Mobbing und seine Folgen
Mobbing kann jeden treffen: Es gibt weder ein typisches Mobbingopfer noch allgemeine Verhaltensregeln, um sich vor Mobbing und seinen möglichen Folgen zu schützen. Allerdings haben manche Menschen ein höheres Risiko, am Arbeitsplatz gemobbt zu werden.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
Überblick
Frauen, Auszubildende und ältere Beschäftigte sind eher von Mobbing am Arbeitsplatz betroffen; außerdem ist mobbendes Verhalten in bestimmten Berufsgruppen häufiger anzutreffen als in anderen: So ist Mobbing zum Beispiel im Pflegebereich oder Bankwesen öfter an der Tagesordnung. Einen überdurchschnittlich respekt- und achtungsvollen Umgang miteinander zeigen dagegen beispielsweise Berufskraftfahrer, das Fahrpersonal im öffentlichen Personennahverkehr oder auch Landwirte.
Der "typische" Mobbingtäter am Arbeitsplatz ist ein männlicher Vorgesetzter mittleren Alters, der schon mehrere Jahre im Betrieb beschäftigt ist. Allerdings geschieht Mobbing auch durch ältere und jüngere Vorgesetzte und Kollegen beiderlei Geschlechts.
Die Ursachen für Mobbing sind vielfältig: Zu den häufigen Motiven der Mobber zählen Abneigung gegen das Mobbing-Opfer, Neid, Frust, übertriebener Ehrgeiz und Existenzangst. Manche Firmen setzen Mobbing auch zu dem Zweck ein, Personal abzubauen. Grundsätzlich ist Mobbing in denjenigen Firmen eher ein Problem, die sich wenig um Personalpflege und -entwicklung kümmern und in denen auch sonst eher schlechte Arbeitsbedingungen herrschen.
Mobbing am Arbeitsplatz ist nicht zu verwechseln mit kleinen Konflikten, Streitereien und Missverständnissen – solche Situationen gehören zum Alltag und sind völlig normal. Mobbing hingegen ist laut Definition ein gezieltes und dauerhaftes Angreifen, Schikanieren und Ausgrenzen einzelner Personen.
Mobbing kann auf verschiedene Arten geschehen und sich auf unterschiedlichen Ebenen auswirken. Häufig schränken die Mobber ihre Opfer in deren Möglichkeit ein, sich mitzuteilen. Daneben können Mobbing-Handlungen die sozialen Beziehungen innerhalb des Betriebs erschweren (z.B. indem der/die Mobbingtäter jemanden ignorieren oder in ein abgelegenes Büro versetzen). Durch das Mobben kann auch das soziale Ansehen der Betroffenen geschädigt sein, etwa indem die Täter Gerüchte über die Mobbingopfer verbreiten.
Mobbing im Beruf kann schwerwiegende Folgen für die Gesundheit der Betroffenen haben. Immer mehr Menschen empfinden ihre Situation auf der Arbeit als belastend und unerträglich, weil sie den Anfeindungen durch Kollegen oder Vorgesetzte wehrlos ausgeliefert sind. Und auch die finanziellen Einbußen, die dem Arbeitnehmer durch eine sinkende Arbeitsqualität und höhere Fehlzeiten entstehen, sind nicht zu vernachlässigen. Mit wachsendem Leistungsdruck und zunehmender Konkurrenz im Betrieb rückt das Thema Mobbing verstärkt in den Blickpunkt.
Jemanden zu mobben ist also kein Kavaliersdelikt, denn die Folgen von Mobbing sind oft schwer – nicht nur für die Betroffenen.
Darüber hinaus kommt es nicht nur am Arbeitsplatz, sondern auch an anderen Orten zu Mobbing: So können zum Beispiel Kinder und Jugendlichein der Schule fortwährend Angriffen und Schikanen ihrer Mitschüler ausgesetzt sein. Viele nutzen auch das Internet, um andere zu mobben (dieses Mobbing im Internet bezeichnet man auch als Cybermobbing: Cyber = Kurzform von Cyberspace). Umso wichtiger ist es bei Mobbing, den Betroffenen in allen Bereichen Hilfe zu bieten.
