Imatinib

Von: Andrea Lubliner (Pharmazeutin und Fachtexterin für medizinische Fachtexte)
Letzte Aktualisierung: 01.02.2017

Allgemeines

Imatinib wird zur Behandlung von chronisch myeloischer Leukämie(CML) eingesetzt. Diese Blutkrebsform macht ungefähr 15 Prozent der Leukämien beim Erwachsenen aus. Sie tritt am häufigsten zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr auf und beginnt mit einer chronischen Phase, die meist von wenigen Anzeichen begleitet ist und mehrere Jahre andauert. Diesem Zeitabschnitt folgt dann meistens eine so genannte beschleunigte Phase des Erkrankungsverlaufs, die unterschiedlich lange dauert. In diesem Stadium kann die Krankheit mit Medikamenten nur sehr schlecht kontrolliert werden. Immer endet die chronisch myeloische Leukämie im so genannten Blastenschub (einer explosionsartigen Vermehrung unreifer Blutzellen), der der aggressiven Form einer akuten Leukämie ähnelt.

Imatinib ist in allen drei Krankheitsstadien wirksam. Es kann während der chronischen Phase nach Versagen einer Interferon-Alpha-Therapie, aber ebenso in der beschleunigten Phase oder der akuten Leukämie-Phase eingesetzt werden. Bei letzterem wird der Wirkstoff häufig mit einem anderen Krebsmittel kombiniert.

Welchem Zweck dient dieser Wirkstoff?

  • Vermehrung von Krebszellen hemmen

Gegenanzeigen

Im Folgenden erhalten Sie Informationen über Gegenanzeigen bei der Anwendung von Imatinib im Allgemeinen, bei Schwangerschaft & Stillzeit sowie bei Kindern. Bitte beachten Sie, dass die Gegenanzeigen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Wann darf Imatinib nicht verwendet werden?

Imatinib darf nicht eingesetzt werden bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff. Ebenso müssen Patienten mit einer aktiven Infektion mit dem Virus Hepatitis B zunächst dagegen behandelt werden, ehe die Therapie mit Dasatinib beginnen kann.

Nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung durch den Arzt und unter seiner regelmäßigen Kontrolle darf Imatinib eingesetzt werden bei
  • Funktionsstörungen des Herzens
  • Leberfunktionsstörungen, insbesondere ruhenden Infektionen mit dem Hepatitis B-Virus. Dessen Träger sind während der Behandlung und für einige Monate nach dem Behandlungsende sorgfältig vom Arzt auf Zeichen einer Aktivierung der Infektion zu über­wachen.

Was müssen Sie bei Schwangerschaft und Stillzeit beachten?

In Studien an Tieren zeigte Imatinib schädigende Wirkungen auf die Ungeborenen. Der Wirkstoff darf daher während der Schwangerschaft nicht verwendet werden, es sei denn, der Arzt hält es für unbedingt erforderlich. Wenn Imatinib während einer Schwangerschaft angewendet wird, muss die Patientin über ein mögliches Risiko für das Ungeborene informiert werden. Frauen im gebärfähigen Alter, die Imatinib erhalten, sollten während der Behandlung eine wirksame Schwangerschaftsverhütung durchführen.

Es ist nicht bekannt, ob Imatinib in die Muttermilch übertritt. Bei Tieren wurden Imatinib und/oder seine Stoffwechselprodukte in hohen Konzentrationen mit der Milch ausgeschieden. Daher dürfen Frauen während einer Behandlung mit Imatinib ihre Kinder nicht stillen.

Was ist bei Kindern zu berücksichtigen?

Bisher wurden keine Kinder unter drei Jahren mit Imatinib bei chronisch myeloischer Leukämie behandelt. Ebenso fehlen Behandlungserfahrungen mit dem Wirkstoff bei Kindern und Jugendlichen, die an Bindegewebskrebs von Magen und Darm leiden.

Es gibt Fallberichte über Wachstumsverzögerung durch Imatinib bei Kindern und Jugendlichen vor der Pubertät. Die langfristige Auswirkung einer Dauerbehandlung mit Imatinib auf das Wachstum von Kindern und Jugendlichen ist nicht bekannt. Deshalb wird der Arzt das Wachstum bei Kindern während der Imatinib-Behandlung streng überwachen.

Welche Nebenwirkungen kann Imatinib haben?

