Gewichtsdecke: Schluss mit schlaflosen Nächten?
Das Wohlbefinden steigern, Stress abbauen, besser schlafen: Gewichtsdecken wurden ursprünglich bei Depressionen, Autismus und Demenz eingesetzt. Mittlerweile kommen die bis zu 13 Kilogramm schweren Bettdecken aber auch außerhalb des medizinischen Bereichs zur Anwendung. Lesen Sie hier, ob das Trendprodukt hält, was es verspricht.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
Was sind Gewichtsdecken?
Gewichtsdecken, auch als Therapie- oder Gravity-Decken bekannt, sind Bettdecken, die vergleichsweise schwer sind und dadurch entspannend und beruhigend wirken sollen. Sie sind in verschiedenen Gewichtsabstufungen erhältlich, die in der Regel von 7 Kilogramm bis 13 Kilogramm reichen.
Welches Gewicht ist das richtige?
Welches Gewicht sich eignet, hängt sowohl vom individuellen Empfinden als auch vom eigenen Körpergewicht ab. Empfohlen wird ein Deckengewicht, das rund 10 bis 12 Prozent des eigenen Körpergewichts entspricht. Bei einer Person, die 65 Kilogramm wiegt, würde das also 7 Kilogramm entsprechen. Daneben gibt es auch Gewichtsdecken für Kinder, die rund 3 bis 5 Kilogramm wiegen.
Je nach Hersteller und Modell können Therapiedecken variieren: Bei dem Gewichtsmaterial handelt es sich in der Regel um Sand oder kleine Glas- oder Edelstahlkügelchen. Die Decke selbst besteht aus einzelnen Quadraten, auch "Kassetten" genannt, sodass sich das Füllmaterial gleichmäßig verteilt und nicht verrutscht.
Tipp: Anfangs kann es sich noch ungewohnt anfühlen, eine Gewichtsdecke zu verwenden. Machen Sie sich Schritt für Schritt mit der Decke vertraut, indem Sie sie erst einmal tagsüber oder abends, etwa auf der Couch, verwenden.
Was kosten Gewichtsdecken?
Die Preisspanne von Gewichtsdecken bewegt sich in der Regel zwischen 100 und 250 Euro. Hier sollten Sie allerdings beachten, dass im Deckenpreis meist nicht der Bettbezug enthalten ist. Dieser muss auf jeden Fall dazugekauft werden, normale Bezüge eignen sich nicht. Bettbezüge für Therapiedecken sind am äußeren Rand nämlich mit speziellen Schlaufen versehen, die dafür sorgen, dass die Decke trotz des Gewichts nicht verrutscht.
Bislang gibt es noch nicht viel Auswahl, was die Bettbezüge für Gewichtsdecken betrifft. Die meisten Bezüge sind schlicht und einfarbig. Wer Wert auf stilvolle Bettwäsche legt, wird sich also noch ein wenig gedulden müssen. Alternativ können Sie auch ihre normale Bettdecke über die Therapiedecke legen.
Wird die Gewichtsdecke von der Krankenkasse übernommen?
Die meisten Krankenkassen übernehmen die Kosten für Gewichtsdecken bislang nicht. Aufgrund unzureichender wissenschaftlicher Belege wird die Decke nicht im sogenannten Hilfsmittelkatalog aufgeführt.
Was sollen Gewichtsdecken bewirken?
Ursprünglich wurden Gewichtsdecken vor allem angewendet bei
Doch längst kommen Therapiedecke auch in anderen Bereichen zur Anwendung. Hersteller werben zum Beispiel damit, dass Gewichtsdecken
- einen positiven Einfluss auf die Schlafdauer und -qualität haben,
- Stress abbauen,
- die Konzentration fördern,
- entspannend und beruhigend wirken
- und allgemein zu einem besseren Wohlbefinden beitragen.
