Manie: Gefährliche Selbstüberschätzung
Wer manisch ist, fühlt sich permanent in Hochstimmung, aktiv und leistungsfähig – Schlaf ist hier nur Zeitverschwendung. Was auf den ersten Blick positiv erscheinen mag, kann gefährliche Folgen haben – denn manische Personen neigen zu extremer Selbstüberschätzung. Woran lässt sich eine Manie erkennen?
Definition: Was ist eine Manie?
Extreme Euphorie und das Gefühl, alles erreichen zu können: Solche Phasen kennt wohl jeder Mensch. Viele frisch Verliebte etwa sehen alles durch die berühmte rosarote Brille, sind in bester Laune und fühlen sich selbstbewusst. In diesem Fall ist die Hochstimmung ein angenehmes und meist unproblematisches Phänomen. Anders sieht es aus, wenn die Stimmungslage in keinem Verhältnis zur tatsächlichen Lebenssituation steht. So ist es bei Menschen mit einer Manie: Aus objektiver Sicht gibt es keinen Grund für die gehobene Stimmung.
Die Manie zählt zu den sogenannten affektiven Störungen. Fachleute schätzen, dass rund drei Prozent der Bevölkerung im Laufe ihres Lebens an der psychischen Erkrankung leiden. In etwa 80 Prozent wechseln sich manische Phasen mit depressiven Episoden ab.
In einer manischen Phase neigen Betroffene dazu, sich zu überschätzen und verlieren den Bezug zur Realität. Das kann mitunter zu gefährlichen Situationen führen – sowohl für die erkrankte Person selbst als auch für ihre Mitmenschen. Der Alltag ist durch die Manie deutlich beeinträchtigt, auch, wenn sich die Person nicht krank fühlt.
Manie: Typische Symptome
Die Symptomatik einer Manie kann unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Typisch für Maniker*innen sind zum Beispiel
- ein übertriebenes Hochgefühl
- mitunter auch eine gereizte Stimmung, etwa nach Kränkung
- ein deutlich gesteigerter Antrieb
- Leistungsfähigkeit und Kreativität
- Selbstüberschätzung, Größenideen und Realitätsverlust
- fehlende Problemeinsicht
- ein rücksichtloses Verhalten, Enthemmung und Leichtsinn
- Konzentrationsstörungen, leichte Ablenkbarkeit und viele, ständig wechselnde Ideen (sogenannte Ideenflucht)
- ein reduziertes Schlafbedürfnis
- Rededrang, häufig verlieren Betroffene den Zusammenhang beim Sprechen
- eine gesteigerte Libido und sexuelle Enthemmung
- Sprunghaftigkeit
Es kann vorkommen, dass angesichts der mit der Erkrankung einhergehenden Unstetigkeit Körperpflege und Ernährung vernachlässigt werden.
Mögliches Symptom bei Manie: Wahnvorstellungen
In einigen Fällen weisen Betroffene neben den Symptomen einer Manie auch Anzeichen einer Psychose auf, die mit wahnhaften Symptomen und Halluzinationen einhergeht. Typisch sind etwa
- Größenwahn,
- Stimmen hören (akustische Halluzinationen) und
- Dinge sehen, die nicht real sind (optische Halluzinationen).
Fachleute sprechen in diesem Zusammenhang von einer psychotischen Manie.
Derlei Wahnvorstellungen können für einen großen Leidensdruck sorgen und Erkrankte im Alltag stark beeinträchtigen. Zum Beispiel geben sie unbesonnen viel zu viel Geld aus und machen Schulden, etwa weil sie glauben, eine geniale Geschäftsidee entdeckt zu haben. Oder aber sie überziehen ihr Konto, weil sie Dinge einkaufen, die sie sich eigentlich gar nicht leisten können. Wildfremden Menschen erzählen sie etwa private Dinge und auch im sexuellen Bereich verhalten sie sich enthemmt. Entsprechend leiden auch soziale Beziehungen häufig unter manischen Episoden.
Häufig entwickeln sich die Symptome einer Manie langsam über mehrere Tage hinweg. und halten in der Regel mindestens eine Woche lang an. Manien können als einmalige Phase, aber auch mehrmals im Leben auftreten.
Erst, wenn die Symptome abgeklungen sind, können die Betroffenen ihre Handlungen realistisch einschätzen. Oft schämen sie sich für ihr Verhalten während der Manie, denn meist stehen ihre Handlungen im Widerspruch zu ihren normalen Grundsätzen.
