Eine Frau wird an der Schilddrüse untersucht
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Schilddrüsenüberfunktion: Behandlung der Hyperthyreose

Von: Jasmin Krsteski (Biologin und Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 10.06.2024

Bei einer Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) bildet die Schilddrüse zu viele Hormone. Die Folge: Der Körper läuft auf Hochtouren, es kann zu Gewichtsverlust und Herzrasen kommen. Wie gefährlich ist die Erkrankung und welche Behandlung hilft? 

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

FAQ: Häufige Fragen und Antworten zur Schilddrüsenüberfunktion

Wird eine Hyperthyreose richtig behandelt, ist sie nicht gefährlich. Ohne ausreichende Behandlung können langfristig ernsthafte gesundheitliche Folgen wie Herzrhythmusstörungen und Herzschwäche drohen. Im schlimmsten Fall kommt es zu einer lebensgefährlichen thyreotoxischen Krise.

Produziert die Schilddrüse zu viele Hormone, äußert sich das meist durch Nervosität und innere Unruhe, Herzrasen, Gewichtsverlust, Durchfall und Müdigkeit.

Wer unter einer Überproduktion von Schilddrüsenhormonen leidet, sollte Kaffee, Cola und Alkohol möglichst meiden, um den überaktiven Stoffwechsel nicht weiter zu strapazieren. Auch eine zu hohe Jodzufuhr sollte möglichst vermieden werden. 

Was ist eine Schilddrüsenüberfunktion?

Die Schilddrüse ist ein schmetterlingsförmiges Organ, das vorne am Hals unter dem Kehlkopf sitzt. Es bildet die lebenswichtigen Hormone Thyroxin (T4) und Trijodthyronin (T3), die alle Stoffwechselvorgänge im Körper steuern.

Bei einer Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) bildet die Schilddrüse zu viele dieser Hormone. In der Folge wird der Stoffwechsel übermäßig angekurbelt. So arbeitet etwa das Herz-Kreislauf-System beschleunigt, weil die Schilddrüsenhormone den Körper empfindlicher gegenüber den Stresshormonen Adrenalin und Noradrenalin machen.

Eine Schilddrüsenüberfunktion lässt sich gut regulieren. Unbehandelt drohen verschiedene gesundheitliche Folgen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Osteoporose.

Schilddrüsenüberfunktion: Welche Symptome sind typisch?

Aufgrund der beschleunigten Stoffwechselaktivität kommt es zu Auswirkungen auf den gesamten Körper. Charakteristische Symptome für eine Hyperthyreose sind zum Beispiel:

  • Herzrasen (Tachykardie), manchmal auch Herzrhythmusstörungen
  • Bluthochdruck
  • beschleunigter Puls
  • Gewichtsverlust trotz großem Appetit
  • Nervosität und innere Unruhe
  • Zittern
  • Schlaflosigkeit
  • Schwitzen
  • Durchfall
  • Schwäche 
  • Müdigkeit
  • Stimmungsschwankungen
  • Zyklusstörungen bei der Frau
  • Haarausfall

Außerdem kann es zur Vergrößerung der Schilddrüse kommen: Fachleute bezeichnen dies als Struma (Kropf) oder als Struma nodosa, wenn sich zusätzlich Knoten gebildet haben.

Je nach Ursache der Schilddrüsenüberfunktion können weitere Symptome hinzukommen. So haben Menschen mit Morbus Basedow häufig eine endokrine Orbitopathie. Dabei treten die Augäpfel hervor.

Schilddrüsenüberfunktion: Therapie der Hyperthyreose

Um die Erkrankung der Schilddrüse zu behandeln, gibt es folgende Optionen:

Thyreostatika bei Hyperthyreose

Einen Morbus Basedow versucht man zunächst mit sogenannten Thyreostatika (Thiamazol und Carbimazol) zu behandeln. Diese Medikamente hemmen die Bildung der Schilddrüsenhormone und lindern so die Symptome der Überproduktion. Sie werden in den meisten Fällen rund anderthalb Jahre lang eingenommen. Bei etwa der Hälfte der Patient*innen kommt es danach jedoch zu einem Rückfall.

Dann kommen eine Operation oder eine Radiojodtherapie infrage, um die Schilddrüsenüberfunktion dauerhaft zu beheben.

Bei einer Schilddrüsenautonomie müsste das Thyreostatikum in jedem Fall dauerhaft eingenommen werden. Aufgrund der möglichen Nebenwirkungen wie allergischen Reaktionen, Übelkeit und Gelenkschmerzen, fällt die Wahl in diesem Fall meist von vornherein auf eine Operation oder eine Radiojodtherapie.

