Nierentransplantation: Ablauf und Voraussetzungen
Bei einer Nierentransplantation erhält eine nierenkranke Person ein gesundes Spenderorgan. Nach der Transplantation müssen Betroffene ihr Leben lang Immunsuppressiva einnehmen, um eine Abstoßungsreaktion zu verhindern. Wie eine Nierentransplantation abläuft und was es zu beachten gilt.
Zusammenfassung
- Definition: Personen mit unwiederbringlichem Nierenversagen erhalten bei der Nierentransplantation ein gesundes Spenderorgan.
- Wartezeit: Um eine Spenderniere zu erhalten, müssen Betroffene auf der Eurotransplant-Warteliste stehen. Die Wartezeit auf ein Organ von einer verstorbenen Person beträgt mehrere Jahre. Alternativ ist auch eine Lebendspende möglich.
- Ablauf und Durchführung: Vor der Transplantation sind umfangreiche Untersuchungen notwendig, um die Transplantationsfähigkeit der betroffenen Person sicherzustellen. Während der Operation wird unter Narkose die Spenderniere mit den Blutgefäßen der empfangenden Person verbunden.
- Anwendungsgebiete: Die Voraussetzung für eine Nierentransplantation ist eine unheilbare und unwiederbringliche Schädigung der Nieren, die die Lebenserwartung verkürzt. Nur Personen, die dialysepflichtig sind oder bei denen dies im nächsten Jahr zu erwarten ist, werden auf die Warteliste aufgenommen.
- Komplikationen und Risiken: Es besteht unter anderem die Gefahr einer Abstoßungsreaktion, bei der das Immunsystem das Spenderorgan angreift. Prophylaktisch werden Immunsuppressiva eingesetzt, die jedoch das Risiko von Infektionen und Krebserkrankungen erhöhen.
- Prognose: Nach einer erfolgreichen Transplantation liegt die Lebenserwartung bei etwa 12 bis 19 Jahren.
Was ist eine Nierentransplantation?
Bei einer Nierentransplantation – kurz NTx – wird einer nierenkranken Person ein gesundes Spenderorgan eingesetzt. Im Vergleich zur Dialyse bietet die Transplantation den Patient*innen auf Dauer mehr Lebensqualität und eine zwei- bis dreimal höhere Lebenserwartung.
Man unterscheidet zwei verschiedene Verfahren:
- Lebendspende: Das Spenderorgan stammt von einer Person, die der*dem Nierenkranken nahesteht. Da die Nieren paarweise vorliegen, kann die verbleibende Niere den Verlust der anderen kompensieren.
- Postmortale Spende: Hier stammt die Spenderniere von einer für hirntot erklärten Person. Die Verteilung der postmortal gespendeten Organe erfolgt zentral über die Stiftung Eurotransplant.
Im Jahr 2021 erfolgten in Deutschland knapp 2.000 Nierentransplantationen; bei einem Viertel davon handelte es sich um Lebendspenden.
Vorteile der Nierenlebendspende
Eine Lebendspende bietet verschiedene Vorteile. So kann sie bereits vor Eintritt der Dialysepflicht erfolgen, also wenn es der nierenkranken Person noch besser geht. Voraussetzung ist, dass die GFR (glomeruläre Filtrationsrate), mit der die Nierenfunktion bestimmt wird, nicht mehr als 20 Prozent beträgt.
Da das Spenderorgan von einem weitestgehend gesunden Menschen stammt und direkt vor Ort transplantiert wird, ist die Niere zumeist in einem besseren Zustand. Die Prognose nach einer Lebendspende ist daher besser.
Um Organhandel auszuschließen, darf die Spenderniere nur von einer Person stammen, die eine enge persönliche Beziehung zur Empfängerin*zum Empfänger hat. Organe von nahen Verwandten werden vom Immunsystem oft besser toleriert.
Nierentransplantation: Was passiert in der Wartezeit?
