Piriformis-Syndrom: Symptome, Schlafposition und Übungen
Beim Piriformis-Syndrom kommt es zu Schmerzen im Gesäß, die bis ins Bein ausstrahlen können. Auch Taubheitsgefühle oder kribbelnde Missempfindungen sind mögliche Symptome. Wie man das Piriformis-Syndrom behandelt, welche Schlafposition hilft und was zu tun ist, wenn die Beschwerden nicht weg gehen, erfahren Sie hier.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
FAQ: Häufige Fragen und Antworten
Beim Piriformis-Syndrom sind Dehnübungen wichtig. Zudem können Physiotherapie, Massagen, Injektionen, Dry Needling und TENS zum Einsatz kommen. Schmerzmittel und Muskelrelaxantien werden bei Bedarf ebenfalls verordnet.
Um den Piriformis-Muskel zu entspannten, helfen regelmäßige Sitzpausen, sanfte Bewegung und Dehnübungen. Auch Massagen und eine TENS-Behandlung können Muskelverspannungen im Piriformis lindern.
Empfohlen wird, die Schlafposition öfter zu wechseln und nicht durchgehend auf derselben Körperseite zu schlafen. Es kann auch helfen, die Beine in der Seitenlage nicht zu stark anzuwinkeln, sondern nur leicht zu beugen oder auszustrecken.
Betroffene sind in den meistens Fällen nach sechs Wochen beschwerdefrei. Das Piriformis-Syndrom geht nicht weg? Dann ist bei starken Beschwerden eine operative Behandlung möglich.
Was ist das Piriformis-Syndrom?
Das Piriformis-Syndrom ist eine neuromuskuläre Erkrankung, bei welcher der Ischiasnerv im Bereich des Beckens (Nervus ischiadicus) vom Piriformis-Muskel (Musculus piriformis) eingeengt wird.
Der Piriformis-Muskel liegt als flaches Muskelband in jeder Gesäßbacke. Der kleine Muskel ist vor allem für die Bewegungen der unteren Körperhälfte wichtig. Der Ischiasnerv verläuft am Piriformis-Muskel entlang. Er beginnt in der Lendenwirbelsäule und im Bereich des Kreuzbeins und verläuft über die Rückseite des Oberschenkels bis zur Innenseite der Füße.
Häufige Anspannungen oder Verkrampfungen im Piriformis-Muskel können dazu führen, dass der Ischiasnerv eingeengt wird. Das passiert vor allem, wenn der Muskel zwar gut trainiert, aber schlecht gedehnt ist. In der Folge können Beschwerden auftreten, die leicht mit einer Ischialgie (Ischiasschmerzen) oder einem Bandscheibenvorfall verwechselt werden können.
Das Piriformis-Syndrom zeigt sich in erster Linie durch Schmerzen im Gesäß und Kreuzbein ohne vorherige Rückenschmerzen. Die Beschwerden können in das gesamte Bein ausstrahlen. Es äußert sich meistens einseitig, kann aber auch beide Seiten betreffen. Frauen leiden sechsmal häufiger unter dem Piriformis-Syndrom als Männer. Meistens tritt es im mittleren Lebensalter auf.
Schmerzen im Bein: Wann sofort zum Arzt?
Das Piriformis-Syndrom ist für Betroffene zwar sehr unangenehm, aber ungefährlich. Somit handelt es sich nicht um einen medizinischen Notfall. In folgenden Fällen ist bei Schmerzen im Gesäß oder im Bein hingegen unverzüglich ärztlicher Rat einzuholen, da eine schwerwiegende Erkrankung oder Verletzung vorliegen könnten:
- Schmerzen, die ohne Unterbrechung auftreten
- starke Schmerzen
- Lähmungserscheinungen, beispielsweise eingeschränkte Beweglichkeit des Beins, Harn- oder Stuhlinkontinenz
- Beschwerden, die unmittelbar nach einem Sturz oder Unfall auftreten, bei älteren Menschen kann der Sturz auch länger zurückliegen
Symptome des Piriformis-Syndroms
Das Piriformis-Syndrom zeigt sich durch Symptome wie chronische Schmerzen, Kribbel- oder Taubheitsgefühle. Die Beschwerden können vom unteren Rücken sowie von Hüfte und Gesäßmuskel in die Leiste, die Rückseite des Oberschenkels und die Wade ausstrahlen.
Die Schmerzen und Missempfindungen treten meist im Sitzen durch Druck auf den Muskel auf. Letztendlich können jedoch alle Bewegungen oder Körperhaltungen, bei denen Betroffene die Beine anwinkeln, die Symptome auslösen. Selten leiden Betroffene unter Beschwerden beim Stuhlgang oder im Intimbereich.
Bandscheibenvorfall oder Piriformis-Syndrom?
