Folsäure: Folat ist nicht nur in der Schwangerschaft wichtig
Folsäure ist wichtig für die Zellteilung, die Blutbildung und Wachstumsprozesse im Körper. Doch viele Menschen sind nicht ausreichend mit dem B-Vitamin versorgt. Welche Anzeichen ein Mangel haben kann und warum Folsäure in der Schwangerschaft besonders wichtig ist, lesen Sie hier.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
Was ist Folsäure?
Der Begriff Folat bezeichnet natürliche Folsäureverbindungen, die in Lebensmitteln vorkommen – der Begriff Folsäure steht dagegen strenggenommen nur für künstlich hergestellte Folsäure. Meist werden die Begriffe jedoch synonym verwendet.
Wirkung von Folat: Wofür ist Folsäure im Körper wichtig?
Folsäure (Vitamin B9) ist wichtig für verschiedene Stoffwechselprozesse im Körper. Sie ist beispielsweise beteiligt an der Zellteilung und der Neubildung von Zellen, der Blutbildung und Wachstumsprozessen im Körper. Außerdem trägt Folsäure dazu bei, dass die Aminosäure Homocystein im Körper abgebaut wird. Ein hoher Homocysteinspiegel steht in Zusammenhang mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Folsäure wirkt zudem als Antioxidans und trägt somit dazu bei, den Körper vor oxidativem Stress zu schützen.
Steckbrief Folsäure
- Täglicher Bedarf: Erwachsene = 300 µg, Schwangere = 550 µg, Stillende = 450 µg
- Funktion & Wirkung: Blutbildung, Eiweiß- und Fettstoffwechsel, Zellteilung und -entwicklung, DNA-Aufbau, Abbau der Aminosäure Homocystein
- Mangelerscheinungen: Müdigkeit, Magen-Darm-Beschwerden, depressive Verstimmungen, Reizbarkeit, Konzentrationsprobleme, Mundschleimhautentzündung, erhöhte Risiken für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlaganfall, Herzinfarkt
- Vorkommen: Grünes Gemüse, Hülsenfrüchte, Nüsse, Vollkornprodukte, Eigelb, Leber, Weizenkeime, Sojabohnen
- Tipp: Gemüse dämpfen oder nur kurz und mit wenig Wasser kochen. So bleibt das hitze- und lichtempfindliche Vitamin am besten erhalten. Auch langes Lagern der Lebensmittel verringert die Folsäurekonzentration.
Wie viel Folsäure am Tag ist nötig?
Jugendliche und Erwachsene sollten pro Tag möglichst 300 Mikrogramm (µg) beziehungsweise 0,3 Milligramm (mg) Folsäure mit der Nahrung aufnehmen.
Grundsätzlich lässt sich der tägliche Bedarf an Folsäure über eine ausgewogene Ernährung decken. Allerdings essen die wenigsten Menschen genug frisches Gemüse und Vollkornprodukte: Etwa vier von fünf Menschen schaffen es nicht, ihren Tagesbedarf an Folsäure alleine durch den Verzehr normaler, nicht angereicherter Lebensmittel zu decken.
Was sind Folat-Äquivalente?
Der Begriff Folat-Äquivalent dient dazu, die in der natürlichen Nahrung enthaltene Folsäure mit synthetisch hergestellter Folsäure vergleichen zu können. Denn der Körper kann das Folat aus der Nahrung nicht zu 100 Prozent aufnehmen. Künstliche Folsäure ist dagegen besser verfügbar. Deshalb gilt: 1 Mikrogramm Folat-Äquivalent entspricht 1 Mikrogramm Nahrungsfolsäure (Folat) oder 0,5 Mikrogramm synthetischer Folsäure.
Täglicher Bedarf an Folat / Folsäure
Alter | Referenzwerte in µg (Mikrogramm) |
0–4 Monate | 60 |
4–8 Monate | 80 |
1–4 Jahre | 120 |
4–7 Jahre | 140 |
7–10 Jahre | 180 |
10–13 Jahre | 240 |
13 Jahre und älter | 300 |
Schwangere | 550 |
Stillende | 450 |
Wann sind Folsäure-Tabletten nötig?
