3D-Modell einer DNA-Helix
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Noonan-Syndrom

Von: Onmeda-Redaktion
Letzte Aktualisierung: 21.09.2020

Das Noonan-Syndrom ist eine genetisch bedingte Entwicklungsstörung. Rund jeder dritte betroffene Mensch mit dem Noonan-Syndrom hat ein verändertes Gen auf dem Chromosom Nr. 12. Die Genveränderung kann zufällig auftreten oder vererbt sein – die genauen Ursachen des Noonan-Syndroms sind aber noch nicht vollständig geklärt.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Noonan-Syndrom: Überblick

Das Noonan-Syndrom tritt bei etwa 1 von 1.000 Neugeborenen auf und betrifft Jungen wie Mädchen gleichermaßen. Schon das äußere Erscheinungsbild, verbunden mit Veränderungen der inneren Organe, geben dem Arzt Hinweise auf die Erkrankung. Die geistige Entwicklung ist bei etwa einem Drittel der Betroffenen verzögert. Außerdem sind die Menschen mit Noonan-Syndrom oft kleinwüchsig, haben einen tiefen Haaransatz im Nacken und große, tiefsitzende Ohren. Bei Jungen treten häufig Fehlbildungen der Hoden auf. Die Geschlechtsentwicklung der Mädchen verläuft dagegen meist normal, wenn auch teilweise verzögert.

Fehlbildungen der inneren Organe betreffen vor allem das Herz.

Weil die Symptome des Noonan-Syndroms einer anderen Erkrankung, dem Ullrich-Turner Syndrom, ähneln, bezeichnen Mediziner die Erbkrankheit gelegentlich auch als "Pseudo-Turner-Syndrom".

Die Diagnose des Noonan-Syndroms erfolgt in erster Linie über die körperlichen Anzeichen, also die äußeren und inneren Fehlbildungen. Zwar gibt es einen Bluttest, der veränderte Gene nachweisen kann, doch da vermutlich noch nicht alle verantwortlichen Erbanlagen bekannt sind, kann diese Untersuchung das Noonan-Syndrom nicht sicher feststellen. Eine vorgeburtliche Diagnose (Pränataldiagnostik) des Noonan-Syndroms ist aber möglich. Die Therapie erfolgt ausschließlich symptomatisch, zum Beispiel als operative Korrektur von Fehlbildungen – vor allem des Herzens.

Das Noonan-Syndrom kann sehr unterschiedlich verlaufen. Medikamente und Operationen bei Fehlbildungen können den Verlauf positiv beeinflussen. Psychologische und soziale Maßnahmen können die geistige Entwicklung fördern. Vorbeugen kann man dem Noonan-Syndrom nach heutigem Wissen aber nicht.

Noonan-Syndrom: Definition

Beim Noonan-Syndrom handelt es sich um eine Entwicklungsstörung, die durch ein verändertes Gen verursacht wird. Charakteristisch ist eine Vielzahl von Fehlbildungen, die sowohl das äußere Erscheinungsbild als auch innere Organe betreffen. Aufgrund der großen Ähnlichkeit mit dem Ullrich-Turner Syndrom bezeichnen Mediziner das Noonan-Syndrom auch als "Pseudo-Turner-Syndrom". Das Ullrich-Turner-Syndrom ist jedoch nicht erblich bedingt.

Die Bezeichnung Noonan-Syndrom geht auf die US-amerikanische Kinderkardiologin, Jacqueline Noonan zurück, die der Erkrankung im Jahr 1963 ihren Namen gab.

Häufigkeit

Das Noonan-Syndrom ist relativ häufig. Es tritt geschätzt bei etwa 1 von 1.000 Neugeborenen auf. Beide Geschlechter sind etwa gleich oft betroffen.

Ursachen des Noonan-Syndroms

Die für das Noonan-Syndrom verantwortlichen Ursachen sind noch nicht vollständig geklärt. Die Krankheit entsteht durch Genveränderungen: Bei jedem dritten Mensch mit Noonan-Syndrom ist ein Gen auf dem Chromosom Nr. 12 verändert – das sogenannte PTPN 11-Gen. Das PTPN 11-Gen ist Vorlage für ein spezielles Eiweiß: das sogenannte SHP-2 Protein (Rezeptor-Phosphotyrosin-Phosphorylase), das während des Wachstums eine wichtige Rolle spielt.

