Mangelernährung: Symptome, Folgen und Ursachen
Bei einer Mangelernährung fehlt es dem Körper an Energie und wichtigen Nährstoffen wie Eiweiß und lebenswichtigen Vitaminen. Die Symptome und Folgen einer Mangelernährung sind vielfältig und ernst zu nehmend. Welche Ursachen infrage kommen und wieso besonders ältere Menschen betroffen sind.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
Was ist eine Mangelernährung?
Bei einer Mangelernährung (Malnutrition) fehlt es dem Körper an Energie, Protein oder anderen lebenswichtigen Nährstoffen wie Vitaminen und Mineralstoffen. Dabei kann eine Mangelernährung entweder durch mangelnde Nahrungsaufnahme oder infolge einer unzureichenden Nahrungsverwertung, etwa aufgrund von Krankheiten, zustande kommen.
Formen der Mangelernährung
Fachleute unterscheiden zwischen zwei Formen bei Mangelernährung:
- Quantitative Mangelernährung: Betroffene nehmen ungenügend Kalorien zu sich, sie nehmen also zu wenig Nahrung auf.
- Qualitative Mangelernährung: Der Bedarf an Nährstoffen wird nicht ausreichend gedeckt. Dabei fehlt es dem Körper nicht an Energie – jedoch an Eiweißen, Vitaminen und Mineralstoffen.
Die beiden Formen können auch kombiniert auftreten. Speziell bei bestehenden Erkrankungen kann ein Nährstoffmangel besonders gravierend sein, da die ausreichende Versorgung mit Nährstoffen die Grundlage für einen positiven Heilungsprozess ist.
Mangelernährung: Symptome und Anzeichen erkennen
Menschen mit Mangelernährung zeigen oftmals unspezifische Symptome, die auch für andere Erkrankungen sprechen können. Je nachdem, welcher spezifische Nährstoffmangel vorliegt, unterscheiden sich zudem die Symptome.
Mögliche Anzeichen einer Mangelernährung sind:
- Kopfschmerzen
- Kreislaufprobleme
- Müdigkeit und Antriebslosigkeit
- Konzentrationsprobleme
- Appetitlosigkeit
- Blasse, schlaffe Haut
- Gewichtsabnahme, ggf. hervorstehende Knochen
- nachlassende Muskelkraft
- geschwächtes Immunsystem und erhöhte Infektanfälligkeit
- Wundheilungsstörungen
- Sehstörungen
Bei Frauen kann eine Mangelernährung Auswirkungen auf den Zyklus haben und etwa zum Ausbleiben der Periode führen (Amenorrhö).
Wichtig: Auch bei Essstörungen wie Magersucht (Anorexie) oder Bulimie kann es zu einer Mangelernährung als Symptom kommen. Ein eindeutiges Anzeichen für eine Unterernährung ist die sogenannte Lanugobehaarung. Diese flaumartige Behaarung kommt normalerweise nur bei ungeborenen Babys im Mutterleib vor, bis sie sich im Schwangerschaftsverlauf zurückbildet. Sie dient unter anderem der Temperaturregulation.
Symptome bei Mangelernährung im Alter
Eine Mangelernährung entwickelt sich oft unbemerkt. Vor allem bei älteren Menschen werden viele der Symptome dem Alter zugeschrieben. Bei Senior*innen sollten deshalb erste Anzeichen besonders ernst genommen werden. Bei ihnen sind vor allem diese Symptome typisch:
- ungewollter, starker Gewichtsverlust
- Appetitlosigkeit und Auslassen von Mahlzeiten
- Durchfall
- Übelkeit
- Schwächegefühl, Antriebslosigkeit und Müdigkeit
- Verwirrtheitszustände
- Mundtrockenheit
Welche Folgen drohen bei Mangelernährung?
Die Folgen hängen davon ab, welcher Nährstoffmangel vorliegt. Möglich sind zum Beispiel:
- Muskelschwäche und Muskelabbau (Sarkopenie)
- Flüssigkeitsansammlungen im Gewebe (Ödeme)
- Störungen des Bewegungsablaufs
- Druckgeschwüre durch längerfristige Druckeinwirkung von außen (z. B. bei längerer Bettlägerigkeit)
- Immunschwäche und Infektanfälligkeit
- gestörte Wundheilung
- erhöhtes Risiko für Knochenbrüche und Stürze
- Gebrechlichkeit
- kognitive und neurologische Störungen, etwa schlechtes Wahrnehmungs- und Erinnerungsvermögen
- Demenz
- Depression
- Haarausfall
- Hautveränderungen wie Blässe und Pigmentstörungen
- Probleme mit dem Herzen wie Herzrhythmusstörungen
- Atemprobleme
- Unfruchtbarkeit
- Entwicklungs- und Wachstumsstörungen bei Kindern
- verminderte Lebensqualität
Kommt es zu einer Mangelerscheinung bei Senior*innen und chronisch Erkrankten, geht das schlimmstenfalls mit einer erhöhten Sterblichkeit einher.
