PCOS (Polyzystisches Ovarialsyndrom, PCO-Syndrom)
Unregelmäßige Menstruation, verstärkte Körperbehaarung, fettige Haut und Akne: Das polyzystische Ovarialsyndrom (PCO) ruft zahlreiche Symptome hervor, die die Betroffenen oft als sehr belastend empfinden. Heilbar ist die Erkrankung nicht. Viele der Beschwerden lassen sich aber gut in den Griff bekommen.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
PCOS (polyzystisches Ovarialsyndrom)
Was ist PCOS?
Das polyzystische Ovarialsyndrom, kurz PCO-Syndrom oder PCOS, ist eine hormonelle Störung, die bei Frauen im fortpflanzungsfähigen Alter auftreten kann. Die Eierstöcke sind bei Frauen mit PCO häufig von vielen kleinen perlschnurartig aufgereihten Zystenumgeben. Ihnen verdankt das Syndrom seinen Namen: "Poly" heißt viele, "Ovar" ist der Fachbegriff für den Eierstock.
Bei den Zysten handelt es sich um unvollständig gereifte Follikel: Normalerweise platzt jeden Monat ein Follikel und gibt eine Eizelle zur Befruchtung frei (Eisprung). Hormonelle Störungen können jedoch bewirken, dass die Follikel nicht ausreichend reifen können und der Eisprung ausbleibt. Die unreifen Follikel sammeln sich dann im Randbereich der Eierstöcke.
Vor allem in englischsprachigen Ländern wird das polyzystische Ovarialsyndrom häufig mit "PCOS" abgekürzt. Auch sprechen Fachleute manchmal vom "polyzystischen Ovar-Syndrom".
Das PCO-Syndrom ist sehr verbreitet: Fast jede zehnte Frau im gebärfähigen Alter ist davon betroffen. Die meisten von ihnen suchenärztliche Hilfe, weil ihre Monatsblutungen nicht mehr in gewohnter Regelmäßigkeit einsetzen, sie verstärkten Haarwuchs am Körper und Gesicht bemerken und/oder ihre Haut von Akne betroffen ist. All das sind typische PCOS-Symptome.
Gefährlich sind die Zyklusstörungen und die Beschwerden zunächst nicht. Allerdings gehen die hormonellen Veränderungen, die diesen Symptomen zugrunde liegen, oft mit erheblichen gesundheitlichen Problemen einher: Viele Frauen mit PCO sind unfruchtbar. Mehr als die Hälfte der Betroffenen haben Übergewicht und Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus.
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Wie genau PCO mit diesen Erkrankungen zusammenhängt, ist noch nicht vollständig geklärt. Fest steht, dass das StoffwechselhormonInsulinbei allen drei Erkrankungen eine entscheidende Rolle spielt. Auch hat sich herausgestellt, dass sich Diabetes und PCO mit denselben Maßnahmen bekämpfen lassen: Wenn übergewichtige Typ-2-Diabetikerinnen mit PCO ein gesundes Gewicht erreichen, normalisiert sich häufig sowohl ihr Stoffwechsel, als auch ihr Zyklus.
PCOS: Symptome
Folgende Symptome sind typisch für PCOS:
- Zyklusstörungen:
- seltene Regelblutung (Oligomenorrhö) mit einem verlängerten Zyklus von über 35 Tagen oder völlig ausbleibende Periode (Amenorrhö)
- unregelmäßige Zwischen- und Zusatzblutungen
- männlicher Behaarungstyp (Hirsutismus) mit vermehrter Behaarung: Die Schamhaare wachsen nicht nur im Schambereich, sondern auch auf den Oberschenkeln und/oder am unteren Bauch. Vielen Betroffenen wächst ein Oberlippenbart.
- Haarausfall
- fettige Haut und Akne
- unterschiedlich stark ausgeprägtes Übergewicht
- verminderte Fruchtbarkeit bis hin zur Unfruchtbarkeit
- metabolisches Syndrom: vor allem durch Bauchfett bedingte Fettstoffwechselstörungen, erhöhter oder zu hoher Blutdruck, zu hoher Blutzucker
- selten echte Vermännlichung mit Ausbildung männlicher Geschlechtsmerkmale wie einer dunkler werdenden Stimme und einer vergrößerten Klitoris
Aber: Nicht bei jeder Frau mit PCO-Syndrom treten alle Symptome auf. Viel häufiger äußert sich das polyzystische Ovarialsyndrom nur durch einen Teil dieser Symptome.
