Pulmonale Hypertonie (Lungenhochdruck)
Bei einer pulmonalen Hypertonie (PH) ist der Blutdruck im Lungenkreislauf krankhaft erhöht. Die Ursachen können vielfältig sein. Häufig wird ein Lungenhochdruck erst spät diagnostiziert, was nicht zuletzt an den unspezifischen Symptomen wie Atemnot und allgemeiner Leistungsschwäche liegt. Weshalb eine frühe Diagnose lebenswichtig sein kann sowie Symptome und Therapiemöglichkeiten lesen Sie hier.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
Pulmonale Hypertonie: Was ist das?
Eine pulmonale Hypertonie (PH, oder auch pulmonal-arterielle Hypertonie PAH) zeichnet sich durch einen erhöhten Blutdruck im Lungenkreislauf aus. Der Lungenhochdruck kann aufgrund verschiedener Krankheitsbilder vorliegen, beispielsweise Erkrankungen der Lunge oder des Herzens.
Im Lungenkreislauf – auch als kleiner Blutkreislauf bezeichnet – fließt das Blut vom Herzen zur Lunge und wieder zurück. Beginnend in der rechten Herzkammer gelangt das Blut über die Lungenarterie in die Lunge, in der Kohlendioxid (CO₂) ausgeatmet und Sauerstoff eingeatmet wird. Das sauerstoffreiche Blut wird dann über die Lungenvene in die linke Herzhälfte gepumpt, wo es in den großen Blutkreislauf weiter transportiert wird.
Bei Lungenhochdruck ist der Widerstand in den Lungengefäßen erhöht, weshalb die rechte Herzkammer das Blut schwerer zur Lunge pumpen kann. Folglich bedeutet das eine große Belastung für die rechte Herzkammer, ein erhöhter Blutdruck und verminderte Durchblutung der Lunge, was eine verringerte Sauerstoffaufnahme mit sich bringt. Ein Zustand, der schlimmstenfalls in einem Herzversagen mündet.
Bei gesunden Menschen ist der Druck in der Lungenarterie in der Regel unterhalb von 20 mmHg (Millimeter Quecksilbersäule). Bei Betroffenen von Lungenhochdruck steigt dieser pulmonal-arterielle Druck im Ruhezustand auf 25 mmHg an. Der Wertebereich zwischen 21 und 24 mmHg gilt als Graubereich mit unklarer klinischer Bedeutung. Patient*innen mit derartigen Werten, die zugleich als Risiko-Patient*innen gelten, sollen laut Leitlinie jedoch sorgfältig überwacht werden.
Pulmonale Hypertonie: Symptome von Lungenhochdruck
Die Symptome der pulmonalen Hypertonie unterscheiden sich je nach Schweregrad und sind unspezifisch. Häufig vergehen Monate bis Jahre zwischen dem Auftreten verschiedener Symptome. Oftmals spüren Betroffene im frühen Stadium der PH keine Beschwerden, bis dann meist leichte Einschränkungen bei körperlicher Belastung, Müdigkeit oder Atemnot entstehen. Im weiteren Verlauf zeigt sich der Lungenhochdruck durch Anzeichen wie:
- Brustenge (Angina pectoris)
- Atemnot beim Bücken (Bendopnoe)
- trockener Husten
- Bewusstlosigkeit (Synkope)
- Ödeme in den Beinen (Wasseransammlungen)
- gelegentlich auch Übelkeit und Erbrechen bei Belastung
In stark fortgeschrittenen Stadien treten Symptome des Lungenhochdrucks auch in Ruhe auf. Dabei sind häufige Synkopen im Ruhezustand ein ernst zu nehmendes Warnsignal, das meist ein lebensbedrohliches Stadium mit hohem Sterberisiko bedeutet. Je nach Ursache sind auch weitere Beschwerden möglich.