Im Folgenden erfahren Sie das Wichtigste zu möglichen, bekannten Nebenwirkungen von Imatinib. Diese Nebenwirkungen müssen nicht auftreten, können aber. Denn jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf Medikamente. Bitte beachten Sie außerdem, dass die Nebenwirkungen in Art und Häufigkeit je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Sehr häufige Nebenwirkungen:
Neutropenie, Blutplättchenmangel, Blutarmut, Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen, Durchfall, Verdauungsstörungen, Unterbauchschmerzen, Wassereinlagerungen um die Augen, Hautentzündungen und Hautausschläge, Muskelzucken und Muskelkrämpfe, Schmerzen der Skelettmuskulatur, Gelenkschmerzen, Wassereinlagerungen in den Armen und Beinen, Ermüdung.

Häufige Nebenwirkungen:
fiebrige Neutropenie, Appetitlosigkeit, Benommenheit, Geschmacksstörungen, Taubheitsgefühle, Schlafstörungen, Bindehautentzündung, vermehrter Tränenfluss, verschwommenes Sehen, Nasenbluten, Kurzatmigkeit, geblähter Bauch, Blähungen, Verstopfung, Sodbrennen, Mundgeschwüre, erhöhte Leberenzyme, Wassereinlagerungen im Gesicht, Wassereinlagerung im Augenlid, Hautjucken, entzündliche Rötung der Haut, trockene Haut, Haarausfall, nächtliches Schwitzen, Anschwellen der Gelenke, Fieberzustand, Schwäche, Schüttelfrost, Gewichtszunahme.

Gelegentliche Nebenwirkungen:
Blutvergiftung, Lungenentzündung, Viruserkrankung durch Herpes-simplex-Viren, Viruserkrankung durch Herpes-zoster-Viren, Infektion der oberen Atemwege, infektiöse Lebensmittelvergiftung, starke Verminderung aller Blutzellen, herabgesetzte Funktion des Knochenmarks, Abnahme des Körperwassers, erhöhte Harnsäurekonzentration im Blut, Elektrolytstörung mit Kaliumwerterniedrigung, verstärkter oder verminderter Appetit, Gicht, herabgesetzter Phosphatgehalt im Blutserum, Depression, Beklemmungen, Libido-Verminderung, Gehirnblutungen, Kräfteverlust, Nervenleiden außerhalb des Gehirns, Sensibilitätsstörungen, Schläfrigkeit, Migräne, Gedächtnisschwäche, Augenreizung, Bindehautblutung, trockene Augen, Augenhöhlenödem, Schwindel, Ohrengeräusche, Herzmuskelschwäche, Wassereinlagerung in der Lunge, Anstieg der Herzfrequenz, Bluterguss, niedriger Blutdruck, erhöhter Blutdruck, Erröten, Kältegefühl in den Gliedern, Flüssigkeitsansammlung im Brustfell, Reizhusten, Rachenschmerzen, Kehlkopfschmerzen, Blutungen im Genitalbereich, Blut im Stuhl, Wasseransammlung in der Bauchhöhle, Magengeschwür, Entzündung der Magenschleimhaut, Aufstoßen, Mundtrockenheit, Gelbsucht, Leberentzündung, erhöhter Gehalt von Bilirubin im Blut, Hautblutung, Prellungen und Quetschungen von Organen, vermehrtes Schwitzen, Nesselsucht, Brüchigwerden der Nägel, Lichtempfindlichkeit, Schädigung der Gefäßwand durch Störung der Blutgerinnung, spärliche Behaarung, Lippenentzündung, verminderte Hautfärbung, vermehrte Hautfärbung, Schuppenflechte, Hautentzündung mit Schälen der Haut und Bläschenbildung, Ischiasbeschwerden, Gelenksteifigkeit, Muskelsteifigkeit, Nierenversagen, Nierenschmerzen, häufiges Wasserlassen, Blut im Urin, Vergrößerung der männlichen Brustdrüse, Brustvergrößerung, Wassereinlagerung im Hodensack, verlängerte Regelblutung, Schmerzen der Brustwarzen, Störungen der Sexualfunktion, Unpässlichkeit, Blutung, alkalische Phosphatase-Überschuss im Blut, Blut-Kreatinin-Werterhöhung, Blut-Kreatinphosphokinase-Werterhöhung, Blut-Lactatdehydrogenase-Werterhöhung, Gewichtsverlust.

