Tenofovirdisoproxil Klinge 245 mg Filmtabletten

Von: Andrea Lubliner (Pharmazeutin und Fachtexterin für medizinische Fachtexte)
Letzte Aktualisierung: 05.03.2018
Hersteller: Klinge Pharma GmbH
Wirkstoff: Tenofovir
Darreichnungsform: Filmtablette
Rezeptpflichtig

Wirkung

Tenofovirdisoproxil Klinge 245 mg Filmtabletten enthalten den Wirkstoff Tenofovir. Zu beachten ist außerdem die besondere Wirkung von Tenofovirdisoproxil Klinge 245 mg Filmtabletten.

Tenofovir dient der Behandlung einer Infektion mit dem menschlichen Immunschwäche-Virus (HIV). Der Wirkstoff kann das Immunsystem HIV-infizierter Menschen stärken und die Immunschwächekrankheit AIDS bekämpfen beziehungsweise ihren Ausbruch verzögern. Er kann die Infektion nicht heilen, aber die Lebenserwartung verlängern sowie die Lebensqualität verbessern.

Tenofovir ist zusätzlich eine Therapie-Möglichkeit bei Hepatitis B für Patienten, bei denen die herkömmliche Behandlung nicht wirksam war. Bisher wurde Adefovir gegen Hepatitis B eingesetzt. Die Viren entwickeln jedoch gegen den Wirkstoff zunehmend Resistenzen, die die Behandlung mit Adefovir unwirksam werden lassen.

Zu folgenden Anwendungsgebieten von Tenofovir sind vertiefende Informationen verfügbar:

Lesen Sie dazu auch die Informationen zu den Wirkstoffgruppen virenhemmende Mittel, Reverse-Transkriptase-Hemmer, zu welcher der Wirkstoff Tenofovir gehört.

Anwendungsgebiete laut Herstellerangaben

  • HIV-1-Infektionen bei Erwachsenen - in Kombination mit anderen AIDS-Medikamenten
  • HIV-1-Infektionen bei Jugendlichen ab zwölf Jahren, bei denen andere AIDS-Medikamente unwirksam geworden sind
  • chronische Leberentzündung vom Typ Hepatitis B bei Erwachsenen und Jugendlichen ab zwölf Jahren

Dosierung

Die empfohlene Dosis beträgt bei Erwachsenen und bei Jugendlichen von zwölf bis 18 Jahren mit einem Körpergewicht von mindestens 35 Kilogramm eine Filmtablette täglich zu einer Mahlzeit.

Falls Sie starke Schluckbeschwerden haben, können Sie die Filmtablette mit einem Löffel zerdrücken. Mischen Sie die zerdrückte Filmtablette mit einem halben Glas Wasser, Orangen- oder Traubensaft und trinken Sie das Glas unverzüglich aus.

Erwachsene mit einer Nierenerkrankung wird Ihr Arzt möglicherweise anweisen, das Medikament weniger häufig einzunehmen.

Heben Sie eine Einnahme vergessen, holen Sie diese nach, wenn weniger als zwölf Stunden seit der gewohnten Einnahmezeit vergangen sind. Nehmen Sie dann die nächste Dosis zur gewohnten Zeit ein. Sind mehr als zwölf Stunden seit der gewohnten Einnahmezeit vergangen, holen Sie die versäumte Dosis nicht mehr nach. Warten Sie und nehmen Sie die nächste Dosis zum gewohnten Zeitpunkt ein. Nehmen Sie nicht die doppelte Menge ein, wenn Sie die vorherige Einnahme vergessen haben.

Wenn Sie sich weniger als eine Stunde nach der Einnahme des Medikaments übergeben haben, müssen Sie eine weitere Filmtablette einnehmen. Dies ist nicht nötig, wenn das Erbrechen mehr als eine Stunde nach der Einnahme erfolgte.

