Frauen sind stark bei Behandlung von HER2-positivem Brustkrebs.
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HER2-positiver Brustkrebs: Therapie

Von: Romina Enz (Medizinredakteurin und Biologin)
Letzte Aktualisierung: 31.10.2024

Wie bei vielen Krebserkrankungen ist auch bei Brustkrebs die Beschaffenheit des Tumors ausschlaggebend für die Behandlung. Ein Biomarker für Brustkrebs ist der sogenannte HER2-Status. Worum es sich dabei handelt und welche Rolle er für den Einsatz zielgerichteter Therapien spielt, lesen Sie hier.

FAQ: Häufige Fragen und Antworten zum Thema HER2-Status bei Brustkrebs

HER2 gilt als Tumormarker von Brustkrebs. Dabei handelt es sich um einen Rezeptor, der für das Wachstum von Zellen zuständig ist. Bei HER2-positivem Brustkrebs sind viele dieser Rezeptoren vorhanden. Dort kann eine zielgerichtete Therapie ansetzen.

Hierbei werden die HER2-Rezeptoren mit speziellen Antikörpern blockiert. Dadurch stoppt der Signalweg der Zelle und sie stirbt ab.

Sie sind eine Kombination aus Chemotherapie und Antikörpertherapie. Die HER2-Antikörper enthalten ein Chemotherapeutikum, das nach Andocken an den Rezeptor in die Krebszelle eindringt und diese sowie benachbarte Tumorzellen zerstören kann.

Die Prognose von HER2-positivem Brustkrebs ist in der Regel gut, da hier eine zielgerichtete Therapie möglich ist. Es gilt jedoch, dass jeder Tumor individuell untersucht und klassifiziert werden muss, um eine Aussage über Heilungschancen treffen zu können. 

HER2 ist wichtiger Biomarker bei Brustkrebs

Es gibt verschiedene Merkmale, mit denen sich Krebs in Kategorien einteilen lässt. Bei Brustkrebs ist dies unter anderem über den HER2-Status möglich. HER2 (humaner epidermaler Wachstumsfaktor-Rezeptor 2) ist ein Rezeptor, der sich auf der Oberfläche von Körperzellen befindet und das Wachstum der Zellen steuert. Befinden sich sehr viele HER2-Rezeptoren an der Oberfläche, kann es zu einem sehr schnellen Zellwachstum und dadurch zu einer Entstehung von Tumoren führen.

Neuere zielgerichtete Therapien setzen genau hier an und binden an HER2-Rezeptoren. Dies führt zu einer Hemmung der Signalweiterleitung in der Zelle, das zum Absterben der Krebszellen führt.

Bestimmung des HER2-Status

Um herauszufinden, ob und wie viele HER2-Rezeptoren die Brustkrebs-Tumorzellen besitzen, muss eine Gewebeprobe entnommen werden (Biopsie). In der Pathologie wird die Probe dann mit verschiedenen Techniken untersucht. 

  • Immunhistochemie (IHC): Anhand von Färbemustern und Farbintensitäten werden die HER2-Proteine der Zellen sichtbar gemacht. 

  • In-situ-Hybridisierung (ISH): Bei diesem Verfahren wird die Anzahl der HER2-Gene ermittelt. Wird das HER2-Gen überexprimiert (ISH-positiv), produzieren die Krebszellen mehr HER2-Rezeptoren als normal. Es kann folglich zu unkontrolliertem Zellwachstum und einem erhöhten Risiko für eine Tumorbildung kommen.  

Einteilung des HER2-Status

Je nachdem, wie viele HER2-Rezeptoren im Labor nachgewiesen wurden, unterteilen Fachleute den Tumorstatus in verschiedene Kategorien. 

  • HER2-negativ: Tritt bei der IHC-Analyse keine oder nur eine sehr schwache Färbung auf, wird der Tumor als HER2-negativ eingestuft. Ist dies der Fall, kann zu diesem Zeitpunkt keine Antikörpertherapie durchgeführt werden. 

  • HER2-low: Dieser Status wurde erst nachträglich als Kategorie eingeführt. Dabei zeigen die Zellen nur eine schwache bis mäßige Färbung und einen negativen ISH-Test. Nicht alle Tumorzellen weisen HER2-Rezeptoren auf oder die Zellen haben nur sehr wenige davon auf der Oberfläche. Was früher als HER2-negativ galt, kann heute dank der neuen Einstufung mit einer zielgerichteten Therapie behandelt werden. Es hat sich gezeigt, dass circa 50 Prozent der Brusttumoren als HER2-low eingestuft werden können.

  • HER2-positiv: Die Zellen weisen eine gleichmäßige und intensive Färbung auf. Eine zielgerichtete Therapie ist hier möglich.

HER2-Status kann sich verändern

Im Verlauf der Erkrankung können sich die Eigenschaften und damit der HER2-Rezeptor-Status verändern. Ebenso weisen Metastasen häufig einen anderen Status auf, als der Primärtumor. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, auch zu einem späteren Zeitpunkt nochmals die HER2-Expression zu testen. Womöglich ist dann eine zielgerichtete Therapie möglich, die vorher nicht angezeigt war. 

