Immunstärkende und -schwächende Mittel

Von: Andrea Lubliner (Pharmazeutin und Fachtexterin für medizinische Fachtexte)
Letzte Aktualisierung: 06.10.2019

auch bezeichnet als:
Immunmodulatoren; Immunologika; Immunstimulanzien; Immunsuppressiva

Wirkstoffe

Folgende Wirkstoffe sind der Wirkstoffgruppe "Immunstärkende und -schwächende Mittel" zugeordnet

Anwendungsgebiete dieser Wirkstoffgruppe

Das Immunsystem oder die körpereigene Abwehr stellt ein hochkompliziertes Zusammenspiel vieler Faktoren dar. Im Kampf gegen eindringende Erreger ergänzen sich einzelne Eiweiße wie zum Beispiel die Antigene und Antikörper, aber auch ganze Zellen wie die so genannten Fresszellen (Makrophagen) und Killerzellen (Lymphozyten). Das Ziel ist es immer, den "Feind" zunächst zu erkennen und ihn dann zu vernichten.

Unter der Wirkstoffgruppe Immunologika werden an dieser Stelle Stoffe zusammengefasst, die das Immunsystem in seiner Gänze oder in Teilen anregen oder schwächen können.
  • Eine Anregung der körpereigenen Abwehr kann durch allgemeine Immunstimulanzien oder durch Impfungen erreicht werden:

    Allgemeine Immunstimulanzien werden folgendermaßen eingesetzt:
    1. wenn das Immunsystem generell gestärkt werden soll (z.B., wenn ein Patient übermäßig häufig an Erkältungskrankheiten leidet). Sie funktionieren nicht nur vorbeugend wie eine Impfung, sondern auch bei akuten Infektionen;
    2. bei unklaren Entzündungsprozessen wie der Multiplen Sklerose aber auch entzündlich-rheumatischen Erkrankungen, um das Immunsystem in seiner Reaktion zu verändern;
    3. als moderne Methode der Therapie von Krebserkrankungen zur Unterstützung des Immunsystems bei der Bekämpfung von Krebszellen.


  • Eine spezielle Form der Immunstimulanzien sind die aktiven Impfstoffe. Sie enthalten abgeschwächte Krankheitskeime oder Teile derselben. Die Impfung kann gegen einen einzelnen Erreger gerichtet sein oder als so genannter Polyimpfstoff aus einem Cocktail verschiedener Bakterien und Viren bestehen. Aktive Impfungen wirken ausschließlich vorbeugend. (Im Akutfall können passive Impfungen mit Immunglobulinen verabreicht werden. Sie enthalten schon Antikörper oder Immuneiweiße, die der Körper bei aktiven Impfungen erst herstellen müsste. Passive Impfungen sind aber nicht als Immunstimulanzien anzusehen.)
  • Eine Dämpfung der körpereigenen Abwehr durch sogenannte Immunsuppressiva ist gewünscht, wenn Immunreaktionen unterdrückt werden sollen. Dies ist zum Beispiel dringend erforderlich im Falle von Gewebeverpflanzungen (Transplantationen), bei denen fremde Organe oder Teile davon in den Körper verpflanzt werden. Normalerweise werden die körperfremden Zellen als feindlich erkannt und in einer Abstoßungsreaktion (Transplantatabstoßung) vernichtet. Immunsuppressiva verhindern diesen Vorgang.

    Immunsuppressiva sind aber auch sinnvoll bei so genannten Autoimmunerkrankungen, bei denen körpereigenes Gewebe fälschlicherweise als fremd angesehen und bekämpft wird. Hierzu zählen beispielsweise die chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, Morbus Crohn und Colitis ulcerosa, aber auch entzündlich rheumatische Erkrankungen, eine bestimmte Art von Blutarmut (autoimmun-hämolytische Anämie) und Leberentzündungen, Autoimmunerkrankungen des Auges sowie der so genannte Lupus erythematodes. Nach neueren Erkenntnissen werden auch Multiple Sklerose, schwere Schuppenflechte und einige Krebsformen zu diesen Erkrankungen gezählt.
Eine Sonderform der Immunschwächenden Mittel sind den Antiallergika zuzurechnen. Hier handelt es sich um Allergene wie beispielsweise Pflanzenpollen, die dem Patienten mehrfach zugeführt werden, um seine körpereigene Abwehr dagegen abzuschwächen.

Wirkung

Zur Stärkung der Abwehr gibt es eine Reihe unterschiedlicher Stoffe, die als Immunstimulanzien eingesetzt werden:
  • Abgeschwächte oder tote Krankheitserreger:
    Sie bilden den Wirkstoff der Impfungen. Die Verabreichung der Erreger oder ihrer Teile reizt den Körper zur Bildung von Antikörpern, die sich bei jeder nachfolgenden echten Infektion sofort auf die Erreger stürzen. Sie markieren deren Zellen als feindlich, sodass die so genannten Fresszellen sie erkennen und unverzüglich vernichten können. Man sagt dann: Der Körper ist immunisiert.
    Einen Sonderfall stellen die Talimogen laherparepvec-Zellen dar. Sie werden biotechnologich aus Herpes-simplex-Viren gewonnen. Ihre Wirkung liegt in der Zerstörung von Hautkrebszellen und der Aktivierung der körpereigenen Abwehr gegen eine neuerliche Krebserkrankung.
  • Antikörper:
    Sie werden dem Körper zugeführt der entweder keine eigenen Abwehrstoffe bilden kann oder wenn eingebrachte Fremdstoffe schnell vernichtet werden müssen. Zu dieser Gruppe gehören die Immunglobuline und alle passiven Impfstoffe.

  • Pflanzliche, tierische und chemische Immunstimulanzien:
    Hierzu gehören Substanzen, die das Immunsystem nicht gezielt auf einen Krankheitserreger ansetzen, sondern ganz generell eine Reaktion des Immunsystems gegen Fremdstoffe verstärken. Inzwischen wurde erkannt, dass das Immunsystem auch die Krebsentstehung bekämpft. Wenn normale Zellen zu Krebszellen entarten, kommt es bei ihnen zu einer Umgestaltung, die mit neuen Strukturen auf der Zelloberfläche verbunden ist. Erkennt das Immunsystem diese Strukturen, kann es die Krebszellen zerstören.

    Vielen Wirkstoffen aus Pflanzen, Tieren und Mikroben (z.B. Bakterien, Staphylo- und Streptokokken) wird eine allgemein immunstimulierende Wirkung nachgesagt. Der Wirkmechanismus ist allerdings größtenteils noch nicht aufgeklärt. Gezielter wirken chemische Immunstimulanzien, auch wenn man bei ihnen ebenfalls teilweise noch nicht genau weiß, wie sie wirken.

    1. Pflanzlichen Ursprungs sind vor allem Extrakte des Purpursonnenhuts. Sie wurden traditionell schon bei den amerikanischen Ureinwohnern als Infektionsschutz genutzt. Ein weiterer Wirkstoff ist Pelargoniumwurzel, der aus der Volksmedizin Südafrikas stammt. Er wird vor allem zur Vorbeugung und Behandlung von Erkältungskrankheiten eingesetzt. Wie beide Stoffe wirken, ist nicht bekannt. Auch andere pflanzliche Wirkstoffe wie Lebensbaumspitzen, Sonnenhutwurzel