Kreisrunder Haarausfall: Ursachen und was tun bei Alopecia areata?
Kreisrunder Haarausfall betrifft in der Regel das Kopfhaar: Die runden, kahlen Stellen breiten sich meist plötzlich aus. In manchen Fällen kann auch der Bart oder die gesamte Körperbehaarung betroffen sein. Oft ist der Haarverlust mit einem hohen Leidensdruck verbunden. Welche Ursachen stecken hinter kreisrundem Haarausfall und was lässt sich dagegen tun?
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
FAQ: Häufige Fragen und Antworten zum Thema kreisrunder Haarausfall
Die genauen Ursachen sind noch nicht geklärt. Fachleute vermuten, dass eine Immunreaktion gegen die Haarfollikel Auslöser ist. Diese Strukturen umgeben die Haarwurzel und verankern sie. Auch Faktoren wie genetische Veranlagung oder Autoimmunerkrankungen sind Bestandteil der Diskussion.
Stress steht unter Verdacht, den Haarausfall zu begünstigen. Jedoch ist dieser Zusammenhang noch nicht abschließend wissenschaftlich belegt.
Nein, kreisrunder Haarausfall tritt nicht bei einer Krebserkrankung auf. Der krebsbedingte Haarausfall hat eine andere Ursache, meist eine Chemotherapie. Zudem fallen die Haare im Rahmen einer Krebserkrankung oft großflächiger und nicht kreisrund aus.
Bei den meisten Betroffenen stoppt der Haarausfall von selbst und lässt stetig nach. Häufig wachsen die Haare innerhalb der nächsten drei Jahre wieder spontan nach. Jedoch verläuft die Erkrankung oftmals in Schüben, kann also immer wieder auftreten.
Was ist kreisrunder Haarausfall?
Bei kreisrundem Haarausfall, medizinisch Alopecia areata, breiten sich runde kahle Stellen auf dem Kopf oder seltener auch im Bart oder dem gesamten Körper aus. Meist lässt sich Alopecia areata leicht von anderen Formen des Haarausfalls unterscheiden: Bei einem erblich bedingten Haarausfall werden die Haare beispielsweise zunehmend lichter – bei der Alopecia areata bilden sich plötzlich kahle, örtlich begrenzte und runde Flecken.
Häufigkeit
In Deutschland sind etwa eine Million Menschen von kreisrundem Haarausfall betroffen. Weltweit leiden etwa ein bis zwei Prozent der Bevölkerung darunter. Frauen und Männer sind gleichermaßen betroffen. In den meisten Fällen beginnt der Haarausfall vor dem 40. Lebensjahr, meist schon im Kinder- oder Jugendalter.
Mögliche Formen von Alopecia areata
Abhängig vom Verlauf und Ausmaß unterscheiden Fachleute drei Formen:
Alopecia circumscripta: Unter dieser häufigsten Form leiden rund 80 Prozent der Betroffenen. Der Haarausfall beschränkt sich überwiegend auf das Kopfhaar – Gesichtsbehaarung wie Wimpern, Augenbrauen und Bart bleibt häufig erhalten.
Alopecia totalis: Diese Form, bei der das gesamte Kopfhaar schwindet, betrifft etwa 10 bis 20 Prozent der Betroffenen.
Alopecia universalis: Der Haarausfall tritt am gesamten Körper auf. Bei etwa 10 von 100 Betroffenen entwickelt sich ein derart schwerer Verlauf.
Symptome: Wie äußert sich kreisrunder Haarausfall?
Kreisrunder Haarausfall ruft charakteristische Symptome hervor: Besonders am Kopf bilden sich innerhalb kurzer Zeit runde, scharf begrenzte kahle Flecken unterschiedlicher Größen. Im Randbereich finden sich häufig kurze, dicke Haare, die sich leicht herausziehen lassen. Typisch sind auch sogenannte Ausrufezeichenhaare: Diese werden aufgrund einer gestörten Verhornung zur Wurzel hin schmaler. Auch diese Haare fallen im weiteren Verlauf der Erkrankung aus. Kahle Stellen breiten sich zunehmend aus.
