Floating: Entspannung durch kompletten Reizentzug?
Schwerelos im Salzwasserbecken schweben und abgeschottet von sämtlichen Licht- und Geräuschquellen zu sich selbst finden: Ein Bad im Floatingtank soll nicht nur physische Schmerzen lindern, sondern auch gegen Stress helfen und vor allem eine Reise ins tiefste Innere ermöglichen. Brit Weirich hat die Methode aus den USA getestet und berichtet von ihren Erfahrungen.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
Floating: Entspannung durch kompletten Reizentzug?
Zugegeben, eine ganze Stunde lang in einem stockdunklen Becken zu liegen, ohne auch nur das Geringste von der Außenwelt mitzubekommen, ist für mich keine verlockende Vorstellung. Doch als ich die Floating-Anlage betrete und mich umschaue, fühle ich mich schon ein wenig wohler: Sämtliche Wände wurden zum Gästebuch umfunktioniert und wenn man den Einträgen Glauben schenkt, erwartet mich eine "spirituelle Reise zu mir selbst", eine "wunderbare Auszeit, die entspannender ist als jede Massage der Welt", und angeblich wird die Stunde "wie im Fluge vergehen".
Da ich aktuell viel Sport treibe und mir auch eine leichte Rippenprellung zugezogen habe, erhoffe ich mir vor allem einen Regenerationseffekt. Nun gut. Die Dame am Empfang erklärt mir den Ablauf und zeigt mir, wie ich den Tank besteige und schließe. Dann geht es noch schnell unter die Dusche und öffne ich die Luke des Floatingbeckens.
So läuft Floating ab
Der Floating-Tank ähnelt äußerlich einer geschlossenen Badewanne. Von innen ist das Becken komplett schalldicht und abgedunkelt und misst circa 2,30 Meter mal 1,50. Allerdings gibt es auch eine größere Variante für zwei Personen. Das Wasser ist in der Regel nur 25 bis 30 Zentimeter tief, wodurch man das Floating zwischendurch ohne Weiteres unterbrechen und sich aufsetzen kann. Das Salzwasser im Tank ist durch die Zugabe von Magnesiumsulfat so hoch, dass der menschliche Körper wie schwerelos an der Wasseroberfläche treibt. Die Temperatur ist mit 34,8 °C exakt an die menschliche Haut-Außentemperatur angepasst, wodurch das Wasser weder als zu kalt, noch als zu heiß empfunden wird.
Durch dieses neutrale Temperaturempfinden in Kombination mit der absoluten Stille und Dunkelheit soll das Gefühl für die eigene Körpergrenze verschwinden und eine tiefe Entspannung ausgelöst werden.
Glaubt man den Versprechungen, ist man nach der Floating-Session ein neuer Mensch. Die Anwendung soll nicht nur Schmerzen und Versteifungen lindern, sondern auch die Durchblutung fördern, zu einem gesunden Hautbild beitragen und die Schlafqualität verbessern.
Außerdem lädt der Floatation-Tank zu einer Reise ins Innere ein – völlig losgelöst vom Körper soll eine tiefe Entspannung einsetzen, was die mentalen Energiereserven aufstockt und angeblich auch unsere Kreativität anregt. Das Salzwasserbad wird beispielsweise zur Behandlung des Burnout-Syndroms sowie zur Suchtentwöhnung eingesetzt.
Wie habe ich meine Floating-Stunde wahrgenommen?
Als ich in das Becken steige und die Klappe über mir schließe, ist mir schon ein wenig mulmig zumute. In kompletter Dunkelheit versuche ich, mich zurechtzufinden und sehe dabei wahrscheinlich ziemlich unbeholfen aus. Obwohl mich das Wasser tatsächlich trägt, dauert es eine ganze Weile, bis ich mich entspanne und aufhöre, den Kopf angestrengt über Wasser zu halten. Dadurch stellen sich nämlich nach kurzer Zeit schon fiese Nackenschmerzen ein.
Als ich aber bemerke, dass Augen, Nase und Mund über Wasser bleiben, lasse ich mich schließlich fallen. Meine Ohren befinden sich zwar unter Wasser, sind aber durch Ohrstöpsel geschützt. Der Reizentzug im Salzwassertank kann beginnen.
