Ponatinib

Von: Andrea Lubliner (Pharmazeutin und Fachtexterin für medizinische Fachtexte)
Letzte Aktualisierung: 14.04.2016

Allgemeines

Ponatinib wird gegen Blutkrebs eingesetzt. Der Wirkstoff ist sowohl bei der chronischen myeloischen Form, die vom Knochenmark, wie bei der akuten lymphatischen, die vom Lymphgewebe ausgeht, wirksam.

Welchen Zwecken dient dieser Wirkstoff?

  • überaktive Tyrosin-Kinase blockieren
  • Tumorwachstum stoppen
  • Überlebenszeit verlängern

Gegenanzeigen

Im Folgenden erhalten Sie Informationen über Gegenanzeigen bei der Anwendung von Ponatinib im Allgemeinen, bei Schwangerschaft & Stillzeit sowie bei Kindern. Bitte beachten Sie, dass die Gegenanzeigen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Wann darf Ponatinib nicht verwendet werden?

Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff darf Ponatinib nicht eingesetzt werden. Ebenso müssen Patienten mit einer aktiven Infektion mit dem Virus Hepatitis B zunächst dagegen behandelt werden, ehe die Therapie mit Dasatinib beginnen kann.

Nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung durch den Arzt und unter seiner Kontrolle darf Ponatinib angewendet werden bei
  • Patienten mit einer Bauchspeicheldrüsenentzündung oder Alkoholmissbrauch in der Vorgeschichte, weil sich der Schaden an der Bauchspeicheldrüse verschlimmern kann
  • schwerer oder sehr schwerer Fettstoffwechselstörung in Form eines Triglycerid-Überschusses im Blut, weil dies das Risiko für eine Bauchspeicheldrüsenentzündung erhöht
  • Patienten mit Leberfunktionseinschränkungen jeglicher Ausprägung, weil die Ausscheidung des Wirkstoffs über die Leber erfolgt
  • ruhenden Infektionen mit dem Hepatitis B-Virus. Dessen Träger sind während der Behandlung und für einige Monate nach dem Behandlungsende sorgfältig vom Arzt auf Zeichen einer Aktivierung der Infektion zu über­wachen
  • Nierenfunktionsstörung ab einer geschätzten Kreatinin-Clearance von unter 50 Milliliter/Minute oder Endstadium von Nierenversagen, weil die Auswirkung von Ponatinib auf den Stoffwechsel noch unklar ist.

Was müssen Sie bei Schwangerschaft und Stillzeit beachten?

Mit Ponatinib behandelte Frauen dürfen nicht schwanger werden. Ebenso sollten behandelte Männer während der Therapie kein Kind zeugen. Für die Dauer der Behandlung sollte eine zuverlässige Verhütungsmethode angewendet werden.

Bisher liegen keine hinreichenden Erfahrungen mit der Anwendung von Ponatinib bei Schwangeren vor. Tierexperimente haben Schäden an den Nachkommen gezeigt. Das mögliche Risiko für die Anwendung beim Menschen ist unbekannt; daher darf der Wirkstoff während der Schwangerschaft nur dann angewendet werden, wenn es der Arzt für eindeutig erforderlich hält.

Es ist nicht bekannt, ob Ponatinib in die Muttermilch übergeht. Das Stillen sollte daher während der Behandlung unterbrochen werden.

Was ist bei Kindern zu berücksichtigen?

Die Sicherheit und Wirksamkeit von Ponatinib bei Patienten unter 18 Jahren ist nicht erwiesen. Eine Behandlung liegt daher ganz im Ermessen des Arztes.

Welche Nebenwirkungen kann Ponatinib haben?

Im Folgenden erfahren Sie das Wichtigste zu möglichen, bekannten Nebenwirkungen von Ponatinib. Diese Nebenwirkungen müssen nicht auftreten, können aber. Denn jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf Medikamente. Bitte beachten Sie außerdem, dass die Nebenwirkungen in Art und Häufigkeit je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Sehr häufige Nebenwirkungen:
Blutarmut, verminderte Blutplättchenzahl, verminderte Zahl neutrophiler Blutzellen, Mangel an allen Blutzellen, mit Fieber verbundener Mangel an neutrophilen Blutzellen, verminderte Zahl weißer Blutzellen, verminderter Appetit, Kopfschmerzen, Bluthochdruck, Atembeschwerden, Husten, Bauchschmerzen, Durchfall, Übelkeit und Erbrechen, Verstopfung, erhöhter Lipase-Wert im Blut, erhöhter ALAT-Wert im Blut, Hautausschlag, trockene Haut, Knochenschmerzen, Gelenkschmerzen, Muskelschmerzen, Gliederschmerzen, Rückenschmerzen, Abgeschlagenheit, Schwäche, Wasseransammlungen in Armen und Beinen, Fieber.