Die Haut der kahlen Flecken wirkt gesund, es sind also keine Rötungen oder Vernarbungen zu sehen. Da die Haut zuvor behaart und somit vor der Sonne geschützt war, ist sie in der Regel sehr hell.
Kreisrunder Haarausfall betrifft vor allem den Kopf, mitunter aber auch andere behaarte Körperstellen, zum Beispiel:
- Intimbereich
- Bart (Alopecia barbae)
- Augenbrauen
- Wimpern
In der stärksten Ausprägung kann Alopecia areata zum Verlust der gesamten Körperbehaarung führen (Alopecia areata universalis). Bei etwa 20 von 100 Betroffenen kommt es zu Nagelveränderungen: Es bilden sich Grübchen oder Längsrillen.
Kreisrunder Haarausfall: Ursachen sind unklar
Bislang sind die genauen Ursachen von kreisrundem Haarausfall bei Frauen und Männern nicht geklärt. Jedoch vermuten Fachleute eine Störung des Immunsystems: Körpereigene Immunzellen greifen Haarfollikel an, welche sich in der Folge entzünden. Haarfollikel sind die Haarwurzel umgebende Strukturen, die sie in der Kopfhaut verankern. Durch die Entzündung stoppt das Haarwachstum und die Haare fallen aus.
Warum sich vermutlich das Immunsystem gegen die Haarfollikel richtet, ist bislang nicht abschließend erforscht. Möglicherweise ist eine genetische Veranlagung ein wichtiger Faktor. Leidet ein Familienmitglied darunter, ist es wahrscheinlich, dass auch dessen Kinder zu Haarverlust neigen. Expert*innen sind sich jedoch sicher, dass Alopecia areata keine Folge von Mangelernährung oder äußeren Einflüssen wie Luftverschmutzung ist.
Es wird vermutet, dass auch psychische Einflüsse wie emotional belastende Ereignisse kreisrunden Haarausfall beeinflussen. Insbesondere bei Kindern und Jugendlichen scheint Stress ein wesentlicher Faktor zu sein. Jedoch ist dieser Zusammenhang noch nicht abschließend geklärt.
Alopecia areata häufig bei Autoimmunerkrankungen
Gewisse Autoimmunerkrankungen treten oft gemeinsam mit Alopecia areata auf:
- Neurodermitis
- chronisch entzündliche Erkrankungen der Schilddrüse
- Morbus Addison
- Vitiligo (Weißfleckenkrankheit)
- (allergisches) Asthma
- Heuschnupfen
- Schuppenflechte (Psoriasis)
Zudem erkrankt jeder zehnte Mensch mit Down-Syndrom im Laufe seines Lebens an kreisrundem Haarausfall.
Wie wird kreisrunder Haarausfall diagnostiziert?
Die*der Ärztin*Arzt stellt die Diagnose vor allem anhand des typischen Aussehens der haarlosen Areale auf der Kopfhaut. Charakteristisch für Alopecia areata sind Ausrufezeichenhaare, die Richtung Wurzel und Haarfollikel schmaler werden. Aber auch dicke, kurze Haare, die schnell ausfallen und einfach herausgezogen werden können, sind ein Anzeichen. Darüber hinaus untersuchen Fachleute die Fingernägel hinsichtlich typischer Längsrillen und Grübchen.
Im Rahmen des ärztlichen Gesprächs wird zum Beispiel erfragt, seit wann der Haarverlust vorliegt und ob weitere Erkrankungen, etwa Neurodermitis, Psoriasis oder Asthma, bestehen.
