Appetitlosigkeit (Inappetenz): Ursachen und was hilft?
Das Lieblingsessen steht auf dem Tisch. Perfekt! Nur eine Sache fehlt: der Appetit. Wenn die Lust am Essen plötzlich nicht mehr da ist, muss das nicht unbedingt auf eine Erkrankung hinweisen. Hält Appetitlosigkeit (Inappetenz) jedoch länger an, sollten Sie ihr auf den Grund gehen.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
Was ist Appetitlosigkeit?
Unter Appetitlosigkeit (auch: Inappetenz) versteht man ein fehlendes Bedürfnis nach Nahrungsaufnahme. Guter Appetit gilt oft als Zeichen von Gesundheit. Grundsätzlich stimmt das auch – wenn man einmal von krankhaftem Heißhunger absieht. Besonders in Stresssituationen, in Trauerphasen, bei großer Aufregung oder Liebeskummer bleibt das Bedürfnis nach Essen oft auf der Strecke. Gelegentliche Appetitlosigkeit hat dann jedoch keinen Krankheitswert und ist in der Regel kein Grund zur Sorge. Wenn Sie aber immer wieder oder sogar andauernd unter Appetitlosigkeit leiden, kann das ein Anzeichen einer Erkrankung sein.
Was ist eigentlich Appetit?
Der Appetit, also die Lust aufs Essen, wird im zentralen Nervensystem (ZNS) gesteuert. Verschiedene Botenstoffe (Neurotransmitter) wie zum Beispiel Serotonin beeinflussen, wie stark der Appetit gerade ist. Der Appetit ist von unterschiedlichen Faktoren abhängig: Dazu zählen etwa körperliche Anspannung, die aktuelle Gefühlslage, aber auch Sinneseindrücke wie Aussehen, Geruch oder Geschmack des Essens. Nicht zuletzt spielt auch eine Rolle, wie voll der Magen gerade ist.
Appetitlosigkeit: Ursachen
Appetitlosigkeit kann sehr viele und sehr unterschiedliche körperliche oder psychische Ursachen haben. Mangelnder Appetit kann Symptom einer Krankheit oder Anzeichen einer beginnenden Erkrankung sein. Aber auch Stress oder bestimmte Medikamente führen mitunter zu Appetitlosigkeit.
Häufige Ursachen von Appetitlosigkeit im Überblick:
- Stress, psychische Anspannung
- psychische Erkrankungen zum Beispiel Depressionen, Angststörungen, Essstörungen wie Magersucht (Anorexia nervosa)
- Magen-Darm-Erkrankungen, etwa Magen-Darm-Infekt, Magenschleimhautentzündung
- Infektionskrankheiten wie Grippe oder Covid-19
- Medikamente
Psychische Ursachen von Appetitlosigkeit
Appetitlosigkeit kann psychische Ursachen haben. Ärger und Stress können regelrecht den Appetit verderben. So vergessen manche Menschen buchstäblich das Essen, wenn sie berufliche oder private Probleme, etwa Liebeskummer, haben. Und auch psychische Erkrankungen können mit Appetitlosigkeit verbunden sein. So haben beispielsweise Menschen, die an einer Depression leiden, oft keinen Appetit, auch gezielt auf bestimmte Speisen. Häufig gehen psychische Ursachen und Krankheiten zudem mit einem Gewichtsverlust einher.
Appetitlosigkeit und Essstörungen
Bei Magersucht, aber auch bei anderen Essstörungen wie der Ess-Brech-Sucht (Bulimie), sind das Verhältnis zum Essen und das normale Hungergefühl grundlegend gestört. Oft haben die Betroffenen zwar Appetit, sie erlauben sich aber nicht, etwas zu sich zu nehmen, um nicht zuletzt das Körpergewicht zu halten.
Körperliche Ursachen von Appetitlosigkeit
Appetitlosigkeit ist häufig auf Erkrankungen des Verdauungstrakts zurückzuführen. Dazu zählen zum Beispiel:
- Magenverstimmung, etwa durch zu fetthaltiges Essen
- Magen-Darm-Infekt
- Lebensmittelvergiftung
- Nahrungsmittelunverträglichkeit (wie Laktoseintoleranz oder Glutenunverträglichkeit, etwa im Rahmen einer Zöliakie)
- Reizmagen
- chronisch entzündliche Darmerkrankungen (wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa)
- Magenschleimhautentzündung (Gastritis)
- Blinddarmentzündung (Appendizitis)
- Gallensteine
- Infektionen mit Bandwürmern
- Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwür (Ulcus ventriculi beziehungsweise Ulcus duodeni)
- Durchblutungsstörungen des Darms (mesenteriale Ischämie)
- Lebererkrankungen, zum Beispiel eine Leberentzündung (Hepatitis) oder Leberzirrhose
- Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse, beispielsweise eine Bauchspeicheldrüsenentzündung
Bösartige Erkrankungen des Magens oder des Darms können ebenfalls mit Appetitlosigkeit einhergehen – zum Beispiel Magenkrebs oder Darmkrebs.
