Rheuma: Ursachen und Behandlung von rheumatoider Arthritis
Wer von Rheuma spricht, meint meist die rheumatoide Arthritis – eine Autoimmunerkrankung, die sich durch schmerzhafte Gelenkentzündungen äußert. Welche Ursachen Rheuma hat, welche Behandlung Erfolg verspricht und wie hoch die Lebenserwartung bei rheumatoider Arthritis ist, lesen Sie hier.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
FAQ: Häufige Fragen und Antworten zu Rheuma
Zu Beginn treten bei Rheuma häufig allgemeine Symptome wie Abgeschlagenheit und Appetitlosigkeit auf, manchmal kommt es auch zu erhöhter Temperatur. Geschwollene, schmerzende und steife Finger- und Zehengelenke am Morgen können schließlich erste Anzeichen von Gelenkentzündungen bei rheumatoider Arthritis sein.
Lebensmittel, die Entzündungen fördern, sollten von Menschen mit rheumatoider Arthritis nur in Maßen verzehrt werden. Dazu gehören beispielsweise fette Fleisch- und Wurstwaren sowie Milchprodukte.
Die rheumatoide Arthritis gilt als die schlimmste Form von Rheuma, da sie chronisch fortschreitet und nicht nur die Gelenke betrifft, sondern sich auf den ganzen Körper auswirkt.
Rheumatoide Arthritis kann zu einer Wesensveränderung führen. Nicht nur, weil die Betroffenen unter chronischen Schmerzen leiden, sondern auch, weil die Erkrankung zu ständiger Müdigkeit und Erschöpfung führen kann.
Was ist Rheuma?
Rheuma ist ein Überbegriff für rund 200 verschiedene Krankheitsbilder, die anhaltende oder schubweise Schmerzen im Bewegungsapparat verursachen. Dazu zählen beispielsweise:
- Kollagenosen, z. B. systemischer Lupus erythematodes
- Psoriasis-Arthritis
- Gicht
Der Begriff Rheuma meint jedoch meist die rheumatoide Arthritis (RA), die häufigste Form von entzündlichem Rheuma. Dabei handelt es sich um eine chronisch-entzündliche Erkrankung, die vor allem die Gelenke betrifft.
Häufigkeit
Insgesamt sind in Deutschland schätzungsweise 800.000 Menschen an dieser Form von Rheumatismus erkrankt. Eine rheumatoide Arthritis trifft vor allem Frauen ab 55 Jahren. Grundsätzlich kann sie aber in jedem Lebensalter auftreten und ist somit keine typische Alterskrankheit. Auch Kinder können betroffen sein. Bei ihnen spricht man häufig von juveniler idiopathischer Arthritis.
Rheuma: Ursachen der rheumatoiden Arthritis
Die rheumatoide Arthritis ist eine Autoimmunerkrankung. Sie kommt zustande, weil körpereigene Abwehrzellen die Gelenkschleimhaut angreifen. Diese entzündet sich, schwillt an und setzt Stoffe frei, die Knorpel und Knochen unwiderruflich schädigen. Dadurch werden die betroffenen Gelenke immer unbeweglicher, schmerzen und fühlen sich steif an. Es handelt sich um eine Polyarthritis, das bedeutet, dass mehrere Gelenke gleichzeitig entzündet sind.
Unklar ist, wie es zu der fehlgesteuerten Immunreaktion kommt. Es gibt Hinweise darauf, dass bestimmte Viren und Bakterien eine rheumatoide Arthritis auslösen können. Mediziner*innen gehen jedoch davon aus, dass auch eine erbliche Veranlagung an der Entstehung der Erkrankung beteiligt ist.
Darüber hinaus scheint der Lebensstil eine Rolle zu spielen: Raucher*innen und Menschen mit Übergewicht haben ein erhöhtes Risiko für rheumatoide Arthritis.