Ein Piriformis-Syndrom und ein Bandscheibenvorfall können ähnliche Symptome haben und daher leicht verwechselt werden. In beiden Fällen Rückenschmerzen und ein Taubheitsgefühl in den Beinen möglich. Grund ist, dass es auch bei einem Bandscheibenvorfall zu einer Quetschung des Ischiasnervs kommen kann.
Ein Bandscheibenvorfall kann jedoch durch bildgebende Verfahren leicht diagnostiziert und entsprechend therapiert werden.
Piriformis-Syndrom: Schlafposition kann Beschwerden verschlimmern
Beim Piriformis-Syndrom haben manche Betroffene auch beim Schlafen Beschwerden, abhängig von der Schlafposition: In der Regel sind vor allem Menschen betroffen, die auf der Seite schlafen und dabei die Beine stark anwinkeln. Die Beschwerden lassen oft nach, wenn die Beine weniger stark gebeugt und stattdessen lang ausgestreckt werden.
Um Muskelverkrampfungen zu vermeiden, ist es sinnvoll, die Liegeposition öfter zu wechseln, beispielsweise nicht immer auf der gleichen Körperseite zu schlafen. Damit beim Piriformis-Syndrom die Schlafposition das Problem nicht verschlimmert, ist zudem eine geeignete Matratze wichtig.
Was tun beim Piriformis-Syndrom?
Beim Piriformis-Syndrom sollten Patient*innen alle Tätigkeiten meiden, die Schmerzen oder Missempfindungen auslösen oder verstärken, etwa langes Sitzen oder Sport.
Falls Symptome bei bestimmten Aktivitäten, Körperhaltungen oder Bewegungen auftreten, kann es helfen, eine andere Haltung einzunehmen. Wer im Sitzen arbeitet, kann die Behandlung durch regelmäßiges Aufstehen unterstützen.
Um den Schmerz und andere Symptome des Piriformis-Syndroms loszuwerden, kann die Einnahme von Medikamenten sinnvoll sein. Zum Einsatz kommen:
Schmerzmittel, die auch entzündungshemmend wirken (z. B. Ibuprofen, Diclofenac)
Medikamente, die die Muskeln entspannen (sog. Muskelrelaxanzien)
Therapiemaßnahmen ohne Operation
Weitere konservative Behandlungsoptionen, die beim Piriformis-Syndrom Linderung bringen können, sind:
Physiotherapie und Massagen: Physiotherapeutische Maßnahmen können dabei helfen, den Druck auf den Ischiasnerv zu verringern, indem die umgebende Muskulatur gedehnt oder Triggerpunkte in der Gesäßmuskulatur behandelt werden. Außerdem lernen Betroffene korrekte Körperhaltungen sowie Dehnübungen für das Piriformis-Syndrom.
Injektionen von Schmerzmitteln, Kortison oder Botox in die betroffene Gesäßseite
Dry Needling: Mit Akupunkturnadeln werden Triggerpunkte in den Muskeln und Faszien gelöst.
TENS (transkutane elektrische Nervenstimulation): Mithilfe von Elektroden wird über die Haut ein schwacher Strom in das betroffene Gewebe geleitet, der die Schmerzweiterleitung unterbricht. Bei bestimmten Vorerkrankungen ist eine TENS-Behandlung nicht geeignet. Von einer Selbstbehandlung ist daher abzuraten.
Extrakorporale Stoßwellentherapie (ESWT): Dabei werden akustische Wellen mit einem Schallkopf in das betroffene Gewebe eingeleitet. Dadurch können muskuläre Verhärtungen gelöst werden.
abwechselnde Kälte- und Wärmebehandlungen für jeweils 20 Minuten
Insbesondere die Kombination von Physiotherapie und Injektionen von lokal wirkenden Betäubungsmitteln führt häufig zu einem Behandlungserfolg mit einer geringen Rückfallquote.
Piriformis-Syndrom: Wie lange halten die Beschwerden an?
Das Piriformis-Syndrom führt in der Regel maximal sechs Wochen lang zu Beschwerden. Um die Zeit zu verkürzen, sollten Betroffene beim Piriformis-Syndrom Dehnübungen machen und Aktivitäten vermeiden, die Schmerzen auslösen.
In manchen Fällen bleiben die Symptome über einen längeren Zeitraum hinweg bestehen. Ist der Leidensdruck dadurch sehr hoch, kann eine Operation erfolgen.
Piriformis-Syndrom: Übungen zum Dehnen
Beim Piriformis-Syndrom sind Dehnübungen ein wichtiger Bestandteil der Behandlung. Um den Piriformis-Muskel zu dehnen, gibt es verschiedene Möglichkeiten – so zum Beispiel die folgenden beiden Übungen:
Piriformis-Muskel im Sitzen dehnen:
- Setzen Sie sich auf einen Stuhl.
- Legen Sie den Unterschenkel des rechten Beins auf dem linken Oberschenkel ab.