Pulmonale Hypertonie: Formen
Fachleute teilen die pulmonale Hypertonie in fünf Klassen ein, je nach zugrunde liegender Ursache:
- pulmonal-arterielle Hypertonie (PAH)
- pulmonale Hypertonie infolge einer Linksherzerkrankung
- pulmonale Hypertonie infolge Lungenerkrankungen und/oder Sauerstoffmangel (Hypoxämie)
- chronisch-thromboembolische pulmonale Hypertonie (CTEPH)
- pulmonale Hypertonie mit unklarem, multifaktoriellem Auslöser
Ursachen und Risikofaktoren für eine pulmonale Hypertonie
Zu Lungenhochdruck kann es aufgrund unterschiedlicher Erkrankungen kommen, wie zum Beispiel der
- Lunge (beispielsweise chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) oder Lungenfibrose) oder durch
- Linksherzerkrankungen (etwa Herzklappenfehler).
Möglicherweise entsteht eine pulmonale Hypertonie (PH) auch infolge einer oder mehrerer Lungenembolien – auch als chronisch-thromboembolischer Lungenhochdruck (CTEHP) bezeichnet. Etwa 9,1 Prozent der Patient*innen einer Lungenembolie entwickeln als Folge eine CTEHP.
In seltenen Fällen sind folgende Krankheiten Auslöser des Lungenhochdrucks:
- Bindegewebserkrankungen
- HIV-Infektionen
- angeborene Herzfehler
- tropische Wurmkrankheit Schistosomiasis
- systemische Sklerose (Sklerodermie)
Weiterhin kann Lungenhochdruck auch ohne erkennbaren Grund entstehen, was Fachleute als idiopathische pulmonal-arterielle Hypertonie (IPAH) beschreiben. Diese Form kann außerdem familiär gehäuft auftreten, was wiederum als hereditäre pulmonal-arterielle Hypertonie (HPAH) bekannt ist. Zudem gelten sowohl Appetitzügler (Anorektika) als auch Drogenkonsum als mögliche Risikofaktoren einer pulmonalen Hypertonie.
Ungleichgewicht von Botenstoffen als Ursache pulmonaler Hypertonie
Eine pulmonal-arterielle Hypertonie (PAH) kennzeichnet sich durch verengte Lungengefäße. Verantwortlich hierfür können Veränderungen von Botenstoffen im Blut beziehungsweise im Lungengewebe sein, die Funktionen zur Regulierung der Muskulatur innehaben. Folglich kommen sowohl die Gefäßinnenhaut (Endothel) als auch die glatte Gefäßmuskulatur mit gefäßverengenden Stoffen (etwa Serotonin, Endothelin oder Thromboxan) in Kontakt. Die Konzentration von gefäßerweiternden Botenstoffen (beispielsweise Stickstoffmonoxid oder Prostazyklin) ist hingegen reduziert.
Als Folge dieses Ungleichgewichts an gefäßerweiternden und -verengenden Botenstoffen kommt es zum Zusammenziehen der Blutgefäße. Das verursacht wiederum einen erhöhten Blutdruck und verringerten Blutfluss, weshalb der Körper schlechter mit Sauerstoff versorgt wird.
Lungenhochdruck durch ungehemmtes Wachstum der Zellen
Daneben ist es auch möglich, dass die Zellen der Gefäßinnenhaut (Endothelzellen), die glatten Muskelzellen und umgebenden Zellen stark wachsen. Letztlich verdicken und verengen sich zunehmend die Gefäßwände. Auch die rechte Herzhälfte verdickt sich immer mehr, was schlussendlich eine Rechtsherzinsuffizienz bedingen kann.
Zudem kann sich die Muskulatur zu Bindegewebe umbauen, was eine verringerte Elastizität der Gefäße mit sich bringt. Kommt es dann zu körperlicher Anstrengung, können die Blutgefäße die zeitweise erhöhte Blutmenge schlechter transportieren. Die Folge ist dann wiederum eine verringerte Sauerstoffkonzentration.
Pulmonale Hypertonie: Diagnose
Da die Symptome bei Lungenhochdruck sehr unspezifisch sind, lautet die Diagnose häufig zunächst Asthma oder Linksherzerkrankung. Die verzögerte Diagnostik bedeutet nicht zuletzt eine ausbleibende Behandlung der pulmonalen Hypertonie.
