Myelodysplastisches Syndrom (MDS): Symptome, Ursachen und Lebenserwartung
Das Myelodysplastische Syndrom (MDS) bezeichnet eine Gruppe von Erkrankungen, bei denen die Knochenmarkzellen, die für die Bildung von Blutzellen verantwortlich sind, nicht richtig funktionieren. Dies führt dazu, dass ungenügend gesunde Blutzellen produziert werden, was verschiedene gesundheitliche Probleme verursachen kann. Welche Symptome sind möglich und wie wirkt sich das Myelodysplastische Syndrom auf die Lebenserwartung aus?
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
FAQ: Häufige Fragen und Antworten zum Myelodysplastischen Syndrom
Nein, MDS ist keine Form von Blutkrebs wie Leukämie. Allerdings besteht bei den Betroffenen ein mit 25 bis 35 Prozent erhöhtes Risiko, dass sich das MDS zu einer akuten myeloischen Leukämie (AML) entwickeln kann.
Die Lebenserwartung bei MDS variiert stark und kann von einigen Monaten bis zu Jahren reichen, abhängig vom individuellen Risikoprofil und der Behandlung.
Was ist das Myelodysplastische Syndrom?
Beim Myelodysplastischen Syndrom handelt es sich um Erkrankungen des Knochenmarks. Bei Betroffenen mit MDS sind die Stammzellen, welche die Blutzellen produzieren, durch genetische Veränderungen oder Schädigungen beeinträchtigt. Dies führt dazu, dass das Knochenmark nicht mehr in der Lage ist, ausreichend gesunde
- weiße Blutkörperchen (Leukozyten),
- rote Blutkörperchen (Erythrozyten) und
- Blutplättchen (Thrombozyten) herzustellen.
Die Folgen sind eine reduzierte Immunabwehr, erhöhte Anfälligkeit für Infektionen, schnelle Ermüdung und Probleme bei der Blutgerinnung. In manchen Fällen entwickelt sich eine MDS zu einer akuten myeloischen Leukämie (AML), weshalb Fachleute zwischen einer Niedrigrisiko- und Hochrisiko-MDS unterscheiden.
Häufigkeit
Das Myelodysplastische Syndrom tritt mit unterschiedlicher Häufigkeit auf, abhängig vom Alter der Bevölkerung. In Deutschland wird jedes Jahr bei etwa 4 von 100.000 Menschen MDS diagnostiziert. Insbesondere mit zunehmendem Alter steigt das Risiko.
Myelodysplastische Syndrom: Welche Symptome sind bei MDS möglich?
Das Myelodysplastische Syndrom zeigt sich durch vielfältige Symptome, die sich von Person zu Person unterscheiden können. Einige Betroffene bemerken anfangs keine Beschwerden, während bei anderen frühzeitig Symptome auftreten können. Bei circa 20 Prozent der betroffenen Patient*innen wird ein MDS zufällig im Rahmen anderer Routineuntersuchungen entdeckt.
Blutarmut (Anämie) ist eines der häufigsten Symptome und tritt bei 70 bis 80 Prozent der Patient*innen auf. Die Anämie führt zu einem Sauerstoffmangel im Körper, der folgende Symptome verursachen kann:
Aufgrund einer verringerten Anzahl spezieller weißer Blutkörperchen im Blut, den neutrophilen Granulozyten (Neutropenie), ist das Immunsystem geschwächt. Dadurch ist die Anfälligkeit für Infektionen, oft mit Fieber, erhöht.
Zudem kann eine Reduzierung der Blutplättchen (Thrombozytopenie) auftreten, was die Blutgerinnung beeinträchtigt. Diese Verringerungen der Blutzellen sind bei MDS häufig und können verschiedene Symptome verursachen:
- vermehrte und verlängerte Blutungen bei Verletzungen. Selbst kleinere Schnitte oder Wunden können ungewöhnlich stark oder lang bluten.