Rheuma: Symptome der rheumatoiden Arthritis
Im Frühstadium treten bei rheumatoider Arthritis vor allem unspezifische Symptome auf. Dazu gehören:
- allgemeines Krankheitsgefühl
- nächtliches Schwitzen
- Müdigkeit und Erschöpfung
- Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust
- leichtes Fieber
- Muskelschmerzen
Schließlich kommen rheumatypische Beschwerden an den Gelenken hinzu:
- Schwellung und Überwärmung
- Gelenkschmerzen, vor allem nachts und morgens
- Morgensteife der Gelenke
- Rheumaknötchen (gummiartige Verdickungen unter der Haut, die vor allem im Bereich der Finger und Ellenbogen in Erscheinung treten)
Rheuma: vor allem Finger im Anfangsstadium betroffen
Meist beginnt die rheumatoide Arthritis in den kleinen Gelenken der Finger und Zehen. Später betrifft sie auch größere Gelenke wie die Ellenbogen, Knie oder Wirbelsäule. Manchmal beginnt die Erkrankung auch nur auf einer Körperseite.
Normalerweise breitet sich die rheumatoide Arthritis schubweise und symmetrisch aus. Schubweise bedeutet: Die Entzündung kann zwischenzeitlich abklingen, flammt jedoch wieder auf. Symmetrisch heißt: Wenn die Beschwerden auf weitere Gelenke übergehen, geschieht dies nicht nur auf einer Körperseite, sondern links und rechts gleichzeitig.
Fehlstellungen bei rheumatoider Arthritis
Unbehandelt kann die rheumatoide Arthritis zu einer Fehlstellung der Gelenke führen. So kommt es zu Verformungen der Hände, die als typisches Rheuma-Symptom bekannt sind:
- Ulnardeviation: Die Finger weichen zur Ellenseite hin ab. Die Elle (Ulna) – einer der beiden Unterarmknochen – liegt in der Verlängerung des kleinen Fingers.
- Schwanenhalsdeformität: Die Finger sind verformt. Das letzte Fingerglied knickt nach unten weg, das mittlere Fingerglied ist überstreckt.
- Knopflochdeformität: Die Fingerknöchel der Fingermittelgelenke treten nach oben.
Beschwerden in anderen Organen
Eine rheumatoide Arthritis kann sich jedoch auch gegen andere Organe richten und dort Symptome hervorrufen. Zum Beispiel kann es zu Beschwerden
- an den Nerven (z. B. Karpaltunnelsyndrom),
- Augen (z. B. Schäden an Horn- und Lederhaut),
- am Herzen (z. B. Herzbeutelentzündung) sowie
- an der Lunge (z. B. Rippenfellentzündung) kommen.
Rheuma: Behandlung bei rheumatoider Arthritis
Die rheumatoide Arthritis ist zwar nicht heilbar. Doch mit einer rechtzeitigen Behandlung lässt sich die Entzündung häufig so gut in den Griff bekommen, dass sie keine weiteren Schäden verursacht und die Beschwerden zurückgehen.
In der Regel setzt sich die Rheuma-Therapie aus mehreren der folgenden Maßnahmen zusammen:
- schmerzlindernde und entzündungshemmende Medikamente
- Krankengymnastik
- Ergotherapie
- Kältetherapie
- Operation (in seltenen Fällen nötig, wenn andere Maßnahmen nicht helfen)
Medikamente zur Therapie der rheumatoiden Arthritis
Für die Basistherapie bei Rheuma kommen Antirheumatika zum Einsatz, sogenannte "Disease Modifying Antirheumatic Drugs" (DMARD). Dabei unterscheiden Fachleute zwischen:
- klassischen DMARDs
- biotechnologisch hergestellten DMARDs (Biologika)
- zielgerichteten synthetischen DMARDs (tsDMARDs)
Basistherapie bei Rheuma: Klassische DMARDs
Am Beginn einer Rheumabehandlung steht in der Regel das Medikament Methotrexat (MTX), weil es als am besten verträglich gilt. Es hemmt die Zellteilung und damit die Vermehrung von Immunzellen, die Entzündungen verursachen. Alternativ werden die Mittel Sulfasalazin und Hydroxychloroquin oder Chloroquin verwendet.
In der Regel setzt die Wirkung dieser Therapie nach etwa vier bis acht Wochen ein. Bis dahin wird das Mittel häufig mit Kortison kombiniert. Dies reduziert die Entzündung und unterdrückt die Immunantwort. Außerdem können nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) wie Diclofenac oder Ibuprofen als Schmerzmittel zum Einsatz kommen.
Bei manchen Menschen reichen die klassischen Basistherapeutika nicht aus, um die Entzündung unter Kontrolle zu bringen. Dann kann eine Therapie mit Biologika weiterhelfen.
