Ein älterer Mann hat starke Bauchschmerzen.
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Darminfarkt: Ursachen, Symptome und Behandlung

Von: Dr. med. univ. Lisa Raberger (Medizinautorin und Ärztin)
Letzte Aktualisierung: 11.06.2024

Ein Darminfarkt, auch bekannt als Mesenterialinfarkt, ist eine akute Durchblutungsstörung der Darmgefäße. Sie verursacht schwere Bauchschmerzen und erfordert schnelles Handeln. Erfahren Sie alles über Ursachen, Symptome und die richtige Behandlung des lebensgefährlichen Gefäßverschlusses.

FAQ: Häufige Fragen und Antworten zum Darminfarkt

Bei einem Darminfarkt ist die Blutversorgung eines Teils des Darms unterbrochen. Dadurch erhält das betroffene Darmgewebe nicht genügend Sauerstoff und Nährstoffe und kann absterben. Es handelt sich um einen medizinischen Notfall, der unbehandelt schnell zum Tod führt.

Die Symptome sind oft unspezifisch. Mögliche Warnzeichen sind plötzlich auftretende starke Bauchschmerzen, begleitet von Übelkeit, Erbrechen, Blut im Stuhl und einem aufgeblähten Bauch.

Die Überlebenschancen hängen vor allem davon ab, wie schnell die Behandlung erfolgt. Unbehandelt verläuft die Krankheit fast immer tödlich. Erfolgt die Therapie innerhalb 6 Stunden nach Symptombeginn, beträgt die Überlebensrate bis zu 70 Prozent.

Was ist ein Darminfarkt?

Ein Darminfarkt ist ein lebensbedrohlicher medizinischer Notfall, bei dem die Blutversorgung eines Teils des Darms stark eingeschränkt oder unterbrochen ist. Dies führt zu einer Schädigung oder zum Absterben des Darmgewebes. Die Erkrankung macht eine sofortige medizinische Behandlung erforderlich, da sie sonst zu schwerwiegenden Komplikationen und sogar zum Tod führen kann.

Fachleute sprechen auch von:

  • mesenteriale Durchblutungsstörung
  • Mesenterialischämie
  • Mesenterialinfarkt

Ein Darminfarkt betrifft überwiegend den Dünndarm und den beginnenden Teil des Dickdarms, seltener andere Teile des Verdauungstraktes.

Grundsätzlich sind die Gefäße des Verdauungstraktes stark vernetzt. Dies schützt vor einer Unterversorgung der Organe mit Blut, sollte ein Gefäß verstopfen. Folglich kommt es erst zu Symptomen, wenn die Blutversorgung stark reduziert ist.

Was passiert bei einem Darminfarkt?

Wie jedes Organ im menschlichen Körper muss auch der Darm mit ausreichend Sauerstoff versorgt werden, der über das Blut transportiert wird. Ist der Blutfluss behindert und sinkt die Sauerstoffversorgung um etwa die Hälfte ab, kommt es zur Störung des Organs. Sinkt der Sauerstoff auf unter 20 Prozent, beginnt das Darmgewebe abzusterben (Nekrose).

Die Verdauung funktioniert dann nicht mehr richtig und auch die Darmbewegungen lassen nach (Ileus). In der Folge löst sich die Darmschleimhaut ab, es kommt zu Blutungen und die Darmwand wird durchlässiger. Dadurch können Darmbakterien in den Bauchraum gelangen und zu einer Bauchfellentzündung führen, bis hin zu einer lebensbedrohlichen Blutvergiftung (Sepsis).

Wie häufig sind Darminfarkte?

Jährlich sind etwa 12 von 100.000 Personen von einer mesenterialen Durchblutungsstörung betroffen. Damit ist sie eine seltene Krankheit. In 7 von 10 Fällen handelt es sich um ein Blutgerinnsel, das im Gefäßverlauf stecken bleibt (Thromboembolie). Die Wahrscheinlichkeit, zu erkranken, steigt mit dem Alter.

Symptome des Darminfarkts

Charakteristisch für eine akute Mesenterialischämie sind starke Schmerzen rund um den Nabel und/oder im rechten Unterbauch. Diese Beschwerden sind in den ersten sechs Stunden des Infarkts besonders ausgeprägt. Durch die Unterversorgung mit Sauerstoff sterben Schmerzrezeptoren ab und der Schmerz lässt mit der Zeit nach. Durch dieses symptomarme Stadium ("stilles Intervall") wird die Diagnose oft erschwert.

