Vorsicht, Ambrosia: Hohes Allergie-Risiko
In Deutschland war die Ambrosia bis vor wenigen Jahren der Allgemeinheit weitgehend unbekannt. Seitdem ist der Bekanntheitsgrad der aus Nordamerika eingeschleppten Pflanze enorm gestiegen – allerdings nur durch Negativschlagzeilen.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
Überblick
Inzwischen gibt es sogar Aktionsprogramme, deren Ziel darin besteht, das Vorkommen der Ambrosia zu überwachen, ihre Weiterverbreitung zu verhindern und die Öffentlichkeit über ihre Risiken zu informieren. Und warum das alles?
Was macht die Ambrosia zum Problem?
- Die Pflanze löst Allergien vom Typ I aus.
- Allergien verursachen einen hohen Leidensdruck und verschlimmern sich oft im Lauf der Zeit. All dies bedeutet auch eine hohe finanzielle Belastung für das Gesundheitssystem.
- Mit fortschreitender Ausbreitung der Ambrosia werden immer mehr Menschen allergisch auf die Pflanze reagieren.
Steckbrief: Ambrosia
- Die Gattung Ambrosia, auch Traubenkraut genannt, gehört zu den Korbblütlern (Asteraceae).
- Die ein- oder mehrjährigen Pflanzen sind meist 60 bis 120 Zentimeter hoch – je nach Jahreszeit und Standort.
- Der Wuchs der Pflanzen ist gedrungen und buschig.
- Die Blätter sind doppelt fiederspaltig.
- Die Blattunterseite ist wenig behaart und grün.
- Die Stängel sind stark verzweigt, behaart und grün.
- Während der Blütezeit verfärben sie sich leicht rötlich.
- Die Blütezeit der Pflanzen beginnt im Juli.
- Die Blüten an den fingerförmigen Blütenständen sind grünlich-gelb und eher unscheinbar.
- Die Bestäubung der Blüten geschieht hauptsächlich durch den Wind, nicht durch Insekten.
- Im Herbst bildet jede Pflanze mehrere tausend Samen, die lange keimfähig bleiben.
Die in Deutschland am häufigsten vorkommende Ambrosia-Art bringt pro Pflanze bis zu 6000 Samen hervor. Ihr wissenschaftlicher Name lautet Ambrosia artemisiifolia – zu Deutsch: Beifußblättrige Ambrosie. Denn die Pflanze hat eine ähnliche Blattform wie der Gemeine Beifuß (Artemisia vulgaris). Weitere gängige Bezeichnungen für Ambrosia artemisiifolia sind:
- Beifußblättriges Traubenkraut
- Beifuß-Ambrosie
- Aufrechtes Traubenkraut
- (englisch) Short Ragweed
Unterscheidungsmerkmale zwischen Beifußblättriger Ambrosie (Ambrosia artemisiifolia) und Gemeinem Beifuß (Artemisia vulgaris):
Beifußblättrige Ambrosie | Gemeiner Beifuß | |
---|---|---|
Wachstum: | wächst spät und langsamer | wächst schneller |
Höhe: | Ende Mai ca. 10-15 cm hoch | Ende Mai ca. 25-50 cm hoch |
Blattunterseite: | hellgrün, nicht behaart | weißlich, behaart |
Stängel: | leicht behaar | nicht behaart |
Blütenfarbe: | grüngelblich | gelblich bis rötlich-braun |
Blütezeit: | gegen Ende Juli/August | ab Ende Juni |
Die Ambrosia-Allergie
Die Ambrosia-Allergie gehört als Pollenallergie zu den Typ-I-Allergien. Voraussetzung für ihre Entstehung ist die Sensibilisierung:
Wenn jemand zum ersten Mal mit Pollen der Ambrosia in Kontakt kommt, kann das Immunsystem darauf reagieren, indem es bestimmte Antikörper (IgE) gegen die Allergene bildet. Diese Antikörper sind dann im Blut nachweisbar. Treffen sie erneut auf die Allergene, setzen sie Abwehrmaßnahmen in Gang.
Wie viele Menschen sind allergisch gegen Ambrosia?
- In den USA waren in den 1970er bis 1980er Jahren 10 % der Allgemeinbevölkerung sensibilisiert, heute sind es ca. 26 %. Damit ist die Ambrosia dort der Hauptauslöser von Heuschnupfen.
- Im Mittelmeerraum (z. B. Rhonetal, Norditalien), wo die Ambrosia schon länger heimisch ist als hierzulande, sind bis zu 12 % der Bevölkerung sensibilisiert.
- In Deutschland sind etwa 8 % der erwachsenen Bevölkerung sensibilisiert.
Mehr Wissenswertes zur Ambrosia-Allergie:
- Die Ambrosia bildet – wie alle windbestäubten Pflanzen – sehr viele Pollen: pro Pflanze bis zu eine Milliarde!
- Die Pollen der Ambrosia besitzen die stärksten bekannten Allergieauslöser (Allergene) überhaupt: Schon zehn Pollen reichen aus, um bei einem erwachsenen Pollenallergiker Heuschnupfenbeschwerden auszulösen.
- Zwischen Allergenen von Ambrosia und Beifuß kann es zu Kreuzreaktionen kommen. Das heißt: Wer schon allergisch gegen Beifuß ist, bei dem kann sich die Allergie auch bei Kontakt mit Ambrosia-Pollen bemerkbar machen – und umgekehrt.
- Wegen solcher Kreuzreaktionen stellt die Ambrosia also schon dann ein Allergie-Risiko dar, wenn ihr Bestand und damit die Pollenbelastung eigentlich noch zu gering ist, um eine echte Sensibilisierungen auszulösen.
- Neben der Pollenallergie (Typ I) kann Ambrosia auch eine Kontaktallergie (Typ IV) verursachen: Bei Berührung der Pflanze können sich eine Nesselsucht (Urtikaria) und ein Kontaktekzem entwickeln.
Verbreitung der Ambrosia
Nach Europa gelangte die Ambrosia vor allem über Samen in importiertem Saatgut. Unerwünschte Saaten wurden früher offenbar häufig in der Nähe der Verarbeitungsbetriebe entsorgt. Heute kommen sie teils als Vogelfutter auf den Markt. Entsprechend häufig ist die Ambrosia auch an Vogelfutterstellen anzutreffen.
Die Weiterverbreitung der Samen geschieht meist über landwirtschaftliche Nutzfahrzeuge oder Straßenreinigungsfahrzeuge, an denen sie anhaften, sowie bei Kies- und Erdtransporten.
Wie verbreitet ist die Ambrosia?
In Europa ist die Ambrosia inzwischen weit verbreitet – vor allem in den wärmeren Regionen. In Südfrankreich, in der norditalienischen Po-Ebene und in Ungarn kommt die Pflanze bereits an vielen Stellen vor. Im Zuge des Klimawandels könnte sie sich von dort aus weiter nach Norden ausbreiten.
In Deutschland waren die ersten Bestände, die bevorzugt im süd- und ostdeutschen Raum auftraten, eher klein und unbeständig. Inzwischen ist die Pflanze in Süddeutschland deutlich häufiger anzutreffen und hat sich auch nach Norden weiterverbreitet.
Unter welchen Bedingungen wächst die Ambrosia?
Die Ambrosia ist eine wärmeliebende Pflanze. Die Samen keimen zwar schon im März, die Pflanze wächst dann aber im hierzulande eher kühlen Frühjahr über lange Zeit kaum weiter. Andere Pflanzen können sie so schnell überwuchern.
Entsprechend findet sich die Ambrosia auch nie in einer geschlossenen Pflanzendecke, sondern nur an offenen Stellen:
- im Garten,
- am Straßen- oder Wegrand,
- auf brachliegenden Acker- und Wildflächen,
- auf Schuttplätzen sowie
- in Neubau- und Industriegebieten.
Erst im Juni fängt die Ambrosia an, kräftig zu wachsen. Pflanzen, die bis dahin überlebt haben, können dann zahlreiche Blüten und Früchte bilden.
Wie könnte sich der Klimawandel auf das Ambrosia-Problem auswirken?
Aufgrund ihrer hohen Wärmeansprüche kommt die Ambrosia in Deutschland bisher noch recht selten vor. Wenn das Klima zukünftig allgemein wärmer und trockener wird, könnte sich das aber ändern.
Damit würde sich auch die Bandbreite der hier vorkommenden Pollen ändern. Das würde sich auf das Beschwerdebild von Allergikern auswirken, die Suche nach der Ursache für allergische Reaktionen erschweren und eine Anpassung der Allergiebehandlung nötig machen. Zudem ist die Pollensaison dort, wo die Ambrosia vorkommt, schon heute deutlich länger. Würde infolge des Klimawandels der Frost ausbleiben, könnte dies dazu führen, dass die Pollen noch länger fliegen.
Mit dem Klimawandel würden neben den Temperaturen und Trockenzeiten auch der Gehalt an Kohlendioxid (CO2) in der Luft sowie die Konzentration von Ozon (O3) in Bodennähe und von Stickstoffdioxid (NO2) ansteigen. All diese Faktoren haben einen Einfluss auf die Vegetation und somit auch auf die Pollenproduktion. Die Folge wäre eine erhöhte Pollenmenge.
Tipps zur Eindämmung
So können Sie dazu beitragen, die weitere Verbreitung der Ambrosia zu stoppen:
- Kontrollieren Sie von Mai bis August regelmäßig Ihren Garten oder die Grünflächen in der Nähe Ihrer Wohnung auf Ambrosia-Pflanzen – vor allem, wenn Sie Wildvögel füttern.
- Kaufen Sie nur Vogelfutter, das nicht mit Ambrosia-Samen verunreinigt ist. Fragen Sie beim Einkauf am besten gezielt nach.
- Wenn Sie eine junge, nicht blühende Ambrosia finden, entfernen Sie die Pflanze, bevor sie zu blühen beginnt – möglichst mitsamt der Wurzel. Tragen Sie dabei zur Sicherheit Handschuhe. Entsorgen Sie die Pflanze über den Hausmüll oder Kompost.
- Wenn Sie eine blühende Ambrosia entsorgen, sollten Sie dabei neben Handschuhen auch eine Feinstaubmaske und evtl. eine dicht sitzende Vollsichtbrille tragen. Stecken Sie die Pflanze in eine Plastiktüte, verschließen Sie die Tüte und entsorgen Sie sie nur über den Hausmüll.
- Entfernen Sie blühende Ambrosien möglichst nachmittags, weil die Pflanzen ihre Pollen hauptsächlich morgens ausschütten.
- Es empfiehlt sich, freie Bodenflächen möglichst sofort wieder zu begrünen.
- Wenn Sie im öffentlichen Raum größere Ambrosia-Bestände finden, melden Sie diese den zuständigen Behörden (wie dem örtlichen Grünflächenamt, Pflanzenschutzamt oder Umweltamt).
Achtung: Wer schon eine Pollenallergie hat, sollte eine blühende Ambrosia auf keinen Fall selber entfernen.