Meningokokken-Impfung: Aktuelle Impfempfehlungen der STIKO
Meningokokken sind Bakterien, die von Mensch zu Mensch übertragen werden und sowohl eine Hirnhautentzündung als auch eine Blutvergiftung auslösen können. Beide Erkrankungen treffen vor allem Babys und Kleinkinder und können im schlimmsten Fall tödlich enden. Es gibt jedoch Impfungen gegen bestimmte Serogruppen von Meningokokken wie Typ B und C, die diese Infektionen verhindern können. Mehr zu aktuellen Impfempfehlungen und potenziellen Nebenwirkungen lesen Sie hier.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
Meningokokken-Impfung: Schutz vor schweren Erkrankungen
Meningokokken sind Bakterien der Gattung Neisseria meningitidis. Anhand kleiner Unterschiede in ihrer äußeren Struktur unterteilt man diese Bakterien in mehrere Serotypen (bezeichnet mit den Buchstaben A, B, C, X, Y, Z, E, W, H, I, K und L). Lange wurden die Erkrankungen in den meisten Ländern vor allem durch die Serogruppe B ausgelöst. Im Laufe der letzten Jahre nahmen allerdings auch die Erkrankungsfälle durch die Serogruppen A, C, Y und W zu.
In Deutschland entstehen die meisten Meningokokken-Infektionen durch
- Serogruppe B (ca. 65 bis 70 Prozent) und die
- Serogruppen C, W und Y (ca. 10 bis 15 Prozent).
Andere Serogruppen werden in Deutschland äußerst selten beobachtet. Jährlich kommt es pro 1 Million Menschen insgesamt zu etwa 4 Infektionen. Das Bakterium kann insbesondere zwei Erkrankungen auslösen:
- eitrige Hirnhautentzündung (Meningitis)
- bakterielle Blutvergiftung (Meningokokken-Sepsis)
In einigen Fällen treten die Infektionen gleichzeitig auf. Die Ansteckung erfolgt meist über eine Tröpfcheninfektion, also etwa beim Niesen, Husten, Sprechen oder auch bei direktem Kontakt wie Küssen. In einigen Fällen werden die Erreger auch als Schmierinfektion übertragen.
Meningokokken-B-Impfung: STIKO-Empfehlungen
Meningokokken-B-Erkrankungen sind zwar selten, ihr Verlauf aber schwerwiegend. Im ersten Lebensjahr ist das Infektionsrisiko am höchsten. Die Sterblichkeitsrate beträgt etwa 8 Prozent, mit den meisten Todesfällen bei Säuglingen und Kleinkindern. Kinder über 5 sowie Jugendliche und Erwachsene sind deutlich seltener betroffen. Bei Überlebenden kann es zu Langzeitfolgen wie Hydrozephalus, Hörverlust, Epilepsie und anderen Beeinträchtigungen kommen.
Schon lange fordern Kinderärzt*innen deshalb eine Impfempfehlung für alle Kinder. Jetzt ist sie da: Die STIKO empfiehlt seit Januar 2024, alle Säuglinge ab einem Lebensalter von zwei Monaten mit einer Standardimpfung gegen Meningokokken der Serogruppe B (MenB) zu impfen. Bei Kleinkindern bis zum 5. Lebensjahr wird eine Nachholimpfung empfohlen. Für Kinder ab fünf Jahren liegt derzeit keine Impfempfehlung vor, da das Erkrankungsrisiko in dieser Altersgruppe deutlich niedriger ist. Individuelle Impfentscheidungen sind nach ärztlicher Rücksprache möglich. Seit Mai 2024 übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für die Meningokokken-B-Impfung.
MenB-Impfung mit Bexsero©
Die Immunisierung erfolgt mit dem Protein-basierten Vierkomponenten-Impfstoff 4CMenB (Bexsero©). Das Vakzin ist sehr wirksam und bietet einen guten Schutz gegen diverse in Deutschland zirkulierende MenB-Stämme. Weniger als 20 Prozent der MenB-Stämme deckt das Vakzin jedoch nicht ab. Wie lange die Impfwirkung anhält, ist bisher nicht bekannt.
Empfohlener Impfplan: 2+1-Schema (im Alter von 2, 4 und 12 Monaten), eine Anpassung für Frühgeborene ist nicht nötig.
Der Impfstoff Bexsero© ist sicher, allerdings sind verschiedene Nebenwirkungen möglich. Folgende Reaktionen treten häufig auf, lassen aber meist nach wenigen Tagen wieder nach:
- leichtes Fieber
- Appetitlosigkeit
- Reizbarkeit
- Schläfrigkeit
- allgemeines Krankheitsgefühl
- Gelenkschmerzen und Nackensteifigkeit
- örtliche Reaktionen wie Schwellung und Rötung an der Einstichstelle
Zu schweren Komplikationen kommt es bisher wenn überhaupt nur sehr selten. In Kanada wurde ein gehäuftes Auftreten des nephrotischen Syndroms mit der Immunisierung in Zusammenhang gebracht. Eine großangelegte Untersuchung in Großbritannien konnte dies jedoch nicht bestätigen. Fachleute sind also unsicher, ob die Impfung überhaupt zu schwerwiegenden Impfreaktionen führt.
