Halluzinationen: Ein junger Mann in seiner eigenen Welt
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Halluzinationen: Ursachen, Symptome und Beispiele

Von: Wiebke Posmyk (Medizinjournalistin, Diplom-Pädagogin, M.A. Media Education), Brit Weirich (Medizinautorin, M.A. Mehrsprachige Kommunikation)
Letzte Aktualisierung: 03.02.2023

Stimmenhören, ein übler Geruch in der Nase, eine Berührung von einem fremden Wesen: Halluzinationen können alle Sinne betreffen und führen bei Betroffenen zu Verunsicherung und Angst. Welche Ursachen oder Erkrankungen hinter den Sinnestäuschungen stecken können und was typische Symptome sind.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Was sind Halluzinationen?

Eine Halluzination ist eine Form der Sinnestäuschung, bei der die subjektive Wahrnehmung verändert ist. Menschen mit Halluzinationen

  • sehen,
  • hören,
  • riechen,
  • schmecken oder
  • fühlen

etwas, das real nicht existiert. Sie sind jedoch überzeugt davon, dass das, was sie wahrnehmen, tatsächlich vorhanden ist. Halluzinationen variieren in ihrer Intensität. Sie können leise, undeutlich und schemenhaft sein, aber auch besonders heftig auftreten.

Meist setzt eine Halluzination plötzlich ein. Wie lange sie anhält, ist verschieden: Bei einigen Betroffenen dauern die trügerischen Sinneseindrücke nur wenige Stunden oder Tage an, bei anderen hingegen mehrere Wochen. In seltenen Fällen wird eine Halluzination chronisch und geht dann ins sogenannte Delir über – ein Zustand, in dem Erkrankte sich kaum noch orientieren und ihrem Alltag nachgehen können. Auch Selbst- und Fremdgefährdung sind hier möglich.

Halluzinationen vs. Wahnvorstellungen: Was ist der Unterschied?

Während sich Halluzinationen auf die körperlichen Sinne wie Sehen, Riechen oder Fühlen beziehen, wirken sich Wahnvorstellungen auf die Denkweise einer Person aus. Typische Beispiele für einen Wahn sind etwa

  • Verfolgungswahn,
  • die Befürchtung, Opfer einer Verschwörung zu sein oder
  • unheilbar krank zu sein.

Sowohl Halluzinationen als auch Wahnvorstellungen können als Symptom einer Psychose wie der Schizophrenie auftreten.

Häufigkeit von Halluzinationen

Schätzungen zufolge erleben weltweit rund 5,2 Prozent der Menschen im Laufe ihres Lebens eine Halluzination. Bei etwa 70 Prozent der Betroffenen treten die Sinnestäuschungen im Rahmen einer Schizophrenie auf.

Halluzinationen: Symptome

Es gibt verschiedene Formen von Halluzinationen. Am häufigsten treten Halluzinationen als akustische oder optische Sinnestäuschungen auf.

FormBeispiele
Akustische Halluzinationen:
  • Betroffene hören Stimmen, die entweder ihr Verhalten kommentieren oder zu konkreten Handlungen auffordern.
  • Betroffene nehmen andere Geräusche wie Knacken, Pfeifen, Schritte oder Musik (sog. Akoasmen) wahr.
Optische Halluzinationen:
  • Betroffene sehen Trugbilder wie Lichtblitze, Gegenstände oder Personen, die nicht existieren.
Geruchs- und Geschmackshalluzinationen:
  • Betroffene nehmen unangenehme Gerüche (etwa Gasgeruch) wahr.
  • Betroffene haben einen unangenehmen (z. B. fauligen) Geschmack im Mund. Bei gleichzeitigem Wahn können Ängste entstehen, beispielsweise die Angst, vergiftet zu werden.
Körperhalluzinationen:
  • Taktile Halluzinationen: Menschen mit dieser Sinnestäuschung haben das Gefühl, berührt zu werden.
  • Zönästhesie: Bei dieser Form der Halluzination ist das Körperempfinden gestört. Betroffene haben etwa das Gefühl, als würde elektrischer Strom durch ihren Körper fließen oder als würde das Gehirn im Kopf hin- und herschwappen.