Das Gewicht der Decke soll für ein angenehmes Gefühl der Beschwerung sorgen, das von Herstellern als eine "sanfte Umarmung" beschrieben wird. Denn der Druck, der durch das Gewicht auf den Körper einwirkt, vermittelt dem Gehirn das gleiche Signal, das auch bei körperlichen Berührungen entsteht.
Die Decke schmiegt sich zudem an den Körper an, was bewirken soll, dass man sich weniger hin- und herwälzt. Das wiederum soll körperlicher Unruhe entgegenwirken und somit die Schlafqualität verbessern.
Weiterhin soll der sanfte Druck der Gewichtsdecke zur Ausschüttung des Glückshormons Serotonin und des Schlafhormons Melatonin beitragen. Gleichzeitig wird weniger Cortison – das sogenannte Stresshormon – freigesetzt. Diese Kombination soll den Körper in einen Zustand völliger Entspannung versetzen.
Gibt es Nebenwirkungen?
Die Vorstellung, sich unter eine mehrere Kilogramm schwere Bettdecke zu legen, mag für den ein oder anderen beängstigend klingen. So könnte man befürchten, dass es zu einem Gefühl der Beengung, Platzangst, Atemnot oder zu einem Hitzestau kommt.
Diese Bedenken sind laut Hersteller allerdings unnötig. Die Decken sind nämlich so konzipiert, dass sich das Gewicht gleichmäßig auf die gesamte Fläche verteilt und dadurch nicht erdrückend wirkt. Zudem ist es trotz des Gewichts gut möglich, sich uneingeschränkt zu bewegen. Auch Hitzewallungen sind nicht zu befürchten, da die Decken vergleichsweise dünn sind.
Faktencheck: Was sagt die Wissenschaft?
Bislang ist die Studienlage zur Wirkung von Gewichtsdecken recht dünn. Dies liegt womöglich auch daran, dass einige Kriterien – etwa das Wohlbefinden einer Person – schwer messbar sind. Zwar gibt es einige Studien, die den Effekt von Therapiedecken untersuchen. Diese sind aber nur bedingt aussagekräftig, etwa aufgrund zu kleiner Probandenzahlen, fehlender Kontrollgruppen oder weil sie von Herstellern selbst in Auftrag gegeben wurden.
Studienlage bislang nicht ausreichend
Eine Studie wurde beispielsweise in einer psychiatrischen Klinik durchgeführt: 30 Erwachsene, die an einer Angststörung litten, schliefen über einen bestimmten Zeitraum mit einer 13 Kilogramm schweren Gewichtsdecke. Als Ergebnis wurde festgehalten, dass sich 91 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer durch die Verwendung der Decke entspannter fühlen. Bei 63 Prozent reduzierten sich zudem die Angstsymptome.
Eine weitere Studie erforschte die Wirksamkeit von Therapiedecken bei Kindern mit Autismus. In diesem Rahmen wurde vor allem untersucht, inwieweit die Decke sich auf die Schlafdauer auswirkte. Hier konnte allerdings kein Zusammenhang zwischen Gewichtsdecke und Schlafdauer festgestellt werden Wie sich die Decke auf die Schlafqualität auswirkte, wurde nicht erforscht.
Der Frage nach der Schlafqualität widmeten sich hingegen Forscherinnen und Forscher in einer anderen Studie. Hier konnte nachgewiesen werden, dass sich die teilnehmenden Probandinnen und Probanden unter der Gewichtsdecke weniger bewegten, was wiederum als Indikator für eine bessere Schlafqualität gewertet wurde.
Nicht zu unterschätzen sein dürfte zudem der Placebo-Effekt, der von derlei therapeutischen Hilfsmitteln ausgehen kann – zumal Gewichtsdecken aktuell in aller Munde sind und erfolgreich beworben werden. Um verbindliche Aussagen zur Wirksamkeit von Gewichtsdecken treffen zu können, fehlt es allerdings an weiteren Forschungen.