Häufige Nebenwirkungen:
Lungenentzündung, Blutvergiftung, Infektionen der oberen Atemwege, Haarbalgentzündung, Austrocknung, Flüssigkeitsansammlung im Körper, Mangel an Mineralien (Calcium, Phosphat, Kalium), Überschuss an Blutzucker, Überschuss an Harnsäure im Blut, Überschuss an Triglyceriden im Blut, Gewichtsverlust, Schlaflosigkeit, Nervenstörungen, Müdigkeit, Benommenheit, Migräne, Empfindungsstörungen, nervliche Missempfindungen, Verschwommensehen, trockene Augen, Herzmuskelschwäche, Herzinfarkt, Erkrankung der Herzkranzgefäße, Angina pectoris, Herzbeutelerguss, Vorhofflimmern, verminderte Pumpleistung des Herzens, Verstopfung tiefliegender Venen, Hitzewallungen, plötzliche Hautrötung ("Flushing"), Pleuraerguss, Nasenbluten, Sprechstörung, Bauchspeicheldrüsenentzündung, erhöhte Amylase-Werte im Blut, Refluxkrankheit, Mundschleimhautentzündung, Verdauungsstörungen, geblähter Bauch, Bauchbeschwerden, Mundtrockenheit, erhöhter Bilirubin-Wert im Blut, erhöhte Leberwerte (ASAT, alkalische Phosphatase, gamma-GT), juckender oder schälender Hautausschlag, Hautrötung, Haarausfall, nächtliches Schwitzen, übermäßiges Schwitzen, klein- und größerflächige Unterhautblutungen, Schwellungen rund um die Augen, Muskel- und Skelettschmerzen, Nackenschmerzen, Schmerzen im Brustkorb durch Verspannungen, Muskelkrämpfe, Erektionsstörungen, Schüttelfrost, Grippe-ähnliche Infektion, nicht herzbedingte Schmerzen in der Brust, Schmerzen, tastbare Knoten, Gesichtsschwellung.

Gelegentliche Nebenwirkungen:
Tumor-Lyse-Syndrom, Absterben von Hirngewebe infolge von Durchblutungsstörungen, Hirnarterienverengung, Verstopfung der Netzhautvene, Augenlidschwellung, Funktionsstörung der linken Herzkammer, Vorhofflattern, Venenverstopfung, Lungenvenenverstopfung, Magenblutung, Leberschäden, Gelbsucht, schälende Hautentzündung.

Welche Wechselwirkungen zeigt Ponatinib?

Bitte beachten Sie, dass die Wechselwirkungen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Ponatinib wird im Körper durch ein Enzymsystem abgebaut, das durch viele Wirkstoffe aktiviert oder gehemmt werden kann. Daraus ergeben sich folgende Wechselwirkungen:
  • Die virenhemmenden MittelAtazanavir, Indinavir, Nelfinavir, Ritonavir und Saquinavir, die Pilzmittel Itraconazol, Ketoconazol und Voriconazol, die AntibiotikaClarithromycin, Telithromycin und Troleandomycin, das Psychopharmakon Nefazodon und Grapefruitsaft hemmen den Abbau von Ponatinib, was die Wirkung verstärken, aber auch Nebenwirkungen führen kann.
  • Die AntiepileptikaCarbamazepin, Phenobarbital und Phenytoin, die TuberkulosemittelRifabutin und Rifampicin sowie Johanniskraut (gegen Depressionen) aktivieren das Enzymsystem, was die Wirkung von Ponatinib mindern kann.
Die Wasserlöslichkeit von Ponatinib ist abhängig vom Säuregrad (pH-Wert) im Magen. In weniger saurem Umfeld ist der Wirkstoff geringer löslich. Substanzen, die den Säuregrad im Magen absenken (wie Protonenpumpenhemmer, H2-Blocker oder säurehemmende Mittel) können die Löslichkeit von Ponatinib herabsetzen und folglich dessen Aufnahme in den Körper beeinträchtigen.

Ponatinib selbst hemmt ein Enzymsystem, das an dem Abbau von Substanzen wie dem HerzglykosidDigoxin, dem BlutverdünnerDabigatran, dem GichtmittelColchicin, den StatinenPravastatin und Rosuvastatin, dem ZytostatikumMethotrexat und dem EntzündungshemmerSulfasalazin beteiligt ist. Der Arzt wird eine Kombination immer mit Vorsicht vornehmen, da es durch Ponatinib zur Verstärkung ihrer therapeutischen Wirkungen und Nebenwirkungen kommen kann.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

  • Die Behandlung mit dem Medikament darf nur durch einen in der Therapie des Blutkrebses erfahrenen Arzt erfolgen.
  • Bei der Therapie mit dem Medikament darf kein Grapefruitsaft getrunken werden.