Definition
Der Begriff Mobbing bezeichnet per Definition ein fortgesetztes Verhalten, das durch gezielte Anfeindung, Schikane und Diskriminierung gekennzeichnet ist (engl. to mob = anpöbeln, schikanieren). Ein typisches Beispiel hierfür ist Mobbing am Arbeitsplatz unter Kollegen oder auch zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten: Dabei greifen eine oder mehrere Personen (die Täter oder Mobber) über einen längeren Zeitraum hinweg direkt oder indirekt eine unterlegene Person (das Mobbing-Opfer) an.
In den meisten Fällen wendet man das Wort mobben auf entsprechendes Verhalten bei der Arbeit an. Jedoch findet sich Mobbing bei weiter gefasster Definition auch in anderem Zusammenhang: Beispiele hierfür sind das Mobbing in der Schule (unter Schülern oder auch zwischen Schülern und Lehrern) und das Mobbing im Internet (sog. Cybermobbing: Cyber = Kurzform von Cyberspace). Das Mobbing-Opfer nimmt dabei das Verhalten der mobbenden Person(en) als Angriff wahr.
Das Ziel von Mobbing ist es, jemanden systematisch auszugrenzen. Wer gemobbt wird, sieht keine Möglichkeit, sich gegen die dadurch entstehende Diskriminierung und den daraus folgenden Ausschluss aus der beruflichen oder schulischen Gemeinschaft zu wehren. Kleinere Streitereien oder vereinzelt auftretende Auseinandersetzungen gelten hingegen laut Definition nicht als Mobbing.
Mobbing hat vielfältige Ursachen. Mögliche Gründe für psychische Angriffe gegen eine andere Person sind:
- Spannungen und Konflikte
- Konkurrenzdruck, hoher Leistungsdruck und Verantwortung bei geringem Handlungsspielraum
- zu wenig Anerkennung der (beruflichen) Tätigkeit
- starre Hierarchien am Arbeitsplatz
Jeden Tag sind über 1 Millionen Menschen deutschlandweit von Mobbing am Arbeitsplatz betroffen. Gesundheitliche Beeinträchtigungen durch Mobbing sind jedoch nicht als Berufskrankheit anerkannt.
Der Mobbing-Prozess
Wann das Mobbing am Arbeitsplatz begonnen hat, können die Betroffenen meist nicht genau sagen, denn: Der Mobbing-Prozess setzt typischerweise schleichend ein. In vielen Fällen steht am Anfang ein (beruflicher) Konflikt, der – weil als belanglos eingeschätzt – keine weitere Beachtung findet. Aus diesem ungelösten Konflikt kann Mobbing entstehen, wobei der ursprüngliche Auslöser immer mehr in den Hintergrund tritt und die Beteiligten stattdessen persönliche Auseinandersetzungen führen.
Die Mobbing-Opfer sehen sich zunehmend in die Außenseiterrolle gedrängt, weil die Täter sie meiden oder verleumden. Als Reaktion auf diese Behandlung zeigen die Opfer Verhaltensweisen wie Rückzug, Misstrauen oder Aggression – wodurch sich ihre Außenseiterrolle zunehmend verstärkt. Im weiteren Verlauf kann sich der Mobbing-Prozess auf die körperliche und seelische Gesundheit der Mobbing-Opfer auswirken. Häufige Fehlzeiten und eine abnehmende Arbeitsqualität können die Folge sein.
Ein fortgeschrittener Mobbing-Prozess endet meist mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. In vielen Fällen sprechen die Betroffenen selbst die Kündigung aus – wegen der durch das Mobbing unerträglichen Arbeitssituation. In manchen Fällen erhalten auch die Betroffenen – meist unter einem Vorwand – die Kündigung.
