Quecksilber: Zur Vergiftung reichen schon kleine Mengen
Quecksilber ist hochgiftig. Wer mit diesem Schwermetall (auch in kleinen Mengen) in Kontakt kommt, kann schwerwiegende Gesundheitsprobleme entwickeln. Wie lässt sich das vermeiden und was ist bei einer Vergiftung zu tun?
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
Quecksilber: Zur Vergiftung reichen schon kleine Mengen
Quecksilber ist ein natürlicher Bestandteil der Erdkruste und kommt weltweit in der Umwelt vor. Die Quecksilberbelastung des Menschen hat teils natürliche Gründe: Das Schwermetall wird zum Beispiel bei Vulkanausbrüchen, aus Geysiren oder bei Wald- oder Steppenbränden freigesetzt.
Doch hauptverantwortlich für die Freisetzung von Quecksilber ist der Mensch: Vor allem bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe setzen wir Quecksilber frei, aber auch in Bergbau, Verhüttung und Industrie.
Das meiste freigesetzte Quecksilber gelangt in die Erdatmosphäre und verteilt sich mit den Luftströmungen rund um den Erdball. Niederschläge transportieren das Quecksilber zurück zur Erdoberfläche, wo es sich in Gewässern und Böden ablagert. Von dort gelangt es in die Nahrungskette.
Erst wenn das Quecksilber wieder in tiefen Bodenschichten eingeschlossen ist, kann es sich nicht mehr weiterverbreiten.
Übrigens: Quecksilber ist unzerstörbar.
Ist Quecksilber immer giftig?
Nein. Ob und in welchem Ausmaß Quecksilber im Körper Schaden anrichtet, hängt vor allem ab von
- der Form des Quecksilbers (elementar/anorganisch/organisch),
- der Quecksilberdosis,
- dem Alter bzw. Entwicklungsstadium der Betroffenen (Föten reagieren am empfindlichsten),
- der Kontaktdauer und
- der Art des Kontakts (Einatmung, Verzehr, Hautkontakt).
Elementares Quecksilber gefährdet die Gesundheit – vor allem, wenn man seine Dämpfe einatmet. Dieses bei Raumtemperatur flüssige Metall steckte früher in vielen Thermometern.
Auch die organische Quecksilberverbindung namens Methylquecksilber ist giftig – für Mensch und Tier. Methylquecksilber reichert sich im Körper an – vor allem Meerestiere sind damit stark belastet.
Hingegen ist die organische Quecksilberverbindung namens Ethylquecksilber unschädlich. Der Körper wandelt Ethylquecksilber schnell in anorganisches Quecksilber um, das er über den Stuhl ausscheidet. In kleinen Mengen ist Ethylquecksilber zum Beispiel in manchen Impfstoffen als Konservierungsmittel enthalten.
Wie giftig Quecksilber ist, zeigte sich in der japanischen Stadt Minamata
In der Bucht von Minamata entsorgte ein örtlicher Chemiekonzern über viele Jahre Abfälle, die große Mengen Methylquecksilber enthielten. In der Folge reicherte sich diese Form von Quecksilber in Fischen und Schalentieren an.
Viele dieser Meerestiere landeten weiterhin auf den Tellern der Menschen, die nichts von deren Belastung durch Quecksilber ahnten. Das Ergebnis: Vor allem in den 1950er-Jahren erkrankten in Minamata Tausende von Menschen an einer Quecksilbervergiftung – und über 2.000 Menschen starben daran.
Wozu verwendet der Mensch Quecksilber?
Weltweit findet Quecksilber in verschiedenen Bereichen Verwendung. So können zum Beispiel folgende Produkte quecksilberhaltig sein:
- Batterien
- Messgeräte, wie Thermometer und Barometer
- elektrische Schalter und Relais in Geräten
- Lampen (inkl. mancher Sorten Glühbirnen)
- Amalgam (für Zahnfüllungen)
- hautaufhellende Produkte und andere Kosmetika
- Arzneimittel
In vielen Ländern einschließlich Deutschland ist die Verwendung von Quecksilber jedoch inzwischen stark eingeschränkt beziehungsweise ganz verboten (z.B. in Thermometern oder hautaufhellenden Produkten).
Wie gelangt Quecksilber in den Körper?
In Deutschland sind vor allem die Ernährung und Amalgam verantwortlich für die Quecksilberbelastung des Menschen. Durchschnittlich gelangt aus Amalgamfüllungen etwa so viel Quecksilber in den Körper wie über die Nahrung.