Besteht ein erhöhter Bedarf, etwa in der Schwangerschaft, kann es nötig sein, Folsäure in Form von Tabletten einzunehmen. Auch wer aus anderen Gründen einen Folsäuremangel hat und den Bedarf auf natürliche Weise nicht decken kann, sollte möglicherweise nach ärztlicher Absprache Nahrungsergänzungsmittel mit Folsäure einnehmen.
Aber Achtung: Einige Folsäurepräparate sind zusätzlich mit Jod angereichert. Insbesondere Menschen mit Schilddrüsenunterfunktion sollten daher ärztliche Rücksprache halten, wie viel Folsäure in welcher Form eingenommen werden soll.
Folsäure: Nebenwirkungen und Überdosierung
Fachleute empfehlen, nicht mehr als 1.000 Mikrogramm (entspricht 1 Milligramm) synthetische Folsäure pro Tag zu sich zu nehmen. Ein Überschuss an Folsäure kann unter anderem die Symptome verschleiern, die bei einem Vitamin-B-Mangel entstehen. Hierzu zählen neurologische und Magen-Darm-Beschwerden.
Nebenwirkungen treten bei Folsäure nur bei einer zu hohen Dosierung eines Folsäurepräparats auf. Bei langfristiger Überdosierung kann es etwa zu Schlafstörungen, Depressionen und Magen-Darm-Beschwerden kommen.
Wie macht sich ein Mangel an Folsäure bemerkbar?
Folsäure gelangt aus der Nahrung über die Schleimhaut des Dünndarms ins Blut und zu den Organen. Der Körper kann nur sehr geringe Mengen Folsäure speichern, den Großteil davon in der Leber. Wird keine Folsäure mehr nachgeliefert, reicht der Vorrat im Körper für etwa drei bis vier Monate aus. Dann kann es zu einem Folsäuremangel kommen.
Ein Folsäuremangel kann zahlreiche Beschwerden und Folgen mit sich bringen:
- Müdigkeit
- Magen-Darm-Beschwerden
- depressive Verstimmungen
- Mundschleimhautentzündungen
- Reizbarkeit
- Konzentrationsschwäche
- Gewichtsverlust
- Mangel an Blutplättchen (Thrombozytopenie)
- Wachstumsstörungen
- Fruchtbarkeitsstörungen
- Demenz
- Frühgeburt
- eine in Deutschland äußerst seltene Form der Blutarmut, die megaloblastische Anämie
Folsäure beteiligt sich unter anderem an der Bildung von Schleimhäuten und Blutkörperchen. Da sich diese Gewebe fortlaufend erneuern und Folsäure wichtig für die Zellteilung ist, führt eine unzureichende Zufuhr zu Beschwerden. So verheilen zum Beispiel Verletzungen der Schleimhäute bei einem Folsäuremangel langsamer.
Wie lässt sich ein Folsäuremangel nachweisen?
Ob ein Folsäuremangel besteht, lässt sich über Blutuntersuchungen feststellen. Bereits nach zwei bis drei Wochen, in denen man zu wenig Folsäure aufgenommen hat, sinkt die sogenannte Plasmafolsäure im Blut. Eine kurzfristige Aufnahme von Folsäure kann diesen Wert jedoch verfälschen. Als guter Langzeitmarker eignet sich das in den roten Blutkörperchen enthaltene Folat: Seine Konzentration sinkt, wenn die Unterversorgung mit Folsäure etwa drei bis vier Monate andauert.
Risikogruppen für Folsäuremangel
Besonders gefährdet für einen Folsäuremangel sind:
- Menschen, die übermäßig viel Alkohol trinken
- Raucher*innen
- Frauen, die die Antibabypille nehmen
- Schwangere
- Stillende
- Menschen mit Magen-Darm-Erkrankungen, z. B. chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED) wie Morbus Crohn
- Menschen mit chronischen Blutungen
- Menschen mit Lebererkrankungen
- Menschen, die auf eine Dialyse (Blutwäsche) angewiesen sind
- Personen mit Vitamin-B-Mangel
Langzeitfolgen eines Folsäuremangels
Folsäure senkt die Konzentration eines Eiweißbausteins namens Homocystein im Blut. Besteht ein Folsäuremangel, steigt die Homocysteinkonzentration. Dies begünstigt Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie beispielsweise Gefäßverkalkung (Arteriosklerose) und deren Folgen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall.
