Bild von einem Mann mit Raynaud-Syndrom an den Fingern.
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Raynaud-Syndrom: Weiße Finger und Füße

Von: Dr. rer. nat. Geraldine Nagel (Medizinredakteurin), Jessica Rothberg (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 10.11.2023

Wenn Finger oder Zehen immer wieder mal plötzlich weiß werden und kribbeln, kann es sich um das Raynaud-Syndrom handeln. Was steckt dahinter und wie lässt sich die Erkrankung behandeln?

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

FAQ: Häufige Fragen und Antworten zum Raynaud-Syndrom

Es gibt keine allgemein empfohlene Ernährung, die sich positiv auf das Raynaud-Syndrom auswirkt. Bei manchen Betroffenen hat eine Ernährung, die reich an Omega-3-Fettsäuren ist, einen positiven Effekt. Diese gesunden Fette stecken insbesondere in hochwertigem Lein-, Oliven- oder Rapsöl und in Nüssen oder etwa Avocado.

Ob Kaffee beziehungsweise Koffein einen Einfluss auf die Krankheit hat, ist nicht abschließend nicht geklärt. Betroffene sollten deshalb selbst überprüfen, ob Kaffee Anfälle auslöst oder Beschwerden verschlimmert. Dann sollten sie besser auf das Getränk verzichten.

Wenn die Finger oder Zehen immer wieder weiß werden, kribbeln oder taub sind, sollte ein Termin in der hausärztlichen Praxis ausgemacht werden. Steckt etwa das sekundäre Raynaud-Syndrom dahinter, muss die zugrunde liegende Erkrankung entsprechend behandelt werden.

Was ist das Raynaud-Syndrom?

Als Raynaud-Syndrom, auch als Morbus Raynaud oder Weißfingerkrankheit bekannt, bezeichnen Fachleute eine anfallsartige auftretende Durchblutungsstörung der Finger und Zehen. Häufige Auslöser sind insbesondere Kälte oder Stress.

In der Medizin wird zwischen zwei Formen unterschieden: 

  • primäres Raynaud-Syndrom: tritt ohne erkennbare Ursache auf
  • sekundäres Raynaud-Syndrom: entsteht infolge einer Grunderkrankung

Raynaud-Syndrom: Häufigkeit

Die Krankheit kommt relativ häufig vor: Rund 5 bis 10 Prozent der Deutschen sind betroffen. Frauen erkranken häufiger als Männer. Die primäre Form tritt oft schon im Alter zwischen 15 und 45 Jahren auf. Die sekundäre Form macht etwa 10 bis 20 Prozent der Fälle aus. 

Grundsätzlich ist die Weißfingerkrankheit häufiger in Ländern mit kaltem Klima, beispielsweise in Nordeuropa. 

Raynaud-Syndrom: Mögliche Symptome

Beim Raynaud-Syndrom kommt es anfallsweise zu Durchblutungsstörungen der Finger und seltener auch der Zehen. Vereinzelt kann das Syndrom auch an anderen Körperteilen auftreten, wie etwa an Lippen, Ohren, Knien, Brustwarzen oder Nase.

Der anfallsartige Charakter führt zu einem bestimmten Ablauf der Symptome, der sich in drei Phasen einteilen lässt. Fachleute sprechen hierbei auch vom sogenannten Trikolore-Phänomen.

Die drei Phasen beim Raynaud-Syndrom:

  1. blasse Haut: Wenn sich die Arterien durch anfallsartige Gefäßkrämpfe verengen, fließt weniger Blut durch die Hände bzw. Füße. Als Folge wirken diese weiß und blutleer und fühlen sich möglicherweise kalt, taub oder eingeschlafen an. Auch Kribbeln oder andere Missempfindungen sind möglich.

  2. bläuliche Haut: Als Reaktion auf die verengten Arterien weiten sich die Venen. Dadurch sammelt sich mehr venöses Blut in den Extremitäten an und lässt diese bläulich wirken.

