Extrakorporale Stoßwellentherapie
Ob Nierensteine, Fersenschmerzen oder Tennisarm: Mithilfe einer einer extrakorporalen Stoßwellentherapie soll diesen Beschwerden entgegengewirkt werden. Die Therapie mit hoch energetischen Stoßwellen wird sowohl in der Physiotherapie als auch in der Urologie angewendet – häufig als Alternative zu einer Operation.
Stoßwellentherapie: Was ist das?
Seit Ende der 1980er Jahren kommt die extrakorporale Stoßwellentherapie nicht nur in der Urologie, sondern ebenfalls in der Orthopädie zum Einsatz. Damals stellte man fest, dass Stoßwellen die knochenbildenden Zellen anregen können. Dadurch wachsen schlecht heilende Knochenbrüche schneller wieder zusammen.
Seit einiger Zeit wird dieses Verfahren auch zur Behandlung von Weichteilbeschwerden angewendet – dazu zählen zum Beispiel
- Verkalkungen der Schulter,
- der Tennisarm und
- der Fersensporn.
Neben diesen Standardanwendungen setzen Ärzte*Ärztinnen die extrakorporale Stoßwellentherapie außerdem auch bei einer schmerzhaften Achillessehne (Achillodynie) und einem Golferellenbogen ein.
Bevor der*die Arzt*Ärztin jedoch eine extrakorporale Stoßwellentherapie durchführt, lokalisiert er*sie zunächst den krankhaften Bereich durch eine Ultraschalluntersuchung oder mithilfe von Röntgenbildern. Anschließend wird der Schallkopf des Stoßwellengeräts exakt auf den erkrankten Bereich eingestellt. Je nach Erkrankung ist auch die Anzahl der Impulse pro Sitzung unterschiedlich. Die Behandlungen mit geringer Energie wird in der Regel ohne Betäubung und ambulant durchgeführt. Nur bei Therapien mit höherer Energie ist eine örtliche Betäubung notwendig.
Im Normalfall reichen bei der extrakorporalen Stoßwellentherapie drei Behandlungen aus. Nur in wenigen Fällen ist eine vierte oder fünfte Sitzung erforderlich.
Mit schwerwiegenden Komplikationen und Risiken ist bei der extrakorporalen Stoßwellentherapie nicht zu rechnen. In manchen Fällen können Schwellungen oder oberflächliche Hauteinblutungen entstehen. Selten verstärkt sich der Schmerz im behandelnden Gebiet.
Kosten der Stoßwellentherapie
Grunsätzlich wird die Stoßwellentherapie als individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) abgerechnet. In der Regel kostet eine Sitzung zwischen 80 und 190 Euro. Anders sieht es aus, wenn die Stoßwellentherapie bei Fersenschmerzen durchgeführt wird: Seit 2019 wird diese Leistung von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.
Was ist eine Stoßwelle?
Eine Stoßwelle ist eine hoch energetische Schallwelle. Sie breitet sich in ihrer Umgebung – zum Beispiel in der Luft – aus und versetzt sie dabei in Schwingungen. Stoßwellen begegnen dem Menschen vielfach im Alltag. Sie entstehen beim Knall eines Überschallflugzeugs aber auch bei der Explosion eines Silvesterknallers.
Stoßwellen zeichnen sich aus durch
- eine kurze Dauer (von zehn Mikrosekunden),
- druckstarke Schallimpulse (Spitzendruck etwa 500 bar),
- einen schnellen Druckanstieg (Anstiegszeit <10 Nanosekunden)
- und ein breites Frequenzspektrum (16 Hertz bis 20 Megahertz).
Wirkungsweise der Stoßwellentherapie
Ausbreitung, Geschwindigkeit und Reichweite von Stoßwellen sind von der Dichte der Materie abhängig, in der sich die Welle ausbreitet. Entscheidend für die Energiefreisetzung im menschlichen Organismus ist der Dichteunterschied zwischen den verschiedenen Geweben. So kann man zwischen "flüssigen Geweben" wie
und "festen Geweben" wie
- Knochen,
- Nierenstein,
- Kalk
unterscheiden. An der Grenze zweier unterschiedlich dichter Gewebestrukturen, zum Beispiel zwischen Knochen und Fett, wird durch Ausbreitungshindernisse die Energie der Stoßwelle in diesen Strukturen freigesetzt. Im Gegensatz zur Ultraschallwelle geschieht dies in Form von
- Wärme (thermische Energie)
- und Bewegung (kinetische Energie).
Die Stoßwelle besteht aus zwei verschiedenen Anteilen – einer Druck- und einer Zugwelle. Die Druckwelle drückt das umgebende Gewebe zusammen, bricht die Gitterstruktur von Molekülen auf und dringt so durch das Gewebe. Die Zugwelle lässt Gasblasen innerhalb von Kalkstrukturen zusammenfallen (Kavitationsphänomen), die sich nach Ablauf der Stoßwelle wieder ausdehnen und somit die Kalkstrukturen instabil machen.
Nebenwirkungen der Stoßwellentherapie
Bei der extrakorporalen Stoßwellentherapie ist grundsätzlich nicht mit schwerwiegenden Komplikationen und Risiken zu rechnen.
