Immunsuppressiva: Anwendung, Wirkung und Nebenwirkungen
Immunsuppressiva sind Medikamente, die gezielt eingesetzt werden, um die Aktivität des Immunsystems zu unterdrücken. Sie kommen zum Einsatz, wenn das Immunsystem den eigenen Körper angreift, wie es bei Autoimmunerkrankungen oder nach einer Organtransplantation der Fall ist. Erfahren Sie, welche Wirkungen und Nebenwirkungen Immunsuppressiva haben und wann sie eingesetzt werden.
FAQ: Häufige Fragen zu Immunsuppressiva
Immunsuppressiva werden hauptsächlich bei Autoimmunerkrankungen wie rheumatoider Arthritis, Lupus erythematodes und Psoriasis eingesetzt. Sie kommen außerdem zum Einsatz, um eine Abstoßungsreaktion nach Organtransplantationen zu verhindern.
Da bei der Einnahme von Immunsuppressiva das Immunsystem unterdrückt wird und die natürliche Abwehrfunktion des Körpers geschwächt ist, kann es zu einer erhöhten Anfälligkeit für Infektionen und anderen Nebenwirkungen kommen.
Anwendung von Immunsuppressiva
Immunsuppressive Arzneimittel reduzieren die Aktivität des Immunsystems, um eine übermäßige Reaktion zu verhindern. Sie sorgen dafür, dass das Immunsystem nicht körpereigenes Gewebe oder transplantierte Organe angreift. Immunsuppressiva setzen sich aus einer Vielzahl von Wirkstoffgruppen zusammen und kommen in einer Vielzahl von Darreichungsformen zum Einsatz, zum Beispiel als Salben, Kapseln, Lösungen und Tabletten.
Immunsuppressiva werden hauptsächlich eingesetzt bei:
Organtransplantationen: Nach Transplantationen wird das Immunsystem unterdrückt, um zu verhindern, dass der Körper das neue Organ als fremd wahrnimmt und es zur Abstoßung kommt.
Autoimmunerkrankungen: Bei Krankheiten wie rheumatoider Arthritis, Lupus erythematodes, den chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) Morbus Crohn und Colitis ulcerosa, Schuppenflechte (Psoriasis) sowie Multipler Sklerose (MS) greift das Immunsystem den eigenen Körper an. Immunsuppressiva schwächen diese Reaktion ab.
Allergische Reaktionen: Bei schweren Allergien, die nicht auf Standardtherapien ansprechen, können Immunsuppressiva zur Dämpfung der Immunreaktion beitragen. Dazu zählen etwa einige Formen von Asthma bronchiale sowie schwere Hautallergien.
Hauterkrankungen: Bei Krankheiten wie Atopischer Dermatitis (Neurodermitis) können Glukokortikoide (Kortison) helfen, die Hautirritationen zu reduzieren.
Krebstherapie: In ausgewählten Fällen können bestimmte Immunsuppressiva zur Hemmung des Wachstums von Tumorzellen beitragen.
Insgesamt können Immunsuppressiva bei einer Vielzahl von Erkrankungen deren Verlauf positiv beeinflussen, indem sie die zugrundeliegenden Immunreaktionen dämpfen.
Wirkweise von Immunsuppressiva
Diese Medikamente wirken, indem sie die Aktivität des Immunsystems auf verschiedene Weisen reduzieren.
Die Wirkung setzt nicht sofort ein; es kann mehrere Wochen bis Monate dauern, bis eine Verbesserung spürbar ist. Der frühzeitige Beginn der Behandlung ist jedoch entscheidend, da so das Risiko dauerhafter Schäden an Geweben und Organen minimiert werden kann.
Immunsuppressiva greifen durch folgende Wirkungen gezielt in die verschiedenen Prozesse des Immunsystems ein:
Hemmung der Zellvermehrung: Die Produktion neuer Zellen im Immunsystem wird verlangsamt. Das hilft, die Aktivität des Immunsystems zu dämpfen, besonders wenn es zu stark reagiert.
Reduktion von T-Lymphozyten: T-Lymphozyten sind wichtige Zellen im Immunsystem, die bei der Abwehr von Krankheitserregern eine Rolle spielen. Immunsuppressiva können die Anzahl dieser Zellen verringern, um eine übermäßige Immunreaktion zu vermeiden.
Einfluss auf Botenstoffe (Zytokine): Zytokine sind Signalproteine, die Zellen des Immunsystems nutzen, um miteinander zu kommunizieren. Immunsuppressiva können diese Kommunikation beeinflussen, was dazu führt, dass das Immunsystem weniger aktiv ist.