Mangelernährung: Ursachen und Risikofaktoren
Folgende Ursachen und Risikofaktoren kommen für eine Mangelernährung infrage:
Appetitlosigkeit: Menschen, die keinen Appetit verspüren und infolgedessen keine oder nur wenig Mahlzeiten zu sich nehmen, entwickeln möglicherweise einen Nährstoffmangel. Appetitlosigkeit kann zum Beispiel durch psychische Erkrankungen wie Depressionen, Stress, Medikamenteneinnahme oder durch chronische und schwere Krankheiten ausgelöst werden.
Kau- und Schluckstörungen: Vor allem bei älteren Menschen können schlecht sitzende Zahnprothesen zu Kau- und Schluckbeschwerden und letztlich zu einer Mangelernährung führen. Auch Verengungen oder Entzündungen der Speiseröhre, Geschwüre und Entzündungen im Mund sowie Mundtrockenheit sind denkbare Ursachen.
veränderter Geschmacks- und Geruchssinn: Kommt es zu einer Änderung des Geschmack- und Geruchssinns, wirkt sich das mitunter negativ auf die Nahrungsaufnahme aus. Ursachen können altersbedingt sein, jedoch auch Krebserkrankungen oder Infektionskrankheiten wie Covid-19 sein.
Verweigerung der Nahrungsaufnahme: Dazu kann es etwa im Rahmen von Essstörungen kommen, aber auch bei Alkoholismus oder anderen Suchtkrankheiten.
Ernährungsgewohnheiten: Auch Fehlernährungen, etwa einseitige Ernährung oder aber eine vegane sowie vegetarische Lebensweise, können mit einem Nährstoffmangel verbunden sein.
erschwerte Nahrungsaufnahme: Menschen mit Lähmungen oder chronischen Krankheiten wie Demenz, Morbus Parkinson und Multipler Sklerose können unter Umständen nicht ohne die Hilfe anderer Nahrung zu sich nehmen.
soziale Faktoren: Auch soziale Faktoren können ein Risiko für Mangelernährung darstellen. Menschen, die unter Einsamkeit leiden, einen Verlust verarbeiten müssen oder aber Scham haben, bei der Nahrungsmittelaufnahme um Hilfe zu bitten, können einen Nährstoffmangel entwickeln. Besonders gefährdet sind ältere Menschen.
In Entwicklungsländern sind die Ursachen für eine Mangelernährung oftmals Armut oder ein Mangel an Lebensmitteln. Mitunter spielt auch das fehlende Wissen über lebenswichtige Nährstoffe eine Rolle.
Ursache: Probleme bei der Nahrungsverdauung
Eine weitere Ursache für eine Mangelernährung kann in krankhaften Problemen der Verdauung liegen. Fehlt es etwa dem Körper an wichtigen Verdauungssäften, kann die Nahrung nicht entsprechend in ihre Bestandteile zerlegt werden (Maldigestion). Ursachen sind beispielsweise Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse wie Pankreasinsuffizienz oder Bauchspeicheldrüsenkrebs.
Auch ein Mangel an Gallensäure kann zu einem Nährstoffmangel führen. Gründe für einen Gallensäureverlust sind beispielsweise Morbus Crohn oder eine (teilweise) Entfernung des Dünndarms. Auch Mukoviszidose oder Nahrungsmittelallergien sind denkbare Auslöser.
Probleme bei der Nährstoffaufnahme als Ursache
Weiterhin können Erkrankungen im Magen-Darm-Trakt dazu führen, dass Nährstoffe im zerteilten Speisebrei nicht richtig aufgenommen werden können (Malabsorption) – was eine Mangelernährung begünstigen kann. Ursachen sind etwa ein Kurzdarmsyndrom, Zöliakie, chronisch entzündliche Darmkrankheiten wie Morbus Crohn oder schwere, akute Darminfektionen wie bei einer Divertikulitis.
Mangelernährung behandeln: Wie erfolgt die Therapie?
Ziel der Therapie bei Mangelernährung ist, die Ursachen für die unzureichende Versorgung mit Nahrung oder Nährstoffen zu beseitigen, Defizite von Energie und Nährstoffen auszugleichen und eine ausreichende Zufuhr an Nährstoffen sicherzustellen.
Besteht ein Vitaminmangel (Vitamin D, Folsäure, Vitamin B12, weitere B-Vitamine) oder ein Mangel an Eisen und Zink, müssen diese dem Körper zugeführt werden (Substitution).
Ist beispielsweise eine schlecht sitzende Zahnprothese Ursache der Mangelernährung, sollte diese entsprechend angepasst werden. Bei Medikamenten als Auslöser kann mitunter das Absetzen oder Wechseln des Präparats nach ärztlicher Rücksprache hilfreich sein. Bei Schluckproblemen können unter Umstände Ergotherapie oder eine spezielle Schlucktherapie verordnet werden.
