Pocken: Ausgerottet durch Impfung
Die Pocken sind eine durch das Pockenvirus ausgelöste, hochgradig ansteckende und schwere Infektionskrankheit. Seit dem letzten Jahrhundert gilt die Infektionskrankheit jedoch dank der Pockenimpfung weltweit als ausgerottet. Was Symptome sind, wie die Erkrankung verläuft und Informationen zur Impfung gegen Pocken.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
Pocken: Überblick
Der Begriff Pocken, auch Blattern, Variola major, Variola vera oder Smallpox genannt, bezeichnet eine durch das Variolavirus (auch Pockenvirus genannt) hervorgerufene, hochgradig ansteckende und lebensgefährliche Infektionskrankheit, die durch typische Hautveränderungen gekennzeichnet ist.
Da die Pocken hochansteckend sind, breiteten sie sich in der Vergangenheit sehr rasch in der Bevölkerung aus. Die Pocken gehören zu den quarantänepflichtigen Erkrankungen, wie auch die Pest oder Ebola, um eine Ausbreitung der Pocken zu vermeiden.
Bis zur Einführung der Schutzimpfung gegen Pocken kam es immer wieder zu seuchenartigen Epidemien mit hohen Erkrankungszahlen. Noch im Jahr 1967 traten weltweit bis zu 15 Millionen registrierte Pockenfälle auf. Nach der weltweiten Einführung der Pockenimpfung im Jahr 1967 sank die Zahl der Erkrankungen drastisch – schließlich gelang es, die Pocken auszurotten: Seit 1980 gilt die Welt laut WHO offiziell als pockenfrei.
In Deutschland wurde der letzte Pockenfall 1972 in Hannover registriert. Der weltweit letzte natürliche Pockenfall ereignete sich im Oktober 1977 in Somalia. Im Jahr darauf infizierte sich in Großbritannien eine Frau mit einem Pockenvirus, das aus einem Labor der Universität Birmingham stammte, und verstarb an der Erkrankung.
Arten von Pocken
Es gibt unterschiedliche Formen von Pocken. So handelt es sich bei der als schwarze Blattern bezeichneten Pocken um eine besonders schwere Form der Pocken. Sogenannte weiße Pocken hingegen sind eine harmlosere Form der Pocken, die sich von den echten Pocken unterscheidet. Außerdem gibt es noch andere Pockenerkrankungen, unter anderem bei Tieren, wie die Kuh- und die Affenpocken.
Weltweit existiert das Variolavirus offiziell nur noch in zwei Hochsicherheitslaboratorien (USA und Russland)zu Forschungszwecken.
Pockenimpfung beugt vor
Sich gegen Pocken impfen zu lassen, ist die einzig wirksame Maßnahme zum Vorbeugen dieser Erkrankung. Die Pockenimpfung ist jedoch heute in Deutschland keine Pflichtimpfung mehr, da es keine Pocken mehr gibt: Dank der konsequenten Durchimpfung der Bevölkerung gelang die weltweite Ausrottung der Pocken. In Deutschland fanden die letzten größeren Pockenimpf-Aktionen im Jahr 1977 statt, ihre weltweite Aussetzung erfolgte im Jahr 1980.
Wie funktioniert die Impfung gegen Pocken?
Bei der Pockenimpfung handelt es sich um eine Lebendimpfung mit dem Erreger der Kuhpocken. Drei bis vier Tage nach der Impfung zeigt sich an der Impfstelle eine juckende rote beziehungsweise rötliche Beule, die bei direktem Kontakt ansteckend ist. Das gilt nicht nur für andere Menschen, sondern auch für die Geimpften selbst: Wer die Beule zum Beispiel mit den Händen berührt, riskiert womöglich eine durchaus folgenschwere Infektion an anderen Körperstellen wie den Augen (ggf. mit nachfolgender Erblindung). Daher sind nach einem derartigen Kontakt die Hände gründlich mit Wasser und Seife zu waschen, sofern kein geeignetes Desinfektionsmittel zur Verfügung steht.
Die Beule an der Impfstelle geht in eine eitrige Pustel oder Blase über und bildet nach zwei bis drei Wochen einen Schorf, der dann abheilt. Von der Pockenimpfung bleibt typischerweise eine kleine Narbe zurück: Die meisten der Personen, die gegen Pocken geimpft sind, haben eine solche Pockennarbe am rechten oder linken Oberarm. Die Pockenimpfung erfolgte einmal vor Vollendung des zweiten Lebensjahrs und ein zweites Mal im zwölften Lebensjahr.