Mobbing-Handlungen
Mobber können beim Mobbing-Prozess vielfältige Handlungen vornehmen, deren gemeinsames Ziel darin besteht, das Mobbing-Opfer systematisch auszugrenzen. Dabei können sich die Mobbing-Angriffe auf verschiedene Bereiche auswirken:
Angriff auf … | Beispiel |
… die Möglichkeit, sich mitzuteilen | Fortwährendes Unterbrechen der Mobbing-Opfer; dauerndes Kritisieren; Anschreien; ständige Kritik an Arbeit oder Privatleben |
… die sozialen Beziehungen | Völliges Ignorieren der Mobbing-Opfer; ausbleibende Reaktion auf Ansprache; Versetzung in einen anderen Raum |
… das soziale Ansehen | Verbreitung von Gerüchten; Nachahmen von Gang, Gesten oder Stimme; Äußerungen, die Betroffenen seien psychisch krank; Belustigung |
… die Qualität der Berufs- und Lebenssituation | Zuteilung von sinnlosen, deutlich überfordernden oder unterfordernden Arbeitsaufgaben; Zuweisung von immer neuen Aufgaben oder mangelndes Vergeben von Aufgaben |
… die Gesundheit | Körperliche Misshandlung; Androhung von Gewalt; Zerstören persönlicher Gegenstände; sexuelle Übergriffe |
Folgen von Mobbing
Mobbing kann schwerwiegende Folgen haben: Wer gemobbt wird, kann auf Dauer starke gesundheitliche Beeinträchtigungen davontragen. Schätzungsweise 90 Prozent aller Mobbing-Opfer bekommen körperliche oder seelische Probleme als direkte Folgen von Mobbing. Dabei kann es zu ernsthaften, teilweise mit Arbeitsunfähigkeit verbundenen Erkrankungen bis hin zum Selbstmord (Suizid) kommen.
Häufige Folgen von Mobbing für das Opfer sind:
- Stresssymptome wie Kopfschmerzen oder Schlafstörungen
- Verunsicherung, sinkendes Selbstvertrauen
- soziale Isolation
- Erkrankungen im Magen-Darm-Bereich
- Herz-Kreislauf-Beschwerden
- depressive Verstimmungen bis hin zu schweren Depressionen
Doch nicht nur die Opfer selbst bekommen die Folgen von Mobbing zu spüren – auch nicht direkt betroffene Kollegen können beeinträchtigt sein: So können unbeteiligte Dritte beispielsweise Angst davor entwickeln, selbst gemobbt zu werden oder in eine Konfliktsituation zu geraten, bei der sie sich für Opfer oder Täter entscheiden müssen.
Neben den persönlichen Folgen von Mobbing für die Betroffenen hat Mobbing außerdem (betriebs)wirtschaftliche Auswirkungen: So können gemobbte Mitarbeiter erhöhte Fehlzeiten aufweisen; außerdem können sowohl Qualität als auch Produktivität der Arbeit sinken. Da Mobben häufig zu psychosomatischen Krankheiten führt, werden einige der Betroffenen aufgrund von Erwerbsunfähigkeit Frührentner.
Gegen Mobbing wehren
Bei Mobbing ist Hilfe nötig: Einzelne Menschen können sich meist nur schwer gegen Mobbing wehren. Dennoch ist es für Betroffene ratsam, zunächst eine Aussprache mit dem/den Täter(n) zu suchen, um das Problem zu lösen, und sich kompromissbereit zu zeigen. Dabei ist es zum Beispiel empfehlenswert, nach den Ursachen des Konflikts zu suchen und Lösungsvorschläge machen. Darüber hinaus können Mobbing-Opfer einiges tun, um sich zur Wehr zu setzen und zu schützen:
- Suchen Sie gezielt nach Entspannungsmöglichkeiten (nutzen Sie ggf. Entspannungstechniken wie autogenes Training) und versuchen Sie, sich in der Freizeit durch angenehme Tätigkeiten abzulenken. Stress können Sie zum Beispiel durch Sport abbauen.
- Suchen Sie sich Gleichgesinnte, die sich in einer ähnlichen Situation befinden.
- Nehmen Sie eine Auszeit, zum Beispiel im Urlaub oder in einer Kur.