- Umfassen Sie nun das linke Knie und beugen Sie Ihren Oberkörper sanft nach vorne.
- Sie sollten nun eine Dehnung (ziehendes Gefühl) in der rechten Gesäßbacke spüren.
- Sie können den Zug durch mehr oder weniger starkes Vorbeugen individuell steuern.
- Der Zug lässt sich auch verstärken, indem Sie mit den Sitzbeinhöckern etwas nach vorne rollen.
- Halten Sie die Dehnung etwa 30 Sekunden und lassen Sie dann locker.
- Wiederholen Sie die Übung mit dem anderen Bein.
Piriformis-Muskel im Liegen dehnen:
- Legen Sie sich auf den Boden, am besten auf eine Matte oder einen Teppich.
- Stellen Sie beide Beine hüftbreit auf.
- Legen Sie den Unterschenkel des rechten Beins auf dem linken Oberschenkel ab.
- Umfassen Sie nun den linken Oberschenkel und ziehen Sie ihn sanft zu sich heran.
- Sie sollten nun eine Dehnung (ziehendes Gefühl) in der rechten Gesäßbacke spüren.
- Sie können die Dehnung durch mehr oder weniger starkes Heranziehen individuell steuern.
- Halten Sie die Dehnung etwa 30 Sekunden und lassen Sie dann locker.
- Wiederholen Sie die Übung mit dem anderen Bein.
Piriformis-Syndrom geht nicht weg
Wenn das Piriformis-Syndrom trotz einer konservativen (also nicht-operativen) Therapie über mehrere Monate hinweg nicht besser wird und die Betroffenen durch die Beschwerden stark eingeschränkt sind, kommt ein operativer Eingriff in Frage:
Neurolyse: Bei diesem Eingriff wird der Nerv freigelegt. Dieses Verfahren birgt jedoch das Risiko von Komplikationen, die schwerere Beeinträchtigungen darstellen als die Beschwerden durch das Piriformis-Syndrom.
Tenotomie: Bei dieser OP-Technik wird die Sehne des Piriformis-Muskels durchtrennt. Die Erfolgsaussichten sind größer.
Ursachen des Piriformis-Syndroms
Das Piriformis-Syndrom tritt auf, wenn der Piriformis-Muskel den Ischiasnerv einengt. Oft passiert das durch intensives Training oder anhaltenden Druck auf die Stelle, weil die Betroffenen längere Zeit auf harten Unterlagen sitzen. Auch eine Verletzung, etwa ein Sturz auf das Gesäß, kann das Piriformis-Syndrom auslösen.
In 15 von 100 Fällen liegt eine anatomische Ursache vor: Während der Ischiasnerv für gewöhnlich am Piriformis-Muskel entlang verläuft, durchtritt er den Muskel bei 4 von 100 Menschen mittel- oder nordeuropäischer Abstammung. Dadurch steigt das Risiko für das Piriformis-Syndrom.
Wie wird das Piriformis-Syndrom festgestellt?
Das Piriformis-Syndrom ist eine Ausschlussdiagnose. Das bedeutet, es gibt bislang keinen Test, der die Erkrankung eindeutig nachweist. Somit erfolgt die Diagnose erst dann, wenn die*der Ärztin*Arzt andere Ursachen ausschließen kann.
Zunächst erfolgen ein ärztliches Gespräch und eine körperliche Untersuchung. Zum Ausschluss anderer Ursachen können bildgebende Verfahren zum Einsatz kommen:
- Magnetresonanztomographie (MRT)
- Computertomographie (CT)
- Röntgen
- Ultraschall
Piriformis-Syndrom vorbeugen
Das Piriformis-Syndrom entsteht in der Regel als Folge von intensivem Training sowie Bewegungen und Haltungen, bei denen der Piriformis-Muskel wiederholt belastet wird – also zum Beispiel durch Joggen, häufige Ausfallschritte oder bestimmte Übungen beim Bauch-Beine-Po-Training.
Wer dem Piriformis-Syndrom vorbeugen will, sollte dennoch keinesfalls mit dem Sport aufhören, sondern lediglich ein paar Dinge beim Training beachten. Folgende Tipps können helfen, einer Verhärtung und Verkürzung des Muskels entgegenzuwirken:
- ausreichendes Aufwärmen
- Trainingsintensität langsam steigern
- Steigungen oder unebenen Boden beim Joggen meiden
- korrekte Haltung und Ausführung der Sportart bzw. Übung
- bei Schmerzen sofort aufhören
Im Alltag sind eine ergonomische Körperhaltung und eine weiche Unterlage beim Sitzen wichtig. Regelmäßiges Aufstehen hilft dabei, die Sitzmuskulatur zu dehnen, und beugt Verspannungen vor. Außerdem können dem Piriformis-Syndrom Dehnübungen vorbeugen.