Sonstige Bestandteile

Folgende arzneilich nicht wirksame Bestandteile sind in dem Medikament enthalten:

  • Hypromellose
  • mikrokristalline Cellulose
  • Titandioxid (E 171)
  • Croscarmellose-Natrium
  • Indigocarmin-Aluminiumsalz (E 132)
  • Lactose-Monohydrat
  • Stearinsäure
  • Triacetin

Nebenwirkungen

Sehr häufige Nebenwirkungen:
Übelkeit und Erbrechen, Durchfall, Schwindelgefühl, Müdigkeit, Verringerung des Phosphat-Spiegels im Blut (Hypophosphatämie).

Häufige Nebenwirkungen:
Blähungen.

Seltene Nebenwirkungen:
Veränderungen des Nierengewebes, Störungen der Nierenfunktion, Anstieg des Kreatinin-Spiegels im Blut, Leberentzündung, Funktionsstörungen der Leber, Vermehrung bestimmter Leberenzyme im Blut, Fettstoffwechselstörungen, Umverteilung des Körperfetts (Lipodystrophie), Kopfschmerzen, eingeschränktes Konzentrations- und Leistungsvermögen, Schlafstörungen, Infektionen der Atemwege (beispielsweise Bronchitis, Lungenentzündung), Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust, Bauchspeicheldrüsenentzündung, Anstieg des Milchsäure-Spiegels im Blut (Laktazidose), Hautausschlag, Nesselsucht, allgemeiner Juckreiz der Haut.

Sehr seltene Nebenwirkungen:
Fieber, Schüttelfrost, Nierenversagen, Leberentzündung, Atemnot, allgemeine Schwäche.

Besonderheiten:
Insbesondere bei AIDS-Patienten lassen sich wirkstoffbedingte Nebenwirkungen und krankheitsbedingte Reaktionen häufig nicht sicher unterscheiden. Zudem treten unerwünschte Wirkungen manchmal als Folge der Kombinationstherapie auf und sind nicht klar einem der Wirkstoffe zuzuordnen. Ferner beeinflussen Dosis und Therapiedauer die Stärke und die Häufigkeit der Nebenwirkungen.

Schwere Nebenwirkungen können manchmal durch Verringerung der Dosis behoben werden. Auch der Wechsel zu einem anderen reversen Transkriptasehemmer kann unerwünschte Wirkungen abschwächen.

Die Übersäuerung des Blutes durch Milchsäure (Laktazidose) kann in Einzelfällen lebensbedrohlich sein. Oft ist sie von einer Lebervergrößerung begleitet. Starke Bauchschmerzen mit Übelkeit und Erbrechen, Durchfall und deutlicher Gewichtsverlust können erste Anzeichen einer Laktazidose sein. Auch eine Bauchspeicheldrüsenentzündung ist möglich. Bei einem starken und schnellen Ansteigen des Milchsäure-Spiegels im Blut sollte die Behandlung abgebrochen werden.

Die Umverteilung des Körperfetts (Lipodystrophie) tritt als Verlust von Unterhautfettgewebe im Gesicht und am Körper sowie als verstärkte Fetteinlagerung im Nacken und im Bauchbereich in Erscheinung. Das Risiko für diese Nebenwirkung nimmt mit dem Alter des Patienten und der Therapiedauer zu.

Eine weitere mögliche Nebenwirkung ist eine verminderte Reaktionsfähigkeit der Körperzellen auf das den Blutzuckerspiegel regulierende Hormon Insulin. In der Folge kann der Zuckerspiegel im Blut erhöht sein.

Insbesondere zu Beginn der Behandlung kommt es bei AIDS-Patienten gelegentlich zu einer Verschlechterung des Krankheitsbildes, weil das gestärkte Immunsystem auf im Körper vorhandene Krankheitserreger (Bakterien, Viren, Pilze und andere Parasiten) reagiert. Man nennt dies ein Immun-Reaktivierungs-Syndrom. Spricht der Patient jedoch auf die Behandlung mit dem Reverse-Transkriptase-Hemmer an, gehen die Krankheitszeichen nach einigen Wochen deutlich zurück.

Wechselwirkungen

Die zeitgleiche Behandlung mit Tenofovir und dem TranskriptasehemmerDidanosin ist nicht empfehlenswert, weil das Risiko für schwere Nierenschäden erhöht ist.

