Eine blasse junge Frau misst ihren Blutdruck und fühlt sich offenbar unwohl
© Getty Images/ Yelizaveta Tomashevska

Niedriger Blutdruck: Was tun bei Hypotonie?

Von: Jasmin Krsteski (Biologin und Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 14.08.2024

Niedriger Blutdruck hat meist keinen Krankheitswert und ist nicht gefährlich. Dennoch kann eine Hypotonie unangenehme Symptome wie Schwindel hervorrufen. Wann der Blutdruck zu niedrig ist, welche Ursachen dahinterstecken können und welche Hausmittel helfen, erfahren Sie hier.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Niedriger Blutdruck: Was tun bei Hypotonie?

Grundsätzlich gilt: Wenn der Blutdruck schon immer niedrig war und nie Probleme bereitet hat, ist keine Behandlung notwendig. Im Gegenteil: Ein niedriger Blutdruck schont Herz und Kreislauf, weil der Druck auf die Arterien geringer ist. Die Betroffenen sind deshalb seltener herzkrank und haben eine längere Lebenserwartung.

Nur bei Beschwerden eingreifen

Manchmal geht ein zu niedriger Blutdruck jedoch mit Beschwerden wie Schwindel oder Müdigkeit einher. Im Extremfall kann ein plötzlicher Blutdruckabfall zur Ohnmacht führen. Damit verbunden ist das Risiko, sich bei einem Sturz zu verletzen.

In seltenen Fällen kann eine ernste Ursache wie eine Herzerkrankung hinter zu niedrigem Blutdruck stecken, die ärztlich behandelt werden sollte. Ein extrem niedriger Blutdruck mit einem oberen Wert von unter 70 ist ein medizinischer Notfall. Er tritt beispielsweise bei einem Schock auf, bedingt durch Blutverlust, Infektionen oder allergische Reaktionen.

Blutdruck durch Medikamente erhöhen?

Es gibt zwar Medikamente, die den Blutdruck steigern – diese sind aber nur selten notwendig.

Nur wenn niedriger Blutdruck trotz eigener Gegenmaßnahmen weiterhin Probleme bereitet, sind Medikamente sinnvoll. Welches Mittel gegen Hypotonie verordnet wird, hängt unter anderem von der Ursache ab.

Es gibt rezeptfreie Mittel sowie rezeptpflichtige Medikamente gegen Hypotonie, die den Blutdruck erhöhen (Antihypotonika): Dazu zählen beispielsweise Mineralkortikoide (wie Fludrocortison) oder Sympathomimetika (wie Etilefrin).

Hat der niedrige Blutdruck jedoch eine bestimmte Ursache (z. B. eine Erkrankung oder Medikamente), ist es sinnvoll, gezielt gegen diese Ursache vorzugehen.

Niedriger Blutdruck – welche Hausmittel helfen?

Hausmittel beziehungsweise Allgemeinmaßnahmen reichen bei ansonsten gesunden Personen meist aus, um den Kreislauf wieder in Schwung zu bringen. Ihr Ziel ist es, die Regulationsfähigkeit der Gefäße zu verbessern und das Versacken größerer Blutmengen in die untere Körperhälfte zu vermeiden.

Hausmittel gegen Hypotonie dienen nicht nur dazu, einen schon niedrigen Blutdruck zu behandeln, sondern sollen auch einem plötzlichen Blutdruckabfall vorbeugen.

Sinnvolle Allgemeinmaßnahmen gegen zu niedrigen Blutdruck sind zum Beispiel:

  • Wechselduschen (abwechselnd warm und kalt – dabei immer mit kaltem Wasser aufhören)
  • Bürstenmassagen (zum Herzen hin)
  • regelmäßige sportliche Aktivität 
  • Stützstrümpfe oder Umwickeln der Beine mit elastischen Binden bei ausgeprägten Krampfadern
  • Vermeiden von Übermüdung und Überlastung
  • eventuell Entspannungstechniken (wie autogenes Training oder Yoga), um Stress besser zu bewältigen
  • ausgewogene, eher salzreiche und mineralstoffreiche Ernährung (im Gegensatz zur Empfehlung einer salzarmen Ernährung bei Bluthochdruck)
  • ausreichende Flüssigkeitszufuhr (täglich mindestens 2,5 bis 3 Liter natriumreiches Mineralwasser, Kräuter- und Früchtetees sowie gelegentlich Saftschorlen; Kaffee und schwarzer Tee helfen bei niedrigem Blutdruck nur vorübergehend) – Achtung: Diese Empfehlung gilt nicht für Menschen mit Herzinsuffizienz, die nicht mehr als 1 bis 1,5 Liter trinken dürfen!
  • nachts erhöhtes Lagern des Oberkörpers (auf einem Kopfkissen)

Ohnmachtsanfällen vorbeugen

Bedeutet ein zu niedriger Blutdruck ein Sturzrisiko, können außerdem folgende Verhaltensweisen sinnvoll sein:

  • schnelle Lagewechsel vermeiden
  • nicht plötzlich aus dem Liegen aufstehen

Bei den ersten Anzeichen für einen drohenden Blutdruckabfall (Schwindel, Ohrensausen, kalter Schweiß) sollten sich Betroffene sofort hinlegen und die Beine in einem Winkel von 45 Grad hochlagern. Durch das in den Oberkörper zurückfließende Blut wird das Gehirn besser durchblutet – die Beschwerden lassen nach.

