Flunitrazepam

Von: Andrea Lubliner (Pharmazeutin und Fachtexterin für medizinische Fachtexte)
Letzte Aktualisierung: 21.04.2018

Allgemeines

Der Wirkstoff Flunitrazepam wirkt bereits in sehr niedriger Dosierung stark bewusstseinseintrübend.

Welchen Zwecken dient dieser Wirkstoff?

  • Unruhe-, Angst- und Spannungszustände lösen
  • Einschlafen und Durchschlafen fördern
  • Bewusstsein einschränken

Gegenanzeigen

Im Folgenden erhalten Sie Informationen über Gegenanzeigen bei der Anwendung von Flunitrazepam im Allgemeinen, bei Schwangerschaft & Stillzeit sowie bei Kindern. Bitte beachten Sie, dass die Gegenanzeigen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Wann darf Flunitrazepam nicht verwendet werden?

Der Einsatz von Flunitrazepam unterliegt je nach Arzneiform unterschiedlichen Beschränkungen:

Als Injektion oder Infusion darf der Wirkstoff nicht angewendet werden bei
  • Überempfindlichkeit gegen Flunitrazepam oder andere Benzodiazepine
  • einer Abhängigkeit von Medikamenten, Drogen und Alkohol
  • akuter Vergiftung mit Alkohol, Schlafmitteln, Schmerzmitteln sowie Psychopharmaka (Neuroleptika, Antidepressiva, Lithium)
  • Myasthenia gravis
  • Psychosen
  • schwerer chronischer Atemnot, insbesondere bei akuter Verschlechterung
Nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung durch den Arzt und unter seiner Kontrolle darf der Wirkstoff eingesetzt werden bei
  • unbehandeltem akutem Engwinkelglaukom (spezielle Form des Grünen Star)
  • Schlaf-Apnoe-Syndrom
  • Störungen der Bewegung, die vom Rückenmark oder Gehirn ausgehen
  • eingeschränkter Nierenfunktion
  • Patienten mit Depressionen und/oder Selbstmordversuchen in der Vorgeschichte
  • schweren Leberschäden (zum Beispiel Gelbsucht aufgrund eines Gallengangverschlusses).
Als Tabletten zur Schlafförderung darf der Wirkstoff nicht angewendet werden bei
  • Überempfindlichkeit gegen Flunitrazepam oder andere Benzodiazepine
  • einer Abhängigkeit von Medikamenten, Drogen und Alkohol
  • akuter Vergiftung mit Alkohol, Schlafmitteln, Schmerzmitteln sowie Psychopharmaka (Neuroleptika, Antidepressiva, Lithium)
  • Myasthenia gravis
  • schwerer chronischer Atemnot, insbesondere bei akuter Verschlechterung
  • Schlaf-Apnoe-Syndrom
  • schweren Leberschäden (zum Beispiel Gelbsucht aufgrund eines Gallengangverschlusses)
Nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung durch den Arzt und unter seiner Kontrolle darf der Wirkstoff eingesetzt werden bei
  • unbehandeltem akutem Engwinkelglaukom (spezielle Form des Grünen Star)
  • Störungen der Bewegung, die vom Rückenmark oder Gehirn ausgehen
  • alleiniger Behandlung von Psychosen, Depressionen und Angststörungen
  • älteren Patienten
  • Atemstörungen
  • Leberfunktionsstörung
  • schwerer Nierenfunktionsstörung.
Hinweis:
Bei älteren Patienten kann die Ausscheidung von Flunitrazepam verlängert sein, was die Wirkung verstärkt. Außerdem können sie empfindlicher auf die Anwendung reagieren, besonders bei einer Herzerkrankung mit schwerer Atemnot. Deshalb sollte der Arzt bei älteren Patienten und Patienten in schlechterem Allgemeinzustand, mit hirnorganischen Veränderungen, Kreislaufschwäche und krankhaften Atembeschwerden die individuelle Reaktion auf den Wirkstoff kontrollieren.

Was müssen Sie bei Schwangerschaft und Stillzeit beachten?

Flunitrazepam und ein Hauptstoffwechselprodukt gelangen über den Mutterkuchen zum Ungeborenen. Sie können sich dort anreichern, was beim Kind zu Überdosierungen mit der Folge von Fehlbildungen und geistigen Einschränkungen führen kann.