Biologika
In der Rheumatherapie kommen verschiedene Biologika zum Einsatz, beispielsweise Adalimumab oder Rituximab. Sie werden aus lebenden Zellen gewonnen und greifen gezielt in Immunreaktionen ein, die den rheumatischen Entzündungsprozess vorantreiben. In der Regel werden sie mit der Basistherapie kombiniert. Biologika werden unter die Haut gespritzt oder als Infusion verabreicht.
Zielgerichtete synthetische DMARDs
Janus-Kinase-Hemmer, etwa Tofacitinib, sind chemisch hergestellte Stoffe, die sich gezielt gegen bestimmte Substanzen im Blut richten, die an der Entstehung einer Erkrankung des rheumatischen Formenkreises beteiligt sind. Janus-Kinase-Hemmer kommen wie Biologika auch alternativ oder zusätzlich zur Basistherapie zum Einsatz. Sie können jedoch in Tablettenform eingenommen werden.
Was können Betroffene selbst tun?
Menschen mit rheumatoider Arthritis können in Absprache mit der*dem Rheumatologen*Rheumatologin selbst einiges dafür tun, Beschwerden wie etwa Bewegungseinschränkungen zu lindern. Dazu gehören:
Bewegung: Es ist wichtig, die Muskeln um die betroffenen Gelenke herum zu trainieren. Krafttraining ist dafür gut geeignet. Auch gelenkschonende Sportarten wie Wassergymnastik sind empfehlenswert.
Übergewicht vermeiden: Übergewicht belastet die Gelenke zusätzlich und mindert die Wirksamkeit der Therapie.
nicht rauchen: Rauchen fördert die Entzündung der Gelenke und sollte daher vermieden werden.
Stress vermeiden: Stress kann Entzündungsschübe triggern. Regelmäßige Entspannungsübungen können dabei helfen, Stress abzubauen.
Wärme oder Kälte bei Rheuma?
Grundsätzlichen lassen sich die Schmerzen bei Rheuma sowohl mit Wärme als auch mit Kälte lindern. Während eines Entzündungsschubs ist Wärme jedoch nicht geeignet. Im Gegenteil: Bei akuten rheumatischen Beschwerden hilft oft Kälte!
Rheuma: Ernährung bei rheumatoider Arthritis
Es gibt Hinweise darauf, dass eine Ernährungsumstellung Menschen mit Rheuma helfen kann. Folgende Dinge sollten Betroffene beachten:
Nahrungsmittel meiden, die Entzündungen verstärken: Vor allem fettes Fleisch enthält recht große Mengen an Arachidonsäure, einer Fettsäure, die im Körper zu entzündungsfördernden Stoffen abgebaut wird. Fachleute empfehlen Rheumapatient*innen, sich überwiegend vegetarisch zu ernähren und nicht mehr als 80 Milligramm Arachidonsäure pro Tag zu sich zu nehmen. Gekochter Schinken enthält beispielsweise etwa 50 Milligramm Arachidonsäure pro 100 Gramm.
regelmäßig entzündungshemmende Nährstoffe zu sich nehmen: Entzündungshemmend wirken Omega-3-Fettsäuren, die zum Beispiel in fettem Fisch wie Lachs oder Makrele enthalten sind. In Studien hat sich allerdings gezeigt, dass Patient*innen rund 5,5 Gramm Fischöl pro Tag zu sich nehmen müssen, damit sich ihre Beschwerden bessern. Diese Dosis lässt sich mit einer ausgewogenen Ernährung kaum erreichen. Daher kann es für Menschen mit rheumatoider Arthritis sinnvoll sein, Omega-3-Fettsäuren in Kapselform zu sich zu nehmen.
Rheuma: So lässt sich rheumatoide Arthritis feststellen
Da jeder Entzündungsschub mit einer weiteren Zerstörung der Gelenke einhergeht, sollte bei Rheuma-Symptomen möglichst ein*e Arzt*Ärztin aufgesucht werden.