Bei den meisten Menschen ist die messbare Konzentration von Quecksilber im Blut oder Urin jedoch so gering, dass kein ernstes Risiko für die Gesundheit besteht.
Quecksilber in der Nahrung
Quecksilber steckt vor allem in Fisch und Meeresfrüchten – in Form von Methylquecksilber. Einen besonders hohen Quecksilbergehalt haben langlebigere Fische mit räuberischer Lebensweise, weil sich in ihnen verstärkt Methylquecksilber ansammelt (z.B. Haie, Schwertfische, Hechte und Thunfische). Aber auch andere Tiere, die viel Fisch fressen, sind oft stark belastet (z.B. Wasservögel).
Neben Fisch können weitere Lebensmittel Quecksilber enthalten – wie Getreide, Gemüse, Fleisch, Obst, Nüsse und Kakao. Darin kommt Quecksilber jedoch überwiegend in anorganischer oder elementarer Form vor, was für die menschliche Gesundheit weniger schädlich ist.
Wer besonders häufig Seefisch isst (v.a. bestimmte Raubfische wie Hecht oder Thunfisch), riskiert, Quecksilber in gesundheitlich bedenklichen Mengen aufzunehmen.
Quecksilber in Amalgam
Das als Zahnfüllung verwendete Amalgam enthält Quecksilber. In der Regel bedeuten Amalgamfüllungen aber keine gesundheitsschädliche Quecksilberbelastung.
Die Freisetzung von Quecksilber aus Amalgamfüllungen kann jedoch erhöht sein, wenn
- jemand viele Amalgamfüllungen hat,
- die Amalgamfüllungen große Oberflächen besitzen,
- die Amalgamfüllungen angegriffen sind,
- neben Amalgamfüllungen weitere metallische Zahnfüllungen vorhanden sind, die direkten Kontakt zum Amalgam haben.
Darum darf Amalgam bei Schwangeren und Stillenden sowie bei Kindern unter 15 Jahren vorsorglich nur noch in absoluten Ausnahmefällen als Zahnfüllung verwendet werden.
Was richtet Quecksilber im Körper an?
Ist die Magen-Darm-Schleimhaut unbeschädigt, gelangt verschlucktes Quecksilber praktisch gar nicht aus dem Magen-Darm-Trakt in den Körper. Gesundheitsschädlich können jedoch eingeatmete Quecksilberdämpfe oder organische Quecksilberverbindungen sein.
Elementares Quecksilber und Methylquecksilber werden besser vom Körper aufgenommen und können auch aus dem Blut ins Gehirn eindringen. Sie sind giftig für das Nervensystem. Das Einatmen von Quecksilberdampf kann das Nervensystem, das Verdauungssystem, das Immunsystem sowie Lungen und Nieren schädigen und im Extremfall tödlich sein.
Anorganische Quecksilbersalze können zu Verätzungen an Haut, Augen und Magen-Darm-Trakt führen und (nach Verschlucken) die Nierenfunktion einschränken.
Zudem kann Quecksilber die Entwicklung von Kindern im Mutterleib und in der frühen Lebensphase nach der Geburt beeinträchtigen.
Wie sich eine Quecksilbervergiftung bemerkbar macht, hängt vor allem davon ab,
- um welche Form von Quecksilber es sich handelt und
- ob die Belastung plötzlich oder über einen längeren Zeitraum bestand (akute/chronische Vergiftung).
Quecksilbervergiftung: Symptome & Therapie
Vergiftung durch dampfförmiges metallisches Quecksilber
Dampfförmiges metallisches Quecksilber (z.B. aus zerbrochenen Quecksilberthermometern) gelangt leicht über die Lunge in den Körper und reichert sich im Gehirn an. Wenn es im Körper in anorganische Quecksilbersalze umgewandelt wird, können diese nicht mehr vom Blut ins Gehirn übergehen. Der Körper scheidet sie über Nieren und Stuhl aus.
Die Symptome einer akuten Vergiftung durch dampfförmiges Quecksilber ähneln einer Lungenentzündung mit:
Ein ständiger Langzeitkontakt mit Quecksilberdampf kann zudem folgende Symptome verursachen:
- Zittern (Tremor)
- Entzündung des Zahnbetts
- erhöhter Speichelfluss
- Metallgeschmack
Zur Therapie eignet sich das Gegenmittel DMPS (Dimercaptopropansulfonat).
Vergiftung durch anorganische Quecksilbersalze
Wenn man anorganische Quecksilbersalze (z.B. Quecksilbersulfid, Quecksilberoxid oder Quecksilberchlorid) verschluckt, gelangen sie zu zehn Prozent über den Magen-Darm-Trakt in den Körper. In die Plazenta und ins Gehirn können sie nur unvollständig eindringen. Der Körper scheidet sie ebenfalls über Urin und Stuhl aus.
Die wichtigsten Symptome der akuten Vergiftung mit anorganischen Quecksilbersalzen sind:
- Verätzungen in Mundhöhle, Rachen und Speiseröhre,
- Magen-Darm-Beschwerden (wie Übelkeit und Erbrechen),
- in der Folge Nierenschäden,
- zunächst mit krankhaft gesteigerter Urinmenge (Polyurie),
- später mit verringerter Urinmenge (Oligurie bis Anurie),
- begleitend auch Darmkoliken mit heftigen Durchfällen.
Bei akuten Vergiftungen mit Quecksilbersalzen ist schnelles Handeln erforderlich. Wenn die verschluckte Menge anorganischer Quecksilbersalze potenziell giftig ist, besteht die Therapie in:
- einer Magenspülung (während einer Magenspiegelung), um das Quecksilber zu entfernen,
- der Gabe von Aktivkohle (und eventuell von Eiweißpulver), um restliches Quecksilber zu binden, sowie
- neuen Chelatbildnern wie DPMS oder D-Penicillamin als Gegenmittel.
Vergiftung durch organische Quecksilbersalze
Organische Quecksilbersalze gelangen nach Verschlucken zu 90 Prozent vom Magen-Darm-Trakt in den Körper. Sie gehen leicht aus dem Blut ins Gehirn über und reichern sich dort an.
Typische Symptome für eine akute Vergiftung mit organischen Quecksilbersalzen sind:
- Erregung
- Missempfindungen der Haut (Parästhesien)
- Zittern
- Krämpfe
Zur Therapie eignen sich dieselben Mittel wie bei anorganischen Quecksilberverbindungen:
- Magenspülung
- Aktivkohle
- Eiweißpulver
- DPMS oder D-Penicillamin als Gegenmittel
Tipps gegen vermeidbare Quecksilberbelastungen …
- … für Fischesser: Beim Fischverzehr kommt es auf die Menge an! In großen Mengen verzehrte Fische (z.B. Forelle) und Fischerzeugnisse können sehr zur Belastung durch Quecksilber beitragen, auch wenn sie nur wenig Methylquecksilber enthalten.
- … für Schwangere: Schwangere sollten ganz besonders darauf achten, nicht mehrmals pro Woche Seefisch (z.B. Thunfisch) zu essen. Denn die Zufuhr von Quecksilber kann die Gesundheit ungeborener Kinder gefährden.
- … für Nostalgiker: Sie haben noch ein altes Fieberthermometer mit Quecksilber? Geht das Thermometer kaputt, sodass Quecksilber austritt, nehmen Sie die Reste z.B. mit einem geknickten Papier auf und geben Sie sie in ein verschließbares Glasgefäß. Danach den Raum mehrmals gut lüften und das fest verschlossene Gefäß samt Quecksilber fachgerecht entsorgen (lassen).
- … für Energiesparer: Für den Umgang mit zerbrochenen Energiesparlampen gilt dasselbe wie für Quecksilberthermometer – gut lüften und Quecksilber fachgerecht entsorgen. Am besten sorgen Sie dafür, dass es gar nicht so weit kommt, z.B. indem Sie nur Energiesparlampen mit Splitterschutz kaufen und diese nur in stabilen Leuchten verwenden.
- … für Eltern: Wenn Quecksilber in den Mund Ihres Kindes gelangt ist (z.B. weil es auf ein Quecksilberthermometer gebissen hat), ab zum Arzt! Der Arzt kann mögliche Quecksilberreste in der Mundhöhle absaugen und bei Bedarf ein Gegenmittel verabreichen.
- … für Schnäppchenjäger: In manchen Ländern gibt es nach wie vor quecksilberhaltige Produkte, die hierzulande längst verboten sind. Kaufen Sie darum keine Medikamente oder Hautcremes aus fragwürdigen Quellen im Ausland (z.B. über das Internet).