Erhalten Mütter während der Schwangerschaft Benzodiazepine als Dauerbehandlung, in hohen Dosen oder während der Geburt, können die Kinder Entzugssymptome wie Atembeschwerden, erschlaffte Muskeln, erniedrigte Körpertemperatur und Trinkschwäche zeigen. Deshalb sollte Flunitrazepam während der Schwangerschaft nur angewendet werden, wenn es der Arzt für zwingend erforderlich hält.

Flunitrazepam und seine Stoffwechselprodukte gehen in die Muttermilch über. Da der Wirkstoff bei Neugeborenen wesentlich langsamer abgebaut wird als von Kindern oder Erwachsenen, kommt es zu Atembeschwerden und Trinkschwäche. Es sollte also bei einer Behandlung mit Flunitrazepam entweder nicht gestillt oder abgestillt werden.

Was ist bei Kindern zu berücksichtigen?

Flunitrazepam darf als Injektion oder Infusion an Kinder erst ab sechs Jahren gegeben werden. In Tablettenform ist es nur für Erwachsene bestimmt.

Welche Nebenwirkungen kann Flunitrazepam haben?

Im Folgenden erfahren Sie das Wichtigste zu möglichen, bekannten Nebenwirkungen von Flunitrazepam. Diese Nebenwirkungen müssen nicht auftreten, können aber. Denn jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf Medikamente. Bitte beachten Sie außerdem, dass die Nebenwirkungen in Art und Häufigkeit je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Herzversagen (einschließlich Herzstillstand), Schläfrigkeit, Benommenheit, Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, Bewegungsstörungen, Sprechstörungen, vorübergehende Sehstörungen (Doppeltsehen, Augenzittern), Atemfunktionsstörung, Übelkeit und Erbrechen, allergische Hautreaktionen, Muskelschwäche, geringfügiger Blutdruckabfall im Schlaf, Hautausschlag, Herz-Kreislauf-Schock, Kehlkopfkrampf, Bronchialkrämpfe, allergischer Schock, Gefühlsverarmung, Konzentrationsstörungen, Verwirrtheit, verringerte Aufmerksamkeit, Libido-Zunahme, Libido-Abnahme, sogenannte paradoxe Reaktionen (Erregung, Reizbarkeit, Aggressivität, Unruhe, Nervosität, Feindseligkeit, Angstzustände, Schlafstörungen, Albträume, lebhafte Träume), Abhängigkeit, Entzungserscheinungen bei Behandlungsende.

zusätzlich bei Injektion oder Infusion:
Blutgefäßentzündungen am Injektionsort, Injektionsschmerz.

Besonderheiten:
Die Einnahme von Benzodiazepinen wie Flunitrazepam kann zur Abhängigkeit mit Entzugserscheinungen führen. Bereits bei täglicher Anwendung über wenige Wochen kann sich eine Abhängigkeit entwickeln. Dies gilt nicht nur für die missbräuchliche Anwendung besonders hoher Dosen, sondern auch für den üblichen Dosisbereich während einer Behandlung.

Nach längerer Einnahme und plötzlichem Behandlungsende treten Entzugsbeschwerden wie Schlafstörungen und vermehrtes Träumen, Angst, Spannungszustände, Erregung, innere Unruhe, Zittern, Schwitzen, Erhöhung der Krampfbereitschaft mit Auslösen von Krampfanfällen und Psychosen mit Gedächtnisstörungen, Denkstörungen und Wahnvorstellungen auf. Die Behandlung mit dem Wirkstoff sollte daher immer mit langsam verminderten Dosen beendet werden.

Die abendliche Einnahme von Flunitrazepam kann noch am nächsten Morgen zu verminderter Reaktions- und Konzentrationsfähigkeit sowie Restmüdigkeit führen.

Wegen der muskelerschlaffenden Wirkung ist besonders bei älteren Patienten eine erhöhte Sturzgefahr gegeben. Die Patienten müssen daher vor allem bei nächtlichem Aufstehen vorsichtig sein.

