Weit verbreitet, aber falsch: 4 Mythen über Krafttraining bei Frauen
Kraftsport bei Frauen sorgt für einen maskulinen Körper? Die weibliche Brust verkleinert sich und durch 100 Sit-ups am Tag bekommen wir ein Sixpack? Rund um das Thema Kraftsport bei Frauen kursieren zahlreiche Gerüchte. Aber was ist dran an diesen Behauptungen? Wir haben vier der gängigsten Mythen unter die Lupe genommen.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
1. Frauen werden durch Krafttraining maskulin und breit
Viele Frauen befürchten, durch Krafttraining besonders muskulös zu werden und dadurch eine maskuline Figur zu bekommen. Das mag daran liegen, dass sie bei dem Wort "Krafttraining" erst einmal die typische Bodybuilderin vor Augen haben. Hier muss allerdings differenziert werden. Bodybuilding und Krafttraining sind kaum miteinander zu vergleichen.
Bodybuilding wird in der Regel professionell und auf Wettkampfniveau betrieben. Entsprechend hoch ist auch der Zeitaufwand. Wer einen derart muskulösen Körper anstrebt, muss täglich mehrere Stunden Training investieren und zudem streng auf seine Ernährung achten.
Zudem produzieren Männer mehr Testosteron als Frauen. Das ist ein Sexualhormon, das unter anderem für den Muskelaufbau zuständig ist. Aus diesem Grund sind Frauen grundsätzlich gar nicht dazu in der Lage, mit dem selben Trainingsaufwand gleich viel Muskelmasse aufzubauen wie Männer.
2. Durch Bauchmuskeltraining bekommt man ein Sixpack
Eine sehr verbreitete Annahme: Wenn ich eine bestimmte Körperpartie, (etwa den Bauch trainiere) verbrenne ich dort Fett und baue Muskeln auf. Dass durch spezielle Übungen Fettmasse in Muskelmasse umgewandelt wird, ist jedoch ein Mythos. Der Körper ist ein wahres Wunderwerk und kann beispielsweise Kohlenhydrate zu Fett, oder Eiweiße zu Kohlenhydraten umwandeln. Dass Fett zu Muskeln wird, ist jedoch nur ein Wunschdenken. Betrachtet man Fettabbau und Muskelaufbau aus biochemischer Sicht, handelt es sich nämlich um zwei verschiedene Prozesse.
Das bedeutet für die Bauchmuskeln: 100 Sit-ups täglich werden Ihnen leider kein Sixpack bescheren. Voraussetzung für einen durchtrainierten Bauch ist nämlich vor allem ein geringer Körperfettanteil: Und diesen wiederum erreichen Sie nicht nur durch Training, sondern vor allem durch einen strengen Ernährungsplan, der viel Eiweiß und ein Kaloriendefizit vorsieht. Erst, wenn der Körperfettanteil entsprechend gering ist, wird sich in Kombination mit Krafttraining ein Sixpack bilden.
Wichtig: Jeder Körper ist unterschiedlich, und wie schnell die Bauchmuskeln am Ende sichtbar werden, kann individuell variieren. Um einen groben Richtwert zu nennen, zeigt sich ein Sixpack...
- bei Männern, wenn ihr Körperfettanteil bei ca. 10-12 Prozent liegt.
- bei Frauen,wenn ihr Körperfettanteil bei ca. 18-20 Prozent liegt.
Auch, wenn ein tägliches Bauchtraining nicht zu den gewünschten Effekten führt, ist es durchaus sinnvoll, den Rumpf regelmäßig zu trainieren. So kann Bauchtraining zum Beispiel zu einer gesunden Körperhaltung und einer guten Rumpfstabilität beitragen und Rückenschmerzen vorbeugen.
3. Durch Brusttraining verkleinert sich die weibliche Brust
Ein weiteres Gerücht, das immer wieder umgeht: Wenn Frauen Krafttraining betreiben und die Brust trainieren, verkleinert sich diese. Auch hier können wir Entwarnung geben.
Grundsätzlich ist es zwar möglich, dass sich die weibliche Brust durch regelmäßiges Training verkleinert. Dies liegt aber nicht etwa am gezielten Brusttraining, sondern vielmehr daran, dass Sie durch das Krafttraining womöglich ein Kaloriendefizit erreichen. Wenn dies eintritt, wird Fett abgebaut. Und da die weibliche Brust zum Großteil aus Fettgewebe besteht, kann es hier zu einer Verkleinerung kommen. Dieser Effekt ist dann allerdings nicht dem Brusttraining geschuldet, sondern allgemein der Tatsache, dass wir beim Sport Kalorien verbrennen – beim Ausdauertraining allerdings noch mehr als beim Krafttraining.
Wo der Körper zuerst Fett abbaut, ist jedoch von Mensch zu Mensch verschieden und kann nicht gesteuert werden.
Durch gezieltes Brusttraining wird sich Ihre Brust also nicht verkleinern. Vielmehr kann eine ausgeprägte Muskulatur unter dem Brustgewebe dafür sorgen, dass dieser Bereich sogar größer und straffer wird. Doch auch hier gilt: Jeder Körper ist anders!
4. Abnehmen geht nur mit Kardiotraining
Wer abnehmen möchte, muss laufen gehen und auf dem Stepper schwitzen? Nicht unbedingt. Zwar ist der Kalorienverbrauch entscheidend, wenn man an Gewicht verlieren will. Wir nehmen ab, wenn der Kalorienverbrauch höher ist als die Kalorienzufuhr. Da scheint es naheliegend, vor allem auf Ausdauertraining zurückzugreifen. Immerhin sind Laufen, Spinning und Co. echte Kalorienkiller.
Die Sache hat aber einen Haken: Durch reines Ausdauertraining verliert man an Muskelmasse. Wer langfristig abnehmen will, kommt daher um ein regelmäßiges Krafttraining kaum herum. Muskeln aufbauen, um abzunehmen, das erscheint auf den ersten Blick paradox. Je größer die Muskelmasse ist, desto höher ist allerdings auch der Grundumsatz. Das heißt konkret: Wir können mehr essen, ohne zuzunehmen.
Das bedeutet natürlich nicht, dass Sie das Kardiotraining von Ihrem Work-out-Plan streichen müssen. Die Ausdauer zu trainieren hat zahlreiche gesundheitliche Vorteile und kann ideal mit Krafttraining kombiniert werden. Ein reines Ausdauertraining ist zur langfristigen Gewichtsabnahme allerdings weder notwendig noch empfehlenswert.
Fazit: Keine Angst vor Krafttraining
Die gängigen Klischees im Kraftsport sind in Wahrheit nicht als das: Klischees. Dass Frauen möglichst nur Bauch, Beine, Po und Kardio trainieren sollten, ist längst überholt. Immerhin bietet Krafttraining eine Menge Vorteile, die weit über die Ästhetik hinausgehen – für Frauen genauso wie für Männer.
Leider feuern soziale Medien diese Gerüchte häufig noch an, weshalb viele Frauen die Freihantelfläche nach wie vor meiden. Aber mal im Ernst: Wenn es wirklich so einfach wäre, schnell zum Muskelprotz zu werden, würden dann nicht ganze Industrien verschwinden?