POTS: Was ist das posturale Tachykardiesyndrom?
POTS ruft Kreislaufstörungen hervor, die besonders beim Aufstehen auftreten. Was die Ursachen sind, welche Symptome noch auftreten und wie behandelt wird, erfahren Sie hier.
Was bedeutet POTS?
POTS steht für posturales Tachykardiesyndrom. Das bedeutet, dass die Herzrate (Puls) beim Aufstehen (orthostatisch) ansteigt und es zu Symptomen wie Schwindel und Schwäche kommt. Es handelt sich also um Kreislaufprobleme, allerdings ohne Blutdruckabfall, die je nach Ausprägung stark die Lebensqualität und den Alltag von Betroffenen beeinträchtigen können.
POTS tritt häufiger bei Frauen als bei Männern auf (5:1). Im Rahmen von Long Covid kommt POTS gehäuft vor, auch tritt es in Verbindung mit Erkrankungen wie Fibromyalgie oder dem Ehlers-Danlos-Syndrom auf. Insgesamt sind eher junge Menschen zwischen 15 und 50 Jahren betroffen.
Symptome beim POTS
Beim POTS steigt der Puls um mindestens 30 Schläge (Tachykardie), wenn Patient*innen aufstehen. Es kann dadurch zu folgenden Symptomen kommen:
- Benommenheit
- Schwindel
- Schwitzen
- Zittern
- Sehstörungen, wie Verschwommensehen
- Herzrasen oder -flattern
- Kurzatmigkeit
- Hitzeintoleranz
- Angstgefühle
- Schwächegefühl in den Beinen
- Hyperventilation (zu schnelle und tiefe Atmung)
- Brustschmerzen
- Konzentrationsstörungen und/oder Brain Fog
- Intoleranz von Belastung, geringe Belastbarkeit
Trotz dieser Symptome kommt es dabei nur selten zur Ohnmacht, denn der Blutdruck sinkt in der Regel nicht ab.
Bis zu 40 Prozent der vom posturalen Tachykardiesyndrom Betroffenen weisen auch Schlafstörungen und damit verbundene Tagesmüdigkeit auf.
POTS: Was hilft?
Die Therapie des posturalen Tachykardiesyndroms fußt auf allgemeinen Behandlungsmaßnahmen. Erst wenn diese zu keiner Besserung der Beschwerden führen, kommt die Therapie mit Medikamenten infrage. Für viele Betroffene ist eine Aufklärung über das Syndrom und das Wissen, dass es sich um eine harmlose Erscheinung handelt, bereits hilfreich und beruhigend.
Allgemeine Maßnahmen bei POTS
- langsames Aufstehen aus dem Liegen und Sitzen
- langes Stehen vermeiden, vor allem bei Hitze
- Aufnahme von 2-3 Litern Flüssigkeit pro Tag und circa 10 bis 12 Gramm Salz pro Tag
- Bewegung und körperliches Training, vor allem Ausdauertraining
- gute Schlafhygiene
- Kompressionsstrümpfe
- vermeiden von Überhitzung, keine Sauna
- Alkoholabstinenz
- keine großen, schweren Mahlzeiten, stattdessen mehrere, kleinere Portionen über den Tag verteilt essen
- nach ärztlicher Absprache Medikamente absetzen, die die Symptomatik fördern, z. B. Diuretika
Medikamente bei POTS
Erst wenn die allgemeinen Maßnahmen versucht wurden und keine Besserung eintritt, können verschiedenen Medikamente eingesetzt werden. Diese sind alle Off-Label, was bedeutet, dass sie nicht speziell für das posturale Tachykardiesyndrom zugelassen wurden. Infrage kommen unter anderem folgende Medikamente:
- Betablocker zur Senkung der Herzfrequenz (Puls)
- Ivabradin
- Melatonin
- Fludrocortison
- Desmopressin
- Midrodin
- Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (bei ausgeprägten Angstsymptomen)
- Acetylcholinesterasehemmer (können zu Nebenwirkungen wie Durchfall und Übelkeit führen)
- Immunglobuline
In manchen Fällen kann auch eine Psychotherapie sinnvoll sein, um einen besseren und angstfreien Umgang mit dem Syndrom zu erlernen.
Ursachen für das POTS
Beim POTS handelt es sich um eine Kreislauffehlregulation. Ungefähr die Hälfte der Patient*innen hatte einen viralen Infekt vor dem ersten Auftreten der Symptomatik. Besonders häufig trat es nach Infektion mit Sars-CoV-2 auf und wird dann auch als Long-Covid-POTS bezeichnet.
Die Fehlregulation des Kreislaufs ist auf eine Störung des autonomen Nervensystems (Dysautonomie des Sympathikus) zurückzuführen. Dabei kommt es vor allen Dingen zu einer Überaktivität des Nervensystems im aufrechten Stand (Orthostase). Als Ursachen für die Überaktivität werden unter anderem folgende Faktoren in Betracht gezogen:
- Hypovolämie (Verminderung des Bluts im Blutkreislauf)
- autoimmunologische Prozesse
- virale Infektionen
- Traumata
- Stress
Bestimmte Begleiterkrankungen wie ME/CFS, Panikstörungen oder das Ehlers-Danlos-Syndrom sind häufig.
POTS: Diagnose
Zunächst erfolgt in der ärztlichen Praxis die genaue Befragung zur Krankheitsgeschichte (Anamnese) und den Beschwerden sowie zu aktuell eingenommenen Medikamenten. Wenn ein orthostatischer Puls, also beim Aufstehen, um mindestens 30 Schläge ansteigt und dabei gleichzeitig kein erniedrigter Blutdruck auftritt, muss genauer untersucht werden, ob es sich um POTS handelt.
Die wichtigsten Untersuchungen bei Verdacht auf posturales Tachykardiesyndrom sind:
- Kipptisch-Test
- Schellong-Test
Bei der Kipptischuntersuchung wird der*die Patient*in auf einem Kipptisch mit Fußplatte gestellt. Der Kipptisch wird dann von der Horizontalen in die Vertikale bewegt, wobei kontinuierlich Blutdruck und EKG gemessen werden. Dabei können die Veränderungen des Blutdrucks und des Pulses Aufschluss über ein mögliches Vorliegen eines POTS geben.
Mit dem Schellong-Test wird die Kreislauffunktion überprüft. Bei dosierter Belastung, wie beispielsweise Treppensteigen, werden Herzfrequenz und Blutdruck in bestimmten Minuten-Abständen überprüft.
Ergänzend kann ein EKG gemacht werden und bestimmte Laborparameter im Blut bestimmt werden.
Es ist wichtig, andere Erkrankungen wie beispielsweise Herzrhythmusstörungen auszuschließen.
Verlauf und Prognose beim POTS
Als schlimmste Komplikation kann beim POTS eine Ohnmacht (Synkope) auftreten. Insgesamt ist die Prognose aber günstig. Durch die Therapiemaßnahmen und gegebenenfalls Medikamente kommt es in den allermeisten Fällen zu einer deutlichen Besserung.
Bei etwa der Hälfte der betroffenen Erwachsenen kommt es im Verlauf von ein bis drei Jahren zu einer spontanen Besserung des POTS.