Allerdings gibt es keine überzeugenden Belege, dass die zusätzliche Einnahme von Folsäure diese Krankheiten verhindern kann. Es wird daher nicht empfohlen, Folsäure im Hinblick auf diese Herz-Kreislauf-Krankheiten vorbeugend einzunehmen.
Was tun gegen Folsäuremangel?
Liegt dem Folsäuremangel eine Ursache wie chronischer Alkoholkonsum, eine ungesunde Ernährungsweise oder eine Erkrankung zugrunde, sollte diese beseitigt beziehungsweise behandelt werden. Nach ärztlicher Absprache können außerdem folsäurehaltige Präparate zum Einsatz kommen.
Bei der Behandlung von Tumoren wird in manchen Fällen mit Medikamenten (Folsäure-Antagonisten) ein künstlicher Folsäuremangel hervorgerufen, um das Gewebe des Tumors zu schädigen. Der Tumor ist anfälliger für den Folsäuremangel, da seine Zellen schneller wachsen als das übrige Gewebe. Dadurch wird er stärker geschädigt.
Folsäure in der Schwangerschaft und bei Kinderwunsch
In der Schwangerschaft ist eine ausreichende Versorgung mit Folsäure besonders wichtig. Denn der Embryo benötigt Folsäure, damit sich das Neuralrohr – eine Struktur, aus der sich das zentrale Nervensystem des Kindes entwickelt – richtig schließt. Dies geschieht innerhalb der ersten vier Wochen der Schwangerschaft. Daher gilt für schwangere und stillende Frauen eine empfohlene Folsäurezufuhr von 450 bis 550 Mikrogramm statt 300 Mikrogramm pro Tag.
Kommt es in der Frühschwangerschaft zu einem Folsäuremangel, steigt das Risiko, dass sich das Nervensystem des Kindes nicht richtig entwickelt – es kann zu einem Neuralrohrdefekt (Spina bifida) kommen. Hierbei handelt es sich um eine Fehlbildung an der Wirbelsäule und dem Rückenmark des Kindes, die häufig als "offener Rücken" bezeichnet wird. Im schlimmsten Fall ist auch eine Anenzephalie möglich. Dabei führt der Neuralrohrdefekt dazu, dass Schädeldach und Großhirn teilweise oder gänzlich fehlen.
Schon bei Kinderwunsch mit Einnahme von Folsäure beginnen
Um zu Beginn der Schwangerschaft ausreichend mit Folsäure versorgt zu sein, sollten bereits Frauen mit Kinderwunsch zusätzlich zu einer folatreichen Nahrung Folsäurepräparate mit einer Tagesdosis von 400 Mikrogramm einnehmen.
Diese zusätzliche Einnahme von Folsäure sollte mindestens bis zum Ende des ersten Drittels der Schwangerschaft beibehalten werden. Auch in der späteren Schwangerschaft und der Stillzeit sind Folsäurepräparate nach ärztlicher Absprache sinnvoll.
Lebensmittel mit Folsäure
Folsäure beziehungsweise Folat kommt vor allem in pflanzlichen Lebensmitteln wie grünem Blattgemüse vor. In einigen Ländern sind Grundnahrungsmittel wie Mehl mit Folsäure angereichert. In Deutschland ist dies nur bei einigen Lebensmitteln, wie etwa manchen Säften, der Fall.
Lebensmittel mit besonders viel Folsäure
Produktgruppe | Lebensmittel |
Tierische Produkte, Milchprodukte |
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Getreide & Getreideprodukte |
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Gemüse |
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Obst |
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Hülsenfrüchte |
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Nüsse & Samen |
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