Immunsuppressiva: Diese Wirkstoffe gibt es
In der Behandlung mit Immunsuppressiva können mehrere Wirkstoffgruppen zum Einsatz kommen:
Glukokortikoide: Diese Medikamente wirken entzündungshemmend und beeinflussen eine Vielzahl von Immunreaktionen. Wichtige Vertreter sind beispielsweise Hydrokortison und Prednisolon.
Calcineurin-Inhibitoren: Diese Substanzen hemmen eine Schlüsselreaktion in Immunzellen und verhindern so eine übermäßige Immunantwort. Dazu gehören beispielsweise Ciclosporin A und Tacrolimus.
mTOR-Inhibitoren: Sie greifen in den Zellstoffwechsel und die Zellteilung ein, was die Aktivität von Immunzellen dämpft. Wichtige Beispiele hierfür sind Sirolimus und Everolimus.
Zytostatika: Dabei handelt es sich um Hemmstoffe der DNA-Biosynthese. Diese Wirkstoffe verlangsamen die Zellteilung von Immunzellen und wirken so immunsuppressiv. Dazu gehören Azathioprin und Methotrexat.
Biologika/Antikörper: Diese biotechnologisch hergestellten Proteine greifen gezielt in das Immunsystem ein, zum Beispiel durch Blockierung von Entzündungsbotenstoffen. Vertreter hierfür sind etwa Adalimumab und Infliximab.
Um unerwünschte Wechselwirkungen zu vermeiden, sollten jegliche zusätzlichen Arzneimittel, die zusammen mit Immunsuppressiva verwendet werden, vorher mit dem*der Arzt*Ärztin abgesprochen werden.
Nebenwirkungen von Immunsuppressiva
Aufgrund der Immunsuppression kann es zu einer erhöhten Infektanfälligkeit kommen. Der Körper wird weniger widerstandsfähig gegenüber Bakterien, Viren und Pilzen.
Zudem besteht das Risiko weiterer Nebenwirkungen wie:
- Übelkeit und Durchfall
- Haarausfall
- Hautveränderungen (Akne, erhöhte UV-Lichtempfindlichkeit)
- Blutzuckerschwankungen
- Gewichtszunahme
- Bluthochdruck
- Beeinträchtige Leberfunktion
- Nierenfunktionsstörungen
- Blutbildveränderungen: verringerte Anzahl von roten Blutkörperchen (Anämie), weißen Blutkörperchen (Leukopenie) sowie Blutplättchen (Thrombozytopenie)
- Erhöhtes Krebsrisiko (insbesondere Hautkrebs)
Immunsuppressiva: Mögliche Wechselwirkungen
Immunsuppressiva können auf verschiedene Weise mit anderen Medikamenten interagieren.
Mögliche Wechselwirkungen, die beachtet werden sollten, sind:
Einige Medikamente können die Menge der Immunsuppressiva im Blut erhöhen oder verringern, was deren Wirkung und Nebenwirkungen beeinflusst. Medikamente, die die Leberenzyme aktivieren, können die immunsupprimierende Wirkung beispielsweise abschwächen. Medikamente, die Leberenzyme hemmen, können die Wirkung dagegen verstärken.
Weitere Substanzen, mit denen Wechselwirkungen bestehen, sind:
Grapefruit: Grapefruit oder Grapefruitsaft können die Konzentration bestimmter Immunsuppressiva im Blut erhöhen und sollten daher vermieden werden.
Impfungen: Bei der Verwendung von Lebendimpfstoffen ist Vorsicht geboten, da immunsupprimierte Personen an den lebenden Erregern erkranken können.
Statine: Bestimmte Immunsuppressiva können die cholesterinsenkende Wirkung von Statinen verstärken und das Risiko für Nebenwirkungen erhöhen.
Nichtsteroidale Schmerzmittel (NSAR): Das Risiko für Magen-Darm-Geschwüre und Blutungen kann erhöht werden.
Warfarin: Die gerinnungshemmende Wirkung dieses Medikaments kann verstärkt werden.
Antidiabetika: Die Wirkung von Medikamenten gegen Diabetes mellitus kann verringert werden.
Kontraindikationen: Wann dürfen Immunsuppressiva nicht eingenommen werden?
Auf die Einnahme von immunsuppressiven Medikamenten sollte verzichtet werden, bei:
Überempfindlichkeit oder Allergie: Wenn eine bekannte Überempfindlichkeit oder allergische Reaktion auf den Wirkstoff oder einen der Hilfsstoffe des Immunsuppressivums vorliegt.