Hypotonie: Wann ist der Blutdruck zu niedrig?

Im Organismus reguliert sich der Blutdruck durch die Herztätigkeit, den Widerstand der Blutgefäße sowie das Blutvolumen.

Ein niedriger Blutdruck liegt vor, wenn der Druck in den Arterien (also in den Blutgefäßen, in denen das Blut vom Herzen weg fließt) unter einen bestimmten Messwert fällt. Der Fachbegriff hierfür lautet arterielle Hypotonie. Dabei gibt man den Blutdruck immer in zwei Werten an (in der Maßeinheit Millimeter Quecksilbersäule, mmHg):

  • Bei Frauen spricht man von niedrigem Blutdruck, wenn die Blutdruckwerte unter 100 zu 60 mmHg liegen.
  • Bei Männern gilt der Blutdruck als niedrig, wenn die Blutdruckwerte unter 110 zu 60 mmHg liegen.

Warum gibt es zwei Blutdruckwerte?

Jedes Mal, wenn sich das Herz zusammenzieht und dabei Blut aus der linken Hauptkammer in die Arterien pumpt, baut sich in den Blutgefäßen Druck auf. Der dabei erreichte maximale Druck heißt systolischer Blutdruck (oberer Wert). Die Durchblutung der Organe, vor allem die Durchblutung des Gehirns, hängt vom systolischen Blutdruck ab.

Nachdem das Herz das Blut in die Arterien gepumpt hat, erschlafft es wieder und füllt sich erneut mit Blut. In dieser Phase fällt der Druck in den Blutgefäßen langsam ab. Der dabei erreichte niedrigste Druck heißt diastolischer Blutdruck (unterer Wert).

Bei der Blutdruckmessung wird der obere, systolische Wert immer zuerst angegeben.

Wer hat besonders oft niedrigen Blutdruck?

Besonders häufig niedrigen Blutdruck (ohne Krankheitswert) haben:

  • Mädchen in der Pubertät
  • junge, schlanke Frauen
  • Schwangere
  • Ausdauersportler*innen
  • ältere Menschen mit niedrigem Körpergewicht

Niedriger Blutdruck, hoher Puls: So hängen die Werte zusammen

Blutdruck und Puls sind zwei unterschiedliche Messgrößen, die der Körper unabhängig voneinander nach oben oder unten reguliert. Ein niedriger Blutdruck geht also nicht automatisch mit einem niedrigen Puls einher oder umgekehrt. Stattdessen passt der Organismus Blutdruck und Herzfrequenz je nach Bedarf so an, dass alle Zellen immer ausreichend mit sauerstoffreichem Blut versorgt werden.

Bei sportlicher Belastung beispielsweise benötigen die Muskeln mehr Sauerstoff. Das heißt, das Herz muss mehr Blut in die Arterien pumpen. Dazu schlägt es schneller – und der Puls steigt.

Auch ein zu niedriger Blutdruck ist oft mit einem hohen Puls verbunden: Die erhöhte Frequenz des Herzschlags soll sicherstellen, dass alle Teile des Körpers trotz des geringen Drucks ausreichend mit Sauerstoff versorgt sind, um einer mangelnden Durchblutung entgegenzuwirken.

Niedriger Blutdruck: Symptome einer Hypotonie

Oft ruft niedriger Blutdruck gar keine Symptome hervor. Wenn es zu Beschwerden kommt, liegt das daran, dass weniger Blut ins Gehirn gelangt, welches dadurch weniger Sauerstoff erhält.

Mögliche Anzeichen einer Hypotonie sind:

  • Müdigkeit
  • Antriebsarmut
  • Ohrensausen
  • kalte Hände und Füße
  • Schlaflosigkeit
  • Sehstörungen (Schwarzwerden vor den Augen)
  • pulsierende Kopfschmerzen
  • Schwindel
  • Bewusstseinsstörungen bis hin zur Ohnmacht (v. a., wenn der Blutdruck sehr schnell absinkt)

An sich sind all diese Symptome ungefährlich. Wenn niedriger Blutdruck allerdings das Risiko erhöht, durch Schwindel und Ohnmacht zu stürzen und sich dabei zu verletzen, sollte man etwas dagegen tun.

Auch wenn der Blutdruck bei älteren Menschen ungewohnt niedrig ist, ist eine ärztliche Abklärung nötig, weil eine Herzschwäche dahinterstecken könnte.

