Psychopharmaka, insbesondere Neuroleptika und Antidepressiva, können über Nebenwirkungen wie das maligne neuroleptische Syndrom zu Muskelzerfall führen.

Bestimmte Narkosemittel wie Succinylcholin, die während einer Operation eingesetzt werden, können in seltenen Fällen eine gefährliche Muskelüberreaktion auslösen. Dabei kommt es zu unkontrollierten Muskelkrämpfen und einer starken Überhitzung des Körpers (maligne Hyperthermie), was ebenfalls zu einer Rhabdomyolyse führen kann.

In seltenen Fällen wurde auch Isotretinoin, ein Medikament zur Behandlung schwerer Akne, mit einem Anstieg der Kreatinkinase (CK) und Muskelschäden in Verbindung gebracht. Dies tritt vor allem bei intensiver körperlicher Belastung während der Therapie auf.

Wie kann eine Rhabdomyolyse diagnostiziert werden?

Die Diagnostik der Rhabdomyolyse basiert auf klinischen Symptomen, Laborwerten und gegebenenfalls bildgebenden Verfahren.

Ein starker Anstieg der Kreatinkinase (CK) im Blut ist der wichtigste Hinweis, da dieses Enzym beim Muskelzerfall freigesetzt wird. Zusätzlich werden Myoglobin, Laktatdehydrogenase (LDH) und die Leberenzyme AST/ALT überprüft, da sie ebenfalls auf Muskelschäden hinweisen können. Auch

werden kontrolliert, um den Schweregrad der Erkrankung und mögliche Komplikationen frühzeitig zu erkennen.

Weitere Diagnose-Maßnahmen

Da eine Rhabdomyolyse eine Hyperkaliämie verursachen kann, wird oft ein EKG durchgeführt. Es hilft, mögliche Herzrhythmusstörungen frühzeitig zu erkennen, die durch erhöhte Kaliumwerte entstehen können.

Auch eine Urinuntersuchung liefert wichtige Hinweise. Ist der Urin braun-rötlich verfärbt, kann dies auf eine Myoglobinurie hindeuten. Falls ein Urinstreifentest „Blut“ nachweist, aber unter dem Mikroskop keine roten Blutkörperchen sichtbar sind, spricht dies ebenfalls für einen Muskelabbau.

Falls die Diagnose unklar ist oder ein Kompartmentsyndrom vermutet wird, können bildgebende Verfahren wie Ultraschall oder Magnetresonanztomographie (MRT) eingesetzt werden.

Welche Therapiemöglichkeiten gibt es bei einer Rhabdomyolyse?

Da es keine gezielte medikamentöse Therapie gibt, konzentriert sich die Behandlung darauf, Komplikationen zu vermeiden und die Nieren zu schützen. Besonders wichtig ist eine schnelle medizinische Versorgung, um lebensbedrohliche Folgen wie ein akutes Nierenversagen oder Herzrhythmusstörungen zu verhindern.

Zu den Therapiemaßnahmen zählen folgende Punkte:

  • Flüssigkeitszufuhr: Die wichtigste Maßnahme ist eine großzügige Flüssigkeitszufuhr über Infusionen, um die Nieren zu entlasten und das Myoglobin schneller auszuscheiden.

  • Medikamente: Bei einem stark erhöhten Kaliumspiegel (Hyperkaliämie) werden Medikamente eingesetzt, die das Kalium im Blut senken, um Herzrhythmusstörungen zu vermeiden. Falls eine schwere Übersäuerung des Blutes (metabolische Azidose) vorliegt, kann in manchen Fällen Natriumbikarbonat erwogen werden, wobei sein Nutzen umstritten ist.

Neben der Behandlung der Symptome sollte, wenn möglich, auch die zugrunde liegende Ursache therapiert werden, etwa durch das Absetzen auslösender Medikamente oder die Behandlung von Stoffwechselstörungen.

Ist bereits eine Komplikation eingetreten, müssen entsprechende Maßnahmen ergriffen werden: Bei schwerem Nierenversagen kann eine Dialyse (Blutwäsche) notwendig sein, um überschüssiges Kalium und Giftstoffe aus dem Körper zu entfernen. Falls es zu einer starken Muskelschwellung kommt und die Durchblutung gefährdet ist (sog. Kompartmentsyndrom), kann eine Operation (Fasziotomie) erforderlich sein, um bleibende Schäden zu vermeiden.

Wie ist die Prognose einer Rhabdomyolyse?

Die Prognose hängt von der zugrunde liegenden Ursache und möglichen Komplikationen ab.

Bei frühzeitiger Behandlung heilt eine Rhabdomyolyse in den meisten Fällen vollständig aus, insbesondere wenn die Nierenfunktion erhalten bleibt.

Während schwerwiegende Verläufe mit Nierenversagen oder Herzrhythmusstörungen lebensbedrohlich sein können, ist eine dauerhafte Nierenschädigung oder ein Organversagen selten. Die Sterblichkeit liegt bei etwa 5 Prozent. Eine rasche medizinische Versorgung ist entscheidend.

Kann man einer Rhabdomyolyse vorbeugen?

Eine Rhabdomyolyse kann in vielen Fällen verhindert werden, indem bekannte Risikofaktoren minimiert werden. Wichtige Maßnahmen zur Vorbeugung sind:

  • übermäßige körperliche Belastung vermeiden: Das gilt insbesondere für untrainierte Personen mit bekannten Muskel- und Stoffwechselerkrankungen.

  • ausreichend Flüssigkeit trinken: Eine ausreichende Trinkmenge trägt dazu bei, die Nieren zu entlasten und das Myoglobin schneller auszuscheiden, besonders bei Hitze oder intensiver körperlicher Anstrengung.

  • richtige Medikation: Patient*innen mit Epilepsie oder Krampfanfällen sollten auf eine gute Einstellung ihrer Medikation achten, um wiederholte Muskelkrämpfe zu vermeiden.

Bei Muskelschmerzen, Schwäche oder dunkel verfärbtem Urin sollte frühzeitig ein*e Arzt*Ärztin aufgesucht werden, um Komplikationen zu vermeiden.