Chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED): Symptome und Behandlung
Unter dem Begriff Chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED) werden Morbus Crohn und Colitis ulcerosa zusammengefasst. Typische Beschwerden sind krampfartige Bauchschmerzen und Durchfall. Worin unterscheiden sich die Erkrankungen, wie werden sie diagnostiziert und was können Betroffene tun, um ihre Beschwerden zu lindern?
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
FAQ: Häufige Fragen und Antworten zu chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED)
Welche Lebensmittel Beschwerden auslösen, ist individuell verschieden. Häufig schlecht vertragen werden stark verarbeitete Lebensmittel, fettige Speisen, scharfe Gewürze, Alkohol und Milchprodukte (bei Laktoseintoleranz, die häufig begleitend auftritt).
Obwohl Durchfall eines der Leitsymptome einer CED ist, gibt es auch Krankheitsverläufe ohne dieses Symptom. Vor allem bei Morbus Crohn kann statt Durchfall in seltenen Fällen Verstopfung im Vordergrund stehen.
Nein, chronisch entzündliche Darmerkrankungen sind derzeit nicht heilbar. Mit Medikamenten, gegebenenfalls Operationen und einer Umstellung der Lebensweise lassen sich die Krankheiten in den meisten Fällen aber gut behandeln.
Erkrankte haben grundsätzlich dieselbe Lebenserwartung wie gesunde Menschen, wenn die Erkrankung mit einer geeigneten Therapie behandelt wird. Jedoch ist das Risiko für Komplikationen wie Darmkrebs erhöht.
CED: Was ist das?
Chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED) sind Autoimmunerkrankungen, die den Verdauungstrakt betreffen. Sie entstehen durch eine Fehlregulation des Immunsystems und rufen unter anderem Durchfall, starke Bauchschmerzen und Darmblutungen hervor.
Grundsätzlich lassen sich zwei CEDs voneinander unterscheiden:
Morbus Crohn: Bei Morbus Crohn ist die Darmwand in allen Schichten entzündet. Prinzipiell kann das alle Teile des Magen-Darm-Trakts betreffen. Am häufigsten sind jedoch der letzte Abschnitt des Dünndarms (terminales Ileum) sowie der aufsteigende Dickdarm (Colon ascendens) befallen. In einigen Fällen entzünden sich zusätzlich Magen und Zwölffingerdarm.
Colitis ulcerosa: Colitis ulcerosa befällt ausschließlich den Dickdarm (Kolon), der in aller Regel die letzten 80 bis 90 Zentimeter des Magen-Darm-Traktes ausmacht. Betroffen ist meist der untere Darmabschnitt des Kolons. Die Erkrankung kann sich aber im weiteren Verlauf auf den gesamten Dickdarm ausbreiten.
Da sich die Erkrankungen im Beschwerdebild sehr ähnlich sind, gestaltet es sich zu Beginn der Erkrankung oft schwierig, zwischen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa zu unterscheiden. Zur genauen Diagnosestellung müssen gründliche Untersuchungen vorgenommen werden.
Die genauen Ursachen von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen sind nicht bekannt. Klar ist, dass eine immunologische Reaktion stattfindet, in deren Folge Entzündungen im Magen-Darm-Trakt auftreten. Die Beschwerden werden schubartig ausgelöst.
Chronisch entzündliche Darmerkrankungen müssen sich aber nicht ausschließlich auf den Magen-Darm-Trakt beschränken. Sie können in seltenen Fällen auch andere Organe befallen, etwa
Chronisch entzündliche Darmerkrankungen sind nicht heilbar, mit der richtigen Therapie können Betroffene aber ein weitgehend normales Leben führen.
Meist treten die Krankheiten schon früh auf, in der Regel zwischen dem 15. und dem 35. Lebensjahr. Morbus Crohn kann allerdings auch schon im Kindesalter beginnen. Besonders junge Betroffene erkranken vergleichsweise schwer, da der Entzündungsprozess schon früh beginnt. Colitis ulcerosa ist im frühen Kindesalter eher selten und entwickelt sich meist erst nach der Pubertät.
CED: Wie viele Menschen sind betroffen?
In Deutschland sind rund 650.000 Menschen von einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung betroffen. An Colitis ulcerosa erkranken etwa doppelt so viele Personen wie an Morbus Crohn. Männer und Frauen sind gleichermaßen betroffen.
