Spinalkanalstenose: Symptome, Therapie und OP
Eine Spinalkanalstenose kann äußerst schmerzhaft sein. Sie betrifft häufig die Lendenwirbelsäule (LWS) und die Halswirbelsäule (HWS). Hierbei kommt es zu einer Verengung des Wirbelkanals, die oft zu starken Schmerzen und Beschwerden im Rücken sowie in Armen und Beinen vor allem beim Gehen oder Treppensteigen führt. Welche Therapie und Übungen bei einer Spinalkanalstenose helfen und wann eine OP nötig ist, lesen Sie hier.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
Zusammenfassung
- Definition: Eine Spinalstenose ist eine Verengung des Wirbelsäulenkanals, in welchem das Rückenmark verläuft. Die Krankheit entsteht oft durch Verschleiß im Alter, kann aber auch angeboren sein.
- Symptome: Je nachdem, welchen Bereich die Wirbelkanalstenose genau betrifft, kommt es zu verschiedenen Symptomen. Häufig sind Schmerzen im unteren Rücken, die in andere Körperbereiche ausstrahlen können. Die Beschwerden verstärken sich typischerweise bei Belastung. Betroffene können oft längere Gehstrecken nicht so gut bewältigen.
- Ursachen: Bei den meisten Menschen wird eine Wirbelkanalverengung durch den natürlichen Alterungsprozess oder starke Belastung hervorgerufen. Durch Verschleiß und knöchernde Veränderungen der Wirbelkörper geraten Rückenmark und Nervenwurzeln zunehmend unter Druck.
- Konservative Therapie: In vielen Fällen reichen Maßnahmen der konservativen Therapie aus. Dazu zählen Schmerzmittel, Physiotherapie, Wärmebehandlungen, der Besuch einer Rückenschule sowie orthopädische Hilfen, beispielsweise Gehstützen. Generell gilt die Empfehlung, im Alltag aktiv zu bleiben und regelmäßig spezielle Übungen für den Rücken zu absolvieren.
- Operation: Eine OP ist notwendig, wenn starke motorische Ausfälle bestehen und die Schmerzen trotz konservativer Verfahren anhalten oder die Lebensqualität stark eingeschränkt ist. Der Eingriff hat das Ziel, den verengten Spinalkanal zu erweitern und die Nerven zu entlasten. (Dekompression).
- Prognose: Der Großteil der Betroffenen bekommt die Krankheitsbeschwerden mit Übungen und Medikamenten gut in den Griff. Bei etwa 30 Prozent helfen konservative Maßnahmen nicht ausreichend oder die Symptome verschlimmern sich.
Was ist eine Spinalkanalstenose?
Eine Spinalkanalstenose ist eine Verengung des Wirbelkanals bei einem oder mehreren Wirbeln. Weitere Bezeichnungen der Krankheit sind:
- spinale Stenose
- Spinalstenose
- Wirbelkanalstenose
- Wirbelkanalverengung
Je nach Ausmaß der Verengung entsteht Druck auf das Rückenmark und die darin verlaufenden Nerven, was zu verschiedenen Symptomen führen kann. Insbesondere starke Rückenschmerzen kommen häufig vor.
Spinalkanalstenose betrifft häufig die LWS und HWS
Besonders häufig tritt eine Spinalkanalstenose im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS, lumbale Spinalkanalstenose) oder Halswirbelsäule (HWS, zervikale Spinalkanalstenose) auf.
Bei einer Spinalstenose handelt es sich im Gegensatz zum Bandscheibenvorfall nicht um eine akute Erkrankung der Wirbelsäule. Sie entwickelt sich über einen längeren Zeitraum hinweg. Daher sind hauptsächlich ältere Menschen über 65 von der Krankheit betroffen. Mit zunehmendem Lebensalter kommt es vermehrt zu Verschleiß der Wirbelsäule und Gelenke.
Wirbel und Wirbelkanal
Die Wirbelsäule besteht aus einer Reihe aufeinandergesetzter Wirbel. Zur Vorderseite des Körpers hin liegt bei jedem Wirbel der bauchige Wirbelkörper und zur Rückseite des Körpers hin der Wirbelbogen. Die Wirbel sind durch Muskeln und Bänder miteinander verbunden. Zwischen den beweglichen Wirbeln liegt wie eine Art Puffer jeweils eine Bandscheibe (außer zwischen erstem und zweitem Halswirbel).