Die Leitlinie gibt bei einem Verdacht ein klares diagnostisches Vorgehen vor, um Patient*innen mit entsprechenden Medikamenten und Maßnahmen zu therapieren. Folgende Untersuchungen, die in der Regel in einem PH-Zentrum durchgeführt werden, sind zur Diagnosestellung möglich:
- Elektrokardiogramm (EKG): Die elektrische Aktivität des Herzens kann erste Hinweise auf Lungenhochdruck geben. Nur im fortgeschrittenen Stadium zeigen sich eindeutige Ergebnisse, weshalb das EKG allein zur Diagnose meist nicht ausreicht.
- Röntgen-Thorax: Eine Röntgenaufnahme des Brustkorbs kann Hinweise auf eine PH geben, aber auch ein unauffälliges Röntgenbild schließt eine PH nicht aus.
- Echokardiographie: Der Ultraschall des Herzens gibt beispielsweise Aufschluss über Funktion und Größe des Herzens und Auffälligkeiten der Herzwand, der Herzklappen oder des Blutflusses.
- Lungenfunktionstest und Blutgas-Analyse: Beide Untersuchungen dienen dazu, eine Grunderkrankung wie Asthma oder COPD genauer abzuklären.
- Ventilations-/Perfusionsszintigraphie: Mithilfe dieser Untersuchungen kann die Belüftung und Durchblutung der Lunge untersucht werden, was zur Diagnose einer CTEHP hilfreich sein kann.
- Computertomographie des Thorax: Diese bildgebende Untersuchungsmethode, bei der Kontrastmittel zum Einsatz kommt, gibt ebenso Aufschluss über die Funktion der Lunge und somit über Lungenerkrankungen und einer CTEHP.
- Magnetresonanztomographie (MRT): Mithilfe der bildgebenden Magnetresonanztomographie lassen sich Rückschlüsse über die Größe, Form, Gestalt und Funktion des rechten Vorhofs ziehen.
- Blutuntersuchungen, Immunologie und Abdomen-Ultraschall: Diese Untersuchungen kommen häufig ergänzend zum Einsatz, um die genaue Entstehung einer PH und mögliche Organschäden zu identifizieren.
Letztlich sichert jedoch nur eine Rechtsherzkatheter-Untersuchung (RHK) die Diagnose einer pulmonalen Hypertonie. So kann auch der genaue pulmonal-arterielle Druck gemessen werden.
Mithilfe des sogenannten 6-Minuten-Gehtest bestimmt die*der Ärztin*Arzt die Belastungskapazität von Patient*innen. Dabei sollen diese innerhalb von sechs Minuten ohne Hilfe eine möglichst weite Strecke gehen. Berücksichtigt werden auch Faktoren wie Alter, Gewicht, Größe und Geschlecht. Ergänzend kann die Funktion der Lunge mittels Spiroergometrie untersucht werden.
Pulmonale Hypertonie: Schweregrade
Neben einer klinischen Klassifikation der pulmonalen Hypertonie können Ärzt*innen auch den Schweregrad der Erkrankung bestimmen. Laut der New York Health Association (NYHA) gibt es folgende Schweregrade von Lungenhochdruck:
- Klasse 1: Keine Auswirkung auf körperliche Belastung; Beschwerden wie Kurzatmigkeit, Müdigkeit, Brustschmerzen oder Schwächeanfälle treten bei normaler körperlicher Aktivität nicht auf.
- Klasse 2: Leichte Einschränkungen körperlicher Aktivität; Symptome sind bei alltäglicher, normaler Aktivität möglich, jedoch nicht im Ruhezustand.
- Klasse 3: Deutliche Einschränkungen der körperlichen Aktivität; bereits geringe Belastung verursacht Beschwerden wie Atemnot, Müdigkeit, jedoch keine Symptome in Ruhe. Sauerstoffsättigung des Bluts bei rund 60 Prozent, es besteht jedoch kein dringender Therapiebedarf.
- Klasse 4: Betroffene leiden unter Insuffizienz des rechten Herzens; keine körperliche Aktivität ohne Beschwerden, die bereits im Ruhezustand auftreten können. Sauerstoffsättigung des Bluts unter 50 Prozent, drohendes Rechtsherzversagen.