CED: Welche Symptome sind typisch?
Chronisch entzündliche Darmerkrankungen verlaufen in Schüben. Ein solcher Schub kann sich unterschiedlich stark äußern. In einigen Fällen dauert er nur wenige Tage an und verschwindet dann von selbst wieder. In anderen Fällen ziehen sich die Beschwerden über Wochen oder sogar Monate hinweg und sind so stark, dass Betroffene akute medizinische Hilfe benötigen.
Je nachdem, welche CED vorliegt, können die Symptome voneinander abweichen.
Häufige Symptome bei Morbus Crohn sind:
- krampfartige Bauchschmerzen aufgrund von Geschwüren, insbesondere im rechten Unterbauch
- chronischer Durchfall (oft mehrmals täglich), Blut im Stuhl (wenn der Dickdarm betroffen ist)
- Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust
- Fieber
- Blutarmut (Anämie)
- Abszesse und/oder Analfisteln
- Müdigkeit und Abgeschlagenheit
- Mangelerscheinungen, die sich in Hautirritationen oder Aphten äußern können
Viele Patient*innen leiden an weiteren entzündlichen Erkrankungen von Augen, Haut, Gelenken und Wirbeln sowie Leber, Nieren oder Harnwegen.
Bei Kindern äußert sich Morbus Crohn meist nicht durch Verdauungsstörungen. Im Vordergrund stehen vielmehr Wachstumsverzögerungen, Erschöpfung, Fieber und Gelenkentzündungen.
Häufige Symptome bei Colitis ulcerosa sind:
- krampfartige Bauchschmerzen, insbesondere im linken Unterbauch
- blutig-schleimiger Durchfall aufgrund von Geschwüren, die die Darmschleimhaut verletzt, oft mehrmals täglich und nachts
- nächtlicher Stuhldrang, oft in Zusammenhang mit Stuhlinkontinenz
- Muskelkrämpfe
- hohes Fieber
- Gewichtsverlust
- Müdigkeit und Abgeschlagenheit
Auch eine Bauchfellentzündung (Peritonitis), die starke Schmerzen im gesamten Bauchraum hervorruft, tritt bei Menschen mit Colitis ulcerosa gehäuft auf.
Was sind die Ursachen einer CED?
Wie und warum chronisch entzündliche Darmerkrankungen auftreten, wirft bis heute Fragen auf. Fachleute gehen von einer Kombination aus genetischer Veranlagung und Umweltfaktoren aus. Es gibt Hinweise darauf, dass Rauchen sowie die Einnahme der Antibabypille das Erkrankungsrisiko womöglich erhöhen.
Klar ist: Die Darmbarriere ist bei Menschen mit Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa gestört. Bakterien aus der Darmflora gelangen deshalb fälschlicherweise in die Schleimhaut. Das Abwehrsystem reagiert auf den vermeintlichen Eindringling und der Darm wird – in Teilen oder vollständig – nicht mehr als körpereigen erkannt. Infolgedessen bekämpfen die körpereigenen Abwehrzellen die Darmbakterien, wodurch eine chronische Entzündung hervorgerufen wird.
Epidemiologische Daten zeigen außerdem:
In nördlichen Gesellschaften mit höheren Hygienestandards treten die Darmentzündungen vergleichsweise häufig auf.
In großen, kinderreichen Familien lassen sich ebenfalls höhere Zahlen feststellen. Je mehr Geschwisterkinder, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Infektionen in die Familie getragen werden.
In städtischen Regionen treten mehr chronisch entzündliche Darmerkrankungen auf als auf dem Land.
CED und Psyche
Nach dem derzeitigen Wissensstand ist nicht davon auszugehen, dass psychische Faktoren als Auslöser für chronisch entzündliche Darmerkrankungen in Frage kommen. Dennoch legen diverse Studien nahe, dass psychische Belastungen wie chronischer Stress die Krankheitssymptome verstärken und den Verlauf negativ beeinflussen können.
Andersherum kann die Erkrankung selbst bei Betroffenen zu einem hohen Leidensdruck führen und ihre Lebensqualität stark beeinträchtigen. Viele Erkrankte berichten etwa über:
- Antriebslosigkeit
- depressive Verstimmungen
- Angstzustände
- Unsicherheiten im Sozialkontakt zu anderen Menschen, sozialer Rückzug
Da insbesondere junge Menschen betroffen sind, beeinflusst die Erkrankung die körperliche, psychosoziale und berufliche Entwicklung dieser Patient*innen erheblich.