HER2-positiv oder HER2-low: Antikörpertherapie für gezielte Behandlung

Abhängig davon, wie fortgeschritten der Brustkrebs ist und ob andere Organe oder Gewebe bereits betroffen sind, gibt es unterschiedliche Therapieoptionen. Sie haben das Ziel, das Fortschreiten der Erkrankung aufzuhalten. Neben der Chemotherapie, die ihre Wirkung im gesamten Körper freisetzt, also auch gesunde Zellen angreift, gibt es zielgerichtete Therapien. 

Ein Beispiel hierfür ist die Antikörpertherapie, die zu den Immuntherapien zählt. In Bezug auf Brustkrebs und HER2 zielt die Therapie auf die Bindung der HER2-Rezeptoren ab. Dadurch wird die Signalweiterleitung unterbrochen und die Zelle zerstört. 

Weiterhin gibt es eine Kombination aus Chemo- und Antikörpertherapie. Sogenannte Antikörper-Wirkstoff-Konjugate binden an die Zelle und schleusen das Chemotherapeutikum direkt in diese ein.

Antikörper-Wirkstoff-Konjugate und deren Wirkweise

Antikörper-Wirkstoff-Konjugate (ADC, antibody-drug-conjugate) sind bei vielen Krebsarten, darunter auch Brustkrebs, eine innovative Behandlungsmethode geworden. Durch die Kombination aus Chemotherapie und spezifischen Antikörpern, die durch spezielle Eigenschaften genau an der Tumorzelle binden, kann eine tumorspezifische Behandlung erfolgen. Es werden deutlich weniger gesunde Zellen angegriffen, als bei der Chemotherapie. 

Im Beispiel von HER2-positivem Brustkrebs funktioniert die Wirkweise wie folgt:

  • Das ADC bindet an den HER2-Rezeptor der Krebszelle und blockiert diesen.
  • Durch einen speziellen Vorgang (Endozytose) wird das Konjugat in die Zelle aufgenommen.
  • Der zytotoxische Wirkstoff wird abgespalten und hemmt ein bestimmtes Enzym. Es kommt zu DNA-Schäden in der Krebszelle. Diese kann sich nicht mehr teilen.
  • Der Wirkstoff gelangt durch die Zellwände in die benachbarten Tumorzellen und zerstört sie. 

Ein weiterer positiver Effekt dieser Behandlungsform ist, dass das körpereigene Immunsystem die Krebszellen besser erkennt und diese ebenso bekämpfen kann.

Weitere Behandlungsmöglichkeiten bei Brustkrebs

Neben der Antikörpertherapie gibt es weitere Möglichkeiten, Brustkrebs zu behandeln. Welche Therapie infrage kommt, muss individuell zusammen mit Onkolog*innen besprochen werden. Mögliche Maßnahmen sind:

  • Operation bei Brustkrebs: In den meisten Fällen wird versucht, den Tumor komplett zu entfernen. Heutzutage ist es häufig möglich, brusterhaltend zu operieren. In manchen Fällen muss die Brust vollständig entfernt werden. Während der OP prüfen die Ärzt*innen das umliegende Gewebe auf Krebszellen und können so entscheiden, wie viel Gewebe entnommen werden muss. Auch Lymphknoten in den Achseln werden nur dann entfernt, wenn sie Krebszellen aufweisen. Meist werden nur nächstgelegene Lymphknoten (Wächterlymphknoten) entfernt. Oft schließt sich an die Operation eine Strahlentherapie an.

  • Strahlentherapie: Bei der Strahlentherapie wird die DNA der Krebszellen zerstört, wodurch diese absterben. Sie kann auch bei schmerzenden Metastasen zum Einsatz kommen.

  • Chemotherapie: Sie kommt infrage, wenn der Brustkrebs schon fortgeschritten ist und Metastasen gebildet hat. Auch, wenn eine Antihormontherapie keinen Erfolg erzielt hat oder Hormonrezeptor-negative Tumorzellen vorliegen.

  • adjuvante und neoadjuvante Chemotherapie: Erfolgt eine Chemotherapie im Anschluss an eine Operation, ist die Rede von einer adjuvanten Chemotherapie. Das Ziel ist, mögliche verbleibende Krebszellen abzutöten und so ein Rezidiv (Rückfall) zu vermeiden. Die neoadjuvante Chemotherapie soll den Tumor verkleinern. In manchen Fällen ist dieser für eine Operation zu groß, weshalb vorher eine Chemotherapie notwendig wird.

  • Antihormontherapie: Enthalten ein Prozent oder mehr der Krebszellen Rezeptoren für bestimmte Hormone (Östrogen und/oder Progesteron), wird der Tumor als hormonempfindlich (HR-positiv) bezeichnet. Das Wachstum des Tumors wird folglich durch Hormone angeregt. Bei der Antihormontherapie sollen den Krebszellen die Hormone entzogen werden, wodurch das Wachstum stoppen kann. Sie wird auch als endokrine Therapie bezeichnet. Die Behandlung kann ebenso bei metastasiertem Brustkrebs infrage kommen.