Niedriger Blutdruck: Ursachen von Hypotonie

Grundsätzlich kann niedriger Blutdruck verschiedene Ursachen haben. Entsprechend unterscheiden Mediziner*innen mehrere Formen:

  • primäre oder essenzielle Hypotonie
  • sekundäre oder symptomatische Hypotonie
  • orthostatische Hypotonie

Primäre Hypotonie

Am häufigsten entsteht niedriger Blutdruck ohne erkennbare Ursachen: Die primäre Hypotonie ist dadurch gekennzeichnet, dass der Blutdruck dauerhaft zu niedrig ist.

Sie betrifft überwiegend junge, schlanke Menschen, Ausdauersportler*innen und vor allem Frauen. Daher bezeichnen Fachleute den Zustand auch als konstitutionelle Hypotonie – das heißt: mit der körperlichen Veranlagung zusammenhängender niedriger Blutdruck. An der Entstehung einer primären Hypotonie sind vermutlich erbliche Faktoren beteiligt.

Sekundäre Hypotonie

Wenn niedriger Blutdruck auf bestimmte Ursachen zurückzuführen ist, handelt es sich um eine sekundäre oder symptomatische Hypotonie.

In seltenen Fällen ist niedriger Blutdruck ein Anzeichen für eine Erkrankung: So können beispielsweise eine Herz-Kreislauf-Erkrankung (wie eine Herzinsuffizienz) oder eine Stoffwechselstörung (wie die Schilddrüsenunterfunktion) eine sekundäre Hypotonie verursachen. Auch Essstörungen (z. B. Magersucht oder Bulimie) können einen niedrigen Blutdruck zur Folge haben.

Niedriger Blutdruck tritt auch auf, wenn die im Körper zirkulierende Blutmenge vermindert ist – zum Beispiel infolge starker Flüssigkeitsverluste. Mögliche Ursachen hiervon sind:

Zudem kann niedriger Blutdruck als Nebenwirkung mancher Medikamente entstehen.

Orthostatische Hypotonie: Plötzlicher Blutdruckabfall

Auch bei einer orthostatischen Hypotonie kommt es vorübergehend zu niedrigem Blutdruck. Und zwar immer dann, wenn der Körper plötzlich in die aufrechte Lage wechselt. Dann kommt es schlagartig zu einem starken Blutdruckabfall – typischerweise mit Beschwerden wie:

  • Schwindel
  • Sehstörungen (Schwarzwerden vor den Augen)
  • Bewusstseinsstörungen
  • Ohrensausen

Ursache für diese Sonderform ist eine Störung der Blutdruckregulation bei längerem Stehen oder bei einem plötzlichen Übergang vom Liegen zum Stehen: die orthostatische Dysregulation. Etwa 25 Prozent der älteren Menschen leiden daran.

Stress und Wärme begünstigen orthostatische Hypotonie

Die orthostatische Hypotonie tritt oft in Stresssituationen oder in stark aufgeheizten Räumen auf: Dann sackt durch den Lagewechsel plötzlich viel Blut in die Beine. In dem Moment ist das Blut also nicht für die Gehirndurchblutung verfügbar, sodass das Gehirn weniger Sauerstoff erhält. Aufgrund der orthostatischen Dysregulation schafft der Körper es nicht, dem niedrigen Blutdruck durch erhöhten Puls oder Zusammenziehen der Arterien ausreichend gegenzusteuern.

Ein plötzlich extrem niedriger Blutdruck kann auch zu Ohnmacht führen. Die Symptome sind aber nur vorübergehend: Im Liegen erholt man sich meist von selbst wieder – und die Blutdruckwerte normalisieren sich.

So lässt sich niedriger Blutdruck feststellen

Niedriger Blutdruck ist anhand einer Blutdruckmessung feststellbar. Zur genauen Diagnose benötigt die*der Ärztin*Arzt zusätzliche Informationen, zum Beispiel zu:

  • Vorerkrankungen
  • eingenommenen Medikamenten
  • Essgewohnheiten

Schellong-Test

Ob ein zu niedriger Blutdruck die Folge einer orthostatischen Fehlregulation ist, kann der Schellong-Test zeigen: Hierbei finden mehrere Messungen von Blutdruck und Puls im Liegen und im Stehen statt. Das Verhältnis von Puls und Blutdruckwerten zueinander ermöglicht es, die Regulationsfähigkeit des Herz-Kreislauf-Systems besser zu beurteilen.

Während des Tests liegt die betroffene Person zuerst zehn Minuten ruhig, ehe sie aufsteht und weitere zehn Minuten stillsteht. Fällt der Blutdruck im Stehen um mehr als 20 Millimeter-Quecksilbersäule (mmHg) systolisch und 10 mmHg diastolisch und treten Beschwerden auf, spricht das für eine orthostatische Hypotonie.

Um abzuklären, ob niedriger Blutdruck eine andere Ursache hat, können weitere diagnostische Maßnahmen nötig sein – zum Beispiel ein EKG oder ein Ultraschall des Herzens.