Transferrin: Was bedeuten hohe und niedrige Werte?
Transferrin ist ein Stoff, der Eisen durch die Blutbahn transportiert. Mithilfe des Transferrinwerts lässt sich die sogenannte Transferrinsättigung berechnen. Diese gibt an, ob der Körper ausreichend mit Eisen versorgt ist. Hier erfahren Sie, was eine erniedrigte oder erhöhte Transferrinsättigung bedeuten kann und welche Symptome dabei auftreten können.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
Was ist Transferrin?
Transferrin ist ein Eiweiß, das in der Leber gebildet wird. Es ist dafür zuständig, Eisen zu binden und zu den Zellen zu bringen. Zellen tragen auf ihrer Hülle spezielle Eiweiße, mit denen sie Transferrin erkennen, binden und aufnehmen können. Diese Eiweiße nennt man Transferrin-Rezeptoren. Wenn eine Zelle Eisen braucht, bildet sie vermehrt Transferrin-Rezeptoren auf ihrer Oberfläche aus. So kann sie mehr Transferrin "abfangen" und dadurch entsprechend mehr Eisen aufnehmen.
Eisen spielt unter anderem für die Sauerstoffversorgung des Körpers eine wichtige Rolle: Mithilfe von Eisen binden die roten Blutkörperchen Sauerstoff und transportieren ihn zu den Organen. Eisen ist außerdem ein Baustein verschiedener Enzyme. Enzyme sind Eiweiße, die lebenswichtige chemische Vorgänge im Körper ermöglichen oder beschleunigen.
Der Transferrinwert lässt sich durch eine Blutuntersuchung bestimmen. Gemessen wird er zum Beispiel, wenn bei einem Patienten Verdacht auf einen Eisenmangel besteht: Mangelt es dem Körper an Eisen, bildet die Leber vermehrt Transferrin. Der Transferrinwert steigt also und liegt dann über dem Normwert.
Der Transferrin-Normwert liegt für Erwachsene bei 200 bis 360 Milligramm Transferrin pro Deziliter (also pro 100 Milliliter) Blut.
Um einen Eisenmangel festzustellen, reicht der Transferrinwert allerdings nicht aus. Ärztinnen und Ärzte ermitteln dazu auch noch andere Laborwerte wie:
- Erythrozyten-Werte (Zahl der roten Blutkörperchen)
- MCV-/MCH-Werte (geben Auskunft über den Zustand der roten Blutkörperchen)
- Ferritin
- Transferrinsättigung
- Eisengehalt des Blutes (Serumeisen)
- löslicher Transferrinrezeptor (sTfR)
Der Eisengehalt allein sagt wenig darüber aus, ob der Körper ausreichend mit Eisen versorgt ist oder nicht. Der Eisengehalt des Blutes schwankt im Tagesverlauf. Wichtig ist der Eisenwert trotzdem: Aus Eisenwert und Transferrinwert lässt sich die Transferrinsättigung berechnen. Diese ist für die Diagnose eines Eisenmangels von entscheidender Bedeutung.
Transferrin zu hoch oder zu niedrig
Ist der Transferrin-Wert zu hoch, deutet das meist auf einen Eisenmangel hin: Die Leber produziert mehr Transferrin, wenn der Körper nicht ausreichend mit Eisen versorgt ist.
Ein niedriger Transferrin-Wert kann auf eine akute oder chronische Entzündung hindeuten. Bei Entzündungen sinkt der Gehalt an Transferrin im Blut.
Weitere mögliche Ursachen für einen niedrigen Transferrin-Wert sind:
- Leberzirrhose: Die Entzündung in der Leber führt dazu, dass der Transferringehalt sinkt. Hinzu kommt, dass die geschädigte Leber ihre Aufgaben nicht mehr wie gewohnt erfüllen kann. Dazu zählt unter anderem die Bildung von Transferrin.
- Krebserkrankungen
- Nierenerkrankungen und andere Erkrankungen, bei denen der Körper vermehrt Eiweiße verliert – und dadurch auch Transferrin
Seltener führt eine zu große Menge an Eisen im Körper zu einem erniedrigten Transferrinwert. Das kann etwa bei der sogenannten Eisenspeicherkrankheit (Hämochromatose) der Fall sein. Bei dieser erblich bedingten Erkrankung nimmt der Körper zu viel Eisen auf. Dieses sammelt sich dann unter anderem in Leber, Bauchspeicheldrüse, Gelenken, Herzmuskel und Hirnanhangsdrüse.
Transferrinsättigung: Bedeutung & Normwert
Die Transferrinsättigung gibt an, wie viel des im Blut enthaltenen Transferrins mit Eisen beladen ist. Der Normwert für die Transferrinsättigung beträgt 16 bis 45 Prozent. Das heißt: Bei einem gesunden Erwachsenen sind 16 bis 45 Prozent der im Blut enthaltenen Transferrin-Teilchen mit Eisen beladen. Dieser Wert gilt für Frauen und für Männer.
Die Transferrinsättigung lässt sich aus dem Transferrinwert und dem Eisengehalt im Blut berechnen. Die Formel dafür lautet:
Eisengehalt (μg/dl) / Transferrin (mg/dl) x 71,2 = Transferrinsättigung in %
Das heißt: Man teilt den Wert für den Eisengehalt (angegeben in Mikrogramm pro Deziliter, kurz μg/dl) durch den Transferrinwert (angegeben in Milligramm pro Deziliter, mg/dl). Das Ergebnis multipliziert man mit 71,2. So erhält man die Transferrinsättigung in Prozent.