Jeder Wirbel hat ein Loch, den sogenannten Wirbelkanal oder Spinalkanal, durch welchen das Rückenmark verläuft. Das Rückenmark ist Teil des zentralen Nervensystems – es verbindet das Gehirn mit dem restlichen Körper. Vom Rückenmark aus verzweigen sich Nervenfasern von Ober- und Unterseite eines Wirbels ausgehend sowie durch kleine Öffnungen im Wirbel heraus. So entstehen Verbindungen zwischen Gehirn, Rückenmark und Muskeln und ermöglichen eine Reiz- und Signalweiterleitung.
Spinalkanalstenose: Welche Symptome sind möglich?
Erst, wenn ausreichend Druck auf das Rückenmark oder die Nerven entsteht, ruft eine Spinalkanalstenose Symptome hervor. Diese betreffen meist
- entweder die Arme, wenn die Verengung in der Halswirbelsäule (HWS) auftritt,
- die Beine, wenn die Verengung im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS) vorliegt.
Weil sich die Krankheit nicht akut, sondern über viele Jahre hinweg entwickelt, äußert sie sich in der Regel zunächst nur vage. Da die LWS am häufigsten betroffen ist, sind Schmerzen im unteren Rücken (Kreuzschmerzen) ein typisches Symptom. Zunehmend verstärken sich diese und strahlen in weitere Körperbereiche aus, etwa ins Gesäß oder in die Beine (Ober- und Unterschenkel).
Zu den weiteren Anzeichen gehören:
- Schmerzen beim Gehen, Stehen, Laufen oder Treppensteigen
- Schwächegefühl in Armen, Beinen oder Füßen, je nachdem, ob die Verengung im HWS- oder LWS-Bereich liegt
- Missempfindungen oder Taubheitsgefühl in den Beinen oder im Gesäß
- Gleichgewichtsprobleme
- Gangstörungen
- Lähmungen
- (in schweren Fällen) Probleme, Stuhl oder Harn richtig zu halten
Oft lassen die Schmerzen nach, wenn man sitzt oder den Rücken leicht nach vorn beugt (wie zum Beispiel beim Radfahren, Aufstützen auf einen Einkaufswagen). Denn dabei lässt der Druck auf die eingeengten Nerven nach. Für manche Betroffene ist auch das Schlafen beziehungsweise Liegen unangenehm, weswegen sie versuchen, sitzend zu schlafen. Eventuelle Taubheitsgefühle können jedoch unabhängig davon bestehen bleiben.
Bei einer Spinalkanalstenose im LWS-Bereich zeigen Betroffene häufig einen typischen Gang: Nach kurzem Gehen bleiben sie aufgrund der Schmerzen stehen und verweilen einige Minuten in leicht vorgebeugter Haltung beziehungsweise müssen sich hinsetzen, ehe sie wieder eine kurze Strecke gehen können. Bergaufgehen ist für Betroffene oft angenehmer als bergabgehen, da bergauf der Oberkörper meist leicht nach vorn geneigt wird.
Ursache einer Spinalkanalstenose ist häufig Verschleiß
Für eine spinale Stenose kann es unterschiedliche Ursachen geben. Am häufigsten entsteht sie als Folge von Verschleißerscheinungen. Mit zunehmendem Alter schreiten degenerative Prozesse im Körper fort. Dabei kann sich das Gewebe in den Wirbeln verdicken oder verknöchern und den Wirbelkanal einengen.
Veränderungen der Facettengelenke können den Platz im Wirbelkanal ebenfalls verringern. Facettengelenke verbinden jeweils zwei Wirbelköper miteinander. Je älter ein Mensch wird, desto mehr verschleißen diese Gelenke und es kommt zu einer zunehmenden Instabilität der Wirbelsäule. In diesem Zusammenhang bildet der Körper manchmal knöcherne Auswüchse (Spondylophyten), um gegenzusteuern. Dadurch kann der Druck auf umliegende Strukturen wie Nerven oder Rückenmark erhöht werden.