Weitere mögliche Ursachen für mangelnden Appetit
Neben den Ursachen von Appetitlosigkeit, die den Magen-Darm-Trakt betreffen, gibt es noch weitere mögliche Gründe:
- Stoffwechselstörungen
- Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose)
- Migräne
- Pfeiffersches Drüsenfieber
- beginnende oder akute Infekte, zum Beispiel eine Grippe, Erkältung oder Corona-Infektion
- Herzerkrankungen, wie Herzschwäche oder Herzinnenhautentzündung (Endokarditis)
- Autoimmunerkrankungen wie Rheuma oder Riesenzellarteriitis
- Diabetes mellitus
- neurologische Erkrankungen (wie Demenz)
- Alkohol- oder Drogenabhängigkeit
- bestimmte medizinische Behandlungen wie Chemotherapie oder Strahlenbehandlung
- Medikamente wie Digitalis (Herzglykoside, Mittel gegen Herzinsuffizienz), Antibiotika, Schmerzmittel wie Morphin, Antidepressiva oder Appetitzügler
- Einnahme von Vitamin-Präparaten, etwa Vitamin A oder überdosiertes Vitamin D
- andere Krebserkrankungen, die nicht den Magen-Darm-Trakt betreffen
- Entzündungen im Mund- und Rachenraum, wie eine Mandelentzündung
- Zahnschmerzen
- Aphthen
Während der Schwangerschaft ist es möglich, dass es zu Übelkeit und Erbrechen kommt, die häufig auch mit einem Appetitverlust einhergehen. Auch bei Reisen in eine andere Zeitzone oder aber bei Schichtarbeiten ist ein ausbleibendes Hungergefühl typisch – ursächlich hierbei ist häufig die durcheinandergebrachte innere Uhr (Biorhythmus).
Appetitlosigkeit im Alter
Ältere Menschen leiden häufiger unter fehlendem Appetit. Ein Grund: Sinneseindrücke wie Geschmacks- und Geruchssinn nehmen mit dem Alter ab. Senioren verspüren weniger Hunger und verlieren außerdem ihr Durstgefühl. Das kann dazu führen, dass es zu einer ungewollten Gewichtsabnahme kommt und sie unter einem Flüssigkeitsmangel leiden (Dehydration).
Appetitlosigkeit: Begleitende Symptome
Abhängig von der Grunderkrankung berichten Betroffene von Appetitlosigkeit häufig über andere körperliche Begleitsymptome. Möglich sind zum Beispiel:
- Übelkeit
- Erbrechen
- Gewichtsverlust
- Völlegefühl
- Bauchschmerzen
- Müdigkeit
- allgemeine Schwäche
- Fieber
Oftmals ist das ausbleibende Hungergefühl eine große Belastung und bereitet Betroffenen Sorge. Nicht zuletzt deshalb kann eine ärztliche Abklärung der Inappetenz hilfreich sein, um körperliche Ursachen auszuschließen und Betroffenen Ängste zu nehmen.
Appetitlosigkeit: Diagnose
Wenn die Inappetenz anhält oder unerklärlich ist, sollten Sie eine*einen Ärztin*Arzt aufsuchen. Um die mögliche Ursache einzugrenzen, benötigt die*der Ärztin*Arzt einige Informationen und wird daher im Rahmen der Anamnese einige Fragen stellen, zum Beispiel:
- Wie lange besteht die Appetitlosigkeit bereits?
- Stehen Sie unter psychischer Anspannung, zum Beispiel durch eine berufliche oder private Veränderung?
- Nehmen Sie aktuell Medikamente ein? Wenn ja, welche?
- Haben Sie etwas an Ihrer Ernährung geändert?
- Haben Sie ohne ersichtlichen Grund abgenommen? War der Gewichtsverlust ungewollt?
- Leiden Sie unter weiteren Beschwerden (wie Abgeschlagenheit, Durchfall, Schmerzen, Fieber, Nachtschweiß)?
- Sind bei Ihnen Erkrankungen bekannt? Wenn ja, welche?
Anschließend wird die*der Ärztin*Arzt den*die Patienten*in gründlich körperlich untersuchen. So misst er möglicherweise die Temperatur, den Puls und den Blutdruck. Je nachdem, welche Ursache der*die Mediziner*in vermutet, schließen sich weitere körperliche Untersuchungen an, wie
- ein EKG und/oder eine Ultraschalluntersuchung (Sonografie) der Verdauungsorgane,
- eine Blutuntersuchung,
- eine Magen- oder Darmspiegelung oder
- eine Urin- und eine Stuhlprobe.