Die Wirkstoffgruppe der Benzodiazepine kann zeitlich oder inhaltlich begrenzte Erinnerungslücken verursachen. Diese treten meist einige Stunden nach der Einnahme auf. Die Patienten sollten deshalb dafür sorgen, dass sie nach der Einnahme eine ununterbrochene Schlafdauer von etwa sieben bis acht Stunden einhalten können.

Eine Einschränkung der Atemfunktion kann sich in einer Verlangsamung der Atemzüge zeigen und einem veränderten Gasgehalt des Blutes. Diese Nebenwirkung kann bei Verlegung der Atemwege und bei vorbestehenden Hirnschädigungen verstärkt in Erscheinung treten. Sie ist besonders gefährlich, wenn gleichzeitig andere Wirkstoffe mit atembehindernder Wirkung angewendet werden.

Welche Wechselwirkungen zeigt Flunitrazepam?

Bitte beachten Sie, dass die Wechselwirkungen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Manche Substanzen wie zum Beispiel Johanniskraut (gegen Depressionen), hemmen bestimmte Leberenzyme, die für den Abbau von Benzodiazepinen und Benzodiazepin-ähnlichen Wirkstoffen wichtig sind und verstärken dadurch deren Wirkung.

Andere Substanzen beschleunigen den Stoffwechselabbau von Flunitrazepam und mindern dadurch dessen Wirkung. Dazu gehören Phenobarbital und Phenytoin (gegen Epilepsien). In seltenen Fällen kann seinerseits Flunitrazepam den Stoffwechselabbau von Phenytoin hemmen und dessen Wirkung verstärken.

Bei gleichzeitiger Anwendung von Flunitrazepam mit folgenden Substanzen und Wirkstoffgruppen kann es zu gegenseitiger Verstärkung der beruhigenden, atemunterdrückenden und blutdrucksenkenden Wirkung kommen
  • Beruhigungs- und Schlafmittel, Narkosemittel, opioide Schmerzmittel
  • Neuroleptika
  • Antiepileptika
  • angstlösende Mittel
  • müde machende H1-Antihistaminika
  • Lithium (gegen Depressionen)
  • Alkohol
Besonders die gleichzeitige Anwendung von opioiden Schmerzmitteln kann zu Betäubung, Unterdrückung der Atemfunktion, Koma und Tod führen. Erachtet der Arzt eine gleichzeitige Verschreibung in Ausnahmefällen für notwendig, wird er die niedrigste wirksame Dosis wählen und die Behandlungsdauer so kurz wie möglich halten.

Alkoholgenuss während der Behandlung kann die Wirkungen in nicht vorhersehbarer Weise verändert und verstärken. Alkohol ist deshalb bei einer Behandlung mit dem Wirkstoff zu meiden.

Die Kombination mit opioiden Schmerzmitteln kann zu einer Verstärkung der aufputschenden Wirkung und damit zu beschleunigter Abhängigkeit führen.

Flunitrazepam zur Narkoseeinleitung verstärkt die Wirkung von Narkosemitteln wie Stickoxydul (Lachgas) und führt zu Blutdruckabfall.

Bei gleichzeitiger Gabe von Muskelrelaxanzien wird die muskelerschlaffende Wirkung verstärkt. Zusammen mit dem Muskelrelaxans Suxamethonium ist es schon zu Herzstillstand gekommen.

Unter Umständen können aufgrund der dämpfenden Wirkung von Flunitrazepam auf das Gehirn bei gleichzeitiger Anwendung von Drogen lebensbedrohliche Zustände, insbesondere Atemfunktionsstörungen, auftreten.

Bei Patienten, die eine Dauerbehandlung mit anderen Wirkstoffen erhalten wie Blutdrucksenker, Betablocker, Herzglykoside, Antikoagulanzien, orale Antidiabetika und Östrogen-Gestagen-Kombinationen zur Verhütung ("Pille") sind Art und Umfang von Wechselwirkungen nicht sicher vorhersehbar. Daher ist bei gleichzeitiger Anwendung von Flunitrazepam ärztliche Vorsicht geboten.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

  • Mit Alkohol können sich die betäubenden Wirkungen gegenseitig verstärken.
  • Das Medikament kann vom Arzt nur auf einem speziellen Betäubungsmittel-Rezept verschrieben werden.
  • Eine längere Anwendung des Medikaments kann zu einer Abhängigkeit des Patienten und einem Nachlassen der Wirksamkeit führen.
  • Ältere Patienten und Patienten mit einer Leber- oder Nierenfunktionsstörung benötigen geringere Dosierungen.
  • Die Konzentration kann durch das Medikament so weit beeinträchtigt sein, dass Autofahren und das Bedienen von Maschinen gefährlich sind.