Wichtig ist, dass andere für den Haarausfall denkbare Auslöser ausgeschlossen werden. Kahle Stellen können zum Beispiel auch Symptom einer Pilzinfektion der Kopfhaut sein, der sogenannten Tinea capitis. Vor allem bei jungen Betroffenen sollte auch eine sogenannte Trichotillomanie als mögliche Ursache in Betracht gezogen werden. Das ist eine psychische Störung, die sich dadurch äußert, dass sich die Betroffenen die Haare ausreißen.
Behandlung von kreisrundem Haarausfall: Wie lässt er sich stoppen?
Kreisrunder Haarausfall ist nicht heilbar. Es gibt verschiedene Behandlungsmethoden, die bestenfalls nur eine kurzfristige Wirksamkeit zeigen. Meist fallen die Haare nach Absetzen der Mittel erneut aus. Daher raten Fachleute Betroffenen häufig dazu, abzuwarten, ob der Haarausfall von selbst nachlässt und die Haare wieder nachwachsen.
Zum Einsatz können verschiedene Medikamente in Form von Cremes, Haarwassern, Tabletten oder Injektionen kommen. Dazu zählen folgende Wirkstoffe:
Kortison: wirkt Entzündungen in den Haarwurzeln entgegen
Diphenylcyclopropenon (DCP): erzeugt eine allergische Reaktion auf der Kopfhaut, die das Immunsystem ablenken soll, damit sich dieses nicht mehr gegen die Haarfollikel richtet
Baricitinib: soll das Immunsystem beeinflussen und entzündungshemmend wirken (seit 2022 in den USA zugelassen)
Minoxidil: regt die Follikel der Haare an und fördert das Haarwachstum
Vermeidung von Stress und Selbsthilfegruppen
Menschen mit kreisrundem Haarausfall berichten oftmals von einem hohen Leidensdruck – was meist zusätzlichen Stress bedeutet. Umso wichtiger ist es, Stress so gut es geht zu reduzieren. Aktive Ruhepausen im Alltag, Entspannungstechniken, Meditation oder Yoga sind einige beispielhafte Maßnahmen. Vor allem der Besuch einer Selbsthilfegruppe scheint sich in Bezug auf den plötzlichen Haarverlust als hilfreich zu erweisen. Auch das Tragen einer Perücke hilft vielen Betroffenen im Alltag.
Kreisrunder Haarausfall: Verlauf und Prognose
Der Verlauf bei kreisrundem Haarausfall ist individuell. Häufig kommt es zu einer Spontangenesung:
Bei etwa 30 von 100 Patient*innen wächst das Haar an der betroffenen Stelle innerhalb von sechs Monaten ohne Behandlung wieder nach.
Bei ungefähr 50 von 100 Betroffenen beginnt das Wachstum innerhalb eines Jahres wieder.
Bei etwa 75 von 100 Erkrankten wachsen die Haare nach fünf Jahren wieder.
Die ersten neuen Haare sind häufig flaumartig, also kurz, zart und hell. Anschließend kommen längere Haare nach, die ebenfalls schwach oder wenig pigmentiert sind. Später wachsen dann Haare in der ursprünglichen Farbe nach.
Bei etwa jeder zweiten betroffenen Person tritt die Erkrankung irgendwann erneut auf. Wie viel Zeit zwischen den Schüben vergeht, ist unterschiedlich. Bei einigen Menschen sind es nur wenige Monate, bei anderen Jahrzehnte. Bei schwereren Verlaufsformen, bei denen das gesamte Kopfhaar oder sogar die komplette Körperbehaarung ausfällt, wachsen mitunter keine Haare mehr nach.
Ungünstig sind die Genesungsaussichten zudem, wenn der Haarausfall
- bereits im Kindesalter beginnt,
- große Bereiche betrifft und lange bestehen bleibt,
- den Nackenbereich betrifft,
- in der Familie gehäuft vorkommt oder
- mit Autoimmunerkrankungen, Neurodermitis und Nagelveränderungen einhergeht.