Weitere mögliche Symptome können sein:

Chronisch oder akut – die Gesichter des Darminfarkts

Die Symptome eines Darminfarktes treten oft plötzlich auf, Fachpersonal spricht dann von einer akuten Form. Der Darminfarkt kann jedoch auch chronische Symptome, also über einen längeren Zeitraum, verursachen. Ein chronischer Darminfarkt kann in einen akuten übergehen. Ein Symptom, das auf einen chronischen Darminfarkt hinweist, sind Bauchschmerzen, die etwa 20 bis 30 Minuten nach dem Essen auftreten.
 

Welche Ursachen hat ein Darminfarkt?

Die mesenterialen Durchblutungsstörungen können auf unterschiedliche Art und Weise ausgelöst werden, weshalb sie in unterschiedliche Gruppen eingeteilt werden: 

  • arterielle Embolie: Ein Blutgerinnsel (Thrombus), das sich von einem anderen Teil des Körperkreislaufs gelöst hat und eine der Mesenterialarterien, die den Darm versorgen, blockiert. Oft entsteht ein Blutgerinnsel im Herzen, zum Beispiel bei Herzrhythmusstörungen, einem Herzinfarkt oder einer Endokarditis.

  • arterielle Thrombose: Hier bildet sich ebenfalls ein Blutgerinnsel, das jedoch am Ort des Geschehens den Blutfluss behindert und nicht in andere Gefäße geschwemmt wird. Ursächlich ist meist Arteriosklerose. Seltener können Gefäßentzündungen (Vaskulitiden) oder Tumore im Bauch ursächlich sein.

  • nichtokklusive mesenteriale Ischämie (NOMI): In diesem Fall wird der Blutfluss nicht durch ein Blutgerinnsel behindert. Vielmehr kommt es zu einer Unterversorgung des Darms mit Blut und Sauerstoff durch einen zu geringen Blutfluss – etwa, weil das Herz aufgrund einer Herzschwäche (Herzinsuffizienz) unzureichend pumpt.

  • Mesenterialvenenthrombose: Eine mesenteriale Venenthrombose entsteht, wenn ein Blutgerinnsel die Venen im Darm blockiert. Dadurch kann das Blut nicht richtig abfließen, was zu einem Druckanstieg führt, wodurch Darmgewebe geschädigt wird. Die akute Venenthrombose eines Darminfarkts betrifft etwa 15 Prozent der Fälle und kann bei Problemen der Blutgerinnung, Leberzirrhose oder einer Tumorerkrankung auftreten.

Nichtokklusive mesenteriale Ischämie (NOMI)

Die NOMI ist eine Sonderform und kann durch folgende Risikofaktoren gefördert werden:

  • erkranktes Organ
  • Herzschwäche (Herzinsuffizienz)
  • plötzliches Herzversagen (akutes Pumpversagen mit kardiogenem Schock)
  • Multi-Organversagen
  • intensivmedizinische Behandlung mit Blutdrucksteigernden Medikamenten (Vasopressoren)

Ursächlich können sein: Dehydrierung, Blutung, Dialyse oder übermäßige Diuretika-Therapie.

Darminfarkt: Wie erfolgt die Diagnose?

Die Diagnose kann eine Herausforderung sein, da die Beschwerden sehr unspezifisch sind und eine Untersuchung des Bauches zunächst oft ohne Befund bleibt. Der Diagnoseweg beginnt normalerweise mit einem ärztlichen Gespräch (Anamnese) und einer körperlichen Untersuchung. Hier hört und tastet der*die Arzt*Ärztin unter anderem den Bauch ab.

Besteht der Verdacht eines Mesenterialinfarktes, wird meist eine Blutabnahme durchgeführt. Hier liegt der Fokus auf:

  • Laktatdehydrogenase (LDH)
  • den weißen Blutkörperchen (Leukozyten)
  • dem Säure-Basen-Verhältnis im Blut

Diese Parameter können auf absterbende Zellen hinweisen. Sind die Werte unauffällig, schließt das eine Mesenterialischämie jedoch nicht aus.

Bildgebende Verfahren zur Diagnose eines Darminfarkts

Mithilfe eines Ultraschalls kann der*die Arzt*Ärztin Organe und den Zustand der Bauchhöhle beurteilen. Die Ultraschalluntersuchung dient vor allem dazu, schnell andere Erkrankungen im Bauch auszuschließen.

Anhand einer Computertomographie (CT) können die Gefäße im Bauchraum dargestellt werden. Alternativ kann auch eine Magnetresonanztomographie (MRT) durchgeführt werden.