- Suchen Sie sich Zeugen und fertigen Sie schriftliche Aufzeichnungen an, um bei einer Klage Indizien zur Hand zu haben.
- Wenden Sie sich gegebenenfalls an Ihren Arbeitgeber, den Personalrat oder den Gleichstellungsbeauftragten, wenn das Einzelgespräch erfolglos war; wenn Sie behindert sind, haben Sie zusätzlich die Möglichkeit, sich an die Schwerbehindertenvertretung zu wenden.
Es ist wichtig, sich so früh wie möglich gegen Mobbing-Attacken zu wehren. So kann es gelingen, anfängliche Konflikte eventuell noch rechtzeitig beizulegen.
Rechtliche Aspekte
In Deutschland besteht bisher kein Anti-Mobbing-Gesetz, wie es zum Beispiel in Frankreich oder Schweden der Fall ist. Dennoch können Sie sich rechtlich gegen Mobbing wehren, da dieses Verhalten auch in Deutschland verboten und strafbar ist.
So ist es möglich, die mobbende(n) Person(en) unter Umständen zum Beispiel wegen Beleidigung (§ 185 Strafgesetzbuch), Verleumdung (§ 187 Strafgesetzbuch), übler Nachrede (§ 186 Strafgesetzbuch) oder auch Körperverletzung (§ 223 Strafgesetzbuch) strafrechtlich zu belangen. Seit 2006 ist außerdem das Allgemeine Gleichstellungsgesetz (AGG) in Kraft, auf das Sie sich als Mobbing-Opfer dann berufen können, wenn man Sie in ungerechtfertigter Weise aus Gründen der Rasse oder wegen Ihrer ethnischen Herkunft, Ihres Geschlechts, Ihrer Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, Ihres Alters oder Ihrer sexuellen Identität benachteiligt hat.
Mobbing gilt als Eingriff in das Persönlichkeitsrecht eines Menschen, das durch Artikel 1 und 2 des Grundgesetzes geschützt ist. Somit sind Verhaltensweisen, die dieses Persönlichkeitsrecht verletzten, auch im Rahmen von Mobbing strafbar.
Laut Arbeitsschutzgesetz ist der Arbeitgeber dafür verantwortlich, gesundheitliche Gefahren am Arbeitsplatz zu minimieren oder ganz zu beseitigen. Wer gemobbt wird, kann daher unter Umständen vor dem Verwaltungsgericht auch auf Unterlassung klagen.
Da Mobbing oft unterschwellig und nicht immer direkt abläuft, ist es oft schwer, den Beweis hierfür zu erbringen. Allerdings sind vor Gericht in vielen Fällen Beweiserleichterungen zugunsten der Betroffenen möglich, wenn genügend Anzeichen vorliegen.
In schweren Fällen von Mobbing haben Betroffene das Recht, die Arbeitsleistung einzustellen oder außerordentlich zu kündigen, wenn der Arbeitgeber auf vorherige Aufforderungen, das Mobben zu unterbinden, nicht reagiert hat.
Mobbing in der Schule
Mobbing ist nicht auf den Arbeitsplatz beschränkt – Mobbing findet auch in der Schule statt: Kinder und Jugendliche sind heutzutage häufig Opfer von Mobbing. Schätzungen zufolge sind über 50 Prozent der Schülerinnen und Schüler schon einmal an Schulen gemobbt worden.
Mobbing beginnt bereits in der Grundschule: Schüler beleidigen und ärgern einzelne Mitschüler oder grenzen sie aus; teilweise drohen sie auch Gewalt an. Mobbing unter Schülern geschieht aber nicht nur in der Schule: Mit zunehmendem Alter nutzen Kinder und Jugendliche auch verstärkt das Internet für Mobbing – zum Beispiel, indem sie gezielt Gerüchte oder Beleidigungen verbreiten. Mobbing im Internet ist auch unter dem Begriff Cybermobbing bekannt (dabei steht Cyber für Cyberspace = virtueller Raum). Dieser Mobbing-Form fallen nicht nur Schüler, sondern auch Lehrer zum Opfer.