Transferrinsättigung zu niedrig
Ist der Wert für die Transferrinsättigung erniedrigt, bedeutet das, dass ein zu hoher Anteil des im Blut enthaltenen Transferrins nicht mit Eisen beladen ist. Die Ursache ist in der Regel ein Eisenmangel.
Wenn es dem Körper an Eisen mangelt, bildet die Leber vermehrt Transferrin. Dadurch sinkt die Transferrinsättigung: Da zu wenig Eisen vorhanden ist, kann nur ein kleiner Teil des zusätzlichen Transferrins mit Eisen beladen werden. Es kommt somit ein niedrigerer Anteil des im Blut enthaltenen Transferrins in gesättigter – also beladener – Form vor.
Eisenmangel kommt recht häufig vor. Er entsteht meist durch Blutungen (z. B. bei der Menstruation) oder Mangelernährung. Normalerweise kann der Körper Blutverluste ausgleichen, indem er neues Blut bildet. Dafür braucht er jedoch Eisen, weil Eisen ein wichtiger Baustein roter Blutkörperchen ist. Steht weniger Eisen zur Verfügung, kann der Körper entsprechend weniger Blut bilden. Die Folge ist eine sogenannte Eisenmangelanämie, also eine durch Eisenmangel bedingte Blutarmut. Diese äußert sich unter anderem durch Schlappheit, Erschöpfung, Blässe, Mundwinkelrhagaden und Aphthen.
Transferrinsättigung erniedrigt: Behandlung
Da eine zu niedrige Transferrinsättigung meist Anzeichen für einen Eisenmangel ist, besteht die Behandlung darin, den Mangel auszugleichen. Dazu kann die Ärztin oder der Arzt Eisenpräparate verschreiben. Außerdem sollte die oder der Betroffene darauf achten, reichlich Eisen mit der Nahrung zu sich zu nehmen. Ein guter Eisenlieferant ist Fleisch. Es gibt aber auch gesunde pflanzliche Eisenquellen wie Vollkornbrot, Kichererbsen, Erbsen und Linsen.
Welche Maßnahmen darüber hinaus helfen können, hängt von der Ursache des Mangels ab. Hat eine Erkrankung zu einem größeren Blutverlust geführt, ist eine gezielte Behandlung wichtig. Zur Therapie von Magengeschwür (Ulcus ventriculi)Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwüren, die Blutungen im Magen-Darm-Trakt verursachen können, kommen meist Medikamente wie Protonenpumpenhemmer zum Einsatz.
Hat eine Patientin oder ein Patient bei einem Unfall oder einer Operation sehr viel Blut verloren, kann eine Bluttransfusion nötig werden.
Weitaus häufiger tritt Eisenmangel als Folge starker Monatsblutungen auf. Manchmal entstehen diese durch Wucherungen in der Gebärmutterschleimhaut oder -muskulatur. Diese sogenannten Polypen oder Myome lassen sich operativ entfernen. Es gibt aber auch andere mögliche Gründe für starke Regelblutung, die sich nicht ohne Weiteres beseitigen lassen. In diesem Fall können hormonelle Mittel wie die Antibabypille die Blutung abschwächen. Notwendig ist das jedoch nicht. Wenn die Betroffene nicht zu stark unter den Blutungen leidet, kann sie den Eisenmangel auch ausgleichen, indem sie regelmäßig eisenhaltige Lebensmittel isst und Eisenpräparate einnimmt.
Zu Eisenpräparaten und eisenreicher Kost raten Ärztinnen und Ärzte meist auch schwangeren und stillenden Frauen. Sowohl in der Schwangerschaft als auch in der Stillzeit ist der Eisenbedarf erhöht, sodass es leicht zu einem Eisenmangel kommen kann.
Transferrinsättigung zu hoch
Eine zu hohe Transferrinsättigung deutet auf einen Überschuss an Eisen hin. Ist im Körper mehr Eisen vorhanden als nötig, wird mehr Transferrin mit Eisen beladen als es bei normalen Eisenwerten der Fall wäre. Der Anteil des gesättigten Transferrins ist also höher. Ärztinnen und Ärzte sprechen auch von einer "Eisenüberladung des Körpers". Vorkommen kann diese etwa
- bei der Eisenspeicherkrankheit oder
- nach zu häufigen Bluttransfusionen.
Ein anderer möglicher Grund für eine zu hohe Transferrinsättigung ist eine Lebererkrankung, die dazu führt, dass die Leber weniger Transferrin bildet. Das Eisen verteilt sich dann auf das wenige verbleibende Transferrin. Insgesamt kommt somit ein größerer Anteil von Transferrin in gesättigter Form vor.
Transferrinsättigung zu hoch: Symptome
Welche Symptome bei einer erhöhten Transferrinsättigung auftreten, hängt davon ab, was zu dem Eisenüberschuss im Körper geführt hat. Ist eine Eisenspeicherkrankheit die Ursache, sind folgende Symptome typisch:
- Gelenkschmerzen
- bronzefarbene Verfärbung der Haut
- Potenzstörungen bei Männern
- Leberzirrhose
- Diabetes mellitus
- Herzmuskelentzündung
- Störungen im Hormonhaushalt