Patellaluxation
Die Kniescheibe springt raus – allein die Vorstellung ist unangenehm. Tatsächlich ist die Patellaluxation schmerzhaft und für die Betroffenen oft ein Schock. Häufig gleitet die Kniescheibe in Folge eines Unfalls aus dem Gelenk. Auch wenn sie anschließend von allein wieder zurückrutscht, sollte man zum Arzt gehen, um bleibende Schäden auszuschließen.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
Patellaluxation
Beim Fußballspielen das Knie verdreht, gestürzt, einen Schmerz gespürt, dann der Schock: Die Kniescheibe ist nicht mehr da, wo sie hingehört, sondern hängt am äußeren Rand des Knies. Häufig ist ein Unfall zum Beispiel beim Sport der Grund dafür, warum die Kniescheibe zum ersten Mal aus der für sie vorgesehenen Schiene gleitet.
Wenn Sie Zeuge eines solchen Unfalls sind, sollten Sie…
- …auf keinen Fall versuchen, die Kniescheibe wieder einzurenken, da Sie den Schaden damit sehr wahrscheinlich noch schlimmer machen würden
- ...das Knie hoch lagern, ruhig halten und möglichst nicht bewegen
- … das Knie mit Eis oder einem Kühlpack kühlen, das Sie vorher in etwas Stoff eingewickelt haben
- …den Betroffenen zum Arzt fahren oder einen Krankenwagen rufen
Patellaluxation: Ursachen
Die Kniescheibe (Patella) gleitet normalerweise in einer dafür vorgesehenen Schiene am unteren Oberschenkelknochen auf und ab, damit wir das Knie beugen und den Unterschenkel bewegen können. Sie ist an Muskeln und Bändern aufgehängt, die dafür sorgen, dass sie sich in der vorgesehenen Weise bewegt.
Springt die Kniescheibe zum ersten Mal infolge eines Unfalls heraus, werden dabei die Bänder an der Kniescheibe verletzt und reißen mitunter. Häufig passiert das während einer Drehbewegung des Knies zum Beispiel beim Tanzen, Turnen oder beim Fußball. Auch bei einem Schlag oder Sturz auf das Knie ist es möglich, dass die Kniescheibe rausspringt. Einige körperliche Faktoren begünstigen die Patellaluxation. Dazu gehören:
- Kniefehlstellungen (z.B. X-Beine)
- Fußfehlstellungen (z.B. Knick-Senkfuß)
- Bänderschwäche
- Kniescheibenhochstand
- eine relativ kleine Kniescheibe
- angeborene Fehlbildungen der Kniescheibe und des Gleitlagers
- ein vergrößerter Q-Winkel (der Winkel zwischen dem oberen Becken, der zentralen Kniescheibe und dem Ansatzpunkt der Kniescheibensehne am Schienbein)
Betroffen sind vor allem Menschen im Jugendalter und um die 20 Jahre. Wenn jemand die Veranlagung zur Patellaluxation hat, kann die Kniescheibe manchmal auch herausspringen, ohne dass dem ein Unfall vorausgegangen ist.
Meist bewegt sich die Kniescheibe spontan von selbst zurück in ihre ursprüngliche Position. Dennoch sollte ein Orthopäde untersuchen, ob bei der Verrenkung Schäden entstanden sind. Ist die Kniescheibe einmal herausgesprungen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass das erneut passiert.
Patellaluxation: Symptome
Springt die Kniescheibe zum ersten Mal heraus, verursacht das in der Regel starke Schmerzen.
Bei einer Patellaluxation...
- ...rutsch die Kniescheibe fast immer nach außen heraus. Das ist sicht- und fühlbar.
- ...kann der Betroffene das Bein nicht mehr durchstrecken.
- ...schwillt das Knie an und wird blau (Hämatom).
- ...hat der Betroffene ein Gefühl der Instabilität im betroffenen Bein.
Ist die Kniescheibe zurück in ihre ursprüngliche Position gerutscht, ist das Knie zwar noch schmerzempfindlich, ist aber wieder stabil und kann bewegt werden.
Patellaluxation: Diagnose
Der Arzt wird zunächst das Knie abtasten und spezielle Tests machen. Eine noch bestehende Patellaluxation kann er auf diese Weise bereits feststellen. Beim Apprehension-Test umgreift der Arzt Ober- und Unterschenkel und schiebt die Kniescheibe leicht nach außen. Ist die Kniescheibe verrenkt, reagiert der Patient abwehrend und der Oberschenkelmuskel verspannt sich. Der Arzt kann auf diese Weise auch feststellen, wenn eine Patellaluxation stattgefunden hat, die Kniescheibe aber bereits zurückgerutscht ist.
Eine Röntgenaufnahme und gegebenenfalls eine Kernspin-Untersuchung (MRT) können außerdem den entstandenen Schaden zeigen. So können die Haltebänder der Kniescheibe beschädigt oder gerissen und das Knorpelgewebe verletzt sein. Möglich ist auch, dass Teile des Knochens von Kniescheibe oder Oberschenkelknochen abgesplittert sind und sich im Gelenk befinden.