Manchmal lösen arzneiliche Wirkstoffe allergische Reaktionen aus. Sollten Sie Anzeichen einer allergischen Reaktion wahrnehmen, so informieren Sie umgehend Ihren Arzt oder Apotheker.

Welche Medikamente beinhalten Ponatinib?

Folgende Tabelle zeigt alle erfassten Medikamente, in welchen Ponatinib enthalten ist.In der letzten Spalte finden Sie die Links zu den verfügbaren Anwendungsgebieten, bei denen das jeweilige Medikamente eingesetzt werden kann.

Medikament
Darreichungsform

So wirkt Ponatinib

Im Folgenden erfahren Sie mehr zu den Anwendungsgebieten und der Wirkungsweise von Ponatinib. Lesen Sie dazu auch die Informationen zur Wirkstoffgruppe Zytostatika, zu welcher der Wirkstoff Ponatinib gehört.

Anwendungsgebiet des Wirkstoffs Ponatinib

Ponatinib wird gegen Blutkrebs eingesetzt. Der Wirkstoff ist sowohl bei der chronischen myeloischen Form, die vom Knochenmark, wie bei der akuten lymphatischen, die vom Lymphgewebe ausgeht, wirksam.

Bei der chronisch-myeloischen Leukämie ist Ponatinib in allen Phasen wirksam: der chronischen Phase mit langsamem Verlauf, der Akzelerationsphase, in der sich der Zustand des Patienten verschlechtert und der sogenannten Blastenkrise, bei der die Zahl der unreifen weißen Blutkörperchen (der Blasten) im Knochenmark stark zunimmt. Der Wirkstoff spricht auch dann an, wenn andere Zytostatika wie Dasatinib oder Nilotinib versagen oder die Patienten Dasatinib oder Nilotinib nicht vertragen und für eine anschließende Behandlung mit Imatinib nicht geeignet sind. Auch wenn eine Veränderung im Erbgut der Blutzellen vorliegt (T315I-Mutation), die die Blockade des krebsverursachenden Eiweißes erschwert, ist Ponatinib effektiv.

Bei der akuten Lymphoblasten-Leukämie wird Ponatinib bei der Form mit Philadelphia-Chromosom eingesetzt, bei der verändertes Erbgut die Hauptursache für die ungehemmte Zellteilung ist. Desweiteren werden Patienten mit dem Wirkstoff behandelt, bei denen Dasatinib nicht effektiv ist, die Dasatinib nicht vertragen und bei denen eine anschließende Behandlung mit Imatinib nicht geeignet ist, oder bei denen ebenfalls eine T315I-Mutation vorliegt.

Zu folgenden Anwendungsgebieten von Ponatinib sind vertiefende Informationen verfügbar:

Wirkungsweise von Ponatinib

Ponatinib gehört zur Wirkstoffgruppe der Zytostatika und dort zur Untergruppe der Hemmer des Enzyms Tyrosin-Kinase. Tyrosin-Kinase ist ein Enzym, das bei Überaktivität dazu führt, dass sich Zellen unkontrolliert vermehren und somit Krebs auslösen können. Ganz allgemein ausgedrückt lässt sich durch Hemmung dieses Enzyms das Krebswachstum blockieren.

Alle Enzyme sind Eiweißkörper mit zum Teil sehr komplizierten Strukturen. Damit ein Enzym gehemmt werden kann, muss der Hemmstoff räumlich in diese Struktur passen und sich dort binden. Hat das Enzym durch Veränderungen im Erbgut (beispielsweise die T315I-Mutation) eine abweichende Gestalt, sind die üblichen Hemmstoffe unwirksam.

Ponatinib hat eine besondere Molekülgestalt, die eine Anbindung an veränderte Enzymstrukturen erlaubt. Dadurch kann es an Tyrosin-Kinasen binden, die gegen andere Zytostatika wie Imatinib, Dasatinib und Nilotinib resistent sind. Ponatinib verkleinert im Tierversuch die Tumore und verlängert das Überleben bei Mäusen mit Krebsformen, die sowohl natürliche als auch erblich veränderte Tyrosin-Kinase aufweisen.

Disclaimer:
Bitte beachten: Die Angaben zu Wirkung, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie zu Gegenanzeigen und Warnhinweisen beziehen sich allgemein auf den Wirkstoff des Medikaments und können daher von den Herstellerangaben zu Ihrem Medikament abweichen. Bitte fragen Sie im Zweifel Ihre*n Arzt*Ärztin oder Apotheker*in oder ziehen Sie den Beipackzettel Ihres Medikaments zurate.