Aktive Infektionen: Bei Vorliegen akuter oder schwerer Infektionen, da Immunsuppressiva das Immunsystem schwächen und die Fähigkeit des Körpers zur Bekämpfung von Infektionen reduzieren.
Schwere Leber- oder Nierenfunktionsstörungen: Patient*innen mit schweren Leber- oder Nierenfunktionsstörungen sollten die Einnahme von Immunsuppressiva vermeiden oder es müssen eine Anpassung der Dosierung und engmaschige Überwachung erfolgen.
Bestimmte Krebserkrankungen: Bei bestimmten Arten von Krebs, insbesondere wenn diese vom Immunsystem abhängig sind, kann die Einnahme von Immunsuppressiva kontraindiziert sein.
Schwangerschaft und Stillzeit: Die Anwendung während der Schwangerschaft und Stillzeit erfordert eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung, da einige Immunsuppressiva schädlich für das Ungeborene oder den Säugling sein können.
Schwangerschaft und Stillzeit: Was ist bei der Einnahme von Immunsuppressiva zu beachten?
In der Schwangerschaft ist Vorsicht geboten, wenn eine Frau Immunsuppressiva einnehmen muss.
Diese Medikamente sind zwar wichtig, um das Immunsystem zu dämpfen und zu verhindern, dass es das transplantierte Organ oder körpereigene Zellen angreift. Allerdings können einige dieser Medikamente den Stoffwechsel und die Entwicklung des ungeborenen Kindes beeinflussen.
Deshalb ist es notwendig, die Medikamenteneinnahme unter ärztlicher Aufsicht anzupassen, um die Risiken für das Kind so gering wie möglich zu halten.
Während einige Immunsuppressiva wie Ciclosporin A oder Tacrolimus in der Regel sicher sind und das Risiko für Geburtsfehlbildungen nicht erhöhen, können andere, wie Azathioprin, schädliche Wirkungen haben und sollten daher vermieden oder ersetzt werden.
Zudem besteht die Möglichkeit, dass Immunsuppressiva das kindliche Immunsystem beeinträchtigen. Sie können sich im Körper des Kindes anreichern, was nach der Geburt zu höheren Medikamentenspiegeln im Blut des Kindes als bei der Mutter führen kann.
Dies kann das Risiko für Infektionen erhöhen und erfordern, dass auf bestimmte Impfungen, wie Lebendimpfstoffe, im ersten Lebensjahr des Kindes verzichtet werden sollte.
Immunsuppressiva in der Stillzeit
Einige Immunsuppressiva können in die Muttermilch übergehen und potenziell das Neugeborene beeinflussen.
Früher wurde bei der Einnahme von Ciclosporin der Mutter davon abgeraten, während der Behandlung zu stillen, da man befürchtete, das Medikament könnte das Immunsystem des Kindes beeinflussen.
Neuere Erkenntnisse zeigen allerdings, dass bei der Verwendung von Ciclosporin in üblichen Dosierungen nur ein sehr kleiner Teil des Medikaments (etwa 10 Prozent) in die Muttermilch übergeht. Trotzdem ist es empfehlenswert, die Blutwerte beim gestillten Kind zu überwachen, um jegliches Risiko zu minimieren.
Die Entscheidung, ob eine stillende Mutter ihre immunsupprimierenden Medikamente während der Stillzeit weiterhin einnehmen kann, sollte in enger ärztlicher Absprache individuell getroffen werden.
Immunsuppressiva: Vorsichtsmaßnahmen bei der Einnahme
Bei der Verwendung von Immunsuppressiva sollte Folgendes beachtet werden, um eine sichere und effektive Therapie zu gewährleisten:
- Regelmäßige Überwachung von Blutwerten, um mögliche Veränderungen im Blutbild oder in der Organfunktion frühzeitig zu erkennen.
- Vermeidung von Exposition gegenüber Personen mit ansteckenden Krankheiten, da das Infektionsrisiko erhöht ist.
- Sorgfältige Hautpflege und Schutz vor Sonnenlicht, da einige Immunsuppressiva die Haut empfindlicher machen können.
- Der Alkoholkonsum sollte eingeschränkt werden, da Alkohol die Effekte von Immunsuppressiva verstärken oder deren Abbau im Körper beeinträchtigen kann.
- Rauchen sollte vermieden werden, da das Nikotin die Wirksamkeit der immunsupprimierenden Arzneimittel reduzieren kann und zusätzliche Gesundheitsrisiken birgt.
- Verschiedene Lebensmittel, wie beispielsweise Grapefruit, können den Blutspiegel einiger Immunsuppressiva erhöhen.