Die HIV-1-ProteasehemmerLopinavir und Ritonavir können die Tenofovir-Wirkung verstärken. Die Wirksamkeit des HIV-1-Proteasehemmers Atazanavir wiederum wird durch Tenofovir stark vermindert.

Die Kombination der Transkriptasehemmer Tenofovir, Lamivudin und Abacavir beziehungsweise Tenofovir, Lamivudin und Didanosin sollte nur mit Vorsicht zum Einsatz kommen, da in einigen Fällen ein rascher Verlust der Wirksamkeit beobachtet wurde.

Das ZytostatikumHydroxycarbamid kann die Wirkung von Tenofovir steigern.

Gleichzeitig mit Tenofovir sollten keine nierenschädigenden Wirkstoffe wie beispielsweise Aminoglykosid-Antibiotika, Vancomycin, Amphotericin B, Interferon alfa-2a, Ganciclovir, Cidofovir oder Foscarnet zum Einsatz kommen. Ist deren Gabe jedoch notwendig, muss die Nierenfunktion wöchentlich kontrolliert werden.

Da Tenofovir hauptsächlich von der Niere ausgeschieden wird, können Wirkstoffe, die die Nierenfunktion beeinträchtigen, Wirkung und Nebenwirkungen verstärken.

Tenofovir muss zu den Mahlzeiten eingenommen werden, da die Anwendung zusammen mit Nahrungsmitteln die Aufnahme des Wirkstoffes in den Körper verbessert.

Gegenanzeigen

Der Wirkstoff darf bei Überempfindlichkeit gegen Tenofovir nicht eingesetzt werden. Er sollte auch nicht zum Einsatz kommen, wenn bei mit anderen Transkriptasehemmern vorbehandelten Patienten HI-Viren mit einer bestimmten Veränderung der Erbinformation (K65R-Mutation) nachgewiesen wurden. Bei diesen Viren wäre der Tenofovir wirkungslos.

Tenofovir sollte nicht bei Infektionen mit Hepatitis-Viren vom Typ C oder D eingesetzt werden, da hierzu keine ausreichenden Studien gemacht wurden.

Nur nach einer sorgfältigen Abwägung von Nutzen und Risiko durch den Arzt ist der Wirkstoff bei Personen mit einer Erkrankung oder Funktionsstörung der Nieren anzuwenden. In diesem Fall ist eine Dosisanpassung und strenge ärztliche Überwachung notwendig. Gleichzeitig mit Tenofovir sollten keine weiteren Wirkstoffe zum Einsatz kommen, die ebenfalls nierenschädigende Wirkung haben. Wenn sich eine solche Kombination dennoch nicht vermeiden lässt, müssen die Nierenwerte wöchentlich ärztlich kontrolliert werden.

Bei Patienten mit Störungen der Leberfunktion, Lebererkrankungen, Leberentzündung (Hepatitis) oder vergrößerter Leber (Hepatomegalie) muss der Arzt die Leberfunktion während der Tenofovir-Behandlung häufig kontrollieren. Die Behandlung von HIV-Patienten, die gleichzeitig mit Hepatitis-B-Viren und/oder Hepatitis-C-Viren infiziert sind, birgt zusätzliche Risiken und sollte nur unter der Aufsicht speziell geschulter Ärzte durchgeführt werden. Gleiches gilt für den Einsatz des Wirkstoffes zur Behandlung einer reinen Hepatitis B-Infektion. Für Hepatitis-Infektionen, die nicht medizinisch beherrschbar sind, gibt es noch keine ausreichenden Studien zur Sicherheit und Wirkung von Tenofovir. Daher wird die Behandlung solcher HBV-Infektionen nicht empfohlen.

Da zur Anwendung bei Menschen über 65 Jahren nicht genügend Studien durchgeführt wurden, muss dieser Personenkreis bei der Behandlung streng ärztlich überwacht werden.

In klinischen Studien wirkte sich die Tenofovir-Gabe in Maßen verringernd auf die Knochenmasse aus. Deshalb sollten Patienten mit Knochenkrankheiten vor der Behandlung mit dem Wirkstoff besonders hinsichtlich ihrer Knochendichte sorgfältig untersucht werden.

Was müssen Sie bei Schwangerschaft und Stillzeit beachten?