PCOS: Behandlung & Kinderwunsch
Welche Behandlung für eine Patientin geeignet ist, hängt zum einen davon ab, ob sie
- Kinder bekommen möchte oder
- (noch) keinen Kinderwunsch hat.
Zum anderen richtet sich die Therapie nach Ursache der Störung: Viele Patientinnen mit PCOS sind übergewichtig und haben Stoffwechselstörungen wie Diabetes mellitus oder eine Vorstufe davon (Insulinresistenz). Diese Frauen können ihren Hormonhaushalt positiv beeinflussen, indem sie ein gesünderes Gewicht erreichen und Sport treiben.
Auch hat sich gezeigt, dass diesen Patientinnen derWirkstoff Metformin helfenkann. Er senkt den Blutzuckerspiegel und regt – ebenso wie Clomifen – den Eisprung und die Follikelbildung an. Metformin ist eigentlich ein Wirkstoff gegen Typ-2-Diabetes und in Deutschland nicht zur Therapie des PCO-Syndroms zugelassen. Die*der Ärztin*Arzt kann es dennoch verschreiben, wenn er die Patientin entsprechend aufklärt.
Behandlung für Patientinnen ohne Kinderwunsch
Hormonpräparate wie die Antibabypille hemmen die Bildung männlicher Hormone im Körper und helfen somit gegen die für PCO typischen Vermännlichungserscheinungen: Hautprobleme wie fettige Haut und Akne gehen zurück. Die Körperbehaarung normalisiert sich und der Haarausfall lässt nach.
Behandlung für Patientinnen mit Kinderwunsch
Für Frauen, die schwanger werden möchten, ist eine Behandlung mit der verhütend wirkendenAntibabypille nicht geeignet. Ihnen kann die*der Ärztin*Arzt das Mittel Clomifen verordnen, das den Eisprung anregt.
Bleibt die Clomifen-Therapie ohne Erfolg, kann die*der Ärztin*Arzt der Patientin auch andere Hormone, sogenannte Gonadotropine, spritzen. Allerdings ist diese Behandlung mit einem erhöhten Risiko für eine plötzliche, übermäßige Bildung von Eibläschen verbunden. Dadurch erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass die Patientin mit Mehrlingen schwanger wird.
Operative Therapie
Wenn andere Behandlungsverfahren keinen Erfolg zeigen, besteht auch die Möglichkeit einer Operation: Im Rahmen einer Bauchspiegelung nimmt die*der Ärztin*Arzt mittels einer Nadel 20 bis 30 Einstiche in jeden Eierstock vor. Diese Maßnahme – Ovarian Drilling genannt – kann innerhalb von sechs bis neun Monaten dazu führen, dass der Androgenspiegel sinkt und wieder Eisprünge stattfinden. Warum, ist nicht hinreichend geklärt.
Generell spielt das operative Vorgehen heutzutage eine untergeordnete Rolle.
PCOS: Ursachen
PCOS geht mit Hormonstörungen einher, deren Ursachen nicht genau geklärt sind. An der Entstehung des Syndroms sind oft mehrere Faktoren beteiligt, vor allem
So hängt PCO mit dem Zuckerstoffwechsel zusammen
DasHormon Insulin spielt eine zentrale Rolle bei der Entstehung von PCO. Der Körper bildet Insulin, wenn viel Zucker im Blut ist, etwa nach dem Essen. Das Hormon regt die Körperzellen dazu an, Zucker aus dem Blut aufzunehmen. Die meisten PCO-Patientinnen haben aber eine sogenannte Insulinresistenz: Ihre Zellen reagieren unempfindlich auf Insulin. Somit bleibt ihr Blutzuckerspiegel dauerhaft erhöht. Der Körper produziert dann immer mehr Insulin, um ihn zu senken.
Eine Insulinresistenz begünstigt zum einen Übergewicht und Diabetes. Zum anderen bringt ein dauerhafterhöhter Insulinspiegel den Hormonhaushalt durcheinander. Der Körper produziert dann zu viel männliche Hormone. Der Überschuss männlicher Hormone macht sich schließlich in den für PCO typischen körperlichen Veränderungen bemerkbar (z.B. Akne, Hirsutismus, Gewichtszunahme am Bauch).