Nachdem die Welt als pockenfrei galt und keine Impfpflicht mehr bestand, gab es in Deutschland zeitweise keinen zugelassenen Impfstoff mehr. Mittlerweile ist der Impfstoff (Imvanex) gegen Pocken in Deutschland wieder vorrätig. Er schützt auch Risikogruppen vor den Affenpocken.
Ursachen und Formen der Pocken
Ursache der Pocken sind bestimmte Viren, die natürlicherweise nur bei Menschen vorkommen und sich nur dort vermehren können. Die Erreger der Pocken gehören zur Virusfamilie der Poxviridae. Diese Familie umfasst verschiedene Gattungen, von denen die folgenden Erkrankungen beim Menschen hervorrufen können:
- Orthopoxvirus
- Parapoxvirus
- Molluscipoxvirus
- Yatapoxvirus
Zur Gattung Orthopoxvirus zählen unter anderem:
- der Erreger der Pocken beim Menschen (Variolavirus)
- der Erreger der Kuhpocken
Die Pockenerkrankung des Menschen tritt in folgenden unterschiedlichen Formen auf:
- Echte Pocken: Die eigentlichen echten Pocken entstehen durch das Virus Orthopoxvirus variola.
- Weiße Pocken: Für die ungefährlicheren weißen Pocken ist der Erreger Orthopoxvirus alastrim verantwortlich.
Die Pockenviren sind die größten Viren, die beim Menschen Krankheiten hervorrufen können. Sie haben eine backsteinartige Form und sind etwa 350 mal 270 Nanometer groß (ein Nanometer entspricht einem Milliardstel Meter). Sie sind sehr widerstandsfähig und besitzen etwa 150 bis 200 Gene (= Träger der Erbanlagen).
Übertragung
Die Übertragung der Pockenviren erfolgt vor allem durch Tröpfcheninfektion: Dabei gelangen die ursächlichen Viren über feinste Sekrettröpfchen mit der Luft, zum Beispiel beim Sprechen, Niesen oder Husten, von einem Menschen zum nächsten. Bereits wenige Viren reichen aus, um die Pocken hervorzurufen. Seltener verbreiten sich die Pockenviren über eine Schmierinfektion, also über infizierte Gegenstände, wie zum Beispiel Bettwäsche, Kleidung oder Türklinken.
Inkubationszeit
Bei den Pocken beträgt die Inkubationszeit (die Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Erkrankung) 7 bis 19 Tage, im Durchschnitt zwei Wochen.
Pocken: Typische Symptome
Die echten Pocken äußern sich durch andere Symptome als die ungefährlicheren weißen Pocken.
Symptome der echten Pocken
Typisch für echte Pocken sind Hautveränderungen, die verschiedene Stadien durchlaufen können.
Zu Beginn der Erkrankung lösen die Pocken einige eher allgemeine Symptome aus, die etwa zwei bis vier Tage anhalten, wie zum Beispiel:
Danach treten die ersten Hautveränderungen bei Patient*innen auf. Der vorübergehende Hautausschlag beginnt meist mit kleinen roten Punkten auf Zunge und Rachen. Zu diesem Zeitpunkt sind die Pocken sehr ansteckend.
Die Symptome verändern sich im Verlauf der Erkrankung. Das Fieber sinkt vorübergehend und auf der Haut bilden sich die für Pocken typischen Hauterscheinungen: Papeln, die sich mit virushaltiger Flüssigkeit füllen. Die ersten Papeln treten in der Regel im Gesicht auf, dann breitet sich der Ausschlag über Arme und Beine und anschließend über den gesamten Körper aus. Zu diesem Zeitpunkt fühlen sich die Betroffenen häufig kurzzeitig besser. Das Fieber steigt jedoch danach oft wieder stark an und führt zu Symptomen wie:
- Verwirrtheit und
- Desorientierung
Die Papeln werden zu Pusteln, die nach etwa fünf Tagen zu verkrusten beginnen beziehungsweise zu verschorfen. Rund zwei Wochen nach dem ersten Hautausschlag sind fast alle Pusteln verkrustet. Eine weitere Woche später ist der Großteil der Krusten abgefallen. Wenn der Schorf abfällt, juckt die Haut oft sehr stark. Häufig bleiben deshalb Narben zurück – die sogenannten Pockennarben. Die Ansteckungsgefahr endet, wenn der Hautausschlag völlig abgeheilt ist.