- häufiges Zahnfleischbluten und das Auftreten von kleinen punktförmigen Hautblutungen (Petechien)
In einigen Fällen führt das MDS zu einer Vergrößerung der Milz und der Leber, was auch als Hepatosplenomegalie bezeichnet wird. Diese Organvergrößerungen können ein Druckgefühl oder Unbehagen im oberen rechten Bereich des Bauches verursachen, da die vergrößerten Organe mehr Raum einnehmen und auf benachbarte Strukturen drücken.
Was sind Ursachen für ein Myelodysplastisches Syndrom?
Die genauen Ursachen sind bislang nicht vollständig geklärt. Es gibt jedoch mehrere Faktoren, die zur Entwicklung des Syndroms beitragen können:
genetische Veränderungen: Viele Fälle von MDS sind mit genetischen Mutationen in den Stammzellen des Knochenmarks verbunden. Diese Mutationen führen dazu, dass die Blutzellen abnormal wachsen und sich teilen, was die normale Blutproduktion beeinträchtigt. In seltenen Fällen kann eine familiäre Veranlagung zur Entwicklung des Myelodysplastischen Syndroms beitragen. Daher ist eine gründliche Familienanamnese wichtig.
zunehmendes Alter: MDS wird oft bei älteren Menschen diagnostiziert. Mit zunehmendem Alter steigt die Wahrscheinlichkeit, dass in den Zellen Veränderungen auftreten, die zum Myelodysplastischen Syndrom führen können.
Umwelteinflüsse: Längerer Kontakt mit bestimmten Chemikalien oder Strahlung kann das Risiko erhöhen. Beispiele hierfür sind der Umgang mit Benzol, einem Bestandteil von Benzin, oder die Arbeit mit bestimmten Pestiziden.
Nikotinkonsum: Rauchen kann das Risiko für viele Krankheiten erhöhen, einschließlich MDS, da es schädliche Chemikalien enthält, die das Knochenmark und die Blutzellen beeinflussen können.
vorherige Krebstherapien: Personen, die bereits aufgrund einer Krebserkrankung behandelt wurden und dabei Medikamente (z. B. Chemotherapeutika) oder Strahlentherapie erhielten, können ein höheres Risiko haben, später MDS zu entwickeln.
Alkoholmissbrauch
Wie wird das MDS diagnostiziert?
Um das Myelodysplastische Syndrom zu diagnostizieren, führen Ärzt*innen zunächst Bluttests durch, um Unregelmäßigkeiten in den Blutzellen zu erkennen, gefolgt von einer genauen Untersuchung des Knochenmarks.
Blutbild: Im Rahmen einer Blutuntersuchung wird die Anzahl und Art der Blutzellen im Blut gemessen. Bei der MDS zeigt sich oft eine geringe Anzahl der roten Blutkörperchen (Anämie), der weißen Blutkörperchen (Leukozytopenie) oder der Blutplättchen (Thrombozytopenie). Die roten Blutkörperchen können größer als normal sein.
Blutausstrich: Hierbei wird ein Tropfen Blut unter dem Mikroskop betrachtet, um die Form und das Erscheinungsbild der Zellen zu analysieren und nach Anzeichen von vielen unreifen Blutzellen, den sogenannten Blasten, zu suchen.
Knochenmarkpunktion: Mittels einer feinen Nadel wird unter örtlicher Betäubung durch den*die Arzt*Ärztin eine Probe aus dem Knochenmark entnommen, meist aus dem Beckenknochen. Anschließend wird die Probe auf abnormale Zellbildung untersucht. Es wird geprüft, ob die Zellzahlen zu hoch oder zu niedrig sind und ob die Zellen normal aussehen.
Manchmal werden weitere spezielle Tests durchgeführt, wie zum Beispiel die Durchflusszytometrie. Dabei werden spezifische Eigenschaften der Zellen bestimmt. Zudem können genetische Untersuchungen durchgeführt werden, um nach Veränderungen in den Chromosomen zu suchen.