Pulmonale Hypertonie: Therapie
In den letzten Jahren gab es einige Fortschritte in der Behandlung, was auch die Prognose und somit die Lebenserwartung bei Lungenhochdruck verbessert hat. Da die Ursachen einer PH sehr unterschiedlich sein können, muss die Therapie meist individuell auf die betroffene Person angepasst werden. Empfehlenswert sind deshalb spezialisierte PH-Zentren zur Behandlung. Zudem gibt es unterschiedliche Therapieempfehlungen je nach Form und Schweregrad des Lungenhochdrucks.
Oftmals kommen Arzneimittel zum Einsatz, die blutdrucksenkend und gefäßerweiternd wirken. Mögliche Wirkstoffgruppen sind beispielsweise:
- Prostanoide und Prostazyklin-Rezeptor-Agonisten
- PDE-5-Inhibitoren
- Kalziumantagonisten
- Endothelin-Rezeptor-Antagonisten
Zudem kann es sein, dass gerinnungshemmende Medikamente (Antikoagulantien) verschrieben werden, um die Bildung eines Blutgerinnsels zu unterbinden. Auch entwässernde Medikamente (Diuretika) sind eine Option. Die Datenlage für dieser Arzneimittel ist noch eingeschränkt, dennoch empfiehlt die Leitlinie sie zur Behandlung.
Bei einer COPD wird zudem häufig eine Langzeitbehandlung mit Sauerstoff angeordnet, sofern die Sauerstoffsättigung unter 90 Prozent liegt. Auch im fortgeschrittenen Stadium kann eine Sauerstofftherapie erfolgen.
Bei schwer erkrankten Patient*innen einer pulmonalen Hypertonie kommt eine Lungentransplantation infrage. Weiterhin ist es wichtig, Menschen mit Lungenhochdruck ausreichend zu schulen und ihnen psychosoziale Unterstützung zu bieten, um mit der Erkrankung bestmöglich umgehen zu können.
Pulmonale Hypertonie: Verlauf und Prognose
Die pulmonale Hypertonie geht meist auf chronische Erkrankungen der Lunge oder des Herzens zurück. Ein Lungenhochdruck ist nicht heilbar – im schlimmsten Fall führt er zu einem Rechtsherz-Versagen. Eine Behandlung kann die Lebenserwartung verlängern und die allgemeine Lebensqualität erhöhen. Grundsätzlich sollte die Therapie des Lungenhochdrucks so früh wie möglich einsetzen, was jedoch aufgrund der überwiegend späten Diagnose schwierig ist. Bei etwa der Hälfte der Betroffenen mit Lungenhochdruck ohne erkennbare Ursache muss unbehandelt mit einem frühzeitigen Tod gerechnet werden.
Frauen, die an einer pulmonalen Hypertonie leiden, sollten eine Schwangerschaft vermeiden. Diese geht mit einem hohen Risiko für Komplikationen einher. Wer schwanger ist und Lungenhochdruck hat, sollte eine Beratung und Betreuung in einem PH-Zentrum wahrnehmen.
Pulmonale Hypertonie: Vorbeugen
Da Lungenhochdruck häufig Folge einer Grunderkrankung ist, sollte diese frühzeitig und richtig behandelt werden. Betroffenen ist es angeraten, regelmäßige Kontrolltermine wahrzunehmen und verordnete Medikamente entsprechend einzunehmen. Menschen mit pulmonaler Hypertonie können und sollen häufig auch körperlich aktiv sein, sich aber nicht überlasten. Gezieltes Training mit Spezialist*innen kann sinnvoll sein, muss jedoch individuell besprochen werden.
Zudem haben PH-Betroffene ein erhöhtes Risiko, eine Lungenentzündung (Pneumonie) zu bekommen. Ein ausreichender Impfschutz gegen Grippe (Influenza) und Pneumokokken sollte daher sichergestellt werden. Außerdem besteht ein erhöhtes Risiko bei Operationen, weshalb bei jedem anstehenden Eingriff der Nutzen und das Risiko abgewogen werden sollten.
Wer mit Lungenhochdruck eine Reise antreten möchte, sollte mögliche Risiken und Vorsichtsmaßnahmen ärztlich abklären lassen. Wichtig ist der Gesundheitszustand, aber auch das Urlaubsziel mit nahem PH-Zentrum, das Vermeiden von Aufenthalten über 1.500 bis 2.000 Höhenmetern und die ausreichende Sauerstoffgabe während Flugreisen.