STIKO empfiehlt Mehrfachimpfungen
Es ist ratsam, die Meningokokken-B-Impfung mit den anderen empfohlenen Impfungen zusammenzulegen. So kann ein möglichst früher Immunschutz erreicht werden und es sind weniger Impftermine nötig. Folgende Kombinationen sind ratsam:
- 1. und 2. Impfstoffdosis 4CMenB (Bexsero©) mit der Sechsfach-Impfung (DTaP-IPV-Hib-HepB), der Pneumokokken-Konjugatimpfung (PCV13 oder PCV15) und der Rotavirus-Schluckimpfung
- 3. Dosis 4CMenB (Bexsero©) mit der MenC-Konjugatimpfung (MCV)
Mehrfachimpfungen beeinträchtigen die Wirkung der einzelnen Vakzine nicht, allerdings kann es zu einer stärkeren Impfreaktion kommen. Deshalb empfiehlt die STIKO prophylaktisch eine Paracetamol-Verabreichung zeitgleich oder unmittelbar nach der Immunisierung für Kinder unter 2 Jahren.
Meningokokken-C-Impfung: STIKO-Empfehlungen
Die Meningokokken-C-Impfung (MenC-Impfung) schützt vor Erkrankungen durch C-Meningokokken. In Deutschland stehen verschiedene Konjugatimpfstoffe zur Verfügung:
- Drei Einzelimpfstoffe bzw. monovalente Impfstoffe gegen die Serogruppe C, die in Deutschland ab dem Alter von 2 Monaten zugelassen sind, sowie
- zwei Vierfach-Impfstoffe bzw. quadrivalente Impfstoffe gegen die Serogruppen A, C, W und Y, die ab dem Alter von 6 Wochen bzw. 2 Jahren zugelassen sind.
Wurde die Impfung verpasst, sollte sie bis zum vollendeten 17. Lebensjahr (also vor dem 18. Geburtstag) nachgeholt werden.
Was ist ein Konjugatimpfstoff?
Bei einem Konjugatimpfstoff sind gereinigte Bruchstücke der Bakterienhülle – dabei handelt es sich um Mehrfachzucker beziehungsweise Polysaccharide – an Trägereiweiße gebunden (konjugiert). Konjugate gelten als vorteilhafter als die früher ebenfalls verwendeten reinen Polysaccharidimpfstoffe ohne Trägereiweiße.
- Der Impfschutz hält länger an.
- Das Immunsystem bildet ein immunologisches Gedächtnis aus.
- Die Zahl der Meningokokken-Träger verringert sich: Einige Menschen tragen die Bakterien unbemerkt in sich, ohne daran zu erkranken. Sie können aber andere Menschen anstecken. Eine MenC-Impfung mit Konjugatimpfstoff schützt nicht nur vor Erkrankungen durch Meningokokken der Serogruppe C, sondern verhindert auch, dass die Bakterien den Nasen-Rachen-Raum besiedeln.
STIKO-Empfehlungen zur Meningokokken-Impfung für Risikogruppen
Für Personen mit einem erhöhten Erkrankungsrisiko oder bestimmten Arbeitsbedingungen weicht die STIKO von ihren allgemeinen Impfempfehlungen ab. Die Tabelle zeigt, welche Empfehlung für welche Situation gilt.
Tabelle: In welchen besonderen Situationen sind welche Meningokokken-Impfstoffe sinnvoll?
Situation | Impfempfehlung | |
Bei geschwächtem Immunsystem oder fehlender Milz | Impfung mit ACWY-Konjugatimpfstoff + MenB-Impfstoff | |
Bei Laborarbeit mit eventuellem Kontakt zu Meningokokken | Impfung mit ACWY-Konjugatimpfstoff + MenB-Impfstoff | |
Bei Reisen in Regionen mit Ausbrüchen von Meningokokken-Erkrankungen – besonders, wenn dort enger Kontakt zu Einheimischen besteht (wie bei Entwicklungshelfer*innen) | Impfung mit ACWY-Konjugatimpfstoff | |
Vor Pilgerreisen nach Mekka | Impfung mit ACWY-Konjugatimpfstoff | |
Bei Schüler*innen und Studierenden, die einen Langzeit-Aufenthalt in Ländern planen, für die eine Impfempfehlung besteht | Impfung entsprechend den Hinweisen der Zielländer | |
Bei Krankheitsausbrüchen oder regionalen Häufungen in Deutschland auf Empfehlung der Gesundheitsbehörde | Impfung entsprechend den Hinweisen der Gesundheitsbehörden | |
Bei engem Kontakt zu jemandem, der nachweislich eine Meningokokken-Erkrankung hat | Postexpositionelle Impfung entsprechend der Serogruppe des nachgewiesenen Erregers | |
Personal im Gesundheitswesen | Keine explizite Empfehlung, da lediglich ein leicht erhöhtes Risiko beobachtet wurde |
Meningokokken-Impfung: Schutz auch für andere
Eine Meningokokken-Impfung schützt die geimpfte Person nicht nur vor dem Ausbruch einer Meningokokken-Erkrankung, sondern verhindert zudem, dass die Bakterien unbemerkt den Nasen-Rachen-Raum besiedeln und sich von dort weiterverbreiten.
Das bedeutet: Je mehr Menschen gegen Meningokokken geimpft sind, desto geringer ist auch für nicht geimpfte Menschen das Risiko, sich mit den Bakterien anzustecken. Fachleute bezeichnen dies als Herdenimmunität.