Außerdem beeinträchtigen die männlichen Hormone den Menstruationszyklus: Bei den meisten Patientinnen findet kein Eisprung statt. Auch die Periode bleibt aus oder tritt in ungewöhnlich großen oder unregelmäßigen Abständen auf.
Warum es so schwierig ist, die Ursache zu finden
Die Insulinresistenz scheint bei der Entstehung von PCO zwar eine wichtige Rolle zu spielen. Aber wodurch wird die Insulinresistenz hervorgerufen? Mögliche Ursachen sind die erbliche Veranlagung und Übergewicht. Allerdings kann Übergewicht auch als Folge einer Insulinresistenz auftreten. Zudem gibt es auch schlanke PCO-Patientinnen mit Insulinresistenz.
Die Ursache einer Insulinresistenz lässt sich daher meist nicht eindeutig feststellen. Obendrein erkranken auch Frauen ohne Insulinresistenz an PCO. Denn die erhöhte Konzentration männlicher Hormone kann auch andere Ursachen haben, zum Beispiel
- die erbliche Veranlagung,
- andauernder Stress,
- eine Essstörung in der Vorgeschichte,
- eine Suchterkrankung in der Vergangenheit sowie
- Tumoren, die Hormone bilden.
Wenn das PCO-Syndrom nicht im Zusammenhang mit Übergewicht und einem Diabetesmellitus steht, liegt möglicherweise ein verebter Enzymdefekt vor, das sogenannte Late-onset-adrenogenitale-Syndrom (AGS). Den Betroffenen mangelt es an einem Enzym namens 21-Hydoxylase. Dieser Mangel führt dazu, dass ihr Körper mehr männliche Hormone bildet.
PCOS: Ernährung
Bei übergewichtigen PCOS-Patientinnen besteht eine gute Chance auf Besserung, wenn sie sich ausgewogener ernähren und mehr bewegen. Ob eine bestimmte Ernährungsform gegen das Syndrom hilft, ist bislang unklar. Fest steht aber, dass eine Ernährungsumstellung beim Abnehmen helfen kann.
Ein gesundes Gewicht ist wiederum eine wichtige Voraussetzung für das hormonelle Gleichgewicht im Körper. Es hat sich gezeigt, dass schon eine Gewichtsreduktion von fünf bis zehn Prozent kann bewirken, dass sich der Zyklus normalisiert und die körperlichen Beschwerden nachlassen: Der verstärkte Haarwuchs am Körper und im Gesicht lässt nach und die Akne klingt ab. Zudem erhöht sich die Chance auf eine Schwangerschaft und das Risiko für Fehlgeburten sinkt.
Ernährungstipps zum Abnehmen
Es gibt zahlreiche Diäten, die einen raschen Gewichtsverlust versprechen. Viele dieser Diäten sind einseitig und auf Dauer nicht gut für den Körper. Wer gesund abnehmen möchte, sollte dafür sorgen, dass er ausreichend Vitamine, Mineralstoffe und Eiweiß zu sich nimmt und zugleich darauf achten, dass er weniger Kalorien zu sich nimmt, als sein Körper verbraucht.
Umein Kilogramm Körperfett abzubauen, ist ein Kaloriendefizit von insgesamt ungefähr 7.000 Kilokalorien erforderlich. Das heißt: Wer in einer Woche ein Kilo abnehmen möchte, muss täglich etwa 500 bis 1.000 Kilokalorien einsparen.
Eine gute und gesunde Möglichkeit ist dazu beispielsweise die Mittelmeerkost, in der viel Gemüse, Obst und Nüsse vorgesehen sind und kaum Fleisch, Weißmehl und Süßigkeiten. Je mehr Ballaststoffe und je weniger Fett und Zucker auf dem Speiseplan stehen, umso besser: Denn Ballaststoffe sättigen schnell und nachhaltig, liefern dem Körper aber deutlich weniger Kalorien als Fett und Zucker.
PCOS: Diagnose
Die*der Mediziner*in kann die Diagnose "PCO" stellen, wenn mindestens zwei der drei sogenannten Rotterdam-Kriterien zutreffen, welche in der Medizin als Definition der Erkrankung anerkannt sind:
- Die Patientin hat unregelmäßige Regelblutungen oder ihre Periode bleibt aus.