Die Angiographie ist ein bildgebendes Verfahren zur Darstellung von Blutgefäßen mittels Röntgenstrahlen und Kontrastmittel. Dabei werden ein Katheter in ein Blutgefäß eingeführt, ein Kontrastmittel injiziert und Röntgenaufnahmen gemacht, um die Gefäße sichtbar zu machen und auf Auffälligkeiten zu untersuchen.

Bauchschmerzen sind grundsätzlich eine der häufigsten Beschwerden und können nicht immer aufgeklärt werden. Deshalb wird bei Bauchschmerzen nicht nur an einen Mesenterialinfarkt gedacht, sondern auch an andere, viel häufigere Erkrankungen, wie zum Beispiel:

Um die Diagnose eines Darminfarkts zu sichern, werden also zunächst oft andere Krankheitsbilder ausgeschlossen.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Die Therapie eines Darminfarkts kann je nach Ursache und Ausprägung sehr unterschiedlich ausfallen. Ziel der verschiedenen Behandlungsoptionen ist es,

  • den Blutfluss wiederherzustellen,
  • abgestorbene Darmanteile zu entfernen und
  • einem erneuten Infarkt vorzubeugen.

Bei einigen Betroffenen kommt es im Zuge eines Darminfarkts zu Kreislaufproblemen. Um den Kreislauf zu stabilisieren, können zum Beispiel intravenöse Flüssigkeitsgaben sowie Medikamente zur Blutdruck- und ph-Wert-Stabilisierung eingesetzt werden.

Bei fortgeschrittenem Mesenterialinfarkt können auch Antibiotika zum Einsatz kommen, um einer späteren Infektion vorzubeugen.

Ist eine mesenteriale Ischämie in der Angiographie sichtbar, kann ein Medikament eingesetzt werden, das angespannte Gefäßwände wieder entspannt und den Blutfluss verbessert.

Auch die Perkutane transluminale Angioplastie, kurz PTA, ist eine Möglichkeit, um Engstellen in Gefäßen zu beheben. Dabei kommt ein Katheter zum Einsatz, der in das Gefäß eingeführt wird. Mithilfe eines kleinen Ballons wird die Engstelle gedehnt. Mitunter ist ein Stent notwendig, um das Gefäß offenzuhalten. 

Operation bei Darminfarkt

In vielen Fällen ist eine Operation notwendig: Das Gerinnsel wird aus dem Gefäß entfernt und der Blutfluss so wieder hergestellt. Sind Darmabschnitte bereits unwiderruflich von der Sauerstoffunterversorgung beschädigt, werden diese ebenfalls entfernt.

Eine NOMI kann nicht durch eine Operation behoben werden, da die Ursache nicht im Gefäß selbst liegt. Hier gilt es, die Ursache, zum Beispiel im Herzen, zu beseitigen.

Bei einer mesenterialen Venenthrombose werden Blutverdünner eingesetzt. Ist der Darm nicht beschädigt und liegt keine Bauchfellentzündung vor, können Blutverdünner die einzig notwendige Therapie sein. Diese müssen oft ein Leben lang eingenommen werden, um einer erneuten Thrombose vorzubeugen.

Darminfarkt: Prognose und Vorbeugen

Ein Darminfarkt ist eine schwere Erkrankung, die oft tödlich endet. Je schneller die Diagnose gestellt und die Behandlung begonnen wird, desto besser ist die Prognose. Die Überlebenschancen hängen dabei wesentlich von der Dauer des Gefäßverschlusses ab:

  • Die Überlebensrate liegt bei 70 %, wenn die Behandlung innerhalb der ersten 6 Stunden nach Symptombeginn erfolgt.
  • Bei einer Behandlung zwischen 6 und 12 Stunden nach Symptombeginn beträgt die Überlebensrate 40 %.
  • Die Überlebensrate liegt bei bis zu 20 %, wenn die Behandlung mehr als 24 Stunden nach Symptombeginn erfolgt.

Lässt sich einem Darminfarkt vorbeugen?

Einem Mesenterialinfarkt lässt sich nur bedingt vorbeugen. Fachleute empfehlen, sämtliche Risikofaktoren einzudämmen, die zu Gefäßerkrankungen und so zu einer Minderdurchblutung des Darms führen können. Dazu zählen etwa folgende Maßnahmen:

  • gesunde, ausgewogene Ernährung
  • regelmäßige körperliche Bewegung
  • nicht rauchen
  • Übergewicht vermeiden

Nicht zuletzt gilt es, Grunderkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck und einen hohen Cholesterinspiegel zu behandeln, um das Risiko von Gefäßerkrankungen zu verringern und somit das Risiko eines Darminfarkts zu reduzieren.