  3. gerötete Haut: Die Gefäßverkrampfung löst sich schließlich, wodurch die Durchblutung wieder zunimmt. Als Folge färben sich Finger bzw. Zehen rötlich. Häufig geht die zunehmende Durchblutung mit Schmerzen einher.

Die drei Phasen laufen allerdings nicht immer vollständig ab. Manchmal fehlen Phase drei und/oder zwei.

Symptome bei der primären Form

Ein primärer Morbus Raynaud macht sich vor allem bei Zeige-, Mittel-, Ring- und kleinem Finger bemerkbar. Der Daumen ist von der Durchblutungsstörung oft nicht betroffen. Meist treten die Gefäßverengungen zudem an beiden Händen gleichzeitig und symmetrisch auf. An den Zehen tritt die primäre Form eher selten auf.

Die Durchblutungsstörung ist bei der primären Form nur schwach ausgeprägt, sodass keine Gewebeschäden zu befürchten sind. Die Attacken sind zeitlich begrenzt und dauern normalerweise nicht länger als 30 Minuten.

Sekundäres Raynaud-Syndrom oft stärker ausgeprägt

Beim sekundären Raynaud-Syndrom kann die Durchblutungsstörung dagegen asymmetrisch auftreten. Im Unterschied zur primären Form

  • sind häufiger sowohl Finger als auch Zehen betroffen und
  • die Attacken treten meist häufiger und länger auf.

Raynaud-Syndrom: Ursachen und Risikofaktoren

Das primäre Raynaud-Syndrom tritt ohne erkennbaren Grund auf. Es scheint nicht in Zusammenhang mit anderen Erkrankungen zu stehen. Die Durchblutungsstörung wird hier meist durch Reize wie Kälte oder psychische Faktoren wie Stress ausgelöst, die dann zu krampfartigen Verengungen der Blutgefäße (Vasospasmen) führen. 

Fachleute vermuten, dass sich bei Betroffenen ein bestimmter Teil des vegetativen Nervensystems – der sogenannte Sympathikus – zu dem von anderen Menschen unterscheidet beziehungsweise anders verhält: 

  • Möglicherweise sind die Blutgefäße in Füßen und Händen empfindsamer für Reize wie Kälte (z. B. kaltes Wetter, kalte Gegenstände) oder Stress und lösen so den gefäßverengenden Krampf aus. 

  • Oder das sympathische Nervensystem befindet sich im Bereich der Füße und Hände grundsätzlich in einem erhöhten Erregungszustand (erhöhter Sympathikotonus) und reagiert deshalb auf bestimmte Reize mit der krampfartigen Gefäßverengung.

Ursachen des sekundären Raynaud-Syndroms

Die sekundäre Form entwickelt sich infolge einer Grunderkrankung. Mögliche Ursachen sind: 

Zudem erhöht der Konsum von Drogen oder Nikotin sowie Arbeiten mit stark vibrierenden Werkzeugen das Risiko für die Weißfleckenkrankheit. 

Raynaud-Syndrom: Therapie und Tipps 

Welche Therapie beim Raynaud-Syndrom hilfreich ist, hängt von der jeweiligen Form ab. Bei der primären Form ziel die Behandlung vor allem darauf ab, die Beschwerden zu lindern und auslösende Faktoren zu meiden.

Grundsätzlich können Patient*innen folgende Hausmittel und Tipps helfen: 

  • Kälte meiden: Hilfreich können etwa (beheizbare) Handschuhe, Taschenwärmer, Schuhe mit dickeren Schuhsohlen, Einlegesohlen und warme Wollsocken sein. 

  • Stress aktiv reduzieren: Das gelingt beispielsweise durch Entspannungsmethoden wie Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung oder Yoga.

  • Rauchstopp: Nikotin wirkt sich negativ auf die Gefäßgesundheit aus, weshalb Menschen mit Weißfingerkrankheit nicht rauchen sollten. 

  • Medikation anpassen: Unter Umständen kann es nach ärztlicher Rücksprache sinnvoll sein, gefäßverengende Medikamente abzusetzen und andere Arzneimittel einzunehmen.