- Die Patientin hat einen erhöhten Spiegel männlicher Sexualhormone oder weist gewisse körperliche Veränderungen (z.B. verstärkte Körperbehaarung) auf, die auf einen Überschuss männlicher Hormone hindeuten.
- Die Eierstöcke sind vergrößert oder von vielen kleine Zysten umgeben.
Ob Zyklusstörungen bestehen, können Ärzt*innen bereits durch gezielte Fragen herausfinden. Ob die Haut und der Haarwuchs der Patientin auf einen Überschuss männlicher Hormone hindeuten, stellt er bei der anschließenden körperlichen Untersuchung fest.
Um sich die Eierstöcke der Patientin anschauen zu können, nimmt die*der Ärztin*Arzt eine Ultraschalluntersuchung vor.
Zudem nimmt sie*er der Patientin Blut ab, um bestimmte Hormonwerte zu kontrollieren. Typisch für PCO sind erhöhteKonzentrationen
- des sogenanntenluteinisierenden Hormons (LH),
- des follikelstimulierenden Hormons (FSH),
- des THS-Werts (TSH = Thyroidea stimulierendes Hormon),
- des Hormons 17-OH-Progesteron,
- einzelner oder aller männlicher Hormone (Testosteron, Androstendion, DHEA und/oder DHEAS, SHBG),
- des milchbildenden Hormons Prolaktin sowie
- des Anti-Müller-Hormons (AMH). (Der AMH-Spiegel wird normalerweise nur bei Kinderwunsch ermittelt. Er gibt Aufschluss über die Menge der reifungsfähigen Eizellen in den Eierstöcken.)
Bei vielen Patientinnen tritt PCO als Folge einerInsulinresistenz auf. Diese kann mithilfe eines sogenannten Zuckertests festgestellt werden. Dazu muss die Patientin nüchtern zur Blutabnahme kommen. Anschließend bekommt die Patientin eine zuckerhaltige Flüssigkeit verabreicht.
Nach einer Stunde und nach zwei Stunden wird erneut Blut abgenommen. So kann man ermitteln, wie sich ihr Blutzuckerspiegel entwickelt. Bleibt er dauerhaft erhöht, ist das ein Zeichen für eine Insulinresistenz: Die Körperzellen können offenbar nicht ausreichend Zucker aus dem Blut aufnehmen, weil sie nicht mehr auf das entsprechende Signal des Hormons Insulin reagieren.
PCOS: Verlauf
Wenn das PCO in Zusammenhang mitÜbergewicht, Insulinresistenz und/oderDiabetesmellitus auftritt, besteht die Chance, dass sich der Hormonhaushalt wieder normalisiert, wenn die Betroffenen abnehmen und sich mehr bewegen.
Bei schlanken Frauen ohne Insulinresistenz normalisiert sich der gestörte Hormonhaushalt allerdings leider meist nicht auf natürliche Weise. Sie müssen meist dauerhaft Hormone einnehmen, um die Beschwerden langfristig in den Griff zu bekommen. Manche Patientinnen vertragen bestimmte hormonelle Wirkstoffe nicht. Ihnen können Präparate mit anderer Zusammensetzung verordnet werden.
PCO geht mit einem erhöhten Risiko für gewisse Erkrankungen einher. Dazu zählen
- Akne,
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen und
- Diabetes mellitus Typ 2.
Schwangere PCO-Patientinnen erkranken zudem eher an Schwangerschaftsdiabetes als gesunde Schwangere.
PCOS: Vorbeugen
Verschiedene Einflüsse begünstigen die Entstehung von PCO. Nicht alle Ursachen sind bekannt und einige Risikofaktoren – etwa die erbliche Veranlagung – lassen sich nicht beseitigen.
Allerdings kann man mit Sport und einer maßvollen und gesunden Ernährung zumindest Übergewicht und Stoffwechselstörungen wie Diabetes mellitus vom Typ II vorbeugen, die das Risiko für PCO erhöhen.
Manchmal treten Diabetes mellitus und Herz-Kreislauf-Erkrankungen auch als Folge des PCO-Syndroms auf. Um dies zu verhindern, ist es wichtig, dass sich PCO-Patientinnen möglichst frühzeitig in ärztliche Behandlung begeben.