Meistens treten in einer Familie nicht mehrere Fälle des Noonan-Syndroms auf – die verantwortliche Genmutation entsteht zufällig. Etwa bei 50 Prozent der Fälle wird das Noonan-Syndrom vererbt, dann meist autosomal-dominant. Dies bedeutet, dass die Kinder von einem Noonan-Betroffenen in der Hälfte der Fälle auch erkranken. Sind beide Elternteile von dieser erblichen Form betroffen, ist die Wahrscheinlichkeit, dass ihr Kind ebenfalls am Noonan-Syndrom erkrankt, noch höher. Sie liegt dann bei 75 Prozent.

Was sind die Symptome des Noonan-Syndroms?

Das Noonan-Syndrom zeigt sich in erster Linie durch Symptome wie Kleinwuchs, einem tiefen Haaransatz im Nacken sowie gelegentlich durch das sogenannte Pterygium colli. Darunter versteht man eine Hautfalte, die sich beidseits am Hals zwischen einem Knochenvorsprung des Schädels hinter den Ohren und einem Knochenfortsatz des Schulterblatts ausspannt. Häufig fallen Menschen mit Noonan-Syndrom auch durch einen weiten Augenabstand (Hypertelorismus), tief liegende und nach hinten geneigte Ohren sowie durch ein herabhängendes Augenlid (Ptosis) auf. Häufige Symptome sind auch:

Menschen mit Noonan-Syndrom zeigen häufig Symptome wie Veränderungen an den inneren Organen. Besonders oft betroffen sind:

Bei Jungen kann auch die Entwicklung der Geschlechtsorgane gestört sein: Zum Beispiel wandert der Hoden während der Wachstumsphase nicht in den Hodensack (Kryptorchismus) oder ein Hoden fehlt völlig (Hodenaplasie). Bei Mädchen mit Noonan-Syndrom verläuft die Geschlechtsentwicklung bis auf eine zeitliche Verzögerung meist normal. Etwa 30 bis 40 Prozent der Noonan-Kinder sind geistig leicht unterentwickelt.

Diagnose des Noonan-Syndroms

Beim Noonan-Syndrom stellt der Arzt die Diagnose anhand der äußeren Erscheinung und der Veränderungen der inneren Organe. Ein Bluttest weist die für das Noonan-Syndrom typische Genveränderung nach. Dieser Test gibt den Eltern zudem die Möglichkeit, bei einer neuen Schwangerschaft das Risiko ihres Kindes für ein Noonan-Syndrom abzuschätzen. Auch eine vorgeburtliche Untersuchung (Pränataldiagnostik) auf ein Noonan-Syndrom ist möglich.

Ein negativer Bluttest kann das Noonan-Syndrom im Rahmen der Diagnose aber nicht vollständig ausschließen. Zwar ist bereits eine Genveränderung bekannt, die das Noonan-Syndrom hervorruft, möglicherweise gibt es aber weitere, bisher noch unbekannte Mutationen, die es ebenfalls auslösen können. Damit ein Bluttest das Noonan-Syndrom nachweisen kann und eine sichere Diagnose möglich ist, müssten alle verantwortlichen Genveränderungen bekannt sein.

Noonan-Syndrom: Therapie

Die Ursachen des Noonan-Syndroms können nicht mit einer speziellen Therapie behandelt werden. Deshalb richtet sich die eigentliche Therapie gegen die Symptome.

Beim Noonan-Syndrom zählen beispielsweise die operative Korrektur von Herzfehlern oder der Hautfalte zwischen Kopf und Hals (Pterygium colli) zu den Therapie-Optionen. Psychologische und soziale Maßnahmen fördern die körperliche und geistige Entwicklung des Kindes. Medikamente wie Wachstumshormone oder Betablocker können ebenfalls zum Einsatz kommen.

Noonan-Syndrom: Verlauf

Die Entwicklung eines Kindes mit Noonan-Syndrom kann im Verlauf sehr unterschiedlich sein. Etwa ein Drittel der Kinder hat eine leichte geistige Behinderung. Knapp die Hälfte der Erkrankten ist in ihrem Wachstum verzögert. Eine frühzeitige geistige und körperliche Förderung hilft, Einschränkungen vorzubeugen, und beeinflusst die Entwicklung der Kinder positiv.

Lässt sich dem Noonan-Syndrom vorbeugen?

Es sind keine Maßnahmen bekannt, die dem Noonan-Syndrom vorbeugen. Menschen, die am Noonan-Syndrom erkrankt sind, können sich bei einem Kinderwunsch bei einer genetischen Beratungsstelle informieren.