Seltene Nebenwirkungen:
Blutkaliumwerterhöhung, Blutnatriumwerterniedrigung, Verwirrung, Wassereinlagerung im Gehirn, erhöhter Schädelhöhlendruck, Schüttelkrämpfe, Wassereinlagerung im gelben Fleck der Netzhaut, Wassereinlagerung in den Pupillen, Blutung der Netzhaut, Blutung im Glaskörper des Auges, grüner Star, Herzbeutelerguss, Herzbeutelentzündung, Gefäßverschlüsse, narbiger Umbau des Lungengewebes, Lungenentzündung, Entzündung des Dickdarms, Störung des Nahrungsbrei-Durchlaufs im Darm, Darmverschluss, Bauchspeicheldrüsenentzündung, Leberversagen, Hautschwellung, bläschenförmige entzündliche Hautveränderung, Stevens-Johnson-Syndrom, Wassereinlagerung im Unterhautgewebe, Tumorblutung, Tumorvernarbung.

Besonderheiten:
Seit der Markteinführung erhärtet sich der Verdacht, dass Imatinib den Knochenstoffwechsel in einem Maße stört, dass es auch zu Knochenabbau kommen kann. Es sollten daher während der Therapie mit dem Wirkstoff vom Arzt die Konzentrationen an Phosphat und Vitamin D im Blut überwacht werden. Bei Bedarf müssen dann Phosphate gegeben werden.

Imatinib scheint in manchen Fällen auch Muskelschäden (Rhabdomyolyse) auszulösen. Die Behandlungsdosis betrug im Fallbericht 400 Milligramm/Tag. Kurz nach Therapiebeginn traten zunehmende Muskelschmerzen auf und der Muskelzellen-Zerfall war auch im Labor nachweisbar. Imatinib-Patienten sollte daher Beschwerden wie Verspannungen, Muskelschmerzen und "Muskelkater" sofort ihrem Arzt melden.

Welche Wechselwirkungen zeigt Imatinib?

Bitte beachten Sie, dass die Wechselwirkungen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Imatinib wird in der Leber durch die Enzyme der Cytochrom-Gruppe verarbeitet. Alle Wirkstoffe, die Einfluss auf die Aktivität dieser Enzyme nehmen, können die Effekte von Imatinib verändern. Und das vor allem im Sinne einer gegenseitigen Verstärkung von Wirkungen und Nebenwirkungen. Dazu gehören zum Beispiel:
  • Immunologika wie Ciclosporin, das Psychopharmakon Pimozid, Triazol-Benzodiazepine (Epilepsie-Medikamente), Kalziumkanalblocker (gegen Bluthochdruck) und bestimmte Cholesterinsenker (Statine).
  • Zu einer Schwächung der Wirkung von Imatinib führen das GlukokortikoidDexamethason sowie Johanniskraut und das Tuberkulosemittel Rifampicin.
.Zusammen mit diesem Wirkstoffen darf Imatinib nicht gegeben werden.

Imatinib verstärkt die Wirkung des blutverdünnenden Wirkstoffes Warfarin. Deshalb sollte während einer Behandlung mit dem Imatinib eine gerinnunbgshemmenden Therapie mit Antikoagulanzien der Heparin-Gruppe betrieben werden.

Im Laborexperiment verstärkt Imatinib die Blutkonzentration von Paracetamol gegen Schmerzen. Es ist daher besonders vor Einnahme hoher Dosen Paracetamol zusammen mit Imatinib der Arzt zu befragen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

  • Das Medikament kann bei Leberfunktionsstörungen mehr Nebenwirkungen haben.
  • Es kann zu Flüssigkeitsansammlungen kommen. Die Patienten sollten sich daher regelmäßig wiegen.
  • Patienten mit Herzerkrankungen oder Risikofaktoren für eine Herzmuskelschwäche sollten sorgfältig ärztlich überwacht werden. Alle Patienten mit Anzeichen oder Beschwerden, die auf eine Herzmuskelschwäche hindeuten, sollten untersucht und entsprechend behandelt werden.
  • Bei der Behandlung mit dem Medikament sollte der Arzt die Konzentrationen an Phosphat und Vitamin D im Blut überwachen.
  • Beschwerden durch das Medikament wie Verspannungen, Muskelschmerzen und "Muskelkater" sind sofort einem Arzt zu melden.
  • Das Medikament darf nur von Ärzten angewendet werden, die in der Behandlung von Blut- und Bindegewebskrebs erfahren sind.
  • Das Reaktionsvermögen kann durch den Wirkstoff so weit verändert sein, dass die aktive Teilnahme am Straßenverkehr oder das Bedienen von Maschinen gefährlich werden. Dies gilt in verstärktem Maße im Zusammenwirken mit Alkohol.

Manchmal lösen arzneiliche Wirkstoffe allergische Reaktionen aus. Sollten Sie Anzeichen einer allergischen Reaktion wahrnehmen, so informieren Sie umgehend Ihren Arzt oder Apotheker.