Manchmal lösen arzneiliche Wirkstoffe allergische Reaktionen aus. Sollten Sie Anzeichen einer allergischen Reaktion wahrnehmen, so informieren Sie umgehend Ihren Arzt oder Apotheker.

Welche Medikamente beinhalten Flunitrazepam?

Folgende Tabelle zeigt alle erfassten Medikamente, in welchen Flunitrazepam enthalten ist.In der letzten Spalte finden Sie die Links zu den verfügbaren Anwendungsgebieten, bei denen das jeweilige Medikamente eingesetzt werden kann.

So wirkt Flunitrazepam

Im Folgenden erfahren Sie mehr zu den Anwendungsgebieten und der Wirkungsweise von Flunitrazepam. Lesen Sie dazu auch die Informationen zu den Wirkstoffgruppen Benzodiazepine, Schlafmittel, zu welcher der Wirkstoff Flunitrazepam gehört.

Anwendungsgebiete des Wirkstoffs Flunitrazepam

Der Wirkstoff Flunitrazepam wirkt bereits in sehr niedriger Dosierung stark bewusstseinseintrübend.

Im Bereich der Klinik wird Flunitrazepam als Injektion zur Beruhigung und Vorbereitung vor und nach Operationen, chirurgischen oder diagnostischen Eingriffen eingesetzt.

In Tablettenform wird Flunitrazepam zur kurzzeitigen Behandlung stark beeinträchtigender Schlafstörungen angewendet. Darunter versteht man solche Schlafstörungen, die aufgrund einer seelischen Erkrankung oder einer krankhaften Bewusstseinsstörung wie zum Beispiel Angststörungen oder Nervosität entstehen. Des weiteren zählen auch Schlafstörungen durch organische Erkrankungen des Gehirns (zum Beispiel Tumoren) oder solche vor oder nach einer Operation dazu.

Zu folgenden Anwendungsgebieten von Flunitrazepam sind vertiefende Informationen verfügbar:

Wirkungsweise von Flunitrazepam

Flunitrazepam gehört zu den lang wirksamen Benzodiazepinen. Es bindet sich im Gehirn an die für diese Substanzgruppe spezifischen Rezeptoren. Flunitrazepam verstärkt damit die hemmende Wirkung des Botenstoffs GABA auf unterschiedliche Verbände von Nervenknoten. Dazu werden viel niedrigere Dosen benötigt als von anderen Benzodiazepinen, was die vorherrschend bewusstseinseintrübende Wirkung des Flunitrazepams erklärt. Außerdem hat Flunitrazepam die typischen beruhigenden, angstlösenden, muskelentspannenden und krampflösenden sowie die Psychomotorik (Wahrnehmung, Erleben, Handeln) verlangsamenden Effekte.

Dazu zeigt Flunitrazepam eine dosis- und zeitabhängige Wirkung auf das Erinnerungsvermögen.

Nach der Einnahme von Flunitrazepam ist nach 16 bis 35 Stunden noch die Hälfte der unveränderten Substanz im Körper zu finden. Es gehört damit zu den lang wirksamen Benzodiazepinen. Auf Grund dieser langen so genannten Halbwertszeit besteht bei wiederholter Einnahme das Risiko einer Ansammlung im Körper und damit zunehmender Restwirkungen. Insbesonders gilt dies für ältere oder nierenkranke Patienten.

Disclaimer:
Bitte beachten: Die Angaben zu Wirkung, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie zu Gegenanzeigen und Warnhinweisen beziehen sich allgemein auf den Wirkstoff des Medikaments und können daher von den Herstellerangaben zu Ihrem Medikament abweichen. Bitte fragen Sie im Zweifel Ihre*n Arzt*Ärztin oder Apotheker*in oder ziehen Sie den Beipackzettel Ihres Medikaments zurate.