In manchen Fällen können Schwellungen, oberflächliche Hauteinblutungen oder Hämotome entstehen. Während der extrakorporalen Stoßwellentherapie kann es außerdem zu leichten Schmerzen an der Behandlungsstelle kommen, die in der Regel rasch abklingen. Selten verstärkt sich der Schmerz im behandelten Gebiet. Falls die Therapie unter Betäubung durchgeführt wird, kann es zudem zu entsprechenden Nebenwirkungen der Betäubung kommen.
Die Stoßwellentherapie sollte nicht bei Personen durchgeführt werden, die an einer Gerinnungsstörung leiden und/oder gerinnungshemmende Medikamente einnehmen. Eine Schwangerschaft schließt die Stoßwellentherapie grundsätzlich nicht aus. Allerdings dürfen die Schallwellen auf keinen Fall in die Nähe des Fötus geraten. Eine Fersensporn-Behandlung ist aber zum Beispiel unbedenklich.
Stoßwellenerzeugung
Um Stoßwellen zu erzeugen, wenden Mediziner*innen drei verschiedene Verfahren der Stoßwellentherapie an. Bei allen drei Methoden entstehen die Stoßwellen außerhalb des menschlichen Körpers in der Umgebung von Wasser. Dies wird als extrakorporale Erzeugung bezeichnet.
Dadirch, dass Wasser eine annähernd gleiche Dichte hat wie die flüssigkeitshaltigen Gewebe des menschlichen Körpers, hält man beim Übertritt der Stoßwellen in den Körper den Energieverlust gering.
1. Elektrohydraulisches Prinzip
Die elektrohydraulische Stoßwellenerzeugung ähnelt einem Blitzschlag unter Wasser. Dazu zündet ein Kondensator in einem Wasserbad eine spezielle Zündkerze – die umgebende Flüssigkeit erhitzt sich schlagartig und es entsteht eine Druckwelle, die sich explosionsartig ausbreitet. Diese Welle wird in einem halbrunden Reflektor gebündelt und ausgerichtet.
2. Piezoelektrisches Prinzip
Die piezoelektrische Stoßwellenerzeugung beruht auf dem von den Brüdern Curie beschriebenen Piezoeffekts. Hierbei erzeugen bestimmte Quarzkristalle (Piezokristalle) mithilfe von Wechselstrom mechanische Schwingungen, die sich in Flüssigkeit als Stoßwellen ausbreiten. Diese Stoßwellen werden anschließend gebündelt.
3. Elektromagnetisches Prinzip
Bei der elektromagnetischen Stoßwellenerzeugung generiert ein Kondensator mithilfe einer Spule einen Druckimpuls, der sich in der umliegenden Flüssigkeit ausbreitet und Stoßwellen entstehen lässt. Eine Linsenoptik bündelt die Stoßwellen und richtet sie auf einen bestimmten Punkt aus.
Anwendungsgebiete der Stoßwellentherapie
Die extrakorporale Stoßwellentherapie wird heutzutage vor allem bei Erkrankungen des Bewegungsapparats eingesetzt – also bei Muskel- und Knochenbeschwerden sowie bei Entzündungen der Bänder und Sehnen. Vertreter der Stoßwellentherapie empfehlen diese Behandlung unter anderem bei folgenden Krankheiten:
Periarthritis calcarea (Kalkschulter)
Die Stoßwellen sollen krankhafte Kalkablagerungen in der Schulter auflösen und auf diese Weise den Schmerz reduzieren und die Beweglichkeit der Schulter wiederherstellen.
Tennisarm
Die Stoßwellen sollen die chronische Entzündung der betroffenen Streckersehnen des Unterarms unterbinden und auf diese Weise den dauerhaften Schmerzzustand im Ellenbogen lindern und die Beweglichkeit verbessern.
Fersensporn
Die Stoßwellen sollen die Entzündungsvorgänge in der Fußsohle (Aponeurose) lösen. Dadurch soll sich der Schmerz verringern und der betroffene Fuß kann wieder besser belastet werden.
Pseudarthrose (Knochenbruchheilungsstörung)
Die Stoßwellen sollen Knochenzellen zum Wachstum anregen. Dadurch kann der instabile Knochen einfacher ausheilen.
Neben diesen Standardanwendungen setzen Ärzte*Ärztinnen die extrakorporale Stoßwellentherapie außerdem auch bei einer gereizten und schmerzhaften Achillessehne (Achillodynie),einem Golferellenbogen sowie bei schmerzhaften Entzündungen oder Reizungen im Bereich des großen Rollhügels (Trochanter major) an der Hüftaußenseite ein.
So funktioniert die Stoßwellentherapie
Bevor der*die Arzt*Ärztin eine extrakorporale Stoßwellentherapie durchführt, grenzt er*sie zunächst den krankhaften Bereich mittels Ultraschalluntersuchung oder Röntgenbildern ein. Anschließend stellt er*sie den Schallkopf des Stoßwellengeräts exakt auf den erkrankten Bereich ein. Je nach Erkrankung und Gerät erhalten Betroffene zwischen 1.500 und 2.000 Impulse pro Sitzung.
Die Behandlungen mit geringer Energie, zum Beispiel am Ellenbogen oder der Ferse, werden in der Regel ohne Betäubung und ambulant durchgeführt. Nur bei Therapien mit höherer Energie, etwa bei Verkalkungen an der Schulter, ist in einigen Fällen eine örtliche Betäubung notwendig.
Im Normalfall reichen drei Behandlungen aus. Nur in wenigen Fällen sind mehr Sitzungen erforderlich.