Betablocker

Gegen die Beschwerden einer Schilddrüsenüberfunktion wie Herzrasen können Betablocker zum Einsatz kommen. Bei einer Schilddrüsenentzündung ist eine vorübergehende Behandlung mit Betablockern häufig ausreichend, da sich die Hormonproduktion oft wieder normalisiert. 

Radiojodtherapie

Bei der Radiojodtherapie wird eine Kapsel mit radioaktivem Jod verabreicht. Das Jod reichert sich in der Schilddrüse an und zerstört diese. Die Patient*innen müssen für die Behandlung aus Gründen des Strahlenschutzes einige Tage im Krankenhaus verbringen. Nach aktuellem Kenntnisstand ist die Strahlenmenge jedoch zu gering, um Krebserkrankungen auszulösen.

In der Schwangerschaft und Stillzeit darf keine Radiojodtherapie erfolgen, weil sonst die Schilddrüse des Fötus geschädigt werden kann. Wer eine Schilddrüsenüberfunktion durch Radiojodtherapie behandeln lässt, sollte nach der Behandlung einen eventuellen Kinderwunsch für mindestens sechs Monate zurückstellen.

Operation

Eine Operation ist bei einer Überfunktion der Schilddrüse sinnvoll, wenn:

  • ein Morbus Basedow sich nicht mit Medikamenten behandeln lässt
  • eine Schilddrüsenautonomie vorliegt
  • sich Schilddrüsenknoten gebildet haben
  • eine stark vergrößerte Schilddrüse auf das umliegende Gewebe drückt
  • eine Radiojodtherapie nicht infrage kommt (zum Beispiel bei Kinderwunsch)

Wenn die Hyperthyreose durch eine Schilddrüsenautonomie bedingt ist, die nur einen bestimmten Bereich der Schilddrüse betrifft (autonomes Adenom), wird nur dieser entfernt.

Bei einem Morbus Basedow ist die ganze Schilddrüse betroffen, sodass sie in der Regel fast vollständig entfernt werden muss.

Mögliche Folgen der Operation

Meist hat eine Schilddrüsenoperation keine bleibenden Folgen. Nur in etwa einem von hundert Fällen treten dauerhafte und schwerwiegende Komplikationen auf, zum Beispiel:

  • Wird bei der OP der Stimmbandnerv verletzt, der direkt hinter der Schilddrüse verläuft, führt dies zu Heiserkeit und einer schwachen Stimme.
  • Werden bei der OP versehentlich mit dem Schilddrüsengewebe auch die Nebenschilddrüsen entfernt, kann es zu einem Calciummangel mit Muskelkrämpfen kommen, was sich medikamentös behandeln lässt.

Hormonersatztherapie nach erfolgter Behandlung

Sowohl nach einer Radiojodtherapie als auch nach einer Operation kommt es anstelle der Schilddrüsenüberfunktion aufgrund des fehlenden Schilddrüsengewebes sehr häufig zu einer Unterfunktion der Schilddrüse. Diese lässt sich mit einer Hormonersatztherapie (mit dem Wirkstoff L-Thyroxin) behandeln.

Schilddrüsenüberfunktion: Welche Ursachen kommen infrage?

Hinter einer Schilddrüsenüberfunktion können viele verschiedene Erkrankungen stecken. Die häufigsten Ursachen sind

Morbus Basedow 

Die Schilddrüsenüberfunktion ist häufig das erste Anzeichen für die Autoimmunerkrankung Morbus Basedow (auch Basedow-Krankheit oder Basedowsche Krankheit). Bei Autoimmunerkrankungen richtet sich das Immunsystem fälschlicherweise gegen körpereigenes Gewebe. Die Ursache hierfür ist unbekannt. Neben Umweltfaktoren und vorangegangenen Virusinfekten scheint auch die erbliche Veranlagung eine Rolle zu spielen.

Beim Morbus Basedow bildet der Körper Antikörper, die sich gegen die Andockstellen (Rezeptoren) für das schilddrüsenstimulierende Hormon (Thyreoidea-stimulierendes Hormon, TSH) richten. Diese Autoantikörper heißen TRAK (TSH-Rezeptorantikörper). Viele von ihnen regen die Schilddrüsenzellen an, mehr Hormone zu bilden. Als Folge bildet die Schilddrüse unkontrolliert zu viel Schilddrüsenhormone – es kommt zur Überfunktion.

Schilddrüsenautonomie

Normalerweise regulieren Hypothalamus und Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) die Produktion von Schilddrüsenhormonen. 

Bei einer Schilddrüsenautonomie entkoppeln sich Teile der Schilddrüse von der Kontrolle durch diese übergeordneten Zentren im Gehirn und produzieren unkontrolliert Hormone. Solche eigenständigen Bereiche werden als autonome Adenome bezeichnet.

