Cholangitis: Entzündung der Gallenwege
Gelblich gefärbte Haut, Schmerzen im rechten Oberbauch und Fieber: Das sind mögliche Symptome einer akuten Cholangitis. Die Beschwerden variieren jedoch abhängig von der Form. Welche Symptome noch möglich sind und wie sich eine Gallengangentzündung behandeln lässt.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
Zusammenfassung
- Definition: Bei einer Cholangitis handelt es sich um eine Entzündung der Gallengänge.
- Symptome: Die Beschwerden unterscheiden sich je nach Form. Typisch sind vor allem Schmerzen im Oberbauch, Gelbsucht und bei akuter Form auch Fieber.
- Formen: Fachleute unterscheiden zwischen der akuten, primär biliären, primär sklerosierenden und sekundär sklerosierenden Form.
- Ursachen: Die Ursachen sind abhängig der Form und teilweise nicht abschließend erforscht. Die akute Form geht in den meisten Fällen auf ein Gallensteinleiden zurück.
- Diagnose: Neben der Anamnese kommen verschiedene Untersuchungsverfahren wie radiologische Untersuchungen und Bluttests zum Einsatz.
- Therapie: In der Regel muss zunächst die Entzündung durch Antibiotika behandelt werden, woran sich meist eine Operation schließt. Weitere Maßnahmen sind abhängig von der Form.
- Verlauf: Die akute Form lässt sich gut behandeln und hat eine gute Prognose. Die anderen Formen lassen sich nicht heilen und wirken sich aufgrund möglicher Komplikationen negativ auf die Lebenserwartung aus.
Was ist eine Cholangitis?
Als Cholangitis bezeichnen Fachleute eine Entzündung der Gallengänge. Die Gallengänge (auch Gallenwege) befinden sich innerhalb und außerhalb der Leber. Sie transportieren die für die Fettverdauung wichtige Gallenflüssigkeit (Galle), die in der Leber produziert wird. Die Gallenflüssigkeit gelangt über die Gallenwege zunächst in die Gallenblase, die sie bei Bedarf über den Hauptgallengang in den Zwölffingerdarm abgibt.
Bei einer Cholangitis können sich sowohl die innen- als auch außerhalb der Leber liegenden Gallengänge entzünden. Die häufigste Ursache hierfür ist ein Gallensteinleiden (Cholelithiasis), bei der ein Gallenstein den Abfluss der Gallenflüssigkeit verhindert.
Formen der Gallengangentzündung
Fachleute unterscheiden verschiedene Formen, die akut oder chronisch verlaufen können. Nur selten kommt es jedoch zu einer dauerhaften Entzündung der Gallenwege, einer chronischen Form. Sie kann etwa als Folge wiederkehrender akuter Entzündungen oder eines langen Gallensteinleidens entstehen. Die chronische Gallenwegentzündung kann aber auch als eigenständige (primäre) Krankheit auftreten.
Akute bakterielle Cholangitis
Eine akute Cholangitis wird in den meisten Fällen durch eine bakterielle Infektion ausgelöst. Diese Form ist eher selten, etwa ein Prozent der Betroffenen mit Gallensteinen erkranken daran.
Primär biliäre Cholangitis (PBC)
Die primär biliäre Cholangitis, früher auch als primär biliäre Zirrhose bekannt, ist eine chronische, nicht eitrige Entzündung der Gallenwege innerhalb der Leber. Die primär biliäre Form tritt selten auf: Etwa 5 von 100.000 Personen erhalten pro Jahr diese Diagnose. Fast alle davon sind Frauen, die meisten von ihnen sind bei der Diagnose über 40 Jahre alt.
Primär sklerosierende Cholangitis (PSC)
Bei der sogenannten primär sklerosierenden Cholangitis (PSC) sind die Gallenwege permanent entzündet. Dadurch entstehen Vernarbungen und Verengungen. Die Galle kann nicht mehr ungehindert abfließen und staut sich in den Gallenwegen. Über Jahre hinweg kann die Leber Schaden nehmen und ihre Funktion verlieren – eine Leberzirrhose kann die Folge sein.