Myelodysplastischen Syndrom: Wie erfolgt die Therapie?
Die Behandlung des MDS ist individuell und hängt von der Schwere der Erkrankung ab. Betroffene mit einem niedrigeren Risiko erleben oft einen weniger aggressiven Krankheitsverlauf, während bei Patient*innen mit einem hohen Risiko die Krankheit schnell fortschreiten kann.
Therapieoptionen für das Niedrigrisiko-MDS
Bei einem milden Verlauf des Niedrigrisiko-MDS kann oftmals eine abwartende Haltung ("Watch and Wait") eingenommen werden, wodurch der Zustand regelmäßig überprüft wird. Behandlungen beginnen in der Regel erst, wenn Symptome wie eine Anämie das tägliche Leben beeinträchtigen.
Zudem wird eine unterstützende Therapie eingeleitet, mit dem Ziel, Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu erhalten. Dazu gehören:
- Bluttransfusionen, um die Anämie und die Blutungsneigung zu behandeln
- Eisenchelatoren, die überschüssiges Eisen aus dem Körper entfernen, das sich durch häufige Transfusionen ansammeln kann
- Antibiotikaeinsatz zur Infektprävention
- Impfungen gegen Pneumokokken und Grippe
- Medikamente zur Blutbildung, wie zum Beispiel Erythropoetin, um die Produktion roter Blutkörperchen zu stimulieren
Für einige Patient*innen mit Niedrigrisiko-MDS kann auch das Medikament Lenalidomid in Betracht gezogen werden. Dieses Medikament kann insbesondere bei Patient*innen mit einer bestimmten chromosomalen Veränderung (Deletion 5q) helfen, die Anzahl der Blutzellen zu normalisieren und den Bedarf an Bluttransfusionen zu reduzieren.
Therapieoptionen für das Hochrisiko-MDS
Patient*innen mit einem Hochrisiko-MDS benötigen eine intensivere Behandlung, da bei ihnen ein erhöhtes Risiko besteht, dass die Erkrankung in eine akute Leukämie übergehen kann. Behandlungsbeispiele hierfür sind:
- allogene Stammzelltransplantation, die einzige heilende Behandlung, wird bevorzugt bei Betroffenen in gutem gesundheitlichem Zustand durchgeführt
- medikamentöse Therapien, beispielsweise mit Azacitidin können helfen, das Krankheitsbild zu stabilisieren und die Lebenserwartung positiv zu beeinflussen, besonders wenn eine Stammzelltransplantation keine Option ist
- Chemotherapie
Im fortgeschrittenen Stadium deiner MDS konzentriert sich die Betreuung auf einen palliativen Ansatz, also darauf, den Patient*innen ein möglichst beschwerdefreies Leben zu ermöglichen. Dabei geht es um die Linderung von Symptomen und die Unterstützung in einer vertrauten Umgebung, zu Hause oder in speziellen Einrichtungen.
Myelodysplastischen Syndrom: Prognose und Lebenserwartung
Die Prognose beim MDS kann sehr unterschiedlich sein und hängt von vielen Faktoren ab. Mithilfe spezieller Bewertungssysteme wird das Risiko von Patient*innen eingestuft. Diese Systeme berücksichtigen unter anderem die Anzahl unreifer Blutzellen, genetische Veränderungen und die Anzahl der benötigten Bluttransfusionen sowie das Alter der Betroffenen.
Die Lebenserwartung beim MDS kann je nach Risikogruppe stark variieren. Im Durchschnitt liegt die Lebenserwartung zwischen 15 und 30 Monaten, kann jedoch auch kürzer oder länger sein. In einigen Fällen kann sie bei niedrigem Risiko auch über 10 Jahre betragen. Ein wichtiger Aspekt der Prognose ist das Risiko, dass sich MDS zu einer akuten myeloischen Leukämie entwickeln kann.
Regelmäßige medizinische Betreuung und eine individuell angepasste Behandlung sind entscheidend, um die Lebensqualität zu verbessern und die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen.