Albinismus: Symptome und Ursachen der Erbkrankheit
Menschen mit Albinismus haben zu wenig oder gar kein Melanin in den Augen. Je nach Form liegt auch in Haut und Haaren ein Mangel des farbgebenden Pigments vor. Welche Symptome noch auftreten können und worauf Betroffene achten sollten.
Zusammenfassung
- Definition: Bei Menschen mit Albinismus liegt eine verminderte Pigmentierung der Augen, gegebenenfalls auch der Haut und der Haare vor.
- Symptome: Betroffene haben helle bis rötliche Augen, unter Umständen auch sehr helle Haut und Haare. Sehstörungen und Augenzittern gehören ebenfalls zu den Symptomen bei Albinismus.
- Ursachen: Albinismus wird durch vererbte Mutationen bestimmter Gene verursacht, die zu einem Mangel des Hautpigments Melanin führen.
- Therapie: Eine ursächliche Behandlung für Albinismus gibt es nicht.
- Verlauf: Die Sehstörungen und Minderpigmentierungen können sich bei manchen Formen im Lauf des Lebens bessern. Bei konsequentem UV-Schutz haben Betroffene eine normale Lebenserwartung.
- Diagnose: Körperliche, haut- und augenärztliche Untersuchungen sind zur Diagnose von Albinismus nötig. Auch bildgebende Verfahren, Messungen von Hirnströmen sowie Genanalysen können zum Einsatz kommen.
Was ist Albinismus?
Unter dem Begriff Albinismus werden verschiedene Erbkrankheiten zusammengefasst, die mit einem Mangel an Melanin einhergehen. Das ist ein Pigment, das Augen, Haut und Haaren ihre Farbe gibt.
Fachleute unterscheiden verschiedene Formen von Albinismus:
- Okulärer Albinismus (OA) betrifft nur die Augen.
- Okulokutaner Albinismus (OCA) betrifft Augen, Haut und Haare; diese Form kann wiederum in verschiedene Subtypen aufgeteilt werden.
Albinismus-Syndrome treten in Verbindung mit weiteren Krankheitszeichen auf.
Wie häufig kommt es zu Albinismus?
Weltweit ist etwa eine von 20.000 Personen von Albinismus betroffen. In einigen Gebieten oder unter bestimmten Bevölkerungsgruppen tritt die Erkrankung jedoch häufiger auf.
Die Bezeichnung “Albino“ wird von Betroffenen als diskriminierend empfunden und abgelehnt. Der Begriff wird daher heute nicht mehr verwendet.
Sehr helle Augen, Haut und Haare: Symptome von Albinismus erkennen
Der Mangel an Melanin hemmt die Entwicklung der Sehkraft. Daher kommt es bei Betroffenen oft zu Sehstörungen. So ist etwa das räumliche Sehen eingeschränkt, weil die Sehnerven fehlerhaft angelegt sind. Unter Umständen kann es zu einer stark ausgeprägten Sehbehinderung kommen. Es ist auch möglich, dass sich die Sehschärfe im Lauf des Lebens verbessert. Schielen und Augenzittern (Nystagmus) gehören ebenfalls zu möglichen Symptomen.
Melanin schützt Haut und Augen vor der UV-Strahlung der Sonne. Somit sind Betroffene sehr licht- und blendungsempfindlich. Das schränkt die Sehfähigkeit zusätzlich ein.
Weitere Symptome beim okulären Albinismus (OA)
Der okuläre Albinismus kann unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Entsprechend variiert auch, wie sehr das Sehvermögen eingeschränkt ist. Die Iris des Auges und auch der Augenhintergrund weisen eine zu geringe Pigmentierung auf. Die Iris erscheint blau-grau oder rötlich.
Wie äußert sich der okulokutane Albinismus (OCA)?
Bei Menschen mit okulokutanem Albinismus liegt zusätzlich eine zu geringe Pigmentierung in Haut und Haaren vor. Betroffene Babys und Kinder haben daher sehr helle Haut und Haare; teilweise dunkeln diese mit zunehmendem Lebensalter nach. Bislang sind sieben Subtypen mit unterschiedlicher Ausprägung der Symptome bekannt.
Kontakt mit Sonnenstrahlung kann zur Entstehung von Hautflecken führen. Außerdem bekommen OCA-Betroffene schnell Sonnenbrand und haben ein erhöhtes Risiko für Hautkrebs.
Albinismus-Syndrome und weitere Beschwerden
Okulokutaner Albinismus kann nicht nur allein, sondern auch in Verbindung mit anderen Störungen auftreten:
Chediak-Higashi-Syndrom: Zusätzlich zum OCA leiden Betroffene unter neurologischen Ausfällen. Sie haben häufig Infekte und eine vermehrte Blutungsneigung.
Hermansky-Pudlak-Syndrom: Auch hier kommt der OCA in Verbindung mit vermehrter Blutungsneigung vor. Zudem kann sich in der Lunge überflüssiges Bindegewebe bilden (Lungenfibrose).
Wie entsteht Albinismus?
Albinismus entsteht durch Genmutationen. Abhängig davon, welche Gene betroffen sind, tritt die Erkrankung in unterschiedlicher Ausprägung auf. Bislang sind zwanzig Gene bekannt, die zur Entstehung von Albinismus beitragen können. Betroffene weisen an mindestens einem davon Mutationen auf. Fachleute vermuten jedoch, dass es noch weitere Gendefekte gibt, die mit Albinismus in Zusammenhang stehen.
Zu wenig Melanin durch Genmutationen
Die Mutationen führen dazu, dass der Organismus zu wenig oder gar keine Tyrosinase bilden kann. Dieses Enzym ist an der Melaninproduktion beteiligt. Die Melanin-Vorstufe Levodopa – auch L-Dopa – ist bei Albinismus ebenfalls entweder gar nicht oder nur in geringer Menge vorhanden. Trotz einer ausreichenden Anzahl an Melanin produzierenden Zellen (Melanozyten) können Betroffene den Farbstoff nicht oder nicht in ausreichendem Maß herstellen.
Vererbung von Albinismus
Bei okulärem Albinismus liegt die Mutation auf dem X-Chromosom vor. Biologisch männliche Personen erkranken öfter und schwerer, weil sie zwei X-Chromosome aufweisen.
Okulokutaner Albinismus wird autosomal-rezessiv vererbt. Hier übertragen beide Elternteile die Mutation auf ihr Kind, sind selbst aber in der Regel gesund. Gene liegen immer paarweise vor. Haben die Elternteile jeweils ein gesundes und ein mutiertes Gen, kann die gesunde Erbanlage die Mutation kompensieren. Nur wenn beide das mutierte Gen an ihr Kind weitergeben, tritt bei diesem Albinismus auf.
Albinismus: Behandlung und Verlauf
Eine ursächliche (kausale) Behandlung von Albinismus ist nicht möglich. Die Erkrankung ist also nicht heilbar. Die Symptome lassen sich jedoch mit Hilfsmitteln kompensieren: Getönte Brillen mit UV-Schutz können die Einschränkungen mindern und schützen die Augen. Brillen mit Sehstärke sowie Sehhilfen wie Lupen unterstützen bei Störungen des Sehvermögens. Regelmäßige augenärztliche Untersuchungen sind ebenso wichtig.
Möglicherweise können Menschen mit Albinismus von der Einnahme der Melanin-Vorstufe Levodopa oder des Wirkstoffs Nitisinon profitieren. Eindeutige Forschungsergebnisse stehen derzeit aber noch aus.
Sonnenschutz bei Albinismus
Mindestens einmal im Jahr ist bei okulokutanem Albinismus ein Hautkrebsscreening angezeigt. Sorgfältigen Sonnenschutz und regelmäßige Kontrolluntersuchungen vorausgesetzt, verringert Albinismus die Lebenserwartung nicht. Es ist wichtig, dass OCA-Betroffene sich vor Sonnenstrahlung schützen, indem sie
- direktes Sonnenlicht meiden und sich vor allem im Sommer draußen möglichst im Schatten aufhalten,
- konsequent Sonnenschutzprodukte anwenden und
- bei Sonne Kleidung mit langen Ärmeln und Beinen sowie Sonnenhüte tragen.
Vitamin-D-Mangel bei Albinismus
Wer Sonneneinstrahlung meidet, hat ein erhöhtes Risiko für Vitamin-D-Mangel. Den Vitalstoff kann der menschliche Organismus selbst bilden. Dafür ist jedoch ausreichend Hautkontakt mit UV-Strahlung notwendig. Betroffene sollten ihren Vitamin-D-Status regelmäßig in der ärztlichen Praxis überprüfen lassen und bei Bedarf in Absprache ein entsprechendes Nahrungsergänzungsmittel einnehmen.
Wie lässt sich Albinismus diagnostizieren?
Um Albinismus zu diagnostizieren, sind zunächst eine hautärztliche, eine körperliche und eine augenärztliche Untersuchung notwendig. In der augenärztlichen Praxis werden etwa eine
- Spaltlampenuntersuchung (Stereoskopie),
- Kontrolle der Sehschärfe,
- Augenhintergrund-Untersuchung (Ophthalmoskopie oder Funduskopie) durchgeführt.
Abhängig von den Ergebnissen sind weitere Maßnahmen zur Diagnose von Albinismus notwendig. Als Goldstandard gilt die Optische Kohärenztomographie (OCT), bei der die Netzhaut abgebildet wird. Weitere mögliche Untersuchungsmethoden sind:
- Visuell evozierte Potentiale (VEP): Bei der VEP werden mithilfe von Elektroden die Hirnströme gemessen, die vom Auge an die Sehrinde geschickt werden. Betroffene müssen dazu mit dem Blick einen Lichtpunkt in einem sich verändernden Schachbrettmuster fixieren.
- Elektroretinographie (ERG): Mithilfe von Elektroden wird die Reaktion auf Lichtblitze gemessen.
- Magnetresonanztomographie (MRT): Dieses bildgebende Verfahren dient in erster Linie dazu, andere mögliche Ursachen für die Symptome auszuschließen.
- Genanalyse