Patellaluxation: Therapie & Prognose
Nach der ersten Patellaluxation liegt das Risiko ohne entsprechende Therapie bei etwa 50 Prozent, dass eine weitere folgt. Je häufiger die Kniescheibe herausspringt, desto weniger weh tut das in der Regel. Allerdings steigt mit jedem Mal die Wahrscheinlichkeit, dass sich am Gelenk ein Gelenkverschleiß (Arthrose) entwickelt, da sich Knorpel nicht wiederherstellt. Deshalb sollte man nach einer Patellaluxation auf jeden Fall zum Arzt gehen, auch wenn die Kniescheibe sofort wieder zurück an ihren Platz gleitet.
Ziel der Therapie ist es, die Kniescheibe so zu stabilisieren, dass sie nicht mehr herausrutscht. Die Art der Therapie richtet sich nach dem Grad der Verletzung.
Sind keine wesentlichen Schäden am Knorpel sowie am Band- und Halteapparat vorhanden, ist eine Operation nicht notwendig. In diesem Fall wird der Arzt die Kniescheibe einrenken, sofern sie nicht bereits von selbst in ihre Position zurückgeglitten ist. Anschließend wird er das Gelenk mit einer Bandage oder Schiene gestreckt fixieren und anordnen, es für etwa sechs Wochen ruhig zu halten. Falls der Arzt die Kniescheibe einrenken muss, kann er dem Patienten zuvor schmerzstillende und beruhigende Medikamente verabreichen. Vorsorglich erhält der Patient vermutlich Medikamente, die dem Entstehen von Blutgerinnseln (Thrombose) vorbeugen sollen, da das Blut durch die lange Ruhigstellung schlechter zirkuliert.
Der Patient sollte das Knie anschließend weiterhin kühlen. Salben und abschwellende Medikamente können helfen, dass die Schwellung bald nachlässt. Außerdem kann der Mediziner etwas gegen die Schmerzen verschreiben. Um zu verhindern, dass sich die Muskulatur am Bein zurückbildet und das Gelenk versteift, kann der Arzt Krankengymnastik verschreiben. Der Physiotherapeut kann mithilfe von Lymphdrainage, einer speziellen Massage, außerdem dazu beitragen, dass gegebenenfalls angestaute Flüssigkeit im Knie abfließt.
Operation einer Patellaluxation
In rund 50 Prozent der Fälle ist diese konservative Therapieform erfolgreich. Bringt sie nicht den gewünschten Erfolg und die Kniescheibe renkt immer wieder aus, ist eine Operation nötig.
Auch wenn Röntgenaufnahmen oder das MRT einen größeren Knorpelschaden, Verletzungen am Band- und Halteapparat des Knies oder Knochen- oder Knorpelabsplitterungen zeigen, ist wahrscheinlich eine Operation notwendig. In sehr seltenen Fällen lässt sich die Kniescheibe nicht einfach wieder einrenken. Dann ist eine Operation unumgänglich.
Bei der Operation...
... behandelt der Arzt den entstandenen Knorpelschaden,
... korrigiert den Verlauf der Kniescheibe und/oder,
... repariert den Band- und Halteapparat des Knies.
Ziel der Operation ist es, die Kniescheibe zu stabilisieren und zu verhindern, dass sie erneut herausspringt. Dabei kann der Arzt zum Beispiel die Bänder an der Kniescheibe versetzen oder korrigieren, sodass die Kniescheibe weniger Spielraum hat, zur Seite wegzugleiten. Es gibt dafür viele verschiedene operative Methoden. Häufig reicht bereits eine Arthroskopie aus. Dabei behandelt der Arzt das Knie durch einen minimalen Zugang.
Die Entscheidung, ob er operiert oder nicht, macht der Arzt auch vom Alter des Patienten abhängig. Jüngere Menschen werden eher operiert als alte Menschen. Auch bei idealer Behandlung ist nicht ausgeschlossen, dass die Kniescheibe wieder herausspringt und Schäden bestehen bleiben. Nach einer Operation liegt die Wahrscheinlichkeit, dass die Kniescheibe erneut ausrenkt, bei rund 30 Prozent. Jedoch kann die Korrektur der Kniescheibe in einer OP auch das Risiko des Gelenkverschleißes im Knie erhöhen. Dieses ist nach einer Patellaluxation ohnehin größer als zuvor.
Patellaluxation: Vorbeugen
Die beste Möglichkeit, einer Patellaluxation vorzubeugen ist, den Oberschenkel zu trainieren, damit die Muskulatur das Knie stabilisiert und die Bewegung der Kniescheibe günstig beeinflusst.
Um nach einer bereits erfolgten Patellaluxation einer weiteren vorzubeugen, kann man außerdem eine Bandage tragen.
Wer eine Fuß- oder Kniefehlstellung hat, kann diese mit entsprechenden orthopädischen Einlagen oder Krankengymnastik behandeln.