Für eine rheumatoide Arthritis sprechen folgende Punkte:
- es sind drei oder mehr Gelenke entzündet
- die Symptome bestehen seit mehr als sechs Wochen und es ist keine andere Ursache erkennbar
- auf beiden Körperseiten sind die gleichen Gelenke betroffen
- die betroffene Person klagt über morgendliche Gelenksteifigkeit, die jeweils mindestens eine Stunde lang anhält
Deuten die Symptome auf eine rheumatoide Arthritis hin, können verschiedene Untersuchungen die Diagnose sichern. Dazu gehören:
Bluttest auf Antikörper: Lässt sich im Blut der sogenannte Rheumafaktor nachweisen, ist das ein Hinweis auf rheumatoide Arthritis.
Blutuntersuchung auf Entzündungsanzeichen: Typischerweise sind bei RA die Entzündungswerte erhöht, also etwa der CRP-Wert (C-reaktive Protein) und die Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG). Erhöhte Entzündungswerte allein sprechen zwar für eine Entzündung, jedoch nicht zwangsläufig für eine rheumatische Arthritis.
Röntgen: Auf einem Röntgenbild lassen sich bei fortgeschrittener Rheumatoider Arthritis Knochenabbau, Kalziumverlust und Fehlstellungen feststellen.
Magnetresonanztomographie (MRT): Ein MRT eignet sich besser zur Feststellung von Rheumatoider Arthritis in der Frühphase, weil es bereits entzündliche Veränderungen an Weichteilen wie Gelenkkapseln, Bindegewebe und Sehnen sichtbar machen kann.
Ultraschall: Auch mittels Ultraschall lassen sich Entzündungen der Gelenkschleimhäute bereits offenbaren, wenn im Röntgenbild noch keine Veränderungen feststellbar sind.
Gelenkpunktion: Für die Untersuchung von Gelenkflüssigkeit wird mit einer dünnen Nadel etwas Gelenkflüssigkeit aus dem betroffenen Gelenk entnommen. Bei Rheumatischer Arthritis findet sich darin eine erhöhte Zahl von weißen Blutkörperchen. Andere Ursachen wie Gicht lassen sich mit dieser Untersuchung ausschließen.
Was ist der Rheumafaktor?
Rheumafaktoren sind sogenannte Autoantikörper, also bestimmte Proteine, die körpereigenes Gewebe angreifen. Können sie im Blut nachgewiesen werden, spricht das für eine Autoimmunerkrankung.
Im Anfangsstadium von rheumatischer Arthritis lassen sich bei etwa 40 von 100 Betroffenen Rheumafaktoren nachweisen, im späteren Verlauf bei etwa 80 von 100 Betroffenen.
Eine Diagnose der rheumatischen Arthritis ist allerdings nur in Verbindung mit anderen Untersuchungen sicher möglich. Denn zum einen bedeutet ein negativer Rheumafaktor nicht, dass keine RA vorliegt. Zum anderen finden sich Rheumafaktoren auch bei anderen Krankheiten wie Lupus, Sjögren-Syndrom und chronischen Infektionen.
Rheumatoide Arthritis: Verlauf und Lebenserwartung
Die rheumatoide Arthritis ist eine chronische Erkrankung, die sehr unterschiedlich verlaufen kann. Bei rund 70 Prozent der Betroffenen breitet sich die Erkrankung mit jedem Schub aus, bei den anderen bleiben die Entzündungen jahrelang auf wenige Gelenke beschränkt.
Die Schwere der Erkrankung hängt von verschiedenen Einflüssen ab. Wichtig ist in erster Linie eine rechtzeitige Behandlung: Beginnt die Therapie innerhalb von drei Monaten, nachdem die ersten Beschwerden aufgetreten sind, so haben die Betroffenen in der Regel eine gute Chance, dass die Erkrankung mild verläuft.
Einen schweren Verlauf nimmt die Erkrankung häufig bei Menschen, die rauchen und/oder übergewichtig sind. Sie sprechen in der Regel schlechter auf die Medikamente an.
Häufiger Herzinfarkte und Schlaganfälle
Unbehandelt führen die mit der rheumatoiden Arthritis verbundenen Entzündungsprozesse nicht nur zur Zerstörung der Gelenke. Sie können auch das Herz, Gefäße und andere Organe schädigen. Deshalb haben die Erkrankten ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle. Die Lebenserwartung von Menschen mit rheumatoider Arthritis, die nicht optimal behandelt werden, ist um etwa 3 bis 13 Jahre geringer gegenüber der restlichen Bevölkerung.