Welche Medikamente beinhalten Imatinib?

Folgende Tabelle zeigt alle erfassten Medikamente, in welchen Imatinib enthalten ist.In der letzten Spalte finden Sie die Links zu den verfügbaren Anwendungsgebieten, bei denen das jeweilige Medikamente eingesetzt werden kann.

So wirkt Imatinib

Im Folgenden erfahren Sie mehr zu den Anwendungsgebieten und der Wirkungsweise von Imatinib. Lesen Sie dazu auch die Informationen zur Wirkstoffgruppe Zytostatika, zu welcher der Wirkstoff Imatinib gehört.

Anwendungsgebiete des Wirkstoffs Imatinib

Imatinib wird zur Behandlung von chronisch myeloischer Leukämie(CML) eingesetzt. Diese Blutkrebsform macht ungefähr 15 Prozent der Leukämien beim Erwachsenen aus. Sie tritt am häufigsten zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr auf und beginnt mit einer chronischen Phase, die meist von wenigen Anzeichen begleitet ist und mehrere Jahre andauert. Diesem Zeitabschnitt folgt dann meistens eine so genannte beschleunigte Phase des Erkrankungsverlaufs, die unterschiedlich lange dauert. In diesem Stadium kann die Krankheit mit Medikamenten nur sehr schlecht kontrolliert werden. Immer endet die chronisch myeloische Leukämie im so genannten Blastenschub (einer explosionsartigen Vermehrung unreifer Blutzellen), der der aggressiven Form einer akuten Leukämie ähnelt.

Imatinib ist in allen drei Krankheitsstadien wirksam. Es kann während der chronischen Phase nach Versagen einer Interferon-Alpha-Therapie, aber ebenso in der beschleunigten Phase oder der akuten Leukämie-Phase eingesetzt werden. Bei letzterem wird der Wirkstoff häufig mit einem anderen Krebsmittel kombiniert.

Eine weitere Blutkrebsform, die mit Imatinib bekämpft werden kann, ist die überschießende Bildung unreifer Blutzellen (hypereosinophiles Syndrom; HES).

Neben diesen Blutkrebs-Arten werden auch Tumore von Organ-Bindegewebe (GIST) und Krebs des Haut-Bindegewebes bei Erwachsenen mit Imatinib behandelt.

Zu folgenden Anwendungsgebieten von Imatinib sind vertiefende Informationen verfügbar:

Wirkungsweise von Imatinib

Alle Zellen, so auch Krebszellen, werden durch Wachstumsfaktoren wie beispielsweise dem epidermalen Wachstumsfaktor (EGF) zur Vermehrung angeregt. Dies geschieht, indem sich der Wachstumsfaktor an einen auf der Zelle befindlichen Rezeptor (EGFR) bindet. Diese Bindung führt in der Zelle durch das Enzym Tyrosin-Kinase zu einer Veränderung des Rezeptors und nachfolgender Aktivierung von Wachstums- und Vermehrungsvorgängen. Krebszellen weisen vermehrt oder veränderte EGF-Rezeptoren auf. Das führt dazu, dass Tumorzellen unkontrolliert wachsen und sich vermehren.

Imatinib gehört zur Wirkstoffgruppe der Zytostatika und hier zu den Hemmern der Tyrosin-Kinase. Damit Imatinib wirken kann, muss im Erbgut der vom Krebs befallenen Zellen der Bauplan der Tyrosin-Kinase enthalten sein. Die entsprechenden so genannten Gene kommt bei fast 95 Prozent der Patienten mit chronischer myeloischer Leukämie und über 90 Prozent der Magentumoren und Bindegewebskrebs von Magen und Darm (GIST) vor. Per Computertest ist es heute möglich, schon vor der Behandlung festzustellen, ob die Krebszellen des Patienten Tyrosin-Kinase produzieren und Imatinib wirksam sein wird.

Imatinib wird nur Patienten im fortgeschrittenen Stadium der Krebserkrankung verabreicht oder aber, wenn eine Behandlung mit Interferon im chronischen Stadium nicht mehr wirksam ist.

Disclaimer:
Bitte beachten: Die Angaben zu Wirkung, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie zu Gegenanzeigen und Warnhinweisen beziehen sich allgemein auf den Wirkstoff des Medikaments und können daher von den Herstellerangaben zu Ihrem Medikament abweichen. Bitte fragen Sie im Zweifel Ihre*n Arzt*Ärztin oder Apotheker*in oder ziehen Sie den Beipackzettel Ihres Medikaments zurate.