Östrogen-Gestagen-Kombinationen zur Verhütung

Von: Andrea Lubliner (Pharmazeutin und Fachtexterin für medizinische Fachtexte)
Letzte Aktualisierung: 26.06.2009

auch bezeichnet als:
"Pille"; Estrogen-Gestagen-Kombinationen zur Verhütung; Östrogen-Gestagen-Kombinationen zur Schwangerschaftsverhütung; Östrogen-Gestagen-Kontrazeptiva

Wirkstoffe

Folgende Wirkstoffe sind der Wirkstoffgruppe "Östrogen-Gestagen-Kombinationen zur Verhütung" zugeordnet

 

Anwendungsgebiete dieser Wirkstoffgruppe

Zum Einnehmen als "Pille" oder "Antibabypille" zur Verhütung einer Schwangerschaft sind die folgenden Kombinationen geeignet:
Ethinylestradiol + Desogestrel, Ethinylestradiol + Drospirenon, Ethinylestradiol + Gestoden, Ethinylestradiol + Levonorgestrel, Ethinylestradiol + Lynestrenol, Ethinylestradiol + Norethisteron, Ethinylestradiol + Norethisteronacetat, Ethinylestradiol + Norgestimat.

Die Kombinationen Ethinylestradiol + Cyproteron, Ethinylestradiol + Dienogest oder Ethinylestradiol + Chlormadinon werden wegen ihrer antiandrogenen Eigenschaften auch bei Frauen mit hormonell bedingtem Haarausfall, überschießender Körperbehaarung und starker, entzündlicher Akne eingesetzt. Die Behandlung dieser Beschwerden geht dann mit der Schwangerschaftsverhütung Hand in Hand.

Da man dem Östrogen Ethinylestradiol eine hohe Nebenwirkungsrate zur Last legt, wurde lange versucht, das naturidentische Estradiol auch zur Verhütung zur verwenden. Bisher scheiterte dies an der mangelnden Kontrolle über den weiblichen Zyklus. Die erste Kombination mit dem Gestagen Dienogest ist seit Mai 2009 auf dem Markt. Eine abgestufte Dosierung beider Hormone in einem Vierstufen-Schema (unterschiedliche Filmtabletten in einer Packung) gewährleistet dabei die Schwangerschaftsverhütung.

Neben Tabletten oder Dragees zur Einnahme sind auch Hormonpflaster mit der Wirkstoffkombination Ethinylestradiol + Norelgestromin und ein Scheidenring mit der Wirkstoffkombination Ethinylestradiol + Etonogestrel als Verhütungsmittel im Handel.

Wirkung

Zur Verhütung einer Schwangerschaft werden ausschließlich künstliche Abkömmlinge der körpereigenen Hormone eingesetzt. Sie wirken im Grunde wie die natürlichen Hormone und haben im Zusammenspiel unterschiedliche Effekte, die einer Schwangerschaft entgegenstehen:

  • Die Einbettung der befruchteten Eizelle in die Gebärmutterschleimhaut wird verhindert (Nidationshemmung).
  • Ein weiterer Eisprung wird blockiert (Ovulationshemmung).
  • Die Gestagene machen den Schleim am Gebärmuttermund zäher, so dass die männlichen Samenfäden (Spermien) ihn nur schwer durchdringen können. Diesen Effekt nutzt auch die so genannte "Minipille", die allein Gestagene zur Verhütung enthält.

Die chemischen Abwandlungen der natürlichen Hormone haben zu Substanzen mit besonderen Eigenschaften, zum Beispiel einer langen Wirkdauer, geführt. Speziell durch Veränderungen an den Gestagenen konnten einzelne so genannte antiandrogene Wirkstoffe geschaffen werden. Zusätzlich zu ihrer Hauptwirkung, der Verhütung, sind sie Gegenspieler des "männlichen" Hormons Testosteron. Testosteron, welches in geringen Konzentrationen auch im Körper jeder Frau gebildet wird, kann bei Überschuss eine hartnäckig unreine Haut (Akne), starke Köperbehaarung oder auch Haarausfall verursachen. Alle diese Beschwerden sind durch den Einsatz von Antibabypillen aus einer Kombination von Östrogenen mit besonderen, abgewandelten Gestagenen beherrschbar.

Neben den Tabletten oder Dragees haben sich zur Verhütung auch andere Darreichungsformen durchgesetzt:

  • Hormonpflaster. Hier ziehen die Wirkstoffe langsam aus dem Pflaster in die Haut ein und werden direkt in die Blutbahn aufgenommen. Das Pflaster hat mehrere Vorteile:
    - Die Frauen müssen nicht täglich an die Verhütung denken.
    - Die Hormone werden gleichmäßig und konstant abgegeben. Es treten keine "Hormonspitzen" auf und die Verträglichkeit verbessert sich.
    - Der Magen-Darm-Trakt wird umgangen. Das entlastet die Leber und es reichen geringere Hormondosen, was wiederum zu einer besseren Verträglichkeit führt. Durchfall oder Erbrechen beeinträchtigen die Schutzwirkung des Pflasters nicht.
    Nachteile sind:
    - Manchmal kommt es zu Hautreizungen.
    - Das Pflaster wird als kosmetisch störend empfunden.
  • Scheidenring. Er wirkt direkt vor Ort und greift zusätzlich über die Blutbahn in das hormonelle System ein. Damit sind in etwa die gleichen Vorteile wie beim Hormonpflaster gegeben, ohne dessen Nachteile.