Die PSC tritt gehäuft bei Personen auf, bei denen zugleich eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung vorliegt – insbesondere eine Colitis ulcerosa. Die meisten Betroffenen sind männlich. Etwa eine von 100.000 Personen erkrankt pro Jahr daran. Der Erkrankungsgipfel liegt zwischen dem 30. bis 50. Lebensjahr.
Sekundär sklerosierende Cholangitis (SSC)
Eine weitere mögliche Form ist die sekundär sklerosierende Cholangitis (SSC). Im Vergleich zur PSC lässt sich bei der sekundären Form in der Regel eine Ursache diagnostizieren.
Cholangitis: Welche Symptome sind möglich?
Die Symptome einer Cholangitis unterscheiden sich je nach Form, weisen jedoch auch Gemeinsamkeiten auf.
Symptome bei akuter Cholangitis
Die Symptome einer akuten Cholangitis können unterschiedlich schwer ausfallen. Im Wesentlichen sind es drei Symptome, die eine akute Form kennzeichnen (Charcot-Trias):
- Schmerzen im rechten Oberbauch, die kolikartig sein können
- Fieber (Temperatur über 38 Grad Celsius) mit Schüttelfrost
- Gelbfärbung der Haut und Schleimhäute (Gelbsucht oder Ikterus genannt)
Der Stuhlgang hat bei einer akuten Cholangitis häufig eine weißgraue bis graue Farbe (acholischer Stuhl). Übelkeit und Erbrechen sowie Juckreiz sind weitere Symptome. Bei älteren Patient*innen kann es zudem zu Benommenheit und Verwirrtheit kommen.
Wie äußert sich eine primär biliäre Cholangitis?
Die primäre biliäre Cholangitis bereitet im Frühstadium oft keinerlei oder unspezifische Symptome, beispielsweise Erschöpfung und Müdigkeit. Erkrankte leiden möglicherweise unter Oberbauchschmerzen oder starkem Juckreiz.
Im Verlauf der PBC sind dann weitere Symptome möglich:
- Gelbsucht
- Fettstuhl (Steatorrhö)
- Fettstoffwechselstörungen
- Vitaminmangel
- wiederkehrende Harnwegsinfekte
- Flüssigkeitsansammlung im Bauchraum (Aszites)
Primär sklerosierende Cholangitis: Mögliche Symptome
Primäre sklerosierende Cholangitiden bleiben anfänglich ebenso symptomlos. Im Verlauf kommt es dann meist zu einer Gelbsucht, die mit starkem Juckreiz einhergehen kann. Weitere Beschwerden sind Gewichtsverlust und Schmerzen im Oberbauch. Zudem kann es sein, dass schubweise Symptome einer akuten Form wie Fieber entstehen.
Beschwerden bei sekundärer sklerosierender Cholangitis
Im Anfangsstadium sind die Beschwerden unspezifisch. Im Verlauf sind wiederkehrende Fieberschübe und Gelbsucht möglich.
Cholangitis: Ursachen einer Gallengangentzündung
Die Ursachen einer Entzündung der Gallengänge sind sehr unterschiedlich und abhängig von der Form.
Was verursacht eine akute Gallengangentzündung?
Eine akute Cholangitis entsteht meist, wenn Gallenflüssigkeit die ableitenden Gallenwege nicht passieren kann und sich dort Bakterien ansiedeln. Die häufigste Ursache einer solchen Abflussstörung der Gallenwege ist ein Gallensteinleiden. Zu den auslösenden Erregern zählen insbesondere Keime aus dem Dünndarm oder Zwölffingerdarm wie Escherichia coli, Klebsiellen oder Enterokokken.