Wie wird eine CED diagnostiziert?
Bei Verdacht auf Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa erfolgt zunächst eine Überweisung an eine gastroenterologische Praxis. Zur frühzeitigen Diagnosestellung ist zunächst ein ausführliches Gespräch (Anamnese) unerlässlich. Dabei wird die*der Ärztin*Arzt unter anderem erfragen,
- welche Beschwerden konkret vorliegen,
- seit wann und wie oft diese auftreten und
- ob es bereits CED-Fälle in der Familie gibt.
Körperliche Untersuchung
Um zu diagnostizieren, ob eine CED vorliegt, stehen eine Reihe verschiedener Untersuchungen zur Verfügung. Zunächst tastet die*der Ärztin*Arzt den Bauch der betroffenen Person ab und prüft, in welchem Bereich Schmerzen auftreten. Auch wird untersucht, ob Folgen von Mangelerscheinungen zu sehen sind, etwa Hautveränderungen, Aphten, Abszesse oder Fisteln.
In den meisten Fällen werden im Rahmen einer Darmspiegelung (Koloskopie) Gewebeproben entnommen. Die feingewebliche Untersuchung hilft, Morbus Crohn und Colitis ulcerosa voneinander abzugrenzen und andere Ursachen für Darmentzündungen auszuschließen.
Je nach Befund schließen sich weitere Untersuchungen an:
- Magenspiegelung (Gastroskopie)
- Endoskopie (Untersuchung des Verdauungstrakts mithilfe einer Kamera)
- Ultraschall
- Magnetresonanztomografie (MRT) und Computertomografie (CT)
- Blutuntersuchung
- Stuhlprobe
CED: Mögliche Differentialdiagnosen
Die Symptome, die mit einer CED einhergehen, können auch auf andere Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts hindeuten. Mögliche Krankheitsbilder, die es auszuschließen gilt, sind:
- durch Bakterien, Viren oder Parasiten ausgelöste Infektionen
- Reizdarmsyndrom (RDS)
- chronische Entzündung der Dickdarmschleimhaut (mikroskopische Kolitis)
- Zöliakie
- Divertikulitis (Ausstülpungen der Darmschleimhaut)
- Blinddarmentzündung (Appendizitis)
Wie wird eine CED behandelt?
Chronisch entzündliche Darmerkrankungen sind nicht heilbar, weshalb in der Regel eine langfristige medikamentöse Behandlung notwendig ist. Gemeinsam mit der*dem Ärztin*Arzt wird geprüft, auf welche Therapie die erkrankte Person am besten anspringt. Die Einstellung der Medikamente richtet sich nach Art und Intensität der Beschwerden.
Bei einer CED werden in der Regel entzündungshemmende Medikamente verschrieben. Dazu zählen:
- Aminosalicylate, z. B. Mesalazin und Sulfasalazin
- Kortisonpräparate und Immunsuppressiva
- Biologika, z. B. Antikörper
- Mittel zur Hemmung des Zellwachstums (Zytostatika)
- Antibiotika
Operation: Entfernung des Dickdarms
Bei einem schweren Verlauf, insbesondere bei Colitis ulcerosa, kann eine operative Entfernung des Dickdarms (Kolektomie) nötig sein. Der Eingriff dient dazu, Darmkrebs vorzubeugen, der infolge dieser Erkrankung häufiger auftritt.
Eine Kolektomie wird jedoch vergleichsweise selten vorgenommen, da die Lebensqualität ohne Darm deutlich eingeschränkt ist. Entscheidet sich die betroffene Person in ärztlicher Absprache für den Eingriff, wird versucht, einen kleinen Teil des Dickdarms zu erhalten. So kann dieser an den Dünndarm angenäht werden. Die Alternative zu dem sogenannten Pouch wäre ein künstlicher Darmausgang.
Ernährung bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen
Eine ausgewogene und vitaminreiche Kost kann sich positiv auf den Krankheitsverlauf einer CED auswirken. Vor allem während eines akuten Krankheitsschubes sollten Betroffene auf eine ausreichende Nährstoff- und Flüssigkeitszufuhr achten.