Pseudohalluzination: Betrifft viele Menschen

Hin und wieder ist es normal, Dinge wahrzunehmen, die eigentlich nicht da sind – sei es ein Schatten an der Wand oder ein Geräusch in der Nacht, wenn man sich fürchtet. Vor allem im schlaftrunkenen Zustand sind derlei albtraumähnliche Trugwahrnehmungen häufig. Fachleute sprechen dann von hypnagogen beziehungsweise hypnopompen Halluzinationen. Diese kommen häufig im Rahmen einer Narkolepsie vor.

Auch in Trauerphasen können derlei Phänomenen auftreten: Trauernde hören oder sehen etwa eine verstorbene Person. Weitere auslösende Faktoren für eine Pseudohalluzination sind etwa Mediationen (in Form von spiritueller Ekstase und Visionen) oder Drogenkonsum. 

Anders als bei der "echten Halluzination" sind sich Betroffene jedoch bewusst, dass ihre Wahrnehmung nicht real existiert.

Halluzinose: Wiederkehrende Pseudohalluzination

Von einer Halluzinose sprechen Fachleute, wenn die betroffene Person unter chronischen Halluzinationen leidet, ihr Bewusstsein dabei aber – wie bei der Pseudohalluzination – nicht beeinträchtigt ist. Dazu kommt es vor allem durch jahrelangen Substanzkonsum oder Alkoholismus. Ein Beispiel: Betroffene nehmen ein unangenehmes Kribbeln oder Kratzen auf der Haut wahr, so als wäre diese von Parasiten befallen.

Halluzinationen: Mögliche Ursachen

Eine Halluzination ist keine eigenständige Krankheit, sondern ein Symptom. Sinnestäuschungen können ganz verschiedene Ursachen haben:

  • Psychische Erkrankungen: Halluzinationen können im Rahmen psychischer Störungen vorkommen, etwa bei Psychosen wie der Schizophrenie. Auch schwere Depressionen, eine Manie oder ein akuter Verwirrtheitszustand sind mögliche Auslöser.

  • Neurologische Erkrankungen und Läsionen (Hirnschäden): Halluzinationen können etwa auf eine Schädigung im Bereich des Schläfenlappens (Temporallappen) hinweisen oder als Vorstadium (Aura) bei Krampfanfällen (Epilepsie) und Migräne in Erscheinung treten. Auch bei Parkinson, Schlaganfällen, einem Schädel-Hirn-Trauma, Hirnhautentzündungen (Meningitis), Demenz oder der Huntington-Krankheit kommt es mitunter zu Halluzinationen.

  • Alkohol- und Drogenmissbrauch: Unter der Wirkung von Alkohol (alkoholische Halluzinose oder Alkoholhalluzinose) treten vor allem optische Sinnestäuschungen auf. Neben Alkohol können illegale Suchtmittel wie LSD, Ecstasy, Amphetamine, Rauschpilze oder Cannabis halluzinogen wirken. Auch beim Entzug kommt es mitunter zu Halluzinationen.

  • Soziale Isolation: Lange Phasen der Einsamkeit und fehlende soziale Interaktion können Halluzinationen auslösen. Dieses Phänomen wurde etwa bei Entführungsopfern festgestellt, die über einen längeren Zeitraum isoliert (und in Dunkelheit) von der Außenwelt abgeschottet waren. Ein freiwilliger sozialer Rückzug, der nach aktuellen Kenntnissen vor allem in Japan auftritt, wird als Hikikomori-Syndrom bezeichnet.

  • Nebenwirkung von Medikamenten: Einige Arzneimittel können Halluzinationen auslösen. Dazu zählen etwa Kortisonpräparate, Dopamin-Agonisten sowie Medikamente gegen Allergien (Antihistaminika), Parkinson und Epilepsie (Antiepileptika).