Daneben gibt es noch weitere, seltenere Ursachen für einen gestörten Gallefluss:
- Tumoren in den Gallenwegen
- Ausstülpungen im Zwölffingerdarm (Divertikel)
- Gallengangstenose (Verengungen der Gallenwege), etwa infolge einer OP
- Befall durch Parasiten (z. B. großer Leberegel)
- angeborene Anomalien der Gallengänge
Ursachen der anderen Formen
Was zu einer primär biliären Cholangitis führt, ist abschließend noch nicht geklärt. Fachleute vermuten jedoch, dass es sich um einen autoimmunen Entzündungsprozess handelt – das Immunsystem geht also fälschlicherweise gegen das körpereigene Gewebe vor. Viele Betroffene leiden zudem unter einer chronisch-entzündlichen Erkrankung des Darms. Auch die genaue Ursache einer PSC ist bislang nicht bekannt.
Anders sieht es bei der sekundär sklerosierenden Form aus, bei der sich meist eine Ursache finden lässt. Häufig entsteht die SSC aufgrund einer Durchblutungsstörung in den Gallenwegen oder infolge von Operationen sowie Infekten.
Cholangitis: Maßnahmen zur Therapie
Ziel der Therapie einer akuten Form ist es, den natürlichen Gallenfluss wiederherzustellen – die genaue Behandlung richtet sich nach der Ursache. Sind etwa Gallensteine verantwortlich, müssen diese entweder in einer Operation oder im Rahmen einer Spiegelung der Gallengänge entfernt werden.
In der Regel muss jedoch vor einer Operation die Entzündung möglichst abgeklungen sein. Hierfür erhalten Patient*innen Antibiotika. Auch krampflösende und schmerzstillende Medikamente kommen bei starken Schmerzen zum Einsatz. In den meisten Fällen müssen Betroffene zudem zunächst eine strenge Bettruhe einhalten.
Therapie der anderen Cholangitis-Formen
Bisher ist die primär sklerosierende Form nicht heilbar. Der Wirkstoff Ursodeoxycholsäure (UDCA) soll den Verlauf positiv beeinflussen. Zudem kann die*der Ärztin*Arzt Verengungen im Rahmen einer Gallengangsspiegelung weiten. Bei Funktionsverlust der Leber kann eine Lebertransplantation nötig sein.
Wie bei der PSC nehmen Personen mit PBC in der Regel dauerhaft Medikamente mit Ursodeoxycholsäure ein. Der Wirkstoff kann vor allem im Frühstadium den Verlauf der Erkrankung verlangsamen, die PBC jedoch nicht heilen. Bei Juckreiz können Antihistaminika oder der Wirkstoff Colestyramin hilfreich sein. Im fortgeschrittenen Stadium muss unter Umständen eine Lebertransplantation durchgeführt werden.
Wie lässt sich eine Cholangitis diagnostizieren?
Erster Schritt im Rahmen der Diagnose ist ein ärztliches Gespräch, bei dem Fragen zu den genauen Beschwerden und Vorerkrankungen im Fokus stehen (Anamnese). Mitunter geben die Symptome wie Gelbsucht und Oberbauchschmerzen schon einen Hinweis auf die Erkrankung.
In der Regel schließen sich weitere Untersuchungen an, wie beispielsweise:
- Blutuntersuchung
- Ultraschall (Sonographie)
- endoskopisch-retrograde Choloangiografie (ERCP)
- Magnetresonanz-Cholangiopankreatikografie (MRCP)
- Leberbiopsie
Verlauf und Prognose bei Cholangitis
Lässt sich die Ursache des gestörten Gallenflusses rasch beseitigten, haben die Betroffenen eine günstige Prognose. Bleibt die Entzündung dagegen zunächst unbehandelt, können zum Teil lebensbedrohliche Komplikationen auftreten.
So besteht das Risiko, dass die Infektion auf das angrenzende Lebergewebe übergeht und sich ein Abszess (Ansammlung von Eiter in einem Hohlraum) bildet. Darüber hinaus kann die Cholangitis bei langer Dauer chronisch werden. Dies kann unter Umständen zu einer Leberzirrhose führen. Selten tritt eine lebensbedrohliche Blutvergiftung auf (Cholangiosepsis).