Die Transplantation von Organen wird in Deutschland durch das Transplantationsgesetz geregelt. Voraussetzung ist die Aufnahme auf die Warteliste von Eurotransplant. Das gilt auch für Nierenlebendspenden.
Die*der behandelnde Nephrolog*in sollte ein Transplantationszentrum informieren, wenn bei Betroffenen innerhalb des nächsten Jahres Dialysepflicht zu erwarten ist. Die Wartezeit auf ein Organ beginnt aber erst zum Zeitpunkt der ersten tatsächlich erfolgten Dialyse.
- Bei Nierenkranken unter 65 Jahren werden die Spenderorgane nach dem ETKAS (Eurotransplant Kidney Allocation Score, auf Deutsch Eurotransplant-Punktesystem für die Verteilung von Nieren) zugeteilt.
- Ab dem Alter von 65 Jahren können sich die Empfänger*innen aussuchen, ob sie stattdessen in das ESP (European Senior Programm, auf Deutsch europäisches Seniorenprogramm) aufgenommen werden möchten.
Wie lange muss man auf eine Nierentransplantation warten?
Die Wartezeit für Nieren, die per ETKAS verteilt werden, beträgt in Deutschland fast neun Jahre, beim ESP hingegen knapp vier. Allerdings stammen die Nieren im ESP von Spender*innen mit höherem Alter, was die Prognose verschlechtert.
Während der Wartezeit auf eine Nierentransplantation werden die Betroffenen regelmäßig untersucht. Je länger sie auf der Warteliste stehen, desto schlechter ist in der Regel ihr Allgemeinzustand, da oft auch Begleiterkrankungen auftreten. Das kann sich negativ auf die Transplantationsfähigkeit auswirken.
Wie entscheidet sich, wer ein Spenderorgan bekommt?
Die Zuteilung der Spenderorgane erfolgt computergesteuert. Hier geht es nach Dringlichkeit, aber auch die Kompatibilität der Gewebemerkmale ist wichtig. Der Ort, an dem die Transplantation stattfindet, spielt ebenfalls eine Rolle: Zu lange Transportzeiten der Organe sind zu vermeiden. Zudem wird für eine ausgeglichene Länderbilanz gesorgt.
Unter bestimmten Voraussetzungen kann vom üblichen Prozedere abgewichen werden, etwa bei besonderer Dringlichkeit der Transplantation.
Wenn eine nierenkranke Person auf die Warteliste für eine Transplantation aufgenommen wird, stehen zahlreiche Untersuchungen an. Sie dienen dazu, die Transplantationsfähigkeit festzustellen. Umfangreiche Blutuntersuchungen, Urintests sowie Check-ups bei Angehörigen diverser Fachrichtungen sind dazu notwendig.
Wann kann keine Transplantation durchgeführt werden?
Bestimmte Vorerkrankungen können dazu führen, dass keine NTx durchgeführt werden kann:
- Begleiterkrankungen, die das OP-Risiko erhöhen
- Erkrankungen, die die Erfolgsaussichten der Transplantation verringern
- bestimmte Infektionskrankheiten oder aktive Krebserkrankungen, da die nach einer NTx notwendige Immunsuppression dann nicht möglich ist
- psychische Erkrankungen, die dazu führen, dass Betroffene sich nicht an die Handlungsrichtlinien nach einer Nierentransplantation halten können
Nierentransplantation: Ablauf und Durchführung
Wurde ein Spenderorgan gefunden und die betroffene Person trifft in der Klinik ein, sind erneut Untersuchungen nötig, um die aktuelle Transplantationsfähigkeit sicherzustellen. Anschließend wird im Labor untersucht, ob das Transplantat mit dem Immunsystem der Person kompatibel ist. Bereits vor der Operation werden Medikamente verabreicht:
- Immunsuppressiva sollen einer Abstoßungsreaktion vorbeugen, bei der das Immunsystem das fremde Organ angreift
- Antibiotika sollen Infektionen durch die OP und das unterdrückte Immunsystem verhindern
Was passiert bei einer Nierentransplantation?