Wenn Sie unter Appetitlosigkeit leiden, kann es sinnvoll sein, dass Sie ihr Gewicht regelmäßig kontrollieren. Ob Ihr Gewicht im Normalbereich liegt, können Sie mithilfe des Body Mass Index (BMI) berechnen.
Appetitlosigkeit: Was tun?
Vorübergehende Appetitlosigkeit ist meist harmlos und bedarf in der Regel keiner Therapie. Hält der mangelnde Appetit jedoch über längere Zeit an, richtet sich die Behandlung nach der jeweiligen Ursache, etwa der zugrunde liegenden Krankheit. Einige Beispiele:
- Bei einer Nahrungsmittelunverträglichkeit hilft oftmals eine spezielle Diät gegen die Beschwerden.
- Bei einer Magenverstimmung empfiehlt es sich Schonkost und grundsätzlich kleinere Mahlzeiten zu essen.
- Zur Behandlung einer Magenschleimhautentzündung kommen oft spezielle Medikamente, sogenannte Säureblocker (Protonenpumpenhemmer), zum Einsatz. Zudem ist es wichtig, vorübergehend auf Koffein, Alkohol und Nikotin zu verzichten.
- Ist die Appetitlosigkeit die Nebenwirkung eines Medikaments, wird die*der Ärztin*Arzt möglicherweise vorschlagen, ein Ausweichpräparat einzusetzen. Achtung: Dauerhaft notwendige Medikamente sollten Sie nicht eigenmächtig, sondern nur nach ärztlicher Abklärung absetzen.
Ist der Appetitmangel psychisch bedingt und mit einem hohen Leidensdruck verbunden, kann es hilfreich sein, das mit der*dem Hausärzt*in zu besprechen und nachfolgend eventuell Kontakt zu einer psychologischen oder psychotherapeutischen Praxis aufzunehmen.
Ernährungs- und Essverhalten
Ein fehlerhaftes Ernährungs- und Essverhalten hat oft einen psychischen Hintergrund. Daher ist grundsätzlich wichtig, die genauen Auslöser der Appetitlosigkeit zu ergründen und nach Möglichkeit aufzuarbeiten. Vor allem bei Essstörungen (wie zum Beispiel Magersucht) und anderen psychischen Erkrankungen ist eine psychotherapeutische oder psychiatrische Behandlung wichtig.
Generell empfiehlt sich: Nehmen Sie sich Zeit zum Essen. Besonders das gemeinsame Essen in geselliger Runde kann das Appetitgefühl wieder aufleben lassen. Um den Appetit wieder anzuregen, sind zudem mehrere kleine Mahlzeiten anstatt einer großen ratsam. Außerdem kann es hilfreich sein, zunächst auf die Nahrung zu setzen, die besonders gerne gegessen wird und auch diese in kleineren Portionen zuzubereiten.
Appetitanregende Mittel
Verschiedenen pflanzlichen Mitteln, insbesondere solchen mit Bitterstoffen, wird eine appetitsteigernde Wirkung nachgesagt. Hierzu zählen etwa Wermut oder Angelikawurzel. Auch eine Tasse Ingwertee kann appetitanregend sein. Andere Wirkstoffe wiederum fördern den Speichelfluss und die Magensaftsekretion. Meist sind diese Stoffe als Tees, Säfte oder Kapseln in der Drogerie oder Apotheke erhältlich.
Bei dauerhafter Appetitlosigkeit können verschiedene Medikamente dabei helfen, den Appetit anzuregen. Solche Mittel sollten Sie nur in Absprache mit Ihrer*Ihrem Ärztin*Arzt einnehmen, da sie häufig mit Nebenwirkungen verbunden sind oder bei einer bestimmten Grunderkrankung nicht eingenommen werden sollten.
Appetitlosigkeit: Weitere Tipps
Wer unter Appetitlosigkeit leidet, kann auch selbst etwas dagegen tun. Bewegung an der frischen Luft, Sport und regelmäßiges Lüften der Räume sollen einen appetitanregenden Effekt erzielen. Auch aktive Ruhephasen im Alltag und gezielte Entspannung, etwa durch Yoga oder Meditation, können sich positiv auf das ausbleibende Hungergefühl und Appetitmangel auswirken.
Menschen, die schlechter riechen oder schmecken, können zudem ihre Speisen stärker würzen und vermehrt frische Kräuter verwenden. Als weitere Maßnahme gegen ein fehlendes Hungergefühl beziehungsweise einen Appetitverlust eignet es sich auch, Kochsendungen zu schauen oder Kochbücher zu lesen.