Weitere Auslöser einer Spinalstenose
Erkrankungen wie Arthrose, Bandscheibenschäden oder rheumatoide Arthritis gehen mit entzündlichen Prozesse einher. Diese können ebenfalls zur Entstehung einer Spinalkanalstenose beitragen und die Einengung des Nervenkanals begünstigen.
Andere mögliche Ursachen für eine Spinalkanalstenose sind:
- angeborene Wirbelfehlbildung
- angeborener enger Wirbelkanal
- Achondroplasie (Form von Kleinwüchsigkeit)
- Verkrümmung der Wirbelsäule (Skoliose)
- Morbus Paget (Osteodystrophia deformans): eine Knochenerkrankung, bei der es zu einer Verformung und Verdickung mehrerer Knochen kommt
- Knochentumoren
- Verletzungen der Wirbelsäule
Therapie: Was hilft bei einer Spinalkanalstenose?
Eine Spinalkanalstenose erfordert erst dann eine Behandlung, wenn Beschwerden auftreten. Oberstes Ziel der Therapie ist es, Schmerzen zu lindern. Bei einem Großteil der Betroffenen reichen konservative Behandlungsmaßnahmen aus, um Krankheitsbeschwerden zu lindern.
Schmerzlinderung durch Medikamente
Bei einer Spinalkanalstenose wird die Schmerztherapie stufenartig an das Ausmaß der Schmerzen angepasst. Mittel der ersten Wahl sind in der Regel entzündungshemmende Medikamente aus der Gruppe der nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR wie Ibuprofen).
Zudem können Mittel gegen Nervenschmerzen (neuropathische Schmerzen) oder auch muskelentspannende Mittel (Muskelrelaxanzien) eingesetzt werden.
Je nach Situation kommen Spritzen mit entzündungshemmenden und schmerzlindernden Wirkstoffen wie Kortison oder anderen Glukokortikoiden infrage. Der Wirkstoff wird dafür in den schmalen Raum um den Rückenmarkskanal herum injiziert und hilft dabei, entzündetes Gewebe abschwellen zu lassen. Die Erwägung ist, dass durch die abschwellende Wirkung von Kortison die Nerven wieder mehr Platz bekommen. Die Datenlage zum Nutzen von Infiltrationen ist allerdings weiterhin kontrovers. Nur selten und bei sehr starken Schmerzen erwägt der*die Arzt*Ärztin opioidhaltige Schmerzmittel.
Physiotherapie und Übungen
Bei einer Spinalkanalstenose kommt häufig Physiotherapie zum Einsatz. Damit lassen sich zum einen Verspannungen auflösen, die oft als Folge der Schmerzen auftreten, und zum anderen Muskeln aufbauen. Der Muskelaufbau hilft dabei, den Körper zu stabilisieren und die Wirbelsäule zu entlasten.
Ziel der physiotherapeutischen Übungen bei einer Spinalkanalstenose ist es vor allem, den Rücken aktiv aufzurichten beziehungsweise einer zunehmenden Lordose entgegenzuwirken. Darunter versteht man eine stärker werdende Krümmung der Wirbelsäule im Bereich der Lendenwirbel und Halswirbel zur Körpervorderseite hin. Physikalische Therapiemaßnahmen wie Wärmetherapie oder Elektrotherapie können die Behandlung unterstützen.
Um die Wirbelsäule im akuten Stadium im Liegen zu entlasten, kann eine Stufenlagerung ratsam sein – also das Lagern der Unterschenkel auf einem höheren Polster, sodass Unterschenkel und Oberschenkel zueinander einen rechten Winkel bilden.
Spinalkanalstenose: Wie kann eine OP helfen?
Sofern konservative Maßnahmen wie Medikamente und Physiotherapie zu keiner Besserung führen, die Schmerzen zunehmen oder dauerhafte Nervenschäden befürchtet werden müssen, kann eine Operation in Erwägung gezogen werden.
Mithilfe eines (oft minimalinvasiven) chirurgischen Eingriffs lässt sich der Spinalkanal erweitern, sodass die eingeengten Nerven vom Druck entlastet werden. Zu den häufigsten Operationsmethoden zählt dabei die sogenannte knöcherne Dekompression. Dazu werden Bänder und Knochenteile entfernt, welche die Wirbelkanalverengung verursachen.