Nach nur wenigen Minuten nehme ich meinen Körper kaum noch wahr. "Das bequemste Bett aller Zeiten", schießt mir durch den Kopf. Sämtliche Wehwehchen, Muskelschmerzen und körperlichen Reize sind auf einmal wie weggeblasen, wodurch ich mich tatsächlich ganz und gar meinem Inneren widmen kann. Zwischendurch drifte ich richtig weg, wie in einem Tagtraum. Auch kann ich mich im Nachhinein nicht mehr daran erinnern, worüber ich nachgedacht habe und ob meine Gedanken überhaupt zusammenhängend und sinnvoll waren.
Diese "Aussetzer" halten allerdings immer nur kurz an. Ich verliere im Tank jegliches Zeitgefühl, schrecke aber in regelmäßigen Abständen immer wieder hoch und frage mich sogar einmal kurz, wo ich eigentlich bin. Dieses Gefühl ist wirklich unangenehm. Zudem werden diese kurzen Phasen der Entspannung immer wieder von Gedanken unterbrochen wie "Liege ich eigentlich richtig?", "Sind meine Ohrstöpsel noch richtig drin?" und vor allem: "Wie viel Zeit ist wohl schon vergangen?". Zwischenzeitlich bin ich sogar fest davon überzeugt, dass eine Stunde schon längst vorbei sein muss und man mich sicherlich vergessen hat….
...was natürlich nicht der Fall ist. Nach genau 60 Minuten ertönt sanft die Melodie von "Für Elise" und ich bin zugegebenermaßen ein wenig erleichtert, als ich die Luke aufdrücken und aus dem Becken steigen kann.
Ist Floating für jeden geeignet?
Sie sollten aufs Floating verzichten, wenn Sie…
- erkältet sind und/oder Husten haben.
- an einer infektiösen Hautkrankheit leiden.
- offene Wunden haben.
- an einer psychischen Störung leiden und vorher nicht mit Ihrem Arzt gesprochen haben.
- an Klaustrophobie leiden.
- gerade Ihre Menstruation haben.
Und wie ging es mir danach?
Nach meiner Floating-Session fühle ich mich auf eine angenehme Art leicht benommen – und auf jeden Fall entspannt. Mein Körper scheint sich im Ruhe-Modus zu befinden, was auch noch mehrere Stunden andauert. Was mich allerdings ein wenig enttäuscht, ist die "schmerzlindernde Wirkung", die bei mir nicht im Geringsten eingesetzt – zumindest nicht über die Stunde im Tank hinausgehend. Körperlich fühle ich mich zwar insgesamt ruhiger und entspannter, meine Verspannungen sind allerdings nach wie vor da. Aber: In dieser Nacht schlafe ich wie ein Baby! Tief und traumlos. Und am nächsten Morgen wache ich erholt auf.
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Mein Fazit: Lohnt es sich?
Die Stunde im Floatation-Tank war auf jeden Fall ein Erlebnis. Ob ich dieses Erlebnis als angenehm empfunden habe, kann ich sehr schwer sagen. Ich glaube, dass sowohl Vertrauen in die Technik als auch in sich selbst eine wichtige Voraussetzung dafür sind, sich im Salzwasserbecken richtig zu entspannen und loszulassen.
Vielleicht würde es mir nach einigen Anwendungen besser gelingen, mich fallen zu lassen. Ein Versuch ist es auf jeden Fall wert, und glaubt man den zahlreichen Rezensionen und Sprüchen auf der Wand, ist dieses Entspannungsverfahren für viele durchaus bereichernd. Vor allem der komplette Reizentzug war für mich eine sehr extreme Erfahrung, die mir verdeutlicht hat, wie vielen Sinneseindrücken wir im Alltag eigentlich ausgesetzt sind. Eine Stunde lang nur für sich zu sein, ohne Handy – den ständigen Begleiter – und sogar ohne Geräusche und Licht, ist auf jeden Fall eine Herausforderung. Vielleicht auch für Sie?