Symptome der schwarzen Pocken
Eine besonders schwere Form der Pocken ist unter dem Namen schwarze Blattern (Variola haemorrhagica) bekannt. Bei dieser Pockenform vergeht weniger Zeit zwischen der Ansteckung und dem Auftreten der ersten Symptome: Innerhalb von ein paar Tagen entwickeln sich ausgedehnte, schwere Blutungen in die Haut, sodass sich die Pusteln blauschwarz verfärben – daher die Bezeichnung "schwarze Blattern". Außerdem bluten die Schleimhäute und die inneren Organe. Die schwarzen Blattern verlaufen häufig tödlich. Viele Betroffene versterben bereits innerhalb der ersten 48 Stunden.
Symptome der weißen Pocken
Weiße Pocken (weiße Blattern, Variola minor) äußern sich meist durch weniger deutliche Symptome der Haut als die echten Pocken und sind ungefährlicher. Nur in sehr seltenen Fällen enden die weißen Blattern tödlich: Die Sterblichkeitsrate liegt bei unter einem Prozent.
Wer an den weißen Blattern erkrankt, ist dadurch nicht vor einer Infektion mit dem Erreger der echten Pocken geschützt.
Diagnose bei Pocken
Pocken erkennen Ärzte und Ärztinnen in der Regel leicht anhand der typischen Hautveränderungen in Zusammenhang mit hohem Fieber. Um die Diagnose zu sichern und andere Hauterkrankungen auszuschließen, die mit ähnlichen Hautveränderungen verbunden sind (z. B. schwere Fälle von Windpocken), versuchen sie außerdem, das für die Pocken verantwortliche Virus nachzuweisen. Dieser Erregernachweis kann auf verschiedene Weisen erfolgen, zum Beispiel unter dem Elektronenmikroskop oder im Blut.
Der Nachweis von Pockenviren würde bei einem Verdachtsfall in einem Labor mit besonderer Sicherheitsstufe erfolgen.
Behandlung der Pocken
Es ist keine wirksame Therapie gegen Pocken bekannt. Das heißt: Es ist nicht möglich, das Pockenvirus im menschlichen Körper zu bekämpfen.
Ziel der Therapie ist es daher, die Symptome zu lindern, zum Beispiel durch:
- Bettruhe
- fiebersenkende Medikamente
- ausreichende Flüssigkeitszufuhr
- kalorienreiche, aber leichtverdauliche Nahrung
Um zu verhindern, dass sich die Pocken weiter ausbreiten, ist es erforderlich, die Betroffenen und jede Kontaktperson streng zu isolieren – das bedeutet, dass sie unter Quarantäne stehen. Auch Wohnräume, Kleidungsstücke und Gebrauchsgegenstände der Betroffenen sind zu desinfizieren, um eine weitere Ausbreitung der Erkrankung zu verhindern.
Da die Pocken als ausgerottet gelten, haben diese Maßnahmen jedoch heute keine praktische Bedeutung mehr.
Pocken: Verlauf, Komplikationen und Sterblichkeit
Obwohl die echten Pocken häufig schwerwiegend verlaufen, überleben die meisten Menschen (mehr als zwei Drittel) eine Infektion mit dem Pockenvirus. Die Überlebenden sind allerdings häufig durch schwere Narben entstellt und in vielen Fällen erblindet.
Weitere mögliche schwere Folgen der Pocken können sein:
Die weißen Pocken nehmen hingegen in der Regel einen milderen Krankheitsverlauf: Die Hautsymptome sind weniger ausgeprägt. Allerdings sind die weißen Pocken nicht weniger ansteckend.
Komplikationen
Die als schwarze Blattern bezeichnete Pockenform verläuft besonders schwer, mit schweren Komplikationen. Viele von dieser Form der Pocken Betroffene sterben aufgrund der inneren Blutungen bereits in der ersten Erkrankungswoche, häufig schon innerhalb der ersten 48 Stunden.
Sterblichkeit
Die Überlebenschancen bei einer Pockeninfektion hängen unter anderem von der Verlaufsform der Pocken ab:
- Die echten Pocken verlaufen für rund 30 von 100 Infizierten tödlich.
- Etwa 99 von 100 Erkrankten überleben die weißen Pocken.
- Die schwarzen Blattern verlaufen fast immer tödlich.