Wichtig ist, dass Erkrankte ihren Speiseplan auf Grundlage ihrer individuellen Verträglichkeit zusammenstellen. Insbesondere Menschen mit Morbus Crohn leiden beispielsweise häufig an Laktoseintoleranz oder anderen Lebensmittelunverträglichkeiten.
Außerdem wird empfohlen,
bevorzugt mehrere kleine Mengen über den Tag verteilt zu verzehren, um den Darm nicht zu überfordern,
während akuter Schübe auf Alkohol zu verzichten (vor allem Bier und Weißwein können zu vermehrtem Stuhlgang führen) sowie
bei Durchfall besonders proteinreich zu essen, da dem Körper viele Eiweiße verloren gehen.
Bei akuten Beschwerden sollten Betroffene auf bestimmte Lebensmittel möglichst verzichten, da diese den Darm belasten und zu Blähungen führen können. Dazu zählen etwa:
- ballaststoffreiches Essen
- säurehaltige Lebensmittel und kohlensäurehaltige Getränke
- blähendes Gemüse wie Kohl und Hülsenfrüchte
- besonders fettige Lebensmittel
Hat die Krankheit einen so hohen Leidensdruck zur Folge, dass Betroffene eine psychische Störung entwickeln, sollte zusätzlich eine Psychotherapie in Anspruch genommen werden. Auch Selbsthilfegruppen können für einige Personen hilfreich sein.
Verlauf und Komplikationen einer CED
Chronisch entzündliche Darmerkrankungen begleiten Patient*innen ein Leben lang und sind derzeit nicht heilbar. Dennoch können CEDs ganz unterschiedlich verlaufen. So ist es möglich, Erkrankte phasenweise symptom- und beschwerdefrei sind und vorübergehend keine Behandlung benötigen. Andersherum gibt es auch Betroffene, die dauerhaft in Therapie sind und bei denen es immer wieder zu Entzündungsschüben kommt.
Ausnahme: Ist bei Colitis ulcerosa nur der Dickdarm betroffen und wir dieser entfernt, ist die Erkrankung geheilt. Ein solcher Eingriff kommt nicht häufig vor und wird nur bei einem sehr schweren Krankheitsverlauf vorgenommen.
Bei Morbus Crohn kann hingegen der gesamte Magen-Darm-Trakt betroffen sein. Zwar wird auch hier in seltenen Fällen ein Darmsegment entfernt. Die Erkrankung besteht dann, anders als bei Colitis ulcerosa, allerdings weiter und kann an anderen Stellen des Magen-Darm-Trakts wieder auftreten.
Bei einigen Betroffenen kommt es nach langjährigem Krankheitsverlauf zu Komplikationen wie:
- Fisteln
- Abszessen (Eiteransammlungen)
- Konglomerattumor (entzündete Darmschlingen verkleben miteinander)
- Darmverschluss (Ileus)
Häufig machen diese Folgeerscheinungen eine Operation erforderlich.
CED und Schwangerschaft
Eine Schwangerschaft mit chronischer Darmentzündung ist in der Regel komplikationsfrei möglich. Wichtig ist nur, dass sich Betroffene mit Kinderwunsch in ärztlicher Behandlung befinden und die Entzündung unter Kontrolle gehalten wird. Die entsprechenden Medikamente sind ebenfalls gut mit einer Schwangerschaft kombinierbar. Einzig der Wirkstoff Methotrexat sollte von schwangeren Frauen nicht eingenommen werden.
Lässt sich einer CED vorbeugen?
Einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung lässt sich nicht vorbeugen. Dennoch können Betroffene einiges tun, um die Beschwerden zu verringern und die akuten Schübe zu verkürzen:
auf eine ausgewogene Ernährung achten und Lebensmittel vermeiden, welche die Symptome verschlimmern
ausreichend schlafen und regelmäßig Pausen einlegen
Bewegung in den Alltag integrieren
Medikamente ordnungsgemäß einnehmen
bei ungewöhnlich starken Beschwerden ärztlichen Rat einholen, sodass bei Bedarf Medikation und Behandlung angepasst werden
Außerdem wichtig: Menschen mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen haben ein höheres Risiko für Darmkrebs. Deshalb sollten Betroffene regelmäßig entsprechende Untersuchungen zur Darmkrebsfrüherkennung in Anspruch nehmen.