Tenofovir sollte während der Schwangerschaft nur nach sorgfältiger Abwägung von Nutzen und Risiko durch den Arzt eingesetzt werden. In Tierversuchen zeigte der Wirkstoff eine schädigende Wirkung auf das Ungeborene. Inwieweit diese Ergebnisse auf den Menschen übertragbar sind, ist unbekannt, doch sollte Tenofovir in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft nicht eingesetzt werden. Neugeborene, deren Mütter mit Tenofovir behandelt worden waren, zeigten in einigen Fällen Fehlfunktionen bestimmter Zellorganellen, der so genannten Mitochondrien. In der Folge litten sie an Stoffwechselstörungen und Blutarmut; in Einzelfällen traten Krampfanfälle auf.

Die Betreuung schwangerer Frauen mit Infektionen mit HIV oder Hepatitis B-Viren (HBV) sollte nur durch erfahrene Ärzte erfolgen.

HIV- oder HBV-infizierte Frauen sollten ihr Neugeborenes auf keinen Fall stillen, da die Viren mit der Muttermilch auf das Kind übertragen werden können.

Was ist bei Kindern zu berücksichtigen?

Da zur Anwendung bei Kindern und Jugendlichen keine ausreichenden Erkenntnisse vorliegen, sollte Tenofovir bei Personen unter 18 Jahren nur nach sorgfältiger Abwägung von Nutzen und Risiko durch den Arzt und bei strenger Überwachung der Patienten zum Einsatz kommen.

Warnhinweise

  • Der Wirkstoff kann Schwindel und Müdigkeit auslösen und das Reaktionsvermögen einschränken, so dass die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr und zum Bedienen von Maschinen beeinträchtigt ist.
  • Menschen, die mit virenhemmenden Mitteln behandelt werden, können sowohl das HIV- wie das Hepatitis-Virus weiterhin auf andere Menschen übertragen.
  • Während der Behandlung mit dem Medikament ist die Nierenfunktion regelmäßig ärztlich zu kontrollieren.
  • Während der Behandlung mit dem Medikament sollten sowohl weibliche als auch männliche Patienten empfängnisverhütende Maßnahmen treffen.
  • Bei Menschen mit Nierenfunktionsstörungen muss die Dosis des Medikaments eventuell angepasst werden.
  • Die Behandlung mit dem Medikament darf nur von Ärzten begonnen werden, die erfahren in der Therapie von AIDS oder Leberentzündung sind.
  • Das Medikament enthält Laktose (Milchzucker), die von manchen Patienten schlecht vertragen wird.
  • Das Medikament darf nicht wärmer als 25 Grad Celsius gelagert werden.

Arzneimittel können allergische Reaktionen auslösen. Anzeichen hierfür können sein: Hautrötung, Schnupfen, Juckreiz, Schleimhautschwellung, Jucken und Rötung der Augen, Verengung der Atemwege (Asthma). In seltenen Fällen kann es zum allergischen Schock mit Bewusstlosigkeit kommen.

Sollten Sie Anzeichen einer allergischen Reaktion wahrnehmen, so informieren Sie umgehend einen Arzt.

Packungsgrößen

Packungsgröße und Darreichungsform
Wirkstoffgehalt (Dosierung pro Stück Filmtabletten)
30 Stück Filmtabletten
136 Milligramm Tenofovir
90 Stück Filmtabletten
136 Milligramm Tenofovir

Vergleichbare Medikamente

Folgende Tabelle gibt einen Überblick über Tenofovirdisoproxil Klinge 245 mg Filmtabletten sowie weitere Medikamente mit dem Wirkstoff Tenofovir (ggf. auch Generika).


Disclaimer:
Bitte beachten: Die Angaben zu Wirkung, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie zu Gegenanzeigen und Warnhinweisen beziehen sich allgemein auf den Wirkstoff des Medikaments und können daher von den Herstellerangaben zu Ihrem Medikament abweichen. Bitte fragen Sie im Zweifel Ihre*n Arzt*Ärztin oder Apotheker*in oder ziehen Sie den Beipackzettel Ihres Medikaments zurate.