Weitere mögliche Auslöser für Halluzinationen sind:

Halluzinationen: Wie erfolgt die Diagnose

Viele Menschen, die Halluzinationen erleben, erzählen anderen nichts davon und scheuen lange Zeit, ärztlichen Rat aufzusuchen. Möglicherweise schämen sie sich für ihren Verwirrtheitszustand oder erkennen nicht, dass ihre Trugbilder nicht der Realität entsprechen. So vergeht oft viel Zeit, bis die Diagnose feststeht. Da hinter dem Symptom jedoch ernsthafte Erkrankungen stecken können, sollten Betroffene schnell handeln. Erste Anlaufstelle kann die hausärztliche Praxis sein.

Der*die Arzt*Ärztin fragt im ersten Gespräch (Anamnese) beispielsweise nach

  • der Art der Halluzinationen (z. B. Stimmenhören oder optische Sinnestäuschungen)
  • möglichen Vorerkrankungen (z. B. bekannte Schizophrenie oder Migräne),
  • Bewusstseins-, Denk- und Aufmerksamkeitsstörungen oder
  • körperlichen Beschwerden.

Von entscheidender Bedeutung ist auch, ob die betroffene Person Halluzinogene eingenommen hat, zum Beispiel LSD.

Mitunter ist eine zusätzliche Befragung von Angehörigen sinnvoll, die bei dem Termin dabei sind. Zusätzlich helfen dem*der Arzt*Ärztin die eigenen Beobachtungen bei einer ersten Einschätzung.

Eine gründliche körperliche Untersuchung gibt Aufschluss darüber, ob eine organisch bedingte Erkrankung die Halluzinationen ausgelöst haben könnte, zum Beispiel eine Epilepsie. Ein sogenanntes Audiogramm kann Aufschluss über akustische Halluzinationen geben. Im Falle einer optischen Halluzination wird unter Umständen ein Sehtest durchgeführt.

Erhärtet sich der Verdacht, dass hinter den Halluzinationen eine psychische oder neurologische Erkrankung steckt, erfolgt eine Überweisung zu einer entsprechenden fachärztlichen Praxis.

Halluzinationen: Was tun?

Die Behandlung von Halluzinationen richtet sich nach der jeweiligen Ursache. Einige Beispiele:

  • Treten die Halluzinationen nach Drogenkonsum in Erscheinung, verschwinden sie in der Regel wieder, wenn die Wirkung nachlässt. Jedoch kann eine Drogenabhängigkeit eine langfristige Therapie erfordern – etwa eine Entzugsbehandlung in einer Klinik.

  • Bei Schizophrenie werden in der Regel Medikamente in Form von Neuroleptika (Antipsychotika) verabreicht, welche die Symptome reduzieren. Auch psycho- und soziotherapeutische Maßnahmen gehören zur Behandlung. In schweren Fällen von Schizophrenie sollte die Therapie in einer Klinik stattfinden.

  • Halluzinationen, die im Rahmen einer Demenz auftreten, können ebenfalls mit Neuroleptika behandelt werden.

  • Steckt eine organische Ursache hinter den Halluzinationen, wird die Grunderkrankung entsprechend behandelt. Hierdurch sollte auch eine Besserung der Begleitsymptome eintreten.

  • Wenn Halluzinationen durch die Einnahme bestimmter Arzneimittel ausgelöst werden, wird die Medikation gegebenenfalls angepasst.

Prognose bei Halluzinationen

Die Prognose hängt von der zugrundeliegenden Ursache ab: Ist eine organische Erkrankung der Auslöser, können die Halluzinationen durch eine entsprechende Behandlung in der Regel deutlich reduziert werden.

Eine eher schlechte Prognose haben Betroffene einer Schizophrenie: Zum einen sehen Erkrankte häufig nicht ein, dass sie eine Therapie benötigen. Zum anderen kann ein sogenanntes Residuum eintreten. In diesem Fall bilden sich Symptome wie Wahn und Halluzinationen nicht mehr zurück.

Sind Betroffene einer Psychose wie Schizophrenie jedoch bereit, ärztliche Hilfe anzunehmen und sich behandeln zu lassen, kann eine Kombination aus Psychopharmaka, Psychotherapie und einem stabilen sozialen Netz erfolgsversprechend sein und Rückfällen vorbeugen.