Eine der häufigsten Ursachen für die Schilddrüsenautonomie – und die damit verbundene Schilddrüsenüberfunktion – ist ein langjähriger Jodmangel. Je nach Menge des autonomen Schilddrüsengewebes kann die Schilddrüsenautonomie

  • die normale Schilddrüsenfunktion unbeeinträchtigt lassen (kompensierte Autonomie),
  • eine nur leichte Überfunktion der Schilddrüse verursachen oder
  • mit einer ausgeprägten Hyperthyreose verbunden sein.

Seltene Ursachen

Seltene Ursachen einer Hyperthyreose sind:

Auch bei einer Hashimoto-Thyreoiditis kann es bei einem Entzündungsschub vorübergehend zu einer Überfunktion kommen.

Zudem können bestimmte Wirkstoffe und Medikamente zu einer Schilddrüsenüberfunktion führen, beispielsweise:

  • Röntgenkontrastmittel
  • Amiodaron (Mittel gegen Herzrhythmusstörungen)
  • Überdosierung von Schilddrüsenmedikamenten, die aufgrund einer Schilddrüsenunterfunktion eingenommen werden

Wie wird eine Schilddrüsenüberfunktion festgestellt?

Um eine Überfunktion zu diagnostizieren, werden die Schilddrüsenwerte im Blut ermittelt. Dann liegt der Wert des schilddrüsenstimulierenden Hormons (TSH) unter 0,40 Milli-Internationale Einheiten pro Liter (mIU/l).

Anhand der Hormonwerte unterscheiden Fachleute eine beginnende oder milde (latente) und eine ausgeprägte (manifeste) Überfunktion der Schilddrüse:

  • Bei einer latenten Hyperthyreose ist der TSH-Wert niedrig. Die Werte für die freien Schilddrüsenhormone FT3 und FT4 sind normal.
  • Bei einer manifesten Hyperthyreose ist TSH erniedrigt oder nicht nachweisbar, während FT3 und FT4 erhöht sind.
  • Bei einem Hypophysentumor sind TSH und FT4 und häufig auch FT3 erhöht.

Weitere Untersuchungen

Mithilfe weiterer Untersuchungen kann die Ursache der Hyperthyreose näher bestimmt werden:

  • Weitere Blutuntersuchungen: Im Blut lassen sich bei Morbus Basedow in der Regel TSH-stimulierende Autoantikörper (TRAK) nachweisen. Außerdem kann eine Laboruntersuchung zeigen, ob die Steuerung der Schilddrüsenhormone durch die Hirnanhangsdrüse gestört ist. Bei einer Schilddrüsenentzündung sind erhöhte Entzündungswerte wahrscheinlich.

  • Körperliche Untersuchung: Die*der Ärztin*Arzt wird die Schilddrüse abtasten, um festzustellen, ob diese vergrößert ist.

  • Ultraschalluntersuchung: Bei einer Ultraschalluntersuchung lässt sich das Schilddrüsengewebe genauer beurteilen und eventuell vorhandene Knötchen werden sichtbar. Beim Morbus Basedow ist die Schilddrüse dunkler (echoarm) und vermehrt durchblutet.

  • Schilddrüsenszintigraphie: Bei einer Szintigraphie wird eine radioaktiv markierte Substanz in die Vene gespritzt. Da gesundes und krankes Schilddrüsengewebe die Substanz unterschiedlich stark aufnehmen, lassen sich Gebiete mit gesteigerter Hormonbildung (heiße Knoten) von solchen mit normaler, niedriger oder fehlender Bildung (kalte Knoten) unterscheiden.

Schilddrüsenüberfunktion: Thyreotoxische Krise

Eine mögliche Komplikation jeder Schilddrüsenüberfunktion – unabhängig von deren Ursache – ist die thyreotoxische Krise. Hierbei verschlimmert sich die Hyperthyreose lebensbedrohlich.

Zu den Beschwerden gehören:

Bleibt die Schilddrüsenüberfunktion in einem solchen Zustand unbehandelt, kommt es im weiteren Verlauf zu Bewusstseinsstörungen und Verwirrtheit und letztendlich zu Koma und Kreislaufversagen. Die thyreotoxische Krise ist eine lebensbedrohliche Notfallsituation, die eine schnelle intensivmedizinische Hilfe notwendig macht.

Eine thyreotoxische Krise kann verschiedene Gründe haben. Oft entsteht sie bei einer unerkannten Überfunktion der Schilddrüse durch Zufuhr von zu viel Jod (z. B. bei der Gabe von Röntgenkontrastmitteln). Auch eine unzureichend behandelte Hyperthyreose sowie zusätzliche Belastungen (z. B. Zweiterkrankungen, schwere Infektionen, Unfälle oder Narkosen) können eine thyreotoxische Krise auslösen.