Da eine Niere ausreicht, um die Versorgung sicherzustellen, wird jeweils nur ein Spenderorgan implantiert – meist auf der rechten Unterbauchseite. Die eigenen Nieren werden in der Regel nicht entfernt, da dies eine kürzere Operationszeit und weniger Belastung für den*die Empfänger*in bedeutet. Die Operation wird unter Vollnarkose durchgeführt und dauert etwa zwei bis drei Stunden. Die Spenderniere wird dabei mit den Blutgefäßen verbunden und es wird dafür gesorgt, dass der in der Niere produzierte Harn abfließen kann.
Die ersten Tage nach der NTx
Die ersten ein bis zwei Tage nach der Transplantation verbringen die Betroffenen auf der Intensivstation. Insgesamt ist mit einem Klinikaufenthalt von zwei bis drei Wochen zu rechnen. Anschließend empfiehlt sich eine Reha.
Ergänzend zu den Immunsuppressiva und Antibiotika sind Mundspülungen zur Prophylaxe von Pilzinfektionen angezeigt.
Wann ist eine Nierentransplantation notwendig?
Verschiedene Erkrankungen können dazu führen, dass die Nierenfunktion größtenteils oder vollständig verloren geht. Dazu gehören beispielsweise:
- Nierenschäden durch Diabetes (diabetische Nephropathie)
- Nierenschäden durch Bluthochdruck (hypertensive Nephropathie)
- Vergiftungen, etwa durch Medikamente oder Drogen
- Krebserkrankungen
- Autoimmunerkrankungen
- Infektionskrankheiten wie Hepatitis oder HIV
Wenn die Nieren ihre Aufgaben nicht mehr in ausreichendem Maße erfüllen können, wird ein Nierenersatzverfahren notwendig. Die Dialyse schränkt sowohl die Lebenserwartung als auch die Lebensqualität der Betroffenen stark ein. Zu bevorzugen ist daher die Transplantation.
Die Voraussetzung dafür ist eine unheilbare, fortschreitende und lebensbedrohende Erkrankung der Nieren, die die Dialyse zwingend notwendig macht.
Gibt es für die Nierentransplantation eine Altersgrenze?
Eine Altersgrenze für die NTx gibt es nicht. Eine der Voraussetzungen für die Aufnahme auf die Warteliste ist jedoch ein ausreichend guter Allgemeinzustand der Betroffenen. Mit zunehmendem Lebensalter und bei lange bestehender Nierenerkrankung liegen oft Begleiterkrankungen vor, etwa des Herz-Kreislauf-Systems, die den Erfolg einer NTx beeinträchtigen können.
Komplikationen und Risiken einer Nierentransplantation
Wie jede andere Operation birgt auch die Transplantation einer Spenderniere allgemeine OP-Risiken, etwa durch die Narkose. Es kann beispielsweise zu Komplikationen wie Blutungen, Infektionen, Harnstauung oder Thrombosen kommen.
In ungefähr der Hälfte der Fälle nimmt die transplantierte Niere ihre Funktion verzögert auf. Daher kann bis zu drei Wochen nach der Transplantation noch immer Dialysepflicht bestehen. Ein akutes Nierenversagen nach dem Eingriff bedeutet nicht, dass die Transplantation erfolglos war. Die langfristige Prognose wird dadurch aber schlechter.
Auch nach einer Nierentransplantation kann die Grunderkrankung, die die Transplantation nötig gemacht hat, wieder aufflammen.
Abstoßungsreaktion nach Nierentransplantation
Weil das Immunsystem das Spenderorgan als fremd erkennt, kann es zudem zu Abstoßungsreaktionen kommen. Um dieses Risiko zu verringern, wird darauf geachtet, dass das Organ möglichst gut zum*zur Empfänger*in passt.
Eine solche Abstoßung kann sofort nach der Transplantation auftreten, aber auch noch Jahre später. Daher ist die lebenslange Einnahme von Immunsuppressiva notwendig. Sie unterdrücken das Immunsystem und sollen so verhindern, dass die Abwehrkräfte das transplantierte Spenderorgan angreifen.
