Kamasutra: Die indische Liebeslehre
Das Kamasutra entstammt der hinduistischen Religionslehre und enthält Ratschläge sowie Anregungen für fast alle Bereiche von Liebe und Sexualität. Bei vielen gilt es als Standardwerk und Ursprung aller nachfolgenden Ratgeber in Sachen Erotik und Sex. Was genau das Kamasutra ist und welche Stellungen zu besserem Sex verhelfen sollen.
Was ist das Kamasutra?
Das Kamasutra ist ein indisches Buch der Liebeskunst und gilt als eines der großen kulturhistorischen Werke der Weltliteratur. Es wurde im dritten Jahrhundert nach Christus von einem Gelehrten namens Vatsyayana Mallanaga aus mehreren Schriften unterschiedlicher Autoren zusammengefasst. Der Begriff Kamasutra setzt sich zusammen aus den alt-indischen Begriffen:
- kama = Verlangen, Liebe, Sex, Genuss
- sutra = Abhandlung
Oft wird Kamasutra als "Verse des Verlangens" übersetzt. Ursprünglich war der aus sieben Büchern bestehende Leitfaden an junge und wohlhabende Männer gerichtet, um ihnen die Eigenschaften des perfekten Liebhabers näherzubringen.
Was beinhaltet das Kamasutra?
Anhand von kunstvollen Bildern und detaillierten Anweisungen für Stellungen und Berührungen im Liebesleben soll das Kamasutra Liebende in die Kunst der Verführung einweisen. In einer für heutige Begriffe altertümlichen und sehr poetischen Sprache lehrt es Lesende, die Sinne zu wecken und die Lust zu steigern. Aus der Lektüre des Kamasutra sollen ein kundiger Liebhaber und eine erfahrende Geliebte hervorgehen, damit jede sexuelle Begegnung zu einem erfüllenden und spirituellen Erlebnis wird.
Historisch gesehen stammt das Kamasutra aus einer Zeit, die durch Lebenskunst und Ästhetik bestimmt war. In der gesellschaftlich hoch angesehenen indischen Brahmanen-Kaste nahm Erotik im Alltag von kultivierten Männern und Frauen eine große Rolle ein.
Das Lehrbuch der Liebeskunst befasst sich nicht nur mit lustvollen Liebesstellungen beim sexuellen Akt, sondern auch mit Aspekten des gesellschaftlichen Lebens: Es geht darum, den*die richtige*n Partner*in zu finden, die Ehe am Leben zu erhalten und wie es ist, mit Geliebten zu leben – oder Geliebte*r zu sein. Es behandelt außerdem Fragen des harmonischen Zusammenlebens von Mann und Frau und zum Verhältnis der Geschlechter. Im Kamasutra werden der Frau im Liebesakt die gleichen Rechte auf Leidenschaft und Genuss zugestanden wie dem Mann.
Kamasutra: Welche Stellungen gibt es?
Im Kamasutra beschriebene Stellungen des Liebesaktes sind oft der Natur entnommen, besonders der Tierwelt und der Mythologie. Das Kamasutra inspiriert durch zahlreiche Bilder und detaillierte Beschreibungen zu verschiedensten Stellungen beim Sex, mittels derer es den Liebenden in jeder Lage guten Sex, höchsten Genuss und Abwechslung verspricht.
Einige der im Kamasutra dargestellten Stellungen sind so abstrakt, dass sie nur nach langjährigem Yogatraining und schier unmöglichen Windungen der Beine zu bewältigen sind. Man vermutet allerdings, dass einige dieser abstrakten Sexstellungen frei erfunden sind, um bei der betrachtenden Person Erstaunen oder Belustigung auszulösen.
Im Kamasutra sind die unterschiedlichen Stellungen mit klangvollen Namen betitelt, wie etwa
- "der Schmetterling",
- "Lotusstellung",
- "heilige Kuh" oder
- "weit geöffnete Muschelstellung".
Wichtig bei der Anleitung für einzelne Positionen sind immer Elemente, die Stimmung schaffen und ein erregendes Vorspiel erzeugen. Zu den wesentlichen Bestandteilen der beschriebenen Praktiken gehören raffinierte Finger- und Zungentechniken und spannende Stellungswechsel. Auch die Stimme darf immer wieder in möglichst erotischer Tonlage zum Einsatz kommen, um die Atmosphäre besonders angenehm zu gestalten.
Lust und Sinnlichkeit werden zum Beispiel aus gekonnten Küssen sowie durch leidenschaftliches Beißen und Kratzen entfacht. Auch Anregungen, wie man Sexspielzeuge (etwa Dildos aus Edelmetall oder Horn) ins Liebesspiel integriert, gehören zum Repertoire des Lehrbuches.
Tipps für das Liebesleben bis heute
Das Buch leitet Paare dazu an, in ihrer Beziehung für Entspannung, aber auch für frischen Wind, Feuer und Abwechslung im Bett zu sorgen. Bei den verschiedenen Stellungen spielen sowohl Nähe und Leidenschaft als auch Spaß, Genuss und Begierde eine wesentliche Rolle. Dabei sind die Stellungen nicht starr festgelegt, sondern lassen sich je nach Lust und Laune variieren und kombinieren. Wichtig ist vor allem, dass beide Partner*innen Spaß an der Sache haben, sich einander hingeben und den Liebesakt mit einer gewissen Leichtigkeit erleben können.
Aus heutiger Sicht ist das Buch für die damalige Zeit ein außerordentlich freizügiges und fortschrittliches Werk in Sachen Sex und Erotik – so fortschrittlich, dass es auch heute noch viele begeisterte, nachahmende Personen findet. Die Tipps der Liebeslektüre sind also bis heute nicht aus den Jahren gekommen.