Defloration: Junge Freundinnen liegen auf einer Wiese.
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Defloration: Wissenswertes zur Entjungferung

Von: Jessica Rothberg (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 09.03.2023

Unter einer Entjungferung oder Defloration (lat. deflorare = "entblüten") versteht man das Einreißen des weiblichen Jungfernhäutchens. Was das Jungfernhäutchen ist und wie es zur Defloration kommen kann.

Was ist das Jungfernhäutchen?

Das Jungfernhäutchen (Hymen) ist eine Schleimhautfalte, die den Eingang der Vagina als eine Art elastischer Rand umgibt. Es ist somit kein geschlossenes Häutchen, sondern vielmehr ein Kranz (Corona). Bei den meisten Frauen hat das Jungfernhäutchen eine einzelne kleine oder mehrere kleine Öffnungen, manchmal auch eine einzelne große Öffnung. In solchen Fällen wirkt das Hymen unter Umständen wie zerrissen, auch wenn es das eigentlich nicht ist.

Die Öffnung im Jungfernhäutchen ist notwendig, damit das Menstruationsblut abfließen kann. Bei einigen wenigen Frauen ist das Jungfernhäutchen jedoch komplett geschlossen (Hymenalatresie) und verschließt dadurch auch die Vagina vollständig. Das kann ab Eintritt der ersten Menstruationsblutung zu Unterleibsschmerzen führen, da das Blut nicht abfließen kann. Dann kann die*der Frauenärztin*Frauenarzt das Jungfernhäutchen jedoch problemlos durch einen kleinen operativen Eingriff öffnen.

Bei manchen Frauen ist das Hymen kaum erkennbar. Hin und wieder kommt es beim "ersten Mal" nur zu einer Dehnung des Jungfernhäutchens, ohne dass es einreißt. Dass das Jungfernhäutchen also grundsätzlich beim ersten Geschlechtsverkehr reißt, ist somit nicht korrekt. Das Aussehen des Jungfernhäutchens lässt deshalb keine eindeutige Aussage darüber zu, ob eine Frau bereits sexuelle Erfahrungen gemacht hat beziehungsweise ob eine Defloration stattgefunden hat.

In vielen patriarchalen – also von Männern dominierten Kulturen – wurde und wird die Ehre und Unschuld der Frau und der Familie mit der Jungfräulichkeit verbunden. Die Defloration wird als besonderes Ereignis angesehen und häufig mit dem Eintritt der Frau in die Ehe gleichgesetzt. Der historische Bezug des Jungfernhäutchens zur Hochzeitsnacht wird auch im Begriff "Hymen" erkennbar, der auf den griechischen Gott der Hochzeit (Hymenaios) zurückgeht.

Was ist Defloration?

Wenn das Jungfernhäutchen der Frau reißt, ist die Rede von der Entjungferung (Defloration). Zum Riss des Jungfernhäutchens kann es beim Geschlechtsverkehr kommen – jedoch ist die Entjungferung auch durch die Verwendung von Sextoys wie Dildos möglich.

In Deutschland sind Jugendliche beim ersten Mal im Schnitt 17,2 Jahre al. Bei Mädchen liegt das durchschnittliche Alter bei 17,0 – Jungen sind beim ersten Geschlechtsverkehr im Schnitt 17,4 Jahre alt.

Ist die Entjungferung schmerzhaft?

Bei der Defloration kommt es in den meisten Fällen nur zu geringen oder gar keinen Blutungen. Massive Blutungen treten dagegen eher selten auf. Ob eine Defloration mit Schmerzen verbunden ist und wie stark diese sind, ist individuell. Im Allgemeinen ist sie jedoch eher weniger schmerzhaft. Die Ängste vieler junger Mädchen vor der Entjungferung sind daher oft unbegründet.

Hymenrekonstruktion: Wiederherstellung des Jungfernhäutchens

Frauen, die ihr zerrissenes Jungfernhäutchen wiederherstellen und damit ihre Defloration rückgängig machen möchten, können das chirurgisch mithilfe der sogenannten Hymenrekonstruktion tun. In europäischen Ländern ist ein derartiger operativer Eingriff für rund 500 bis 4.000 Euro möglich. Andere Begriffe für eine Hymenrekonstruktion sind Hymenoplastik oder Hymenorrhaphie – sie zählt zum Bereich der Scheidenplastik (Vaginoplastik).

    Wichtig: Bevor Frauen eine Hymenrekonstruktion durchführen lassen, empfiehlt sich ein ausführliches Abwägen der Vor- und Nachteile. Auch diejenigen, die sich unter Druck gesetzt fühlen, können sich vertrauensvoll eine Beratungsstelle wenden. Hilfe findet sich etwa bei https://www.profamilia.de/

    Der Wunsch nach einer Hymenrekonstruktion hat häufig soziokulturelle Gründe. Vor allem Frauen, in deren Kulturkreis es wichtig ist, jungfräulich in die Ehe zu gehen, stehen in dieser Hinsicht oft unter großem gesellschaftlichem Druck. In manchen Ländern müssen Frauen ihre Jungfräulichkeit vor der Ehe ärztlich nachweisen lassen.

    Als Beweggründe dafür, das Jungfernhäutchen wiederherstellen zu lassen, geben betroffene Frauen oft folgende an:

    • Die Angst vor gesellschaftlicher Abwertung, wenn festgestellt wird, dass die Frau bei der Hochzeit nicht mehr jungfräulich ist.
    • Den Wunsch nach einer Art Liebesbeweis, der zeigt, wie sehr man Partner*innen liebt und respektiert.

    Die Hymenrekonstruktion trägt nicht dazu bei, gegen die Diskriminierung von Frauen vorzugehen – vielmehr wird durch die Hymenoplastik der Mythos der Entjungferung aufrechterhalten. Viele Frauenrechtsbewegungen sprechen sich aus diesem Grund gegen die OP aus. Auch Fachleute debattieren immer wieder über die ethnische Vertretbarkeit solcher Eingriffe – vor allem, wenn es aus medizinischer Sicht keine Notwendigkeit gibt.

    Wie häufig wird eine Hymenrekonstruktion durchgeführt?

    Wie häufig eine Hymenrekonstruktion vorgenommen wird, lässt sich nicht genau sagen. Die Nachfrage nach solch einem operativen Eingriff nimmt jedoch auch in Deutschland langsam zu. 

    Für die Hymenoplastik gibt es bis jetzt keine medizinischen Richtlinien, genauso wenig wie wissenschaftliche Studien über die möglichen Risiken und Komplikationen. Fachleute, die eine Hymenrekonstruktion durchführen, lernen die Techniken vor allem von anderen Ärzt*innen. Außerhalb Europas kann die Hymenoplastik zudem aufgrund der Tabuisierung des Themas oft nicht in öffentlichen Krankenhäusern vorgenommen werden, sodass die Betroffenen andere, mitunter fachfremde Operateur*innen aufsuchen müssen.