Neben der positiven Wirkung haben diese Medikamente aber auch unerwünschte Folgen: Da sie die Abwehrkräfte hemmen, ist die Gefahr von Infekten – auch schweren Infektionen – und Krebserkrankungen erhöht.
Wie geht es nach der Nierentransplantation weiter?
Nach dem Krankenhausaufenthalt und der anschließenden Reha sind weiterhin regelmäßige Kontrolluntersuchungen und die Einnahme von Medikamenten nötig.
Ist die NTx erfolgreich verlaufen, können die Betroffenen danach wieder aktiver am Leben teilnehmen. In den ersten Monaten nach der Nierentransplantation ist eine Sportpause angezeigt. Später ist Bewegung nach ärztlicher Rücksprache jedoch zu empfehlen; sie kann auch Nebenwirkungen der Immunsuppressiva entgegenwirken.
Eine Schwangerschaft sollte frühestens ein Jahr nach der Operation in Betracht gezogen werden. Gegebenenfalls ist dann eine Anpassung der Medikation erforderlich.
Lebenserwartung nach der Nierentransplantation
In neun von zehn Fällen funktioniert die Niere ein Jahr nach der Transplantation noch, in mehr als der Hälfte auch noch nach zehn Jahren. Wissenschaftlich fundierten Schätzungen zufolge liegt die Lebenserwartung nach einer Nierentransplantation bei einer postmortalen Spende bei durchschnittlich fast 12, bei einer Lebendspende bei etwa 19 Jahren.
In den vergangenen 40 Jahren ist die Lebenserwartung nach der NTx gestiegen. Insbesondere die Gefahr von tödlichen Infektionen und Krebserkrankungen ist zurückgegangen.
Schutzmaßnahmen, um Infektionen zu vermeiden, sind lebenslang notwendig. Dazu gehört, enge Kontakte zu kranken Menschen oder Tieren zu vermeiden. Regelmäßiges Händewaschen, Vorsicht bei Sport und körperlichen Arbeiten sowie das Meiden potenzieller Erregerquellen sind ebenfalls notwendig.
Verbotene Lebensmittel nach Nierentransplantation
Um das Risiko von Infektionen zu verhindern, wird Betroffenen empfohlen, auf Speisen mit Infektionspotential zu verzichten.
Dazu gehören Produkte, die
- rohes Fleisch,
- rohen Fisch,
- Rohmilch oder
- rohe Eier enthalten.
Auch Lebensmittel, die offen herumstehen, etwa bei einem Buffet, können für Transplantierte zur Gefahrenquelle werden. Da Nüsse von Schimmelpilzen befallen sein können, sollten auch sie nicht auf dem Speiseplan von immunsupprimierten Personen landen. Alle verzehrten Lebensmittel müssen frisch sein und angemessen gelagert werden.
Impfungen nach einer Nierentransplantation
Die Impfung mit Totimpfstoffen, also unschädlich gemachten Erregern, ist auch nach einer Nierentransplantation möglich. Die Immunsuppressiva können die Immunantwort darauf jedoch hemmen, sodass die Impfung nicht so effektiv wirkt wie bei anderen Menschen.
Lebendimpfstoffe hingegen enthalten fortpflanzungsfähige Erreger und dürfen keinen Personen verabreicht werden, die Immunsuppressiva einnehmen. Daher sollten Betroffene vor der Transplantation noch ihren Impfschutz aktualisieren.
Nierentransplantation: Wie oft ist sie möglich?
Falls das transplantierte Organ dauerhaft versagt, die Grunderkrankung wieder aufflammt oder eine neue Nierenerkrankung auftritt, ist auch eine erneute Nierentransplantation möglich – sogar mehrfach. Mit jeder NTx erhöht sich aber die Wahrscheinlichkeit einer Abstoßungsreaktion. Außerdem ist die Operation komplizierter.