Die Maßnahmen der Therapie hängen dabei auch vom Gesundheitszustand der Betroffenen ab. Wenn die betroffene Person bei Bewusstsein ist, das Schluckvermögen nicht behindert und der Magen-Darm-Trakt funktionstüchtig ist, kann eine Therapie über eine normale Nahrungsaufnahme erfolgen. Das heißt, die Versorgung mit lebenswichtigen Nährstoffen sollte auf natürlichem Weg mit natürlichen Produkten sichergestellt werden. Eine spezielle orale Ernährungsberatung kann Betroffenen helfen, den täglichen Nährstoffbedarf zu decken.
Bei älteren Menschen sollten unter Umständen Angehörige und Pflegekräfte die Nahrungsaufnahme unterstützen und die Ernährung regelmäßig überprüfen. In vielen Fällen reichen schon kleine Änderungen, um den Ernährungszustand erheblich zu verbessern. Oftmals wirkt sich auch das Essen in Gesellschaft und eine entspannte Atmosphäre förderlich auf das Essverhalten aus.
Therapie bei schwerer Mangelernährung
Eine ausgeprägte Mangelernährung ist lebensbedrohlich und eine Behandlung zwingend erforderlich. Schwer mangelernährte Kinder und ältere Menschen müssen möglicherweise stationär behandelt werden.
Eine enterale Ernährung kann unter Umständen erforderlich sein, wenn durch die orale Nahrungsaufnahme der Nährstoffmangel nicht ausreichend gedeckt werden kann. Hierfür kann auf Trinknahrung oder Sondennahrung (Flüssignahrung wird mit einem weichen Schlauch direkt in den Magen verabreicht) erfolgen. Hilft auch die Kombination aus enteraler und oraler Ernährung nicht, muss auf eine parenterale Nährstoffzufuhr zurückgegriffen werden. Dabei erhalten Betroffene lebenswichtige Nährstoffe und Flüssigkeit per Infusionen. Auch die Kombination einer oralen, enteralen und parenteralen Ernährung kann notwendig sein.
Mangelernährung bei älteren Menschen vorbeugen
Vor allem bei älteren Menschen und Senior*innen ist es wichtig, einer Mangelernährung vorzubeugen. Diese Tipps und Maßnahmen können helfen:
- Ursachen der Mangelernährung und Appetitlosigkeit ärztlich abklären lassen
- Auf Fingerfood zurückgreifen, wenn das Essen mit Besteck nicht selbstständig möglich ist
- Schüsseln, Trinkbecher mit Deckel oder Plastikbesteck verwenden, wenn Patient*innen etwa krankheitsbedingt stark zittern
- Bei Schluckbeschwerden können Suppen und Flüssigkeiten mit Andickungspulver angereichert und dann besser geschluckt werden
- Lieber mehrere kleine Mahlzeiten über den Tag verzehren als wenige große
- Lässt der Geschmackssinn nach, kann vermehrt auf Kräuter und Gewürze zurückgegriffen werden
- Bei zu geringer Nahrungsaufnahme können Speisen etwa mit Zucker, Butter oder Sahne angereichert werden, um die Kalorienanzahl kleiner Mahlzeiten zu erhöhen
- Ein Ernährungs- und Trinktagebuch hilft, die genaue Zufuhr von Kalorien und Flüssigkeit im Blick zu behalten
Wie lässt sich eine Mangelernährung diagnostizieren?
Um bei einer Mangelernährung die richtige Diagnose zu stellen, befragt die*der Ärztin*Arzt die betroffene Person in der Regel zu den Ernährungsgewohnheiten und Grunderkrankungen. Darüber hinaus werden das äußere Erscheinungsbild von Patient*innen begutachtet und körperliche Untersuchungen durchgeführt. Möglich sind etwa:
- Messung des Blutdrucks
- Blutuntersuchung
- Kontrolle des Mund-Rachen-Raums und ggf. von Zahnprothesen
- Untersuchung der Haut
- bildgebende Verfahren wie Ultraschall, Magnetresonanztomographie (MRT) oder Computertomographie (CT)
- Berechnung des Body-Mass-Index (BMI)
Hat die betroffene Person in den vergangenen sechs Monaten über zehn Prozent des Gewichts verloren, kann dies darauf hindeuten, dass im Körper Krankheitsprozesse aktiv sind. Anhand verschiedener Werte und Kriterien der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin e. V. (DGEM) können Ärzt*innen letztlich festmachen, ob es sich tatsächlich um einer Unterernährung handelt. Unter Umständen erfolgt die Überweisung an eine fachärztliche Praxis, etwa der Zahnheilkunde oder Psychotherapie.