Hypomanie: Abgeschwächte Form der Manie
Bei einer Hypomanie sind die manischen Symptome nur leicht ausgeprägt. Die betroffene Person ist zum Beispiel sehr gesprächig, gesellig und deutlich aktiver als normal. Der Alltag wird dadurch jedoch nicht beeinträchtigt, sondern mitunter sogar bereichert: Durch den besonderen Ideenreichtum und ihre Kreativität profitieren viele Menschen von der Hypomanie.
Bipolare affektive Störung: Manisch-depressiv
Der Manie folgt meist eine Depression: Oft wechseln sich manische Phasen mit depressiven Episoden ab. Dazwischen liegen häufig Phasen, in denen die Stimmung ausgeglichen ist. Fachleute sprechen auch von einer bipolaren affektiven Störung. Eine Manie ohne depressive Phasen kommt nur sehr selten vor.
Nach einer depressiven Krankheitsphase erleben die Betroffenen eine anschließende manische Episode geradezu als Befreiung. Dennoch ist der ständige Wechsel zwischen Euphorie und Depression sehr belastend und kann in schweren Fällen Suizidgedanken auslösen.
Wie entsteht eine Manie?
Wie eine Manie oder auch eine bipolare affektive Störung entstehen, ist nicht abschließend geklärt. Fachleute vermuten, dass mehrere Faktoren beteiligt sind, darunter
- genetische,
- biologische
- und psychosoziale Einflüsse.
Bei Letzteren handelt es sich etwa um belastende Lebensereignisse wie Stress, Verlust von engen Angehörigen oder Gewalterfahrungen. Ein ungesunder, unsteter Lebensstil kann die psychische Erkrankung ebenfalls begünstigen. Dazu zählt zum Beispiel ein unregelmäßiger Schlafrhythmus.
In manchen Familien kommen bipolare affektive Störungen mit Depression und Manie gehäuft vor, was auf eine genetische Komponente schließen lässt. Während einer manischen Phase lässt sich bei Betroffenen häufig eine verstärkte Ausschüttung der Neurotransmitter Dopamin und Noradrenalin feststellen. Während depressiver Episoden ist die Produktion der Botenstoffe hingegen gehemmt.
Wie wird eine Manie behandelt?
Maniker*innen fehlt häufig eine Krankheitseinsicht. Sie reagieren bisweilen gereizt und aggressiv, wenn sie auf eine mögliche Erkrankung angesprochen werden. Deshalb kommt es oft erst spät zu einer Diagnose und einer anschließenden Behandlung. Dabei ist eine Therapie in vielen Fällen notwendig, um eine Besserung zu erzielen.
Bei einer schwer ausgeprägten Manie ist eine stationäre Behandlung in einer psychiatrischen Klinik sinnvoll, denn manische Personen stellen mitunter nicht nur eine Gefahr für sich dar. Durch ihre Selbstüberschätzung kann es auch zu einer Fremdgefährdung kommen, etwa beim Autofahren.
Manchmal ist eine Einweisung gegen den Willen der erkrankten Person nötig. Der Aufenthalt in der geschlossenen Psychiatrie schützt den*die Patient*in vor schädlichen Verhaltensweisen wie zum Beispiel exzessiven Geldausgaben, körperlicher und mentaler Überanstrengung oder sozialer Enthemmung. Im Umfeld der Psychiatrie kann er*sie vor äußeren Reizen geschützt werden, bis die manische Phase vorüber ist.
Nach einem Aufenthalt in der Psychiatrie ist eine stützende Psychotherapie ratsam. Selbsthilfegruppen sind eine weitere Möglichkeit, um sich mit anderen Betroffenen auszutauschen.
Medikation bei Manie
Welche Medikamente zur Behandlung einer Manie verschrieben werden, richtet sich nach der Ausprägung der Erkrankung. So kommen zur Akuttherapie etwa Antipsychotika und ergänzend Beruhigungsmittel (Benzodiazepine) wie Lorazepam infrage.
Bei weniger schweren Krankheitsphasen können Stimmungsstabilisatoren wie Lithium eingesetzt werden. Das Arzneimittel wirkt auch prophylaktisch bei manisch-depressiven Episoden. Bei wiederkehrenden manischen Phasen kann es notwendig sein, längerfristig Medikamente einzunehmen.