Therapie bei sekundärem Morbus Raynaud

Handelt es sich um die sekundäre Form, ist die Durchblutungsstörung Folge einer bestehenden Grunderkrankung. In diesem Fall ist es wichtig, die Erkrankung zu behandeln.

Bei starken Beschwerden kann außerdem eine medikamentöse Behandlung hilfreich sein, beispielsweise mit Medikamenten wie:

In besonders schweren Fällen raten Fachleute möglicherweise zu einer Operation. Dabei können zum Beispiel einzelne Nerven (teilweise) durchtrennt werden (Sympathektomie).

Raynaud-Syndrom: Kann die Ernährung helfen?

Bislang gibt es keine sicheren Hinweise darauf, dass sich eine bestimmte Ernährung auf die Erkrankung auswirkt. Positive Effekte hat in manchen Fällen eine Ernährung, die reich an Omega-3-Fettsäuren ist. Diese finden sich vor allem in Fettfisch (wie Lachs, Hering oder Thunfisch) sowie in Walnüssen oder einigen pflanzlichen Ölen. Die Untersuchungen hierzu sind jedoch wenig aussagekräftig.

Koffeinhaltige Getränke wie Kaffee, schwarzer oder grüner Tee sowie Cola-Limonaden wirken gefäßverengend. Patient*innen sollten beobachten, ob der Konsum die Symptomatik verändert. Bei verstärkten Beschwerden ist es ratsam, auf Kaffee zu verzichten.

Wie lässt sich das Raynaud-Syndrom diagnostizieren?

Meist lässt sich die Weißfingerkrankheit bereits anhand der typischen Symptome erkennen. An die ärztliche Befragung zu den Beschwerden, möglichen Vorerkrankungen und Medikamenteneinnahme schließt sich eine körperliche Untersuchung an. Dabei kontrollieren Ärzt*innen insbesondere die Hände und Füße nach Auffälligkeiten. 

Um die Diagnose zu sichern und eine mögliche zugrunde liegende Erkrankung auszuschließen, sind weitere Tests und Untersuchungen nötig. Zum Einsatz kommen können: 

  • Faustschlussprobe: Dabei heben Patient*innen beide Hände (möglichst bis über den Kopf) und schließen die Hände 2 Minuten lang immer wieder fest zur Faust. Danach nehmen sie die Arme wieder runter, sodass das Blut zurückfließen kann. Wirken die Handflächen dabei fleckig, ungleichmäßig oder fließt das Blut nur langsam zurück, ist eine Durchblutungsstörung wahrscheinlich.

  • Kälteprovokationstest: Mithilfe eines Kältetests, etwa durch kaltes Wasser, lässt sich überprüfen, ob die Hände oder Füße weiß werden. Auch mögliche symmetrische Verfärbungen sind von Interesse. 

  • Blutuntersuchung: Durch eine Blutkontrolle können zugrunde liegende Erkrankungen aufgedeckt werden. Vor allem Autoantikörper können einen Hinweis geben. 

  • Messung von Puls und Blutdruck: Dadurch lässt sich die Durchblutung überprüfen.

  • Kapillarmikroskopie: Mithilfe einer Kapillarmikroskopie können kleinste Gefäße (Kapillare) in den Extremitäten genauer untersucht werden.

  • bildgebende Verfahren: Durch eine Magnetresonanz-Angiographie oder eine Duplexsonographie können Gefäßveränderungen aufgedeckt und genauer untersucht werden.

Verlauf und Prognose beim Raynaud-Syndrom

Das primäre Raynaud-Syndrom ist in der Regel harmlos und nimmt meist einen guten Verlauf. Bei Frauen hören die Beschwerden häufig mit Beginn der Wechseljahre auf. Wie die sekundäre Form verläuft, hängt vor allem von der zugrunde liegenden Erkrankung und deren Therapie ab.

Mögliche Komplikationen der Weißfingerkrankheit

In schweren Fällen kann es bei der sekundären Form dazu kommen, dass die Endglieder von Zehen und Fingern nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt werden. Als Folge kann sich das Gewebe verändern oder sogar absterben (Nekrose).