Die Dekompression kann mit einer Versteifung kombiniert werden, wenn sich die Wirbel zusätzlich gegeneinander verschieben oder aus ihrer ursprünglichen Position gerutscht sind (Wirbelgleiten). Bei der Versteifungs-OP werden mehrere Wirbelkörper fest in ihrer Position fixiert, etwa mit Schrauben oder Platzhaltern.
Vorteile einer OP überwiegen nicht
Das Für und Wider einer OP sollte vorab genau abgewogen werden. Eine Rolle spielen etwa das Alter und gesundheitliche Voraussetzungen, aber auch persönliche Erwartungen und Hoffnungen an das Operationsergebnis. Im Zweifel ist es sinnvoll, sich vor der Entscheidung eine zweite ärztliche Meinung einzuholen.
Insgesamt liegen nur wenige Studien vor, welche untersucht haben, ob eine Operation die Krankheitsbeschwerden besser lindert als konservative Maßnahmen. Dabei zeigen die Untersuchungen widersprüchliche Ergebnisse. Generell scheinen die Vorteile einer OP jedoch bei einer relevanten (neurologische Ausfälle, wie Lähmungen oder Blasen- und Mastdarmstörungen) oder fehlendem Ansprechen auf konservative Maßnahmen zu überwiegen. So lassen etwa Beinschmerzen bei Erkrankten, die operiert wurden, häufig nach. Insgesamt hebt sich dieser Vorteil gegenüber der konservativen Therapie nach vier bis acht Jahren aber wieder auf.
Diagnose: Wie wird eine Spinalkanalstenose festgestellt?
Bei einer Spinalkanalstenose geben in der Regel bereits die Beschwerden erste Hinweise auf die Diagnose. Um herauszufinden, ob diese wirklich die Ursache der Beschwerden ist, erfolgt in der Arztpraxis beziehungsweise Klinik eine Befragung zur Krankengeschichte.
Im Anschluss findet eine körperliche Untersuchung, bei welcher etwa Reflexe, Muskelkraft und Bewegungsabläufe geprüft werden.
Verschiedene Untersuchungen können bei der Diagnosefindung helfen, wie etwa
- Kernspintomographie (MRT)
- Computertomographie (CT)
- Röntgenaufnahme
- eine Sensibilitätsprüfung, um die Reizwahrnehmung im betroffenen Bereich zu testen
- eine Elektromyographie, um die Reizleitung in den Rückenmarksnerven zu prüfen
- eine Knochenszintigraphie, um Schäden oder Gewebezuwachs innerhalb der Wirbelsäule festzustellen
Hinweis: Bei MRT- oder CT-Aufnahmen werden relativ häufig Verengungen des Wirbelsäulenkanals als Zufallsbefund festgestellt (insbesondere bei älteren Menschen im LWS-Bereich), ohne dass diese mit Beschwerden verbunden sind. Der Befund an sich hat ohne Beschwerden jedoch keinen Krankheitswert.
Verlauf und Prognose bei Spinalkanalstenose
Je nach Ausmaß der Erkrankung kann eine Spinalkanalstenose den Alltag und die Lebensqualität stark einschränken. Mit der richtigen Behandlung lassen sich die Schmerzen und anderen Beschwerden jedoch in der Regel lindern. Auf diese Weise gelingt es vielen Betroffenen, dennoch ein aktives Leben zu führen und (angepasst) körperlich aktiv zu bleiben. Heilbar im eigentlichen Sinne ist eine Spinalkanalstenose bislang nicht.
Eine schwache Körpermuskulatur kann die Stabilität der Wirbelsäule beeinträchtigen und Beschwerden dadurch verstärken. Deshalb ist es wichtig, körperliche Aktivitäten nicht aufzugeben, sondern sie an die eigenen Beschwerden anzupassen. Tätigkeiten oder Sportarten, die Beschwerden auslösen oder diese verschlimmern, darf und sollte man also durchaus meiden – sollte aber dafür auf Alternativen ausweichen. Im Zweifel ist ärztlich abzuklären, welche Bewegungsformen ratsam sind.