Urämie: Symptome, Ursachen und Behandlung
Bei einer Urämie sammeln sich giftige Abfallstoffe im Blut an, weil die Nieren sie nicht mehr richtig ausscheiden. Umgangssprachlich lässt sie sich als "Urin im Blut" umschreiben. Wie sich die Harnvergiftung bemerkbar macht und warum sie so gefährlich sein kann, lesen Sie hier.
FAQ: Häufige Fragen und Antworten zur Urämie
Azotämie bezeichnet eine erhöhte Konzentration stickstoffhaltiger Abfallstoffe (z. B. Harnstoff, Kreatinin) im Blut, meist aufgrund einer eingeschränkten Nierenfunktion. Urämie ist eine schwerere Form davon, bei der zusätzlich Symptome wie Übelkeit, Müdigkeit oder Verwirrtheit auftreten, weil die Giftstoffe den Körper belasten.
Ein urämisches Koma ist ein lebensbedrohlicher Bewusstseinsverlust, der entsteht, wenn sich giftige Abfallstoffe im Blut ansammeln. Das passiert bei einer schweren Nierenschwäche, weil die Nieren die Schadstoffe nicht mehr ausreichend ausscheiden.
Der sogenannte Foetor uraemicus riecht nach Ammoniak sowie Urin und entsteht durch die Ausscheidung von harnpflichtigen Stoffwechselprodukten über die Atemluft bei schwerer Urämie.
Bei Verdacht auf Urämie mit leichten Symptomen wenden Sie sich zunächst an Ihre hausärztliche Praxis. Von dort kann bei Bedarf eine Überweisung an eine nephrologische Praxis erfolgen, die auf Erkrankungen der Niere spezialisiert ist.
Was ist eine Urämie?
Urämie, auch Harnvergiftung oder Urinvergiftung genannt, ist die Folge einer schweren Störung des Stoffwechsels. Die Urinvergiftung ist keine eigenständige Erkrankung, sondern die Folge einer verschlechterten Nierenfunktion.
Bei der Urämie werden harnpflichtige Substanzen nicht mehr ausreichend über die Nieren ausgeschieden und reichern sich im Organismus an. Zu ihren zählen Harnstoff, das Stoffwechselprodukt Kreatinin und Harnsäure.
Es gibt zwei Formen der Vergiftung:
akute Urämie: Sie tritt plötzlich auf und ist meist die Folge eines akuten Nierenversagens. Ohne sofortige Behandlung kann sie innerhalb kurzer Zeit lebensbedrohlich werden.
chronische Urämie: Sie entwickelt sich langsam über einen längeren Zeitraum als Folge einer chronischen Nierenerkrankung (z. B. chronische Niereninsuffizienz). Die Nierenfunktion nimmt allmählich ab, sodass sich toxische Stoffe über Wochen bis Jahre im Körper ansammeln.
Harnvergiftung – diese Symptome gibt es
Die Symptome einer Urämie sind vielfältig und betreffen zahlreiche Organe, da die Anreicherung harnpflichtiger Stoffwechselprodukte im Blut den gesamten Körper belastet. Die Beschwerden nehmen mit dem Fortschreiten der Erkrankung zu und variieren, je nachdem, in welchen Organen sich die Substanzen anlagern.
Mögliche Beschwerden im fortgeschrittenen Stadium können beispielsweise sein:
- Müdigkeit und Konzentrationsstörungen
- Übelkeit und Erbrechen
- Juckreiz
- Kopfschmerzen
- ammoniakartiger Mund- und Körpergeruch
- Muskelzuckungen, Krämpfe oder Taubheitsgefühle
- Bluthochdruck
- Herzrhythmusstörungen
- Flüssigkeitseinlagerungen (Ödeme), besonders in den Beinen und der Lunge
- Hautveränderungen wie trockene, blass-gelbliche Haut
Die Symptome der akuten Urämie treten innerhalb kurzer Zeit auf und können rasch lebensbedrohlich werden. Die chronische Form dagegen entwickelt sich für gewöhnlich schleichend und führt vor allem am Anfang zu unspezifischen oder auch gar keinen Beschwerden.
Ursachen einer Urämie
Die Urämie ist in den meisten Fällen die Folge einer chronischen Niereninsuffizienz. Dabei handelt es sich um einen langsam, aber dauerhaft fortschreitenden Verlust der Nierenfunktion. Eine anhaltende Nierenschädigung führt dazu, dass die Entgiftungsfunktion der Nieren zunehmend nachlässt.
Ursachen, die zu einer chronischen Niereninsuffizienz führen können, sind zum Beispiel:
- diabetische Nephropathie (Schädigung der Nieren durch dauerhaft hohen Blutzucker)
- Hypertonie (Bluthochdruck)
- polyzystische Nierenerkrankung (angeborene Veränderungen der Nieren)
- Harnabflussstörungen (z. B. genetisch bedingt)
- Glomerulonephritis (entzündliche Erkrankung der Nierenkörperchen)
- nephrotisches Syndrom (eine Reihe von Erkrankungen mit Nierenbeteiligung)
- chronische Pyelonephritis (wiederkehrende Nierenentzündungen)
Vorsicht bei Diabetes und Bluthochdruck
Diabetes mellitus gilt bei rund 35 bis 40 Prozent der Menschen, die an einer chronischen Niereninsuffizienz leiden, als Ursache. Zweithäufigster Auslöser ist Bluthochdruck (Hypertonie). Etwa 30 Prozent der Patient*innen mit Hypertonie entwickeln eine chronische Niereninsuffizienz. Da sich die chronische Niereninsuffizienz schleichend und vorerst meist unbemerkt entwickelt, wird sie oft erst durch Symptome einer Urämie entdeckt.
Akutes Nierenversagen und Urämie
Beim akuten Nierenversagen verschlechtert sich die Nierenfunktion innerhalb weniger Stunden bis Wochen. Die Folge ist zwangsläufig eine akute Harnvergiftung, die eine schnelle Behandlung erfordert.
Zu den Ursachen eines akuten Nierenversagens zählen zum Beispiel.
- starker Flüssigkeitsverlust (z. B. durch viel Blutverlust bei Unfällen oder großflächigen Verbrennungen)
- Folge eines Herzinfarkts (durch plötzliches Sinken des Blutdrucks)
- Tubulusnekrose (Schädigung des Nierengewebes z. B. aufgrund einer Blutvergiftung)
- Medikamente (wie z. B. Antibiotika)
- Harnabflussstörungen (z. B. durch Nieren- und Harnleitersteine, Blutgerinnsel oder Tumore)
Wie wird eine Urämie diagnostiziert?
Wer Symptome feststellt, sollte umgehend eine*n Hausärztin*arzt aufsuchen. Hier wird womöglich nach einer ausführlichen Anamnese (Patientenbefragung) eine Urin- sowie eine Blutuntersuchung vorgenommen.
Urinuntersuchung: Hierbei wird getestet, ob sich Eiweiß im Urin befindet. Das kann ein erstes Anzeichen für eine fehlerhafte Nierenfunktion und somit eine schleichende Urämie sein.
Blutwerte: Bei der Blutuntersuchung sind vor allem folgende drei Werte relevant: Kreatinin, Harnsäure und Harnstoff.
Elektrolytwerte: Der Elektrolythaushalt spielt eine zentrale Rolle bei der Diagnose einer Urämie. EineHyperkaliämie (hoher Kaliumspiegel) ist ein häufiges Zeichen für die Urinvergiftung und kann zu Herzrhythmusstörungen führen. Natrium, Calcium und Phosphat werden ebenfalls überprüft, da Ungleichgewichte in diesen Elektrolyten auf Nierenprobleme hinweisen können.
Tabelle 1: Normwerte von Kreatinin und Harnsäure in Milligramm pro Deziliter Blut (mg/dl)
Normwert | Kreatinin | Harnsäure | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Männer | 0,57-1,18 mg/dl | 3,6-8,2 mg/dl | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Frauen | 0,46-1,00 mg/dl | 2,3-6,1 mg/dl | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Tabelle 2: Normwerte von Harnstoff in Milligramm pro Deziliter Blut (mg/dl)
Normwert | Harnstoff | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Männer unter 50 Jahre | 19-44 mg/dl | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Männer über 50 Jahre | 18-55 mg/dl | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Frauen unter 50 Jahre | 15-40 mg/dl | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Frauen über 50 Jahre | 21-43 mg/dl | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Lässt sich eine Erhöhung dieser drei Werte im Blut nachweisen, spricht man von einer Azotämie. Dabei handelt es sich um eine erhöhte Konzentration stickstoffhaltiger Abfallstoffe wie Harnstoff und Kreatinin im Blut. Meist wird dies durch eine eingeschränkte Nierenfunktion verursacht.
Bei Bedarf werden in einer nephrologischen Praxis weitere Untersuchungen durchgeführt, zum Beispiel bildgebende Verfahren. In einem Nierenultraschall lassen sich zum Beispiel strukturelle Veränderungen wie Nierensteine, Zysten oder eine Vergrößerung der Nieren (bei polyzystischer Nierenerkrankung) erkennen.
Eine Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) wird ebenfalls bei Bedarf gemacht, vor allem wenn die Ursache der Urämie unklar ist oder strukturelle Anomalien weiter untersucht werden müssen.
Behandlungsmöglichkeiten einer Urinvergiftung
Ziel der Behandlung einer Urämie ist es, die harnpflichtigen Substanzen zu reduzieren oder zu entfernen, die Nierenfunktion zu unterstützen und Komplikationen zu vermeiden. Meist gibt es drei Behandlungsmöglichkeiten:
Dialyse: Die Dialyse gilt als wichtigste Therapiemethode. Bei der sogenannten Blutwäsche übernimmt entweder eine Maschine außerhalb des Körpers (Hämodialyse) oder das Bauchfell als natürliche Filtermembran (Peritonealdialyse) die Reinigungsfunktion der Niere. Bei der Dialyse werden die harnpflichtigen Substanzen aus dem Blut entfernt und das gereinigte Blut wird dem Körper wieder zugeführt.
Transplantation: Eine langfristige Therapie für chronische Niereninsuffizienz und Urämie ist eine Nierentransplantation. Dabei wird eine gesunde Spenderniere eingesetzt. Eine erfolgreiche Transplantation kann die Lebensqualität verbessern und die Lebenserwartung im Vergleich zur Dialyse verlängern. Allerdings ist eine Transplantation selbst riskant und die Wartezeit auf eine geeignete Spenderniere beträgt acht bis zehn Jahre.
medikamentöse Therapie: Zusätzlich zur Dialyse und Nierentransplantation ist der*die Patient*in auf Medikamente angewiesen. Diese sollen Symptome wie Bluthochdruck oder Anämie (Blutarmut) kontrollieren.
Die Behandlung wird meist um eine Ernährungsumstellung ergänzt. Eine angepasste Ernährung reduziert unter Umständen die Belastung der Nieren. So führt zum Beispiel eine eiweißarme Ernährung dazu, dass sich weniger Harnstoff bildet. Eine erhöhte Flüssigkeitsaufnahme entlastet zusätzlich die Nieren.
Wie schnell führt eine Urämie zum Tod?
Wie schnell eine Urämie zum Tod führt, hängt von mehreren Faktoren ab, insbesondere von der zugrunde liegenden Ursache, dem Krankheitsverlauf und der medizinischen Behandlung. Meist ist das Nierenversagen allerdings so fortgeschritten, dass Patient*innen ohne Dialyse oder Nierentransplantation innerhalb von wenigen Tagen oder Wochen versterben.
Bei Betroffenen steigt die Lebenserwartung in der Regel, wenn die einhergehende Nierenerkrankung als Ursache frühzeitig erkannt und vor allem behandelt wird. Je früher zum